Deutschlands Freiheit der Mann meinte es ehrlich, er war aber recht alt, sehr alt geworden. Was Wunder, daß die Jugend, die ahnungslose, den alten Herrn im Namen der Freiheit auf die Schultern hob und ihn durch die Halle trug ein merk würdiges Bild: Jacob Venedey der Hohepriester der Freiheit. Der Mann ist todt, lassen wir ihn deshalb, ihn und seine Freiheit.
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Am 5. August wurde die Befreiungsschlacht, die Völkerschlacht von Leipzig gefeiert. Es war gut, daß wir noch kein Königsgräß und Sedan hatten. Was feierte denn eigentlich die freiheitsliebende Jugend? Sie wußte es selbst nicht der fremde Tyrann wurde vertrieben, das aber war des Blutes, des deutschen Blutes nicht werth, welches in Strömen geflossen.
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Professor Dr. von Treitschke hielt die Festrede Lange, schön stilisirte, gut auswendig gelernte Festrede." Die Zeit ist dahin, wo der Wille der Höfe allein die Geschicke dieses großen Landes bestimmte."- Ja, Treitschke war ein Prophet. die Höfe" bestimmen nicht mehr allein die Geschicke Deutschlands , aber Bismarck . Vor deu„ Höfen" legt sich der Turner Treitschke nicht mehr auf den Bauch, aber vor Bismarck- und der Unterschied? Die Höfe" waren an derlei Turnkunststücke gewöhnt und beachteten die Bauchrutscherei nicht weiter, Bismarck aber amüsirt sich über derartige Clownstücke und zeigt freundlichst lächelnd dieselben der ganzen Welt. Und Treitschke ist infolge dessen„ berühmt" geworden.
Zum Schlusse seiner Rede rief der Hochedle Herr mit seiner monotonen, schreienden Stimme:
,, Auch der Geringste unter uns ist berufen mitzuarbeiten an dem Dome deutscher Einheit, deutscher Freiheit, deutscher Größe!" ,, Die Halle stürzt ein!" hallte ein tausendstimmiger Ruf die ,, Germania ", das große Standbild auf der Halle, neigte ihr Haupt, der Sturm wurde zum Oceander ,, deutsche Dom" war sehr gefährdet; Herr Treitschke steckte sein Manuskript ein und trank eine Flasche Sodawasser die leipziger Feuerwehrleute aber, die Männer aus dem arbeitenden Volke, sie fletterten in Sturm und Wetter an der Halle empor und stüßten die Thürme und die Germania , so daß sie nicht in jähem Fall zertrümmert wurden und zugleich die Halle, den ,, deutschen Dom", mitzerstörten.
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Schönschwäßer haben unser deutsches Vaterland verderbt und an den Rand des Grabes gebracht mit ihren nichtsnußigen Reden von Deutschlands Einheit und Freiheit. Das Volk, das arbeitende Volt wird, endlich aus seinem Traum erwacht, aber unter einem andern Banner, unter dem Banner der Gleichheit das Vaterland wieder erretten aus der unsäglichen Schmach, in der es sich jetzt, gekettet und geknechtet, befindet.
Turner Treitschke aber ist einer seiner Kerkermeister, wenn auch nur der untersten einer.
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und Tyrol schwärmte, die in der deutschen versammelten Jugend nicht nur die Einheit, sondern auch die Freiheit des Vaterlandes erblickte, daß diese selbe Stadt so unendlich tief in den nationalservilen Sumpf eingesunken ist, so tief fast wie keine andere deutsche Stadt. Schade um Leipzig !
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Einige Schnurren will ich noch erwähnen. Auf dem Festplage war eine sogenannte ,, Todtenkammer" eingerichtet, in welche behutsam und ohne Aufsehen zu erregen, von ihren Freunden oder auch von der den Polizeidienst ausübenden Feuerwehr die Grauen", die aber schon schwarz" oder völlig ,, duse" geworden waren, mit einem Worte die schwer Bezechten gebracht wurden, um ihren Rausch auszuschlafen. Im Verhältniß zu der großen Zahl der Festtheilnehmer waren immer nur sehr wenige Insassen dort zu finden. Höchst ergößlich war es, als wir einen Bekannten dorthin ablieferten, daß dieser plößlich fast ernüchtert, auf einen der auf der Pritsche liegenden Schläfer hinwies und ausrief: Habe ich doch diesen meinen Freund aus Xstadt schon seit drei Tagen gesucht und finde ihn glücklicherweise jezt am vierten Tage doch noch." Er legte sich zutraulich hin zu seinem alten Freunde; sie schliefen beide ihren Rausch aus und Abends und am andern Tage wichen sie sich niemals von der Seite.
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Ein ostpreußischer Grundbesizer, ein jovialer Mann, der seine 260 Zollpfund wog, hatte eine ,, dicke Riege" gebildet. Bedingung 180 3ollpfund Schwere und zwei bis drei leichte Freiübungen. Ueber 40 Mann fanden sich, die zur Belustigung der Zuschauer bald im Gänsemarsch, bald in Sektionen auf dem Festplatz und in der Stadt sich zeigten in den Bier- und Weinhäusern aber hörte man sehr schnell schon das geflügelte Wort: Die dicke Riege stirbt( siehe Todtenkammer), aber sie ergibt sich nicht."
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,, Die Schranken sind gefallen, die aufgebaut waren zwischen Süd und Nord, Schleswig- Holstein muß befreit werden," riefen die Wiener und Tyroler und Schleswig- Holstein wurde ,, befreit" vom dänischen Joche ,,, befreit" auch durch Desterreichs Krieger.
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1200 österreichische Turner waren in Leipzig auf dem deutschen Turnfeste und zwar als Deutsche . Feiern wir jetzt einmal wieder ein deutsches Nationalfest", zum Beispiel den aus der Schlacht bei Königgräß hervorgegangenen Siegestag von Sedan, so werden die Desterreicher wohl fehlen, die deutschen Brüder, die trotz der deutschen Einheit", ja wegen der preußischen deutschen Einheit" hinausgeworfen worden sind aus Deutschland . Und wie sieht's aus mit der Freiheit"? Das Antlig sollte sich jeder Deutsche verhüllen, mit Ingrimm zurückdenken an all' die hochtrabenden Phrasen und Lieder, wenn er unser Vaterland sieht, wie es in den Banden, die Hochmuth und Servilismus ihm geschlagen, darniederliegt.*
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Der Abschied nahte. Die fremden Turner, welche damals in Leipzig waren, sie werden, welcher Gesinnung sie auch sonst jetzt sein mögen, immer mit großer Zufriedenheit zurückblicken auf die Gastfreundschaft, die ihnen von Leipzigs Bürgerschaft entgegengetragen wurde. Deshalb war der Abschied auch durchweg ein so sehr bewegter und es ist nicht übertrieben, wenn berichtet wird, daß ein alter biederer Mann aus dem Arbeiterstande, der ,, seinen" Turner nach der Bahn, gebracht hatte, nachher erklärt habe: ,, Es ist mir gerade so, als zu jener Zeit, da mir mein einziger Sohn starb." Ehre also der Stadt Leipzig und ihrer Gastfreundschaft! Wunderbar, daß diese selbe Stadt, die für Schleswig- Holstein | allein das leitende Prinzip bilden.
Schließen wir unsere Skizzen mit der schweren Anklage, daß die deutsche Jugend von damals das deni Vaterlande gegebene Wort gebrochen hat, daß die Freiheit gerade von den Leuten zu Grabe getragen worden ist, welche sie am feurigsten auf den Schild erhoben haben.
Doch eine andere Jugend ist nachgewachsen und wächst nach; eine Jugend, die sich nicht mit Phrasen abfüttern läßt, nein die da will, daß Freiheit und Gleichheit in Fleisch und Blut übergehen, daß in allen politischen und sozialen Verhältnissen sie
Der Erbonkel. Novelle von Eruft von Waldow. ( Fortsetzung.)
Eusebius richtete sich auf und sprach, die Rechte ausgestreckt, die Blicke zu dem grauen Plafond des Zimmers emporgerichtet: , Sprich, was ist der Mensch, daß du übermächtiger Trauer So dich völlig ergibst? Was beseufzest du weinend das Sterben? Denn wenn das Leben bis jetzt, das vergaugne, dir lieblich und süß war, Wenn dir nicht jeder Genuß, als hätt in ein Faß ohne Boden Man ihn geschüttet, entfloß und ohne zu laben dahinschwand, Warum gehst du nicht, ein gesättigter Gast, von des Lebens Tafel hinweg und legst dich, du Thor , gleichmüthig zur Ruhe?" „ Au weh!"
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Eusebius rief das hinterdrein, als gehöre es noch zu seinem Vortrage. Ganz versenkt in seinen Stoff" hatte er nämlich nicht, darauf geachtet, daß Jakob schon während der Deklamation lebhafte Zeichen des Unwillens von sich gegeben; zum Schlusse war seine Entrüstung so mächtig geworden, daß sie selbst die körperliche Schwäche besiegt, mit einem Griffe hatte sich der Kranke des Erbauungsbuches bemächtigt, aus welchem Gertrud ihm vorhin vorgelesen, und dasselbe nach dem Bruder geschleudert.
Das Buch hatte zwar keine edlen Theile getroffen, und nur der plötzliche Schreck erpreßtę dem alten Studenten, der auf diese