in welchem sie in Amerika getroffen wird, fliegt die Taube in großen Schaaren über endlose Landstrecken stets in hen höchsten Luftregionen dahin, bis sie ein passendes Fruchtfeld zu ihrer Nahrung erspäht, auf welches sie sich herabstürzt."

Eine andere Autorität, der Major L. du Puy de Podio, stellt andere Anforderungen in förperlicher Beziehung und in Betreff der Farbe an die Brieftaube. Nach ihm soll bei Nach ihm soll bei Auswahl der zu Sendboten bestimmten Tauben darauf gesehen werden, daß dieselben bei kleinem Körperbau eine möglichst große Klafterweite aufweisen, dichtes Gefieder besißen und mit stark be­schwingten Flügeln versehen sind. Durch große Klafterweite der Flügel soll dem Botendienste ein doppelter Vortheil erwachsen, indem einestheils eine derartige Flügelbeschaffenheit eine größere Leistung an Schnelligkeit garantiren kann, und anderntheils stark entwickelte Innenflächen des Flügels für die Anbringung von Depeschen sich am geeignetsten erweisen müssen. Dichteres Gefieder schützt besser vor Unwetter und gibt mehr Widerstandskraft.

Was die Farbe der Brieftauben anbetrifft, so legen die Brief­taubenzüchter nach L. du Puy de Podio auf die weiße Farbe den meisten Werth, da weiße Tauben sich im Fluge besser fon­troliren lassen und weißes Gefieder unter dem Einflusse der Sonnenstrahlen weniger zu leiden haben soll.

Auch wird von kompetenter Seite darauf aufmerksam gemacht, daß bei der Methode, nach welcher die Depesche direkt auf die Flügelfedern aufgedruckt wird, die Buchstaben und Zeichen auf weißer Farbe immer am deutlichsten hervortreten müssen. Faßt man die von den Brieftauben geforderten Eigenschaften zusammen, so wird man dieselben nach Ansicht des Journal des sciences militaires" nur bei einer einzigen Gattung des Taubengeschlechts vereinigt finden und zwar in der Feld- und Felsentaube.

Die Zucht und Kultur der Brieftaube hat nach L. du Puy de Podio drei Momente in's Auge zu fassen: die Paarung, die Dressur und das Trainiren.

Auf die Paarung der Tauben ist der größte Werth zu legen, da gerade in der gegenseitigen Zuneigung des Taubenpaares die Basis für die Verwendbarkeit des Männchens liegt. Es muß daher dem Tauber die vollste Freiheit der Wahl bei der Paarung gelassen und überhaupt alles vermieden werden, wodurch dem von Natur in das Taubengeschlecht gelegten Triebe etwa ent­gegengewirkt werden könnte. Erst wenn die Paarung auf natür lichem Wege erfolgt, wird bei den Tauben der an die Häuslichkeit fesselnde Sinn das wichtigste Moment für den Depeschen­dienst der allein vorherrschende, alles andere in den Hinter­grund drängende Trieb werden.

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Hat die durch natürliche Harmonie hervorgerufene Paarung stattgefunden, so soll man zur Dressur der Taube derartig vor­gehen, daß man dem jungen Paare Gelegenheit gibt, sich den Ausflügen der alten Paare anzuschließen, dabei aber immer den einen Theil des jungen Paares, entweder das Weibchen oder das Männchen, im Schlage zurückhält, und auf diese Weise dafür Sorge trägt, daß der Reiz der Freiheit in der Liebe zum selbst gewählten Gefährten oder zur Gefährtin sein Gegengewicht findet, und die Erinnerung an die zurückgelassene Hälfte derjenige Trieb wird, der den Flüchtling den Weg nach dem heimischen Dache schnell wieder aufsuchen läßt.

Um mit der Dressur der Tauben gesicherte Resultate zu er­zielen, empfiehlt es sich, dem Instinkte dieser Thiere erst die Ge­legenheit zu geben, sich auf kleineren Distanzen zurecht zu finden und zu bewähren; das dürfte wohl einleuchten, da ja jede natürliche Anlage zu ihrer Ausbildung der Uebung bedarf. Für den Brief­taubenzieher sind derartige Vorversuche insofern aber noch von ganz besonderem Werthe, als sie ihm die Gelegenheit bieten, die Brieftauben und die Spurtauben, d. h. solche, welche selbstver­ständlich ihre Aufgabe zu erfüllen wissen, und solche, welche nur einem von einer anderen Seite gegebenen Impulse zu folgen ver­stehen, kennen zu lernen; eine Kenntniß, welche für Zusammen­stellung der" Flüge" von der größten Wichtigkeit ist.

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Da gute Brieftauben äußerst selten sind, so versteht es sich von selbst, daß bei Zusammenstellung eines Fluges die Zahl der Brieftauben zu der der Spurtauben sich höchstens wie 1: 5 ver­halten, wobei gleichzeitig darauf hingewiesen werden muß, wie in der umsichtigen Zusammenstellung der Flüge wohl mit das Haupt­moment einer zweckmäßigen Organisation der Taubenpost gesehen - werden darf. Indem L. du Puy de Podio darauf hinweist, daß, ähnlich wie beim Wettrennen, ein guter Abgang der beste Bürge für eine glückliche Zurückkunft sei," macht derselbe noch besonders darauf aufmerksam, welch' hoher Werth guten Leittauben bei

zuumessen ist, da auf ihnen die Einhaltung der kürzesten Weg­richtung und die Sicherheit des Ankommens am Ziele beruht. Was die Anwendung der verschiedenen Flüge anlangt, von denen man zwei Arten, den gemischten und den freien Flug unter­scheidet, so weist 2. du Puy de Podio darauf hin, wie die Ver­L. wendung des freien Fluges, der nur aus Leittauben besteht, sich da empfehlen dürfte, wo weite Strecken zurückzulegen und wichtige Nachrichten zu überbringen sind. In allen anderen Fällen wird die Verwendung der gemischten Flüge, die aus Leit- und Spur tauben zusammengesetzt sind, genügen, und muß als Erfahrungs­ſatz festgestellt werden, daß die Flüge nicht stärker, als zu 12 bis 14 Tauben zu machen sind, da eine größere Anzahl von Tauben nur mehr Verluste, aber keine sichere Chance des Ge­| lingens zu verbürgen vermag. Während beispielsweise die mit den Postballons Daguerre" und" Vauban" mitgegebenen Flüge, welche mehr als 30 Tauben zählten, gar keine aufzuweisen hatten, sind bei Luftballons, welche nur 8, 5 und 3 Tauben aus Paris mit sich führten, glückliche Rückreisen erzielt worden.- Als Maßstab für die Leistungsfähigkeit der Tauben an Schnelligkeit muß das Faktum aufgestellt werden, daß 4 bis 5 Meilen in der Stunde zurückgelegt werden können und eine gute Brieftaube hintereinander sehr leicht 50 Meilen zurückzulegen im Stande ist. Die wichtigen Dienste der Brieftauben im deutsch - französischen Kriege sind übrigens nicht ohne Beachtung geblieben.

Die französische Regierung will es z. B. nicht wieder darauf ankommen lassen, daß ihr die Liebhaberei von Taubenfreunden vorkommenden Falles abermals aus der Verlegenheit helfe, sie hat vielmehr in Paris und allen übrigen Festungen des Landes eine großartige Taubenzucht angelegt, und der Ausschuß für Be­festigungswesen gibt der so anziehenden Frage der Kriegstauben­häuser, deren Bearbeitung ihm der frühere Kriegsminister, General Cissey, anvertraut hatte, eine entscheidende Lösung. Seine An­träge zielten auf Errichtung eines riesenhaften Kriegstaubenschlages auf den mit dem Afflimatisationsgarten verbundenen Grundstücken. Der Zuwachs an Brieftauben ist dem Direktor des Gartens an­vertraut. Die Direktion sollte dort wegen der ersten 5 oder 6 Jahre 5000 Paar Zuchttauben unterhalten, welche dazu be­stimmt sind, die Kriegstaubenhäuser zu bevölkern. Jede Festung sollte ein nach außen eingerichtetes Kriegstaubenhaus befizen. Ein solches Taubenhaus sollte 1000 Kriegsbrieftauben enthalten. Man sollte außerdem in Voraussicht einer neuen feindlichen In­vasion zwei Sammelpläße errichten. 60,000 Brieftauben sollten auf diese zwei Sammelplätze vertheilt werden. Der Zuchttauben­schlag des Akklimatisationsgarten sollte 5000 Paar Zuchttauben der belgischen Rasse enthalten und die Tauben, je nach Bedürfniß, zur Bevölkerung der Festungen dienen. Ein Militärpersonal wurde mit der Einrichtung dieser neuen Post betraut.

Auch die Deutschen haben die Bedeutung der Brieftauben als Kriegshülfsmittel erkannt und die Zucht und Abrichtung der Brief­tauben in bedeutendem Umfange in's Auge gefaßt. Zur obersten Leitung hat man den Direktor des zoologischen Gartens in Berlin , Dr. Bodinus, bestimmt. Derselbe hat denn auch eine Versuchs­station eingerichtet und widmet der Dressur der Brieftäubchen große Aufmerksamkeit.

Meß, Straßburg , Köln und andere Festungen sind schon seit diversen Jahren mit anderen deutschen Festungen durch ein Brief­taubensystem verbunden. Auch in Waldenburg in Schlesien wurde eine Brieftaubenstation zur eventuellen Verwendung für militärische Zwecke errichtet. Ein dortiger Einwohner, der die Brieftauben­passion seit langer Zeit betrieben, hat die Leitung der Station übernommen. Auch in Desterreich- Ungarn hat man, und zwar in der Festung Komorn , eine Brieftaubenpost errichtet und mit Abrichtung der Tauben, Aufstellung der Apparate 2c. einen fach­kundigen Offizier betraut. Aber auch die Liebhaberei hat sich in in Deutschland nach dem Kriege der Brieftaubenzucht mit größerem Interesse zugewendet.

Bei Mezz fielen während der Belagerung ein Paar solcher geflügelten Boten durch Herabschießen den Preußen in die Hände. Dieselben befinden sich in der von der verstorbenen Prinzessin Karl angelegten großartigen Sammlung, welche die meisten und fostbarsten Tauben eines deutschen Taubenbodens aufzuweisen haben dürfte und die unter Aufsicht des Hofmeister Meier steht. Schon bei der am 3. Dezember 1871 geschlossenen Taubenaus stellung hatte sich jener Taubenboden mit einer Kollektion von 18 Paar betheiligt, unter welchen sich die zwei schon erwähnten historischen Brieftaubenpaare befanden. historischen Brieftaubenpaare befanden. Das eine Paar hatte Gambetta während des Krieges von Bordeaux aus mit Depeschen