-
es den Menschen bekannt. Es ist geschichtlich feststehend, daß schon die alten Babylonier das Erdöl gekannt haben. Sie gewannen es aus Quellen in der Nähe des Flüßchens Js, das sich in den Euphrat ergießt. Ob sie es zu Beleuchtungszwecken benutzten, ist nicht sicher nachzuweisen, doch sehr wohl anzunehmen. Dagegen weiß man, daß sie es in der Baukunst verwandten. Sie ließen nämlich die flüssigen Theile des Petroleums verdunsten und gewannen so einen Mörtel, den an Festigkeit und Härte kaum etwas übertraf. Die alten Städte Ninive und Babylon sind mit diesem Bindemittel gebaut, und noch heute zeigen die Ruinen derselben eine Festigkeit, die ihres gleichen sucht. Die Quellen am Js wurden von Alexander dem Großen auf seinen asiatischen Kriegszügen besucht und erregten seine und seiner Zeitgenossen Bewunderung. Sie fließen noch heut, wenngleich sie nicht ausgebeutet werden.
Am Jrawaddy befindet sich noch heut ein berühmtes Petroleum lager, das den alten Indiern nicht unbekannt geblieben. Ebenso sicher ist es, daß die Aegypter das Erdöl gekannt haben. Man will wissen, daß sie es beim Einbalsamiren ihrer Leichen benutzten. Andere meinen, sie hätten dazu den aus dem Petroleum gewonnenen Asphalt gebraucht, der den Mumien ihre Festigkeit verliehen.
Ueberhaupt dürfte das Petroleum auch andern Völkern des Alterthums nicht verborgen geblieben sein, und die heiligen Feuer auf den Gözenaltären werden wohl mit Recht mit dem Erdöl in Verbindung gebracht. Noch heut hüten die Parsen das ewige Feuer von Baku , und seit dem Jahre 1820 befindet sich daselbst sogar ein Kloster, in dem die Feuerpriester die Flammen hüten. Das Gas brennt auf dem Klosterhofe in mehreren Flammen, auch in den Zellen und in der Kirche werden solche unterhalten. Die Priester hüten das Feuer sorgfältig vor jeder Verunreinigung, ja sie wagen sich nur mit verbundenem Munde in seine Nähe, um den allgewaltigen Feuergott nicht zu erzürnen.
Die Europäer sind durch Alexanders des Großen Züge mit dem Erdöl bekannt geworden. Der griechische Geschichtsschreiber Herodot ( 484 v. Chr. geboren) spricht in seinem Geschichtswert, in dem viele Bemerkungen über Länder, Völker und Naturprodukte eingefügt sind, von den Petroleumquellen der jonischen Insel Zakynthos ( das heutige Zante), von der viel Erdöl nach dem Festlande gebracht wurde. Heute noch fließen die dortigen Quellen in der Nähe der Hafenstadt Porto Chierri. Auch der Sammelschriftsteller Plinius ( geb. 23 n. Chr.) erwähnt das Erdöl von Agrigentum in Italien , das als" sizilianisches Del" sogar in Lampen gebrannt wurde. Bei Plutarch , der wenige Jahre später lebte, finden wir die Beschreibung eines brennenden See's in der Nähe der altersgrauen Stadt Ekbatana.
Die Indianer Amerikas haben schon seit frühester Zeit des Erdöls sich bemächtigt. In Kanada findet man Ueberreste von Vorrichtungen zur Petroleumausbeutung, die aus der ältesten Zeit herrühren. Meistens fingen sie es jedoch in wollenen Tüchern auf, aus denen sie es in ihre Gefäße drückten. Sie benutzten es vorzugsweise zu arzneilichen Zwecken, namentlich bei Verwundungen und Quetschungen. Bei ihren religiösen Feierlichkeiten fand es ebenfalls seine Stelle, wovon sich noch viele der Eingewanderten überzeugen konnten.
Um 1750 wurden die Weißen Nordamerikas zuerst mit den Petroleumlagern daselbst bekannt. Sie lernten es von den SenekaIndianern kennen, die es am Oil Creek, im heutigen Pennsyl vanien, fanden. Dieser Bezirk ist bis auf den heutigen Tag noch einer der wichtigsten der Deltreise. Er liegt in der Provinz Venango. Um dieselbe Zeit kamen auch Europäer im Quell gebiete des Geneseeflusses im Staate Neuyork mit Petroleumlagern zusammen. Sie wußten jedoch nicht recht, was sie mit demselben anfangen sollten, begnügten sich also mit dem Gebrauch, den sie bei den Indianern gefunden. Bald war das Genesee oder Senekaöl ein berühmtes Heilmittel, selbst in unsern Apotheken konnte man es für schweres Geld käuflich haben.
Die ersten Nachrichten über das neue Produkt Amerikas lockten die Engländer und Franzosen herbei. Die letzteren suchten das selbe auszubeuten, doch schlugen die ersten Versuche völlig fehl. Man begnigte sich in der Folgezeit mit dem wenigen Del, das man ohne besondere Einrichtung auffangen konnte. Bis zum Jahre 1820 ist kein nennenswerther Versuch zur Ausbeutung gemacht worden. Aus Virginien führte man jedoch schon 1836 fast an 100 Fässer Petroleum aus, das man im Thal des kleinen Kanawha auffing. Ein Geologe, Murray ist sein Name, machte zuerst darauf aufmerksam, daß in Westkanada viel Erdöl sein
153
müsse, doch wurden seine wohlgemeinten Worte nicht genügend beachtet.
Es ist auch fraglich, ob eine großartige Ausbeutung des Petroleums in jener Zeit die Unternehmungskosten gedeckt hätte. Wenn man auch schon im vorigen Jahrhundert in einigen italienischen Städten, namentlich in Genua , das bei Parma ge= wonnene Del zu Beleuchtungszwecken benutzt hatte, so verstand man es doch noch nicht, das rohe Vetroleum so zu reinigen, daß seine Flamme gegen die des damals gebräuchlichen Rüböls hätte den Kampf aufnehmen können. Das zeigte sich so recht, als 1845 eine Gesellschaft in Neuyork die ersten Versuche machte, das Petroleum als Leuchtmaterial einzuführen. Man war nämlich in der Nähe von Tarentum beim Graben nach Salz auf eine mächtige Petroleumquelle gestoßen. Dieselbe lag etwa 35 englische Meilen oberhalb Pittsburg am Aleghanyfluß. Erst 12 Jahre später nahm eine neue Gesellschaft von Kaufleuten aus Newhaven in Konnektikut ds damals liegen gebliebene Projekt wieder auf. Zwei Industrielle, Williams und Hamilton, deſtillirten das rohe Petroleum, und die Proben, welche sie nach Europa sandten, fanden sehr großen Beifall.
Der eigentliche Geburtstag der Petroleumindustrie ist der 12. August 1859. Colonel Drake war nämlich so glücklich, an diesem Tage beim Bau eines artesischen Brunnens bei 23 Meter Tiefe auf eine Petroleumader zu stoßen, die in der ersten Zeit täglich über 4000 Liter Del lieferte; noch lange Zeit nachher schöpfte man aus ihr täglich an 1500 Liter. Dieser ungemein glückliche Zufall lockte bald von allen Seiten Petroleumgraber herbei. Es war eine Aufregung, die fast noch das kalifornische Goldfieber übertraf. In fürzester Zeit entstanden am Delfluß Städte und Flecken, wo zuvor nur der Fuß des Wilden den Urwald durchdrungen. Die Produktion übertraf bald den Bedarf, und die so lebhaft begonnene neue Industrie schien in's Stocken zu gerathen. Da war es ein Deutscher, Herr Hake, der durch neue Destillirversuche das rohe Petroleum so reinigte, daß es um vieles brauchbarer und angenehmer wurde. Jm Deldistrikt begann infolge dieser Erfindung wieder neues Leben, und Städte schossen wie Pilze aus der Erde. Von vielen derselben gilt es, was im Jahre 1865 von Pit- hole berichtet wurde. Die damals erst vier Monat alte Stadt hatte schon mehr als 5000 Einwohner ( fast ausschließlich Männer), einige 40 Gast- und Kosthäuser, zahllose Viktualien- und Schnapsläden, eine Bänkelsänger- ,, Oper", einige Bankhäuser, eine Zeitung und ein Theater. Auch zwei Kirchen waren schon im Bau. Die Stadt hatte noch nicht einmal Behörden, doch wird versichert, daß die Volksjustiz Ruhe und Ordnung besser aufrecht erhalten, als es in Neuyork der Fall war. Heute gehört jene Stadt schon der Geschichte an, und wer in ihr einst das Licht der Welt erblickt, vermag wohl kaum den Ort aufzufinden, wo seine Wiege einst gestanden.
Selbstverständlich herrschte nicht überall im Deldistrikt die wünschenswerthe Ordnung. An manchen Orten wußte niemand recht, wen er als Besizer eines Brunnens anzusehen habe. Oft herrschte die grenzenloseste Verwirrung an einem Orte, die Zustände waren geradezu chaotisch. Auch waren nicht überall genügende Einrichtungen getroffen, um das hervorquellende Bergöl zu bergen und zu verwerthen. Es fehlte an Fässern, so daß viele tausend Tonnen verloren gingen und den nahe gelegenen Alleghanyfluß tränkten. Brach noch ein Feuer aus, so stieg der allgemeine Wirrwarr bis in's Grenzenlose; und solcher Brände gab es nicht selten, da viele der eingewanderten Delsucher nicht vorsichtig genug umgingen. Wer das Glück hatte, erwarb in fürzester Zeit unermeßlichen Reichthum, während Andere ihr Hab und Gut verloren.
Als man im Jahre 1861 anfing geregelter an die Ausbeutung des Petroleums zu gehen, war zwar schon der Grund zu vielen Industriestädten gelegt worden, in denen aber erst von jetzt ab geordnetere Zustände eintraten. Wir nennen nur Dil- City, Titusville, Tidioute, Franklin, Pleasantville, Parkers u. s. w., die zum Centralpunkt der Erdölgewinnung sich aufgeschwungen. Das Delgeschäft hat Städten wie Cleveland , Pittsburg und namentlich Philadelphia große Reichthümer zugeführt. Pennsylvanien ist noch heute der Staat, der an der Spize der Lieferanten steht. 1859 betrug die Ausfuhr aus demselben 335 Faß, zwei Jahre später belief sich dieselbe auf 134,927 Faß und noch immer steigerte sich die Nachfrage nach dem indeß beliebt gewordenen Beleuchtungsmaterial.
-