Die Welte Welt

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Illustriertes Unterhaltungsblatt

Grete Fillunger

TTATT TATT as Gespräch zwischen Gonder und seiner Frau war erregt gewor den. Wenn Du glaubst, daß Du mich damit verkreuzigen fannst, irrst Du Dich!"

"

Ich Dich verkreuzigen? Da muß ich einen Lach tun. Ich will Dir sagen, wie das hängt und liegt. Der Leimlouis hat Dich durchplumpen lassen, und Du bist als noch in ihn vernättert!"

" Theobald!" schrie sie auf.

,, Du bist als noch in ihn vernättert!" wiederholte er. Ich müßt ja ein Rindvieh fein, wenn ich als Dein Mann das nicht merten tät!"

Er stand auf.

Ich geh in die Kron'. Gut' Nacht!" Krachend fiel hinter ihm die Tür ins Schloß.

Gretes Gesicht brannte wie in Fieber­glut. Ihres Mannes Betragen war ge­mein. Warum hatte sie sich gegen seinen Vorwurf nicht gewehrt? Ihr Herz pochte in lauten Schlägen. Weil sie nicht lügen mochte. Was Ludwig Ibold ihr auch ge­tan, er lag ihr immer noch im Sinn.

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Bald nach Neujahr schrieb Schmeling, die Eröffnung der Bierquellen stünde un­mittelbar bevor, Gonder solle die erste Sen. dung auf den Weg bringen. Das geschah. Die Lieferungen erfolgten dann, weil der Besteller es wünschte, in kürzeren Fristen, wie sie in Frankfurt   vereinbart worden waren. Das neue Unternehmen, berichtete Schmeling, laffe sich vortrefflich an, die Be fuchsziffer in den verschiedenen Lokalen habe bereits eine erstaunliche Höhe erreicht. Er fönne nur empfehlen, Latour, der ein schwieriger Herr sei, bei guter Laune zu er halten.

Gonder sah sich veranlaßt, die Schlach fung zu verdoppeln. Seine Einfäufe in der näheren und weiteren Umgebung des Städtchens wickelten sich glatt ab, weil er nicht lange zu feilschen, ja durch Uebergebote die Konkurrenten aus dem Feld zu schlagen pflegte Ram er vom Handel heim, hatte er im Schlachtraum und in der Murstküche alle Hände voll zu tun. Daß er mit Berlust arbeitete, ging ihm nicht ein.

Die Geschäftsführung des Herrn Latour

Roman von Alfred Bock  

schien in jeder Hinsicht geordnet zu sein, denn sie bewährte sich auch bei der Regelung der Verbindlichkeiten. Legte der Postbote im Mezgerhaus die Goldfüchse aus Frank­ furt   auf den Tisch, steckte Theobald sie groß­tuerisch ein und klimperte damit in der Tasche. Dauber, der Ratsdiener und Hans Ueberall, sagte dann, pfiffig lächelnd: Das ift Mufit für meine Ohren. Wohl dem, der sie aufspielen kann!"

Die Briefe, die Gonder von Latour emp­fing, betrittelten mancherlei. Einmal schrieb der Bierquellenmann: Ich verlange nichts von Ihnen, was Sie nicht durchführen kön

nen.

Erweisen Sie sich des Vertrauens würdig, das ich in Sie setze. Bauen Sie Ihr Geschäft weiter aus. Vergessen Sie nicht, wie oft in Ihrem Gewerbe gesündigt wird, und daß die Gesundheit vieler Men­schen in Ihre Hand gegeben ist!"

Ueber Theobalds Bersandgeschäft waren die Ansichten unter seinen Bekannten geteilt. Die einen meinten, wenn er vorsichtig zu Werte gehe, könne er eine Stange Gold verdienen, die andern wollten es dahinge­stellt sein lassen, ob er der rechte Mann sei, einen umfangreichen und gewiß nicht leichten Betrieb einträglich zu gestalten.

Daß der Jungmeister sich so breit machte, sich in hochtrabendem Ton gefiel, hatte ihm die Gunst manch guten Freundes verscherzt. Bei dieser und jener Gelegenheit fiel er in feine alte Wildheit zurück. Seinen Lehr­buben mißhandelte er, daß der Arzt gerufen werden mußte. Waren die Ausbrüche seiner ungezügelten Leidenschaft verbraust, geschah es wohl, daß er Reue empfand und wieder gutzumachen suchte, was er angerichtet. Doch gingen solche Stimmungen rasch vor­über und seine gewalttätige Natur trat von neuem hervor.

Je trüber Grete in die Zukunft blickte, desto strenger war sie in ihren Ansprüchen gegen sich selbst. Tagüber pladte sie sich ab, am Abend brach sie todmüde zusammen.

Nach langen Verhandlungen hatte Latour sich bereit erklärt, höhere Preise zu bewilli gen. Er wolle den Geschäftsfreund auf­muntern und kräftigen, drückte er sich aus.

Allmonatlich fuhr Theobald nach Frank­ furt  , seinen größten Abnehmer warm zu

( Fortsetzung)

halten. Von dessen Betrieb wußte er Wun­derdinge zu erzählen. Zwei Autos waren für die Bierquellen im Gang. In der Zen­trale war eine Maschine aufgestellt, die täg­lich dreißig Schinken zerkleinerte. Ein be sonderer Raum diente der Reinigung der Bestecke. Hier war's, daß Latour, der selbst den Führer machte, nebenbei erwähnte, feine Vorfahren hätten in Frankreich   auf festen Burgen gefessen. Troß ihrer Blau­blütigkeit hätten sie, da sie Messer, Gabel und Löffel noch nicht tannten, beim Essen mit den Fingern gearbeitet, allenfalls hätten sie, das Fleisch zu schneiden, ihren Dolch ge braucht Der Abkömmling so stolzer Ge­schlechter flößte Gonder die größte Achtung ein. Den ganzen Winter über bis in das Frühjahr hinein war der Jungmeister für das Frankfurter   Unternehmen vollauf be­schäftigt., Latours Konto schwoll mehr und mehr an. Er war dazu übergegangen, auf die laufenden Rechnungen nur Teilzahlun gen zu leisten. Auch diese blieben mit einem Male aus. Schmeling schrieb, ein solcher Riesenbetrieb erfordere ungeheure Mittel. Darin sei begründet, daß der Geldfluß bis­weilen stode. Er lege eine Anzahl Wechsel bei, die Herr Latour mit seiner Unterschrift versehen habe. Gonder fönne die Atzepte irgendeiner Bant übergeben und gleich da­für bare Zahlung erlangen.

Theobald suchte den Bankier Arcularius in der Marktstraße auf. Der sagte, er set nicht abgeneigt, die Wechsel vor der Berfall zeit gegen angemessene Vergütung zu era werben. Er müsse sich aber erst erkundigen, ob der Akzeptant für die verhältnismäßig hohen Beträge genügende Sicherheit biete. Daß der Bantherr Bedenken tragen würde, Gonder, dem Wechselaussteller, einen größe ren Kredit zu eröffnen, darüber schwieg er sich begreiflicherweise aus.

Bierundzwanzig Stunden später wurde Theobald wieder zu Arcularius beschieden. Dieser sagte, die Achseln zuckend:

Ihr Geschäftsfreund scheint alles, nur fein Kaufmann zu sein. Er soll verrückt wirtschaften. Man glaubt nicht, daß er sich halten wird. Sehen Sie zu, daß Sie Ihr Geld bekommen. Ich kann die Wechsel nicht diskontieren!"