BUNTE WELT

Nr. 7

Unterhaltungsbeilage

1938

Kleine Erinnerung an eine große Sache

Vor 50 Jahren Hertzsche Wellen

Der Mann, der Funkentelegraphie und Radio ermöglichte

Für den Menschen, der den Erscheinungen der Welt nicht stumpf und gleichgültig gegen übersteht, ist es immer noch alle Tage ein uns erklärliches Wunder, wenn er in den Zeitungen liest, wie Flugzeuge während der Fahrt über ferne Meere drahtlos Berichte senden, wie wir bom Nordpol   aus einer treibenden Eisscholle durch Funkberichte erfahren oder wenn er gar wie man das heute bereits häufig antrifft zum Einsteigen in ein Auto eingeladen wird, in dem während flotter Fahrt der eingebaute Radioapparat seine Weisen ertönen läßt oder gerade den Nachrichtendienst irgendeiner Sta­tion übermittelt. Wer für die wunderbaren Fortschritte menschlicher Technik und mensch lischen Geistes ein Organ hat, der wird in die ser Erfindung eine der großartigsten Leistuns gen unserer jüngsten Vergangenheit sehen.

Und vielleicht begnügt er sich nicht damit, sondern geht den Dingen einmal tiefer nach und versucht, sich in das Werden dieser genialen Schöpfung einen Einblick zu verschaffen. Sie setzt sich aus unendlich vielen Einzelleistungen zufammen, aber jenes Entscheidende, was uns in solches Erstaunen versetzt und auch in Wahr­Seit und nicht nur für das Laiengemüt das Wesentliche ist: die Tatsache, daß durch be­timmte Schwingungen in der Luft, ihre funst­volle Erzeugung und Weiterleitung Worte, Musik usw. übermittelt werden können, dies die ganze Sache in Bewegung setzende Geheim­nis ist stets mit einem Namen verbunden, und dieser Name heißt Heinrich Herb. Die Sendefrequenz, das heißt die Zahl der Strom­schwingungen je Sekunde im Sender wird in Hertz( Hz) oder Kiloherb( Ita= 1000 58) gemessen", so steht in meinem Lerifon. Der Name eines Mannes ist zu einem technischen Begriff geworden. Wer war dieser Mann?

Das Lerifon erzählt weiter: ,, Die grund­legende Anordnung für die Funkentelegraphie fand H. Herz( 1886-1888) bei seinen Ver­

fuchen über die Ausbreitung und Natur der

zieren seine Brust, er ist mit 30 Jahren!- der bekannteste Phyfitprofessor des Reiches.

| befamen und Radio wie Funk erst ermöglichten, war am 22. Feber 1857 in Hamburg   als Sohn des dortigen jüdischen Rechtsanwaltes Dr. Herk Wir besitzen die Briefe dieses einzigartigen geboren. Damit ist bereits gesagt, daß diefer Mannes aus jener Beit, in der er die epocha­Mann, der eines der genialsten Dinge der Welt len Erperimente machte. Vom Dezember 1887 geschaffen hat, heute in Deutschland  , dessen bis zum März 1888 hat er an Helmholz und Ruhm als Land der Wissenschaft er gemehrt an seine Eltern in der bescheidensten Weise hat, nicht mehr arbeiten, studieren, leben fönnte. über seine Ergebnisse berichtet. Ich habe jetzt Er ist einer von Unzähligen, die durch ihre Le- Stoff für viele Arbeiten", heißt es im März bensleistung den ganzen Rassenschwindel wider an die Eltern, die alle der Mühe wert sind legen. Früh wurde die besondere Begabung des und zwischen denen ich nur die Qual der Wahl jungen Mannes für technische und physische habe. Kann ich genügende derselben ausführen, Dinge entdeckt. Der Gymnafiaft betätigt sich so glaube ich die Mittel zu haben, um große Ge bereits bei einem Drechsler in der Lehre. Als biete, die bisher ohne Abschluß waren, zur später, nachdem Herb Weltruhm erlangt hat, Vollendung zu bringen..." In dieser beschei der Drechslermeister Herzens Mutter einmal denen Form spricht er über eine Sache, deren auf der Straße trifft, erkundigt er sich nach Resultat bereits vorlag: schon im Jänner hatte dem Lebensgang des Sohnes und hört, daß er er Helmholtz berichten können, er habe den Professor geworden. Ach wie schade", meinte sicheren Nachweis der Wellen und ihrer Ge­der biedere Meister, er wäre ein ausgezeich- schwindigkeit erbracht, im Feber machte er die neter Drechslermeister geworden...!"

Mit zwanzig Jahren erst entscheidet sich Herz, der unterdessen die Universität bezogen hat, endgültig für die Naturwissenschaften und Mathematik, nachdem er vorher noch den Ge­danken hatte, lediglich Ingenieur zu werden. Er geht nach Berlin   und tritt als Volontär ein in das von dem berühmten Helmholtz geführte physikalische Institut der Universität. Zehn Jahre später erklärte Helmholt: Für den talentvollsten und an originellen Ideen reichsten unter den jüngeren Physikern halte ich Pro­fessor Herb... Seine Untersuchungen über Fortpflanzung der elektrodynamischen Wirkun­gen durch den Luftraum zeigen ihn als einen Stopf ersten Ranges." In diesen zehn Jahren hat ein junger Mensch seinen Namen in die Ge­schichte der Wissenschaften unverwischbar ein­geschrieben. Aus allen Ländern der Welt kom­men Ehrungen und Titel, preußische Orden

XXXXX

Martin Grill: Grundsätze

elektromagnetischen Wellen". In diesen Wor­ten ist enthalten, was über den Physiker Herb Ihr kennt doch die Geschichte von den zu sagen ist: wer einmal den Versuch gemacht Schafen, die in ihrer Hürde vom Wolfe über Eat, sich das Wesen des Radio oder des Funk- fallen wurden und in ihrer Bedrängnis.. telegraphen erklären zu lassen, der kommt an Ihr kennt sie nicht? den Punkt, wo auf jenen Elektromagnetismus erzählen, glaubt aber nicht, daß ich irgendeine dann will ich sie euch verwiesen wird, dessen letzte wissenschaftliche böswillige Nebenabsicht damit verbinde. Mir Erklärung noch aussteht und der nur experi- fiel die Geschichte nur eben ein, weil ich im mentell gefunden, erprobt und verwendet heutigen Amtsblatt, Rubrik Pressenachrichten, wurde. Als im Jahre 1889 Edison zu einer eine Verfügung las, die mich irgendwie an diese Naturforscherversammlung nach Europa   kam, Geschichte erinnerte. ließ er sich zuerst Heinrich Herz   vorstellen. ,, den Mann, der die Erperimente über Schivingun­gen und Funken machte". Er habe es auch ein­mal damit versucht, sagte Edison zu Herb, aber er ſei damit nicht weitergekommen. Und auf Herzens Bedauern erwiderte Edison: Meine Sache ist die Erfindung, nicht die Wissenschaft."

Heinrich Rudolf Herb, der bestimmt war, die wissenschaftliche Erprobung der Wellen so erfolgreich durchzuführen, daß sie seinen Namen

und richteten unter den durcheinanderlaufenden Die Wölfe   brachen also in eine Hürde ein Tieren ein furchtbares Blutbad an. Viele Schafe wurden zerrissen, andere irrten hinaus in die Nacht und einige von ihnen gelangten in eine benachbarte Hürde, die von festen Stein­mauern umgeben war.

entscheidenden Experimente, etwa Ende Feber, anfangs März konnte er demonstrativ die Bes weise erbringen. Das Echo war international eine Sensation: die technischen Wissenschaften hatten einen überwältigenden Sieg errungen. Hertz starb jung am 1. Jänner 1894. Und er starb wie ein Weiser. ,, Wenn mir wirklich etwas geschieht, so sollt Ihr nicht trauern", schreibt er an die Seinen, als ihn, wie so viele Foricher, mitten im Beruf, eine Blutvergiftung padt, sondern sollt ein wenig stolz sein und denken, daß ich dann zu den besonderen Auserwählten gehöre, die nur kurz leben und doch genug leben." Lebte er heute noch, dieser Nichtarier" Heinrich Herb, so hätte er vielleicht erleben fönnen, wie man von dem Gebäude der Kaiser­Wilhelm- Gesellschaft in Berlin   das Schild mit dem Namen ,, Heinrich- Herb- Jnstitut" herunter­nimmt, um das Andenken eines großen Mannes zu vernichten, W. V.

,, Gern geschehen", sagten die andern ,,, es gehört zu unseren unveränderlichen Grundsäßen, allen Schafen, die ohne Grund verfolgt werden, unseren Schutz zu gewähren. Wir sind ein fort­schrittlicher Stamm." Und sie waren stolz auf ihre Worte.

Hunger bekommen und machten sich auf, die Ents Mittleriveile hatten die Wölfe   wieder flohenen zu suchen. Sie kamen zur Steinmauer und witterten hinter ihr den fetten Braten und heulten laut. ,, Macht auf, ihr habt entflohene Verbrecher in euren Reihen!"

Schafe", fam die Antwort. ,, Hier sind keine Verbrecher, hier sind nur

Die Wölfe   merkten also, daß reiche Beute

in der Hürde war und ihr Appetit stieg ins Unermeßliche.

..Ihr schüßt die Flüchtlinge, die uns Mör­,, Wir danken euch sehr", sagten sie zu den der' geschimpft haben. Wir verlangen, daß ihr gastgebenden Schafen, ihr habt uns das Leben sie ausstoßt." gerettet."

,, Wir sind feine Verleumder", verteidigten