Jlluskrierkes Anterhalwngsblakk
rete war mit dem alten Röhn für einen Tag nach Salzhausen ge- fahren, wo des Lehrers jüngerer Bruder das Amt des Badeoer- walters versah. Selbdritt wander- ten sie durch den tunstreich angelegten Port und erstiegen eine Höhe, die Ausblick aus die gesegnete Wetterau bot. Der Verwalter nannte die Dörfer, die im Sonnengold lagen, ' wies aus die Obsthame und Aecker, die eine reiche Ernte versprachen. Er lobt« die Bauern, die da drunten, sonntäglich gekleidet, bedächtig durch die Furchen schritten, die in beharrlichem Fleiß dem fruchtbaren Boden immer größere Erträgnisse abgewannen. Nach Tisch genoß Grete vor dem Kur- haus das bescheidene Badeleben. Röhn stellte ihr einen Kollegen aus dem nahen Borsdorf vor. Der schien an ihr Gefallen zu finden. Er zog sie in ein langes Ge- spräch. wobei er erwähnte, daß er als un- verheirateter Mann gar zu viel auf das Wirtshaus angewiesen sei und sich nach einer angenehmen Häuslichkeit sehne. Während Rahn noch ein paar Tage bei seinem Brudei zu bleiben beschloß, reiste Grete abends zurück. Auf dem Bahnhof daheim redete Ludwig' Jbold sie an, der mit demselben Zug von Ortenberg zurückgekehrt war. Cr begleitete sie in die Stadt. Sie gingen die Hauptstraße hinunter. Vom klaren Nachthimmel schickte der zunehmend« Mond sein Licht herab. Fernher rauschte der Bach. Leute begegneten ihnen. Blieben stehen und drehten sich um. Vor dem Metzgerhaus sagten sie einander gute Nacht. Fortan, w?«n sie sich trafen, sprach er sich wie in vergangenen Iahren über alles und jedes bei ihr aus, bat sie um ihren Rat und hörte auf ihr kluges Wort. Einmal fuhr's ihm heraus:„Wenn ich Dich so reden hör, mein ich, ich bin unserm Herrgott sein Garnichts Wo mein Verstand aufhört, fängt Deiner an?" Im Städtchen war es gang und gäbe, daß ein Klatsch den andern ablöste. Run hielt das Geplätz über den Buchbinder Jbold und die Witfrau Gonder die Horcher und
£Rom <m von Alfred Bork Schuhspitzengucker ständig in Atem. Diese zogen alle Register auf, die Grete in Ver- ruf zu bringen. Dem Sommer folgte ein merkwürdig warmer Herbst. Auf dem Altenburgskopf standen die Buchen Ansang Oktober noch im vollen Blätterschmuck. Aus dem noch sri- schen Grün der Wiesen schauten die gelben Blüten des Habichtskrauts und die weißen Dolden der Bimbernelle hervor. Der Lehrer Rahn zeigte den Nachbarn und Freunden seinen alten Walnußbaum, der heuer seit langer Zeit wieder reife Früchte trug. Die Gemüsefrau Hormani� in der Erbsengzsse äußerte ihre Besorgnisse über die regel- widrige Witterung: „Mir ist's bei der Wärme nicht recht wohl. Ich wollt, die Luft tät einmal recht- schaffen harmeln. Unser Herrgott�Ist doch
ß. Frömming: Attacke sonst bei der Furch'. Und hält auf Ord- nung. Wenn er dies Jahr statts einem zwei Sommer schickt, ist's nicht für die Wan- zen. Ich schätz, er hat einen Zorn aus die schlechte Weit, und das dick End kommt hin- tennachl" Am Neformationsfest war's, daß Grete, die den ganzen Tag das Haus nicht ver- lassen hatt? sich in der Dämmerung auf- machte, noch ein wenig frische Lust zu schöpfen Beim Posthäuschen gesellte sich der junge Vuchbindermeistcr zu ihr. Sie schlugen mit- sammen den Weg nach der Warte ein. „Ich Hab heut einen Brief aus Darm- stadt bekommen," hob Ludwig an,„der Großherzog hat Einband von mir gesehen. Sie habsn ihm gefallen. Ich soll jetzt Fein- arbeit für ihn machen. Die Bücher sind schon unterwegs!" „Das ist ja eine große Freud für Dich," sag!« Grete voller Anteilnahme.'
<echliib> ,�Ich bin noch nicht fertig in meiner Kunst," redete Ludwig weiter,„und sie wollen mich schon neben die Vordersten stellen. Wenn ich wirklich einmal den Platz verdien, für wen arbeit ich? Für mich. Und für meine Mutter. Aber dt; Hab ich nicht ewig. Und dann? Dann bin ich allein Wie ich von Stuttgart kam und sah, daß ich Dich verloren hatt, nahm ich mir in meiner Ver- gelsterung vor, ich bleib mein Leben lang I für mich. Die Wahrheit ist: ich bin fürs Alleinsein nicht geschassen. Guck, Grete, feit ich denken kann, bin ich mit Dir verwachsen. Du kennst mich besser, wie ich mich selbst. Schockeler hast Du mich früher als geheißen. Und Du hattst recht. Ich brauch eins, an das ich mich halt' Du hast das Feste, das Striefe, das mir fehlt. Und trägst'? in mich hinein. Deswegen gehör ich zu Dir. Ich wüßt gar nicht, wie Ich ohne Dich durchkam- men sollt Akkurat so denkt meine Mutter. Du bist schon als Kind ihr 5ierzblatl ge- wescn. Sie ästimiert' Dich, wie sonst keine. Du kannst mir's glauben, sie wird selig sein, wenn ich ihr jag. daß ich Dein Jawort Hab!" All die Zeit her hatte Grete gefühlt, daß Ludwig ihr näher und näher kam, daß das zerrissene Band sich aufs neue kmipste. Nu» er sich erklärte, sein Wohl oder Wehe von ihr erwartete, durchschütterte sie's, daß sie keiner Silbe mächtig war. Er ab;r, in Heller Angst, daß er abge- wiesen werde, rief: „Sollt's das Leutgcschwätz sein, Grete, wodran Du Dich stößt,— meine Kunst ist � an keinen Ort gebunden. Ich geh mit Dir, wohin Du willstl" Da sie noch immer schwieg, bestürmte er sie mit leidenschaftlichen Worten. Allmählich gewann sie ihre Ruhe wieder. „Ludwig," sprach sie mit tiefem Ernst, „Du darfst's nicht für ungut nehmen, wenn ich Dir jetzt keine Antwort gcb Ich muß mir's überlegen. Ich bitt Dich, drang mich nicht?" � Er konnte seine Verstimmtheit nicht verbergen. Doch ehrte er ihren Wunsch und berührte die Dinge nicht mehr. Eh es vollends dunkel wurde, waren sie wieder in der Stadt Der Altmeister Rühlmann hatte an die-