An seinem Fuße, genau zwischen den beiden zusammen­strömenden Flüssen, lag ursprünglich ein Fährhaus, welches dem wachsenden Orte den Namen lieh; allmählich treten rechts und links davon die Häuser an beiden Seiten der Felsenecke zu förm lichen Straßen zusammen, die eine längs des Potomac  , die andere neben dem Zufluß desselben, dem Shenandoah. Beide Straßen tragen den Namen der 2 großen Ströme, längs deren Ufer sie laufen. Der vereinigte große Fluß, Potomac   getauft und tausend fach genannt während des großen Sklavenkrieges, ergießt sich der Spitze des Winkels genau gegenüber durch das Felsenthor der Blauen Berge in die schöne freie Wellenebene von Washington  , , bis wohin er die Grenze der Staaten Virginien   und Maryland  bildet. Das Felsenthor im Rücken der Blauen Berge hat kahle hochaufragende Wände. Die Klippen sind vielfach geborsten und zerflüftet. Die ganze Umgegend ist wundervoll malerisch. Alle Abhänge und Bergspizen in der Gabelung beider Ströme sind mit Häusern und Häuschen besetzt, die bis auf den obersten Rand der Felsenkette sich hinaufgeschwungen haben. Die ganze Stadt flettert also amphitheatralisch in dem rechten Winkel, den der Zusammenfluß fast mathematisch beschreibt, an den Bergen in die Höh und sieht aus wie eine Menge Landhäuser, Villen und Bergschlößchen, Dörfer und Einzelhöfe. Erst oben, fast 400 Fuß über dem Wasserspiegel, konnte sich überhaupt eine Anlage von Märkten und Fahrstraßen bilden lassen. Dort hat, längs dem Flusse, der später die Bundeshauptstadt bespült, die Bundes­regierung die ganze sogenannte Potomacstraße der Stadt in eine Anzahl von National- Kriegswerkstätten umgeschaffen. Der Zu­gang ist daher mit einem schöngewölbten Festungsthor und Eisen­gitter versperrt. Vornan, gleich auf der scharfen Spizze des Winkels liegen die alten ursprünglichen Arsenalgebäude, wo ge­meinhin 1-200,000 Gewehre verwahrt liegen. Dort, wo die Eisenbahnbrücke sich über den Fluß hinwegschwingt und den Vor­sprung des Winkels berührt, um dann auch den Shenandoah zu passiren, stehen die eigentlichen Bahnhofsgebäude, daneben gleich Hotels, Vorrathshäuser, Läden, Speicher, Trink- und Speise wirhschaften. Erst hinter diesen Gebäuden um die Ecke herum, den Shenandoah entlang, läuft eine Flucht reiner Privathäuser und kaufmännischer Geschäftslokale, als sogenannte Shenandoah straße, bis auf eine starke Viertelmeile den Fluß hinauf; sie end­lich endet an der berühmten Gewehrfabrik von Hall, die eine Insel des Shenandoah einnimmt. Man denke sich also von Westen nach Osten zuerst südlich am Potomac  , aber an dessen linkem oder Nordufer, eine Regierungsstadt lang ausgestreckt mit festungsartigem Abschluß; dann die Bahnhofsabtheilung der Stadt am Stützpunkte der querschneidenden Brücke, und endlich auf der Nordseite des trennenden Bergwinkels, um dessen Spize gleichsam herumgeschwenkt, also von Osten nach Westen am rechten oder südlichen Shenandoahufer die dritte oder eigentliche Privatstadt, abgeschlossen durch ein kolossales Privat- Fabriketablissement. Alles ist, wie in jeder solchen Ortschaft, auf den Zentralpunkt des Lebens der Einwohner, auf ihre Fabrikationsthätigkeit, also hier auf Krieg und Kriegsgeräth, gleichsam zugespitzt und konzentrirt. Alle Welt hat oder fühlt eine Art Zusammenhang mit der großen Zentral- Kriegs- und Marinegeschütz- Verwaltung des Bundes.

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Es ist ein verhältnißmäßig kleinerer Ort und hat doch einen An­strich von weltumfassender Bedeutung. Die Regierungshauptstadt der Vereinigten Staaten  , der innerste Pulsschlag des Verwaltungs­getriebes einer Riesenrepublik, die einen Erdtheil bedeckt und die Erde mit ihren Marinefängen umfaßt, die Unionsmetropole Washington   liegt nur 14 Meilen stromab; eine Chaussee führte damals längs des Potomacstromes durch das romantische Felsen­thor der Blauen Berge hindurch zur Bundeshauptstadt, die man mit der Post in etwa 10-12 Stunden erreichte. Der Distrikt Columbia selbst beginnt aber schon 10 Meilen östlich von Harpers Ferry  . Baltimore  , des Sklavenzüchterstaats Maryland Hauptstadt, ob­gleich sie über 5-6 Meilen weiter als Washington  , nämlich über­haupt von Harpers Ferry   etwa 20 geographische Meilen entfernt ist, fann man mit der an der Potomacstraße von Harpers Ferry  vorbeilaufenden Baltimore  - Ohio  ( also Ost- West)-Bahn schon in 6-8 Stunden erreichen. Im Brückenbahnhof kreuzt nun diese westöstliche Linie der nordsüdliche Strang, welcher von Harpers Ferry   ab im rechten Winkel hinauf bei der Shenandoahstraße vorüber nach Winchester führt. Die Gesammtlänge der impo­janten und prachtvoll mit Eisengewölbbogen überdeckten Brücke ist 900 englische Fuß, ihre Höhe über dem Wasserspiegel 40 Fuß; sie wird also von der eigentlichen oberen Stadt um das Zehn­fache überragt, und man kann die bergdurchschneidende Bahn daher von letzterer aus mit dem Blick weithin nach Westen ver­folgen. Ostwärts verliert diese Baltimorer Bahn sich im gähnen­den Felsenthor bald hinter ihrer Tragebrücke. Die ganze Szenerie wird als ein wundervoller Komplex von Naturzauber und Industrie­Kolossalproduktion geschildert. Keine Kunstraße, nur gewöhnliche Bergwege führen von Harpers Ferry   südöstlich durch die lieb­liche Hügellandschaft der Ost- Alleghany- Abhänge nach Virginiens Hauptstadt Richmond. Letztere liegt an 40 deutsche Meilen ent­fernt und 40 gute Stunden gebraucht man zur Hinkunft. " Brown's Idee scheint nun diese gewesen zu sein: Alle vier Nachbarstaaten und fünftens der Distrikt Columbia sind verschieden verwaltet und sehr verschieden bei unserem Aufstand interessirt. Ohio   und Pennsylvanien können kaltblütig einer allgemeinen Sklavenbefreiung zusehen, Columbia ist neutral, Baltimore   mit semer zahmen Negerstüterei an und für sich mehr in Sicherheit gewiegt, Virginiendas gefährdetste fann von seiner Haupt­stadt am allerspätesten gerade Hülfe schicken. Ferner sind rings herum Gebirge, Wälder und Flußgabelungen, welche ganz aus­gezeichnetes Terrain für Guerillakriege, zumal für einen Winter­feldzug im verhältnißmäßig milden südlichen Klima, darbieten. Alle weithin zerstreuten Farmhäuser gewähren die bequemste Ver­proviantirung im Spätherbst mit ihren erntegefüllten Scheuern und Speichern. Ende Oktober, nachdem die Weinernte vorüber, wollte er losbrechen. Was ihn nun in Baltimore   bewogen hat, schon am 16. nach Harpers Ferry   zu eilen und loszuschlagen, ist bis jetzt nicht bekannt geworden. Gewiß war neuer Verrath im Spiele, sowie schon einmal 1858 Forbes alles vereitelt hatte und 1859 derselbe wieder Schuld gewesen, daß man den Aus­bruch, der im Mai beschlossen war, zum Herbste hinauszuschieben sich veranlaßt sah." ( Schluß folgt.)

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Taubenposten.

Von. K. ( Schluß.)

Die zum Transport der Depeschen verwendeten Tauben ge­hören einer Gattung an, welche größer als unsere gewöhnliche Haustaube, etwa 15 3oll lang und 12 Pfund schwer und große Aehnlichkeit mit unserer wilden Taube hat. Während diese jedoch grau von Gefieder ist, schwarze Flügel besitzt und eine weiße Binde ihre Flügel zeichnet, ist die Brieftaube in der Regel dunkel­braun oder ganz schwarz. Ihre Brustmuskeln sind stark ent­wickelt und befunden eine bedeutende Flügelkraft. Die Vorzüge dieses Thieres sind seine Heimatsliebe und sein scharfes Gesicht. Der Ornitholog Rennié sagt darüber, das Auge allein sei Ursache, daß die Taube jene außerordentlichen Leistungen vollführen könne, welche von frühester Zeit her das Staunen der Menschen erregt haben. Er fährt fort: Läßt man die Tauben aus einem Sack

heraus, in den sie gesteckt wurden, um ihren Angen die Gegen­ſtände umher zu entziehen, so umkreisen sie zunächst die Stelle, wo sie in Freiheit gesezt wurden, in mit jeder Minute sich er­weiternden Zirkeln, indem sie sich gleichzeitig in die Luft empor schwingen. schwingen. So lange das Auge die Taube erkennen kann, sieht man sie diese kreisende Bewegung fortsezen, jedenfalls so lange, bis sie bestimmte Gegenstände unterscheidet, welche ihr die ein­geschlagene Richtung angeben. Ganz die entgegengesetzten Be­wegungen macht die aus einem Luftschiff entsandte Taube. Eine geraume Zeit stürzt sie sich perpendikulär herab, dann erst be­schreibt sie sich stets vergrößernde Spiralen und senkt sich dabei tiefer und tiefer, bis sie die Umgebung so weit erkennen kann, daß sie sich zu orientiren vermag. Im Zustande der Wildheit,