Die Rene West

פליילל

Illustriertes Unterhaltungsblatt

Grete Fillunger

Roman von Alfred Boc

m andern Morgen traf ein Brief| daß Ludwig Ibold Grete auf dem Alten­von dem blinden Eberle aus Stuttgart ein. Der schrieb:

,, Lieber Freund Ibold!

Was mag denn bei Dir vor. gehen, daß Du nichts von Dir hören läßt? Ich mach mir Sorgen. Soviel Zeit wirst Du boch übrig haben, daß Du mir eine Karte fchickst. Von mir fann ich nur Gutes melden. Der Abschied von der Anstalt ist mir nicht leicht geworden, aber daheim ist daheim. Ich habe mir eine Kleine Wertstatt eingerichtet und arbeite für den Herrn Munzinger, der In der Rothebühlstraße den Korb- und Bürftenwarenladen hat. Ich habe schon so viel verdient, daß ich mir eine Schreib. maschine anschaffen tonne. Dadurch bin ich der Mitarbeiter meiner Frau geworden und schreibe alle Briefe für fie. Seit ein paar Wochen auch für den Nachbar Selzer. Es geht sehr flott. Meine Frau hat das Geschäft in die Höhe gebracht. Die Losung wird von Monat zu Monat größer. In Deiner Stube haben wir einen neuen Mietsmann, er heißt Wader und ist mein Nachfolger beim Herrn Dittmar. Es ist eine ehrliche Haut, aber das Pulver hat er nicht erfunden Meine Frau fonnte ihn zu erst nicht leiden, jeßt hat sie sich an ihn ge wöhnt. Er ist sehr gefällig und hilft ihr, wo er fann. Sonntags geht er auch mit ihr aus. Ich bin aber nie allein. Mein Weiß­Löpfchen, das Ritele, ist bei mir. Es wird immer flüger und macht die drolligsten Be merkungen. Es ist mein Sonnenschein. Neulich hat mich unser Chef, ber Herr Ditt mar. besucht. Er hat mir doch das Kapital für mein Geschäft gegeben. Er hat im La ben und auf dem Lager oben alles besich. tigt. Hernach hat er sehr freundlich mit mir gesprochen: Ihnen fann man gratulieren," hat er gesagt, Sie haben eine tüchtige Frau!" Ja, Herr Dittmar!" fagte ich. Sie hat die Augen, die für mich sehen. Bem das Schicksal wohl will, dem beschert es so eine Fraut" Vorgestern ist der Gra Deur Beiswang drüben gestorben. Er hat piel ausgestanden. Nun muß ich aber Schließen und verbleibe in alter Freund Schaft Dein treuer Eberle." An einem der nächsten Sonntage war's,

burgstopf traf. Er ging eine Strede Begs mit ihr. Seine Mutter, erzählte er, hatte sich den Fuß verstaucht. Sie hatte ihm zu­erst nichts davon gesagt, dann waren die Schmerzen so heftig geworden, daß er den Doktor Kühnholb holte. Der hatte feuchte Umschläge und völlige Ruhe verordnet. Auf dem Sofa zu liegen, war der reglamen

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Der Artushof in Danzig

Frau schrecklich. Ein paar Wochen, meinte der Arzt, tönnten darüber hingehen, bis der Fuß seine Bewegungsfähigkeit wieder. erlangte. Er. Ludwig, hatte in der Wert­statt zu tun. Ein Glüd, daß Anna Kraft, bes Nachbars Tochter, der Patientin Ge sellschaft leistete und sich auch der Haus. haltung annahm. Am meisten bekümmerte. die Mutter daß sie ihre Besuche bei dea Stadtarmen eine Beltfang einstellen mußte. Sie gab den Bissen aus dem Mund. Daß fie thre Güte oft an Unwürdige verschwen­

( Fortfehung)

bete, merkte sie nicht. Sie sah nur die Dürf tigkeit.

Ich hab Deine Mutter immer hocha gehalten," sagte Grete herzlich. Dant Gott , daß Du sie hast! Sie soll sich ja nur aus­furieren. Warum habt Ihr die Schwester Trina nicht genommen? Die verstebt sich doch auf die Pflege."

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Die Anna Kraft ist ein halber Doktor, erwiderte Ludwig. Sie wartet auf und macht auch die Umschläge gewissenhaft."

Sie gingen bergab der Kreisstraße zu. Ludwig sprach von seiner Arbeit und von seiner Kunft. Bon feiner Wanderschaft hatte er unendlichen Gewinn gehabt. Oft dachte er daran, was Grete einft zu ihm gesprochen hatte:" Draußen siehst Du mit tausend Augen. Du mußt fort!" Ihr Rat war ihm unter den Händen gewachsen. Halbe Arbeit verachtete er. Lieber eine Sache aufsteden, als sie mittelmäßig trela ben. War er auf der Höhe? Noch lange nicht. Aber er würde Feuer und Wasser nicht fürchten, hinaufzukommen.

Wo der Weg nach Busenborn abzweigte, trennten sie sich. Ludwig, der sich nun wie. der von seiner Krankheit erholt hatte, wan berte weiter, Grete ging in die Stab: zu rüd. In Gedanken stellte sie sich den Buch. bindergesellen Ludwig Ibold vor, wie er halbschürig und unfertig in die Fremde ge zogen war, und sie machte ihre Betrach tungen darüber, wie er gereift und gesetzt heimgekehrt war. Die Nichtskönner nahmen den Mund voll, aber sie hatten bald aus. gefungen. Aus Ludwigs Borten flang teine Eingebildetheit. Er hatte Geschick, das spürte maa. und hatte die Kraft, fein Ziel zu erreichen Mit großer Liebe sprach er von seiner Mutter. Die wurde von der Nachbarstochter gepflegt. So ein frisches, hübsches Mädchen mochte dem jungen Met fter gefallen. Die Gelegenheit lief ihm ins Haus. Da spann sich geschwind etwas an. Bielleicht gab's einen Berfrh. Die Anna Kraft war in der Stadt eine der netteften, die er wählen tonnte. Und nahm er die nicht, fand er eine andere.

Grete sant der Kopf auf die Brust. Daß sie ihn nicht vergessen hatte, daß sie noch an ihm hing, verschloß sie im tiefften Her