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find, daß man in ihnen Sprichwörter erblickt:| die Melodie dieses Schumann- Liedes ein, eines ,, Man muß den schönsten Tag nicht vor dem der schönsten Schumann- Lieder. Abend loben"( nicht: ,, man soll den Tag...")

stammt von dem Anakreontiker Friedrich von Hagedorn   ,,, Blinder Eifer schadet nur", sagte

Geschichte. Von Friedrich dem Großen ist nicht Eine eigene Gruppe bilden Zitate aus der

nur das ,, Hier fann jeder nach seiner Fasson

Magnus Gottlieb Lichtwer  , Der Hunger ist felig werden", sondern auch das ganz modern der beste Koch" steht in Freidants Spruchdichtlingende ,, Gazetten müssen nicht geniert wer­tung ,, Bescheidenheit"( um das Jahr 1230), den". Das Wort vom Passiven Widerstand  " während das Wort von Gottes Mühlen mah- hat Hans Victor von Ünruh geprägt, Lerne len langsam, mahlen aber trefflich klein" von leiden ohne zu klagen". Kaiser Friedrich der Friedrich von Logau   stammt, dessen wunderbar Dritte, die Extratour" ist von Bülow, der geistvolle Sprüche vor drei Jahrhunderten ge= ,, Silberstreifen" von Stresemann  . Auch von schrieben, auch heute noch nach Attualität

schmeden:

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,, Wenn sich Weiber schminken, Ist es wie ein Winken,

Daß man aufgenommen,

Wolle man nur kommen."

Ein wahrer Born der Zitate, unerschöpf­lich reich daran, ist das ,, Buch der Bücher". Oft find es Worte, die heute im Sprachgebrauch bollkommen beranfert sind. Hochmut tommt vor dem Fall" ist ein Bibelwort, ebenso wie ,, Niemand tann zwei Herren dienen"( Matth  . 6,24) oder ,, Böse Beispiele verderben gute Sitten"( I. Korinther 15,33), die Worte ,, Ein Ende mit Schrecken", Die Haare zu Berge stehen"( Hiob 4,15), Der Stein des An­toßzes". Auch die gern zitierten Wölfe im Schafspelz", Der ungläubige Thomas" ,,, Der Buchstabe tötet", Beichen der Zeit" sind aus

der Bibel.

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Die oft gebrauchte Phrase ,, Perlen bedeu­ten Tränen" ist von Lessing  . Die deutsche   For­mulierung des Ben- Akiba- Wortes ,, Alles schon dagewesen" hat Karl Guztow in seinem ,, Uriel Acosta  " geprägt. Die Sonne bringt es an den Tag", sagte Chamisso ,,, Die Tücke des Objekts" erfand Friedrich Theodor Vischer  , die ,, göttliche Grobheit" ist von Schlegel, Morgen, morgen, nicht nur heute, sprechen alle faulen Leute", sagte Christian Felix Weiße  . Blättert man durch Paul Friedrichs Deutschen Bitaten­schap", so kann man feststellen, daß den Zitaten reford der deutschen Sprache Schiller   hält. Neben oft gesagten Sentenzen findet man Worte, die längst in die Umgangssprache über gegangen sind, ohne daß jemand dabei an Schil­Ier denken würde. Der fluge Mann baut vor", ist aus Wilhelm Tell  , ebenso Die Art im Haus erspart den Zimmermann". Kein Bitat, weil zu wenig bekannt, aber um so wirt samer ist das Wort:

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Der beste Kaufmann ist der Krieg. Er macht aus Eisen Gold

( ,, Demetrius".)

Bitate im weiteren Sinn sind auch die Verballhornungen, die in der deutschen Sprache Bier, doch weiter tommt man ohne ihr"( nach schon fast klassisch geworden sind.., Den Schwei­nen ist alles Schwein" ,,, Bescheidenheit ist eine Grillparzers ,, Ahnfrau") haben ihre feste Hei­mat im deutschen Sprachgebiet. Heines Mensch, bezahle deine Schulden" muß nicht

unbedingt als heitere Sentenz aufgefaßt wer­den. Wenn man aber weiter Heine zitiert: ,, Und da keiner wollte, leiden, Daß der andere für ihn zahle, Zahlte keiner von den beiden"

Hermann Göring   findet man einen Sab, bei dem taum jemand an den Sprecher denken| so ist das zumindest für die beiden Schuld­wird: ,, Niemals lag dem germanischen Charat ner eine durchaus lustige Sentenz, die auch ter Grausamkeit und Quälerei!" heute ihre tiefe Bedeutung beibehalten hat. XXXXX

Dorothea Markovits:

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Abend in Alexandrien  

Um 7 Uhr, also in zwei Stunden, läuft| allerlei Belustigungen der Menge, Tee- und unser Dampfer aus dem Hafen Alexandriens Kaffeehäuser beherbergen werden. Denn wir aus, um uns wieder nach Europa   heim zu füh- stehen am Vorabend des großen, alten Beirams ren. Wir wollen die kurze Zeit noch nüßen und festes, den Ostern der Araber, zu dem schon von Aegypten   Abschied nehmen. Vom Nusha- heute überall Vorbereitungen getroffen werden. Bark hat man uns Wunderdinge erzählt. Er soll nicht nur der größte und schönste der vielen Gärten Alexandriens, sondern einer der herr­lichsten Parks der Erde überhaupt sein. Der reiche Grieche Antoniadis ließ ihn einst als sei nen Privatbesitz anlegen und vermachte ihn nach seinem Tode der Stadt. Dort also wollen wir zum letztenmal in Aegypten   die Sonne unter gehen sehen.

Ein Stück wandern wir entlang des pracht voll bewegten Meeres auf der leuchtenden Torniche und biegen dann nach rechts gegen die Stadt ein. Durch ein Seitengäßchen haben wir gerade die Hauptstraße erreicht, als ein Leichen­zug unseren Weg kreuzt. Dem Anschein nach ist es kein Großer der Erde, der hier im offenen Sarge zu Grabe getragen wird. Sein Geleite besteht aus einfachen Arabern und ihren Frauen, denen zuletzt ein kleiner Trupp Klage weiber folgt, die zum Teil barfuß, zum Teil auf den Strümpfen, die Schuhe in der Hand, dem sich rasch vorwärtsbewegenden Begräbniszug die Gesichter find bleich, was durch die tief dun­nachlaufen. Sie find ganz in Schwarz gekleidet, fel untermalten Augen noch besonders zur Gel­tung kommt. Ihr Wehklagen ist ein seltsam monotoner Gesang, rauh und disharmonisch, und hinterläßt einen merkwürdigen Eindruck. Doch da kommt schon unsere Tram und ihr Gebimme! zusammen mit dem lebhaften Verkehr der modernen Stadt gibt einen ungeheuren Non­trast zu den uralten Sitten und Melodien die ses schlichten Begräbnisses.

Goethe tommt in dieser Zusammenstel lung der Zitate zahlenmäßig erst an zweiter Stelle. Auch Goethekenner werden überrascht sein zu lesen, daß das Wort., Man lebt nur Durch Vorstädte, über Bahngeleise, durch einmal in der Welt"( nicht, wie man jetzt ver- Industrieanlagen und Billenviertel fahren wir wässert sagt ,, auf der Welt") aus Clabigo" 20 Minuten lang, ehe wir am Siel find. Wir ist, und der, Rote Faden" aus dem 2. Buch steigen aus, rechts und links einfach dörfliche der Wahlverwandtschaften  ". Was nur die Häuser, Gärtnereien und vor uns entlang der alte Wahrheit bestätigt, daß man bei Goethe Straße einer der vielen Bewässerungskanäle immer wieder etwas entdecken tann. Neberaus der Nilmündung. In dem fast reglosen Wasser aitatenreich ist das Schaffen Heines gewesen ruhen Frachtkähne, Fischerboote und kleine Bar­und von Wilhelm Busch   sagen wir viel, obzwar fen, jenseits des Kanales dehnen sich große Pal­wir dabei nicht an ihn denken. Eine bevorzugte menwälder, weiter drüben geht die Bahnstrecke Stellung haben die Textdichter berühmter und von ganz draußen leuchtet ein schwacher Komponisten. Ihren Namen ist Unsterblichkeit Streifen des Meeres herüber. Ganz verändert zugesichert, die ihren Werten nicht beschieden ist die Landschaft, ländlich still und friedlich und gewesen wäre. Wäre Wilhelm Müller   under wir aimen auf nach der vielen Stadtluft. Die Aeßlich geblieben, wenn Am Brunnen vor dem Tore" und Ich schnitt es gern in alle Rinden ein" nicht Schubert   so gut gefallen hätten? Von Julius Mosen   wissen wir nichts, aber wenn jemand sagt ,, Es grünet ein Nuß­baum vor dem Hans...", fällt einem sofort

Straße ist hier von einer Allee prachtvoller alter Bäume umsäumt; ihre mächtigen, dichten Kro­nen sind fest ineinander verwoben und bilden einen hohen und breiten Laubengang. Auf beiden Setten der Straße sind heute große Belte aus prächtigen Teppichen aufgebaut, die morgen

Doch da sind wir vor den hohen Gittertoren des Partes angelangt. Leider haben wir nur wenig Zeit und eilen daher rasch den breiten Hauptweg hinan. Die letzte Abendsonne gießt ihr purpurrotes Gold über das Grün und die Blüten des herrlichen Partes. Oh, wie göttlich es hier ist! Herz und Augen öffnen sich weit der weichen Luft, den zauberhaften Farben und dem süßen erotischen Duft. Da und dort halten wir vor blühenden Magnolienbäumen und vor tulpenartigen Baumblüten, deren Namen ich vergaß. Oder wir stehen gebannt vor einem hohen Baum mit spärlichem Wipfel, der aber statt Blättern tausende von blutroten Blüten in den blaßblauen Himmel streckt, die von der Sonne zu einem überirdischen Feuer entzündet werden. Das weiche Grün des Rasens liegt schon im Schatten und nur hin und wieder leuchten auf der leichten Anhöhe die niedrigen Burs baumheden saftig schimmernd auf. Man selbst wird ganz weich und friedlich, lebt nur im Schauen und Atmen, möchte langsam wandeln Natur, möchte verweilen und sich nicht mehr und träumen, sich verlieren an den Zauber der

trennen.

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Von dem Hügel aus, wo ein hüb­scher Kaffeehauspavillon liegt, sehen wir den Park sich noch unabsehbar weit ins Land hinein dehnen und traurigen Herzens kehren wir um.

Schon werden die Bäume zu Silhouetten und auf den Booten im Kanal kochen und bras ten sich die Schiffer ihr Nachtmahl. Der Geruch und leichte Rauch des Feuers berweben sich selts sam mit den letzten Strahlen der Sonne, die fern hinter den Palmen untergeht. Lebwohl Aegypten! Mit dem ersten falten Frösteln sinkt die Dunkelheit über das Land.

Im Anhänger der Tramway fahren fünf Araber mit uns: ein Gärtnergehilfe, ein Laden­junge, ein Handwerker, ein Arbeiter und ein alter Mann in schönem seidenem Gewand, aus dem schlanke, durchsichtig zarte Hände hervors treten und im Schoße ruhend einen Stock hal­ten. Ueber dem feinen Gesicht wölbt sich ein wei­her Turban. Alle unsere Fahrtgenossen, bis auf den Ladenjungen, haben durch eine bier sehr stark verbreitete Augenkrankheit, das Trachom, das eine Auge verloren. Der vornehme Alte aber ist ganz blind. Sein Antlig bekommt das durch etwas Prophetisches, Seherhaftes. Doch wie erschütternd ist der Anblick dieser einäugigen Menschen, bei denen der Gegensatz zwischen dem dunklen lebendigen Auge und der leeren, vom