tiefsten Narkose( Betäubung) ein verhältnißmäßig schnelles Srwachen und eine vollkommene Erholung ohne jegliche nachtheilige Störungen eintreten sehen. Die verschiedenen Erscheinungen bis zur völligen Bewußt und Gefühllosigkeit theilt man in zwei Abschnitte: 1) in den der Aufregung und 2) in den der Toleranz( Gleichgiltigkeit). Nachdem zuerst die verschiedenen beängstigenden und beklemmenden Gefühle, von denen jeder bei der Einathmung von Chloroformdämpfen befallen wird, worüber sind, entsteht bald eine Verwirrung der Gedanken und ein rauschartiger Zustand; die Pupille verengert sich, es entstehen krampfartige Muskelbewegungen, die Athemzüge sowie der Kreislauf des Blutes werden beschleunigt, so lange, bis allmählich der Uebergang in das zweite Stadium stattfindet. Der Kranke wird auf einmal ruhiger, die gesammte Muskulatur, welche unter dem Einfluß des Willens steht, wie Arme, Beine 2c. erschlaffen und die verschiedenen Bewegungen hören auf. Die Athmung wird ganz schwach, ebenso verlangsamt das Herz seine Schläge und damit das kreisende Blut seinen Lauf, zuletzt ist das Bewußtsein sammt der Fähigkeit Schmerz zu empfinden, erloschen. Je nach der Konstitution richtet sich die Zeitdauer der verschiedenen Stadien. Ein schwächlicher Mensch wird viel leichter in tiefen Schlaf verfallen als ein fräftiger, der oft unter entseßlichem Toben und Schreien mehr Zeit, mehr Chloroform und große Anstrengungen der Umstehenden in Anspruch nimmt; besonders sind es die Trinker, die nur äußerst schwierig zu beruhigen sind, sie bäumen sich oft auf, wollen davon laufen und verursachen den Ümstehenden auf diese Weise viel Mühe. Auch die Aeußerungen bei dem rauschähnlichen Zustande sind verschie den, der eine fängt an zu singen, der andere betet, wieder andere erzählen Angenehmes oder Unangenehmes. Oft kommt es vor, daß dabei die größten Geheimnisse und besonders Herzensangelegenheiten unfreiwillig ausgeplaudert werden, ohne daß der Betreffende später auch nur die geringste Ahnung davon hat. Die Dauer dieses Zustandes der Schwazhaftigkeit ist jedoch meistens äußerst kurz, und es ist des halb meist garnicht möglich, den Zusammenhang des Ausgeplauderten zu erfahren, außerdem werden die Worte nur stoßweise und so undeutlich ausgesprochen, daß es sehr schwierig ist, richtig zu verstehen. Verfasser erinnert sich noch ganz deutlich, wie sein Bewußtsein, als er chloroformirt wurde, allmählich umnebelt wurde, dann schien es ihm, als ob er auf einmal, wie im Fluge, in eine Gesellschaft versetzt würde, die er garnicht kannte, obgleich er hauptsächlich das Wort führte und skandalirte. Später erfuhr er, daß er besonders solche Dinge gesprochen, mit denen er sich in letzter Zeit geistig beschäftigte. Das Erwachen kam ihm vor wie ein langsames Erholen aus dem Schlafe, nur war es ihm schlecht zu Muthe; erst ein Blick auf seinen Verband zeigte ihm, daß er operirt worden war, später allerdings erinnerten ihn die Schmerzen schon von selbst daran. Einer der häufigsten Uebelstände bei dem Chloroformiren ist das Erbrechen. Dasselbe kann in allen Stadien der Narkose eintreten, besonders stellt es sich ein, wenn kurze Zeit vor der Narkose der Magen mit Speisen überladen war. Sobald man dies vermeidet, hat man weniger diesen unangenehmen Zwischen fall zu befürchten. In Krankenhäusern werden jetzt deshalb mit Recht den zur Operation Bestimmten auf kurze Zeit die Speisen entzogen. Große Vorsicht muß man bei Herzkranken anwenden, denn die Schläge des Herzens werden durch das Einathmen von Chloroform so verlangsamt, daß bei solchen Kranken, da ja in diesem Falle das Herz an und für sich nicht mehr die Kraft und Energie besißt, wie bei Gesunden, leicht ein Stillstand desselben eintreten kann, also der Tod zu befürchten ist. Vergleichen wir nun die früheren Operationen mit den jetzigen, so wird ein jeder begreifen, daß die Erfindung des Chloroforms und seine Anwendung in der Chirurgie den größten Fortschritten unseres Jahrhunderts ebenbürtig zur Seite gestellt werden kann. Wie viele Operationen konnten früher wegen der unsäglichen Schmerzen garnicht oder nur äußerst mangelhaft ausgeführt werden! Wenn man auch hier und da erzählen hört, daß beispielsweise sich einzelne Menschen ein Bein amputiren ließen, ohne eine Miene zu verziehen, so darf man doch nicht vergessen, daß dies einzelne heroische Ausnahmen sind, die als solche nicht in Betracht kommen können. Jedoch nicht allein für die Kranken ist das Chloroform von der segensreichsten Wirkung, sondern auch der Operateur selbst hat seine Vortheile. Das Chloroform besiẞt nämlich die Eigenschaft, die willkürlichen Muskeln, wie schon oben erwähnt wurde, zur Erschlaffung zu bringen; im normal lebenden Zustande sind sie es nicht, sondern sie befinden sich immer in einer Spannung( dem Muskeltonus); infolge davon sieht sich der Operateur, ganz abgesehen von jeglicher Beseitigung einer plöglichen Störung des Kranken, von den beständig zuckenden Muskeln nicht mehr belästigt. Auch sollen die Schnitte viel leichter wieder aneinanderheilen. Bei großen Schnittwunden sieht man oft die Wunde auseinanderklaffen; dies beruht einfach auf der Spannung der Muskeln sobald dieselben durchschnitten werden, ziehen sich beide Theile nach ihren Ansatzpunkten zurück. Schm.
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Die Hungersnoth in Indien. ( Schluß.) Zu der Hungersnoth gesellen sich die peinigenden Qualen des Durstes, und diesen vereinten Feinden weichen die Bewohner des flachen Landes und sammeln sich in den Städten, um dort durch Betteln ihr Dasein zu fristen. Bei dem ersten Zeichen der eintretenden Nothlage hatte die
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Regierung von Madras dreißigtausend Tonnen Reis kaufen lassen, um dem Unheil zu begegnen: die Regierung von Indien jedoch rügte diese Maßnahmen, da der Privateinkauf hinreichen würde, mit der ausdrücklichen Begründung: eine weise Volkswirthschaft verbiete, daß der Staat die Sache in die Hand nehme, durch die einfache Nachfrage werde sich die Verproviantirung von selbst regeln! Die Indier dürfen also ohne staatliche Einmischung so frei sein, zu verhungern! Als das Unheil mit voller Wucht hereinbrach, wurden 10-12,000 Menschen bei öffentlichen Arbeiten beschäftigt; die Mehrzahl der kraftlosen Individuen, welche solcher Arbeit nicht gewachsen war, wurde in großen Lagern zu je 10-12,000 Mann zusammengebracht und auf Staatskosten ernährt. Während unter gewöhnlichen Verhältnissen der Ballen Reis von 75 Kilo 4 bis 5 Rupien kostet, schwankt jetzt der Preis zwischen 11 bis 12 Rupien. Die großen Ankäufe von Reis für die nothleidenden Distrikte in Lahore , Muballa und anderen Orten Oberindiens haben für Bengalen selbst infolge einer Ausfuhr von 800,000 Tonnen eine bedrohliche Preissteigerung verursacht. Der Markt von Rangoon in Hinterindien hat auch gethan, was er konnte. Auch an die französische Kolonie Saigon in Kochin china hat man gedacht, ohne jedoch Aussichten zu haben, außer den bereits erhaltenen 350,000 Tonnen Reis noch weiteres zu bekommen. Man muß sich an Amerika oder Java wenden, um die mindestens noch erforderlichen 500,000 Tonnen anschaffen zu können. Um sich einen Begriff von dem Elend zu machen, erwähnen wir nur, daß Ende August in der Präsidentschaft Madras allein über 2 Millionen Menschen their's bei öffentlichen Arbeiten beschäftigt, theils auf Staatskosten ernährt wurden. Die heimgesuchten Distrite bieten ein herzbrechendes Schauspiel. Die verlassenen Felder gleichen Wüsten, die tiefste Todtenstille herrscht ringsum und der Reisende erblickt nur einen Raubvogel in den Lüften oder einen Schakal, der gesättigt und gleichgiltig die links und rechts am Wege liegenden Menschenleichen betrachtet. An den Straßen ecken begegnen einem unzählige verlassene Kinder; eine Mutter warf neulich ihr Kind in einen Brunnen, aus Verzweiflung, es nicht ernähren zu können; sie selbst wollte sich tödten, als man sie verhaftete. Bis Ende September sind 298,883 Menschen dem Hunger und Elend erlegen. Neueste Nachrichten melden nun, daß endlich der ersehnte Regen eingetreten ist und man wieder angefangen hat, das Feld zu bebauen. Wäre der gewöhnliche Oktoberregen nicht jetzt eingetreten, so hätte man sich gefaßt machen müssen, daß das Elend bis in den März nächsten Jahres gewährt hätte. Der Himmel hat sich barmherziger gezeigt, als die englischen Staatsmänner, die dafür halten, die ökonomischen Verhältnisse regelten sich von selbst, und deshalb gegen die Staatshülfe waren, obgleich sie zu rechter Zeit unsägliches Leid verhindern und dem Staat selbst ungeheure Ausgaben hätte ersparen können. Als ein Zeichen von wahrer Gemüthsroheit müssen wir es ansehen, wenn Lord Salisbury , der auch nichts von Staatshülfe wissen mag, ueulich in einer Rede, die er zu Bradford hielt, empfahl, die Indier sollten- in den guten Zeiten sparen! Dieser SchulzeDelitzsch der englischen Regierung hat sich selbst gerichtet durch dieses Wort!
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Korrespondenz.
p. 1.
Breslau . Gthl. Sie haben im ganzen recht vermuthet. Eine an Sie gerichtete Korrespondenzkarte ist Ihnen nach Wien , wohin Sie Sich von Sch. gewendet haben sollten, nachgesendet worden und ist von dort als unbestellbar zu uns zurückgekehrt. Inzwischen ist die Angelegenheit auf andere Weise erledigt worden. 2. 8. Wir möchten in der ,, N.." ,, eine ausführliche Anleitung zum Kopfrechnen" bringen? Bum gewandten Kopfrechnen gehört nicht mehr als im Worte liegt: man muß rechnen können und Kopf haben. Eignen Sie Sich beides an!
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Berlin E- r. Zur Aufnahme in die ,, N.." ist Ihre Arbeit allerdings nicht reif. Die Zurücksendung ist erfolgt. Studiren Sie fleißig, dann wird es Ihnen allge mach immer besser gelingen.
Nowaweß. J. H. Das Buch des Freiherrn Adolf von Knigge ,, Ueber den Umgang mit Menschen" ist nicht werth studirt zu werden. Knigge war eine jener ChamäSchristen können tonfus machen, aber nicht vernünftig belehren. Das Rezept zum Umleonexistenzen, wie sie das vorige Jahrhundert in großer Zahl aufzuweisen gehabt. Seine gang mit Menschen ist übrigens ziemlich einfach: Tritt jedem Menschen, der dich achtungsboll behandelt, so entgegen, daß seine Achtung vor dir eher steigt als fintt, und daß sie sich allgemach in warme Sympathie verwandeln kann; verleide aber jedem rücksichtslosen, groben Menschen seine Unmanier burch ärgere Rücksichtslosigkeit, womöglich un
übertreffliche Grobheit.
Memmingen . Eisengießer H. S. Ihr Wunsch ist erfüllt worden. Für die Zukunft Bayerns nichts gelten. bitten wir aber, uns keine bayerischen Postmarken zuzusenden, da dieselben außerhalb
Cincinnati . H. 2. Ihre Mittheilungen haben uns sehr überrascht. Wir müssen Sie bitten, Sich um Beweise zu bemühen. Ob wir die betreffende Arbeit acceptiren
können, vermögen wir erst zu sagen, wenn wir sie geprüft haben. Brünn . 2. T. Wir sollen ,, einen Artikel schreiben", um Ihre Ansicht zu beweisen, daß das Menschengeschlecht doch direkt von den Affen, und zwar vom standrill abstammt? Erlauben Sie das schüchterne Geständniß, daß wir uns für diese Hypothese nicht recht begeistern können; Sie können ja Gründe dafür haben; warum wir aber
unsere schäzbaren Urvoreltern grade unter der allerhäßlichsten Affensippe suchen sollen,
sehen wir nicht ein!
Bukarest . A. Ph. Daß es Rumänen gibt, die sich über die Tendenz unseres ,, Greuelbildes" in Nr. 4 gefreut haben, ist uns gewiß sehr angenehm. Wir glauben von Herzen gern, daß Sie den Krieg und Ihre russischen Befreier schon lange verdammt fatt" haben: indessen werden Sie sich wohl hüten müssen, Ihren Ruſſenhaß in Ihrem jezt doch völlig ,, verrussten" Vaterlande so explodiren zu lassen, wie Sie es in Ihrem
Briefe an uns gethan! Frbl. Gr.
Sachsenhausen. K. S. Vorbeigetroffen, aber etwas sehr. Hoffentlich gelingt's das nächste mal besser! ( Schluß der Redaktion: Donnerstag, den 8. November.)