Hde

Volker in furmzetten Nr. 6

Völker in Sturmzeiten

Im Spiegel der Erinnerung- im Geiste des Sehers

Der Freiheitskämpfer Ludwig Börnes

Aus seinen ,, Pariser Briefen" vor hundert Jahren

-

Zu den großen Freiheitskämpfern des 19. Jahrhunderts gehört Ludwig Börne  . Liest man in seinen Schriften, so begreift man nicht, weshalb er heute zu den Halbvergessenen gehört. In seinem Bekenntnis zu der Menschheit ewigen Dingen lodert das Feuer des Gerechtigkeitswillens in einem Stile, an dem sich in den vierziger und fünfziger Jahren eine Generation von Journalisten schulte. Es fehlte ihm die Skepsis und die Ironie seines Zeitgenossen Heinrich Heine  . Dafür konnte er das Ueble und Rückständige noch viel tiefer hassen, das Gute und das Echte noch viel stärker lieben als er.

Börnes., Pariser Briefe" wurden vom September 1830 bis Mai 1833 geschrieben. Er war nach Paris   in den Monaten nach der Juli- Revolution gekommen. Der Nachhall dieser Kämpfe ist in seinen Briefen noch ganz lebendig. Darüber hinaus sind wir auch heute noch gefesselt von der Darstellungskraft eines Menschen und Charakters, dem Kunst nur als Mittel zum Zweck galt: Zum Kampf für Freiheit und Wahrhaftigkeit.

Ausreise

Karlsruhe  , Sonntag den 5. September 1830.

Ich fange an den guten Reisegeist zu spüren, und einige von der Legion Teufel, die ich im Leibe habe, sind schon aus­

gezogen.

Aber je näher ich der französischen   Grenze komme, je toller werde ich. Weiß ich doch jetzt schon, was ich tun werde auf der Kehler   Brücke, sobald ich der letzten badi­schen Schildwache den Rücken zukehre. Doch darf ich das keinem Frauenzimmer verraten.

Gestern abend war ich bei S. Die hatten einmal eine Freude, mich zu sehen! Sie wußten gar nicht, was sie mir alles Liebes erzeigen sollten, sie hätten mir gern die ganze Universität gebraten vorgesetzt. Mir Aermsten mit meinem romantischen Magen! Nicht der Vogel Rock verdaute das. Die W. hatten einen prächtigen Jungen. Ich sah eine schönere Zeit in rosenroter Knospe. Wenn die einmal aufbricht! Wie gern hätte ich ihn der Mutter gestohlen, und ihn mit mir über den Rhein   geführt, ihn dort zu erziehen mit Schlägen und Küssen, mit Hunger und Rosinen. daß er lerne frei sein und dann zurückkehre, frei zu machen.

In Heidelberg   sah ich die ersten Franzosen mit drei­farbigen Bändern. Anfänglich sah ich es für Orden an, und mein Ordens- Gelübde legte mir die Pflicht auf, mich bei sol­chem Anblicke inbrünstig zu ärgern. Aber ein Knabe, der auch sein Band trug, brachte mich auf die rechte Spur.

Ich mußte lachen, als ich nach Darmstadt   kam, und mich erinnerte, daß da vor wenigen Tagen eins fürchterliche Re­volution gewesen sein soll, wie man in Frankfurt   erzählte. Es ist eine Stille auf den Straßen, gleich der bei uns in der Nacht, und die wenigen Menschen, die vorübergehen, treten nicht lauter auf als die Schnecken. Erzählte man sich sogar bei uns, das Schloß brenne, und einer meiner Freunde stieg den hohen Pfarrturm hinauf, den Brand zu sehen! Es war alles gelogen. Die Bürger sind unzufrieden, aber nicht mit der Regierung, sondern mit den Liberalen in der Kammer, die dem Großherzoge seine Schulden nicht bezahlen wollen. Das ist deutsches Volksmurren, das laß ich mir gefallen; darin ist Rossinische Melodie.

Wenn Sie mir es nicht glauben werden, daß ich gestern drei Stunden im Theater gesessen und mit himmlischer Ge­duld ,, Minna von Barnhelm" bis zu Ende gesehen bin ich gar nicht böse darüber. Aber das Unwahrscheinlichste ist manchmal wahr. Auf der Reise kann ich alles vertragen.

-

Die Theaterwache in Darmstadt   war gewiß fünfzig Mann stark. Ich glaube, auf je zwei Zuschauer war ein Soldat ge­rechnet. Noch viel zu wenig in solcher tollen Zeit. Und diesen Morgen um sechs Uhr zogen einige Schwadronen Reiter an meinem Fenster vorüber und trompeteten mich, and alle Kinder, und alle Greise, und alle Kranken, und alle süßträu­menden Mädchen aus dem Schlafe. Das geschieht wohl jeden Tag. Diese kleinen deutschen Fürsten   in ihren Nußschalen­residenzen sind gerüstet und gestachelt wie die wilden Ka stanien. Wie froh bin ich, daß ich aus dem Lande gehe. Adieu, Adieu. Und schreiben Sie mir es nur auf der Stelle, so oft bei uns eine schöne Dummheit vorfällt.

Die Fahne auf der Brücke

Straßburg  , den 7. September. Die erste französische   Kokarde sah ich an dem Hute eines Bauern, der von Straßburg   kommend, in Kehl   an mir vor­über ging. Mich entzückte der Anblick. Es schien mir wie ein kleiner Regenbogen nach der Sündflut unserer Tage, als das Friedenszeichen des versöhnten Gottes. Ach! und als mir die dreifarbige Fahne entgegenfunkelte ganz unbeschreib­lich hat mich das aufgeregt. Das Herz pochte mir bis zum Uebelbefinden und nur Tränen konnten meine gepreßte Brust erleichtern. Es war ein unentschiedenes Gemisch von Liebe und Haß, von Freude und Trauer, von Hoffnung und Furcht. Der Mut konnte die Wehmut, die Wehmut in mei­ner Brust den Mut nicht besiegen. Es war ein Streit ohne Ende und ohne Friede. Die Fahne stand mitten auf der Brücke, mit der Stange in Frankreichs   Erde   wurzelnd, aber ein Teil des Tuches flatterte in deutscher   Luft. Fragen Sie doch den ersten besten Legationssekretär, ob das nicht gegen das Völkerrecht sei? Es war nur der rote Farbenstreif der Fahne, der in unser Mutterland hineinflatterte. Das wird auch die einzige Farbe sein, die uns zu teil werden wird von Frankreichs   Freiheit. Rot, Blut, Blut ach! und nicht Blut

auf dem Schlachtfelde.

Gott  ? könnte ich doch auch einmal unter dieser Fahne streiten, nur einen einzigen Tag mit roter Tinte schreiben, wie gern wollte ich meine gesammelten Schriften verbrennen, und selbst den unschuldigen achten Teil von ihnen, der noch im Mutterschoße meiner Fantasie ruht! Schmach, Schmach über unser Andenken! Einst werden die siegesfrohen, sieges­übermütigen Enkel spottend einen Gansflügel auf unseren Grabeshügel stecken, während glücklichere Tote unter dem Schatten der Lorbeern ruhen. Ich begreife, wie man gegen­wärtige Uebel geduldig erträgt es gibt kein gegenwärtiges Uebel, es wird nach jeder Minute zur Vergangenheit aber wie erträgt man zukünftige Leiden? das fasse ich nicht.

-

Diesen Mittag war ein junger Mensch bei Tische, der in Paris   mit gefochten. Es war mir gerade, als brennten ihm die Haare, und unwillkürlich rückte ich von ihm weg, ob zwar ich deutsches nasses Holz ihn eher ausgelöscht hätte, als er mich angezündet. Wir waren unserer neun, worunter drei alte Weiber, mich mitgerechnet, und ich habe in einer einzigen Stunde mehr sprechen hören, als im englischen Hofe während der zwei Monate, daß ich dort zu Tische ging. Ich wollte hier einen Platz im Kupee nehmen, aber schon auf acht Tage voraus war das Kabriolett in Beschlag ge­nommen, und so lange habe ich keine Geduld zu warten. Mich in den inneren Wagen zu setzen, dazu kann ich mich nicht entschließen. Uebrigens sind auch hier die Plätze schon auf mehrere Tage besetzt. Diese Frequenz kommt von den unzähligen Solliciteurs, die täglich nach Paris   eilen, den jungen Freiheitsbaum zu schütteln.

Donnerstag, den 8. September.

Um zehn Uhr reise ich weiter. Ich habe mir einen Miet­wagen bis Chalons   genommen. Das ist zwei Dritteile des Weges. Mit dem nämlichen Kutscher und dem nämlichen Wagen ist vor kurzem Potter nach Paris   gefahren. Ich wohnte hier in dem nämlichen Zimmer, das er bewohnte. Was das Zimmer betrifft, ist mir nicht hange; eine Nacht, das kann mir nicht schaden. Aber acht Tage in Potters Wagen? Ich werde ihn durchräuchern lassen.

Eben zog die Nationalgarde vorüber. Ich erstaunte über ihr gesundes und frisches Aussehen, da sie doch einige Jahre scheinbar im Grabe gelegen. Aber die Freiheit lebt auch im Grabe fort und wächst, bis sie den Sarg sprengt. Das sollten sich die Totengräber merken.

,, Ich bin auch wachend nirgends fremd"

Vitry- sur- Marne, den 12. September.

Das menschliche Leben ist voller Rechnungsfehler und ich weiß wahrhaftig nicht, wozu uns das Einmaleins nützt.

-

-

Sonntag- Montag, 6. u. 7. Jan.

das Vergnügen aber, nicht totgeschossen worden, der Gefahr entgangen zu sein, reicht für das ganze Leben hin. Man muß rechnen, zählen, wiegen. Auf mehr oder weniger, schwerer oder leichter kommt alles an. Die Qualitäten sind nicht sehr verschieden.

Ach; ich spüre es schon, es ergeht mir diesmal in Frank­ reich  , wie die beiden vorigen Male. Die feuchte Philosophie schlägt an mir heraus, wie wenn warme Witterung eintritt, die Steinwände naß werden. Es ist mir recht, diese Haut­krankheit der Seele ist meiner betrübten Konstitution sehr heilsam.

So eben las ich in einem Pariser   Blatte die aus einer englischen Zeitung entlehnte Nachricht: in Hamburg   wären Unruhen gewesen, man hätte die Juden aus den Kaffee­häusern verjagt. Und in Hannover   hätten sie geschrien: à bas la noblesse! Ich kann mir gar nicht denken, wie das in Deutschland   gelautet haben mag: denn unsere guten Leute kennen keinen andern Zornruf als das lateinische Pereat! Was nun den Adel betrifft, so habe ich, bei aller Menschen­freundlichkeit, nichts dagegen. Mit guten Fallschirmen ver­sehen, wird er herunterkommen, ohne sich sehr wehe zu tun. Aber die Juden! Die Franzosen hatte ihre Julitage, wol­len die Deutschen   ihre August-, ihre Hundstage haben? Fängt man so die Freiheit an? O, wie dumm! O, wie lächer­lich! O, wie unästhetisch! Von der Niederträchtigkeit will ich gar nicht sprechen! die versteht sich von selbst. Ist es aber wahr?

-

Die Kellnerin kam herauf und sagte mir: sie hätten meinem Bedienten ein ganz gutes Zimmer angewiesen, er verlange aber ein Appartement. Ich ließ ihn rufen, und fragte, was das sein sollte? Da fand ich denn, daß er die be­scheidenste Forderung gemacht, und eine unschuldige Neu­gierde zu befriedigen gesucht, der kein Mensch, von welchem Stande er auch sei, lange widerstehen kann. Als feiner Nord­länder war er gewohnt, das unartige Ding Appartement zu

nennen.

Endlich in Paris Paris  

, den 17. September 1830. Seit gestern bin ich hier und alles ist vergessen. Ob ich gesund und froh, wie Sie es wünschen, in Paris   angekom­men, oder durch mein Ankommen erst geworden bin, wüßte ich kaum zu bestimmen: doch glaube ich eher das letztere. Ich habe wunderliche Nerven. Wenn sie kein Lüftchen be­rührt, sind sie am unruhigsten und zittern, wehklagende Töne gleich Elvirens Harfe   in der Schuld. Diese Kränkelei macht mich so wütend, daß ich meine eigenen Nerven zer­reißen möchte. So oft sie aber ein grober Sturmwind schlägt, bleiben sie philosophisch gelassen, und verlieren sie ja die Geduld, brummen sie doch männlich, wie die Saiten einer Baßgeige. Ich kann es Ihnen nicht genug sagen, wie mir so behaglich warden gleich von der ersten Stunde an. Das moralische K'ima von Paris   tat mir immer wohl, ich atme freier, und meine deutsche Engbrüstigkeit verließ mich schon in Bondi. Ras chzog ich alle meine Bedenklichkeiten aus und stürzte mich jubelnd in das frische Wellengewühl. Ich möchte wissen, ob es anderen Deutschen   auch so begegnet wie mir, ob ihnen, wenn sie nach Paris   kommen, wie Knaben zu Mute ist, wenn an schönen Sommerabenden die Schule ge­endigt und sie springen und spielen dürfen! Mir ist es ge­rade, als müßte ich unserm alten Konrektor einen Esel bohren.

Der Teufel ist Kontrolleur und hat seine Freude am Wider­spruch, um jeden Abend den ehrlichen Buchhalter zu ver­wirren. Am zwölften September des vorigen Jahres war ich, wie ich aus meinem Tagebuche erfahre, in Soden, der letzte Gast im Bade, der einzige Städter im Dorfe, saß gefangen auf meinem Zimmer, von dem schlechtesten Wetter bewacht, ward gefoltert von den boshaftesten Nerven. Es war abends acht Uhr, ich lag auf dem Sofa, das ungeputzte Licht brannte düster, Wind und Regen klopften leise an das Fenster, es war mir, als wenn die Elemente riefen: komm zurück, wir erwarten dich! Es war mir unendlich wehe. Ich fühlte mich wie fortgeschleppt von den gewaltigen Armen der Natur und kein Freund kam zu meiner Hilfe... Wer mir damals ge­sagt hätte, heute übers Jahr bist du um diese Stunde in Vitry- sur- Marne, froh und gesund und wirst dort schlafen und nicht unter der Erde ich hätte ihn ausgelacht in­mitten meiner Schmerzen. Und wer am nämlichen Tage dem Könige von Frankreich   gesagt hätte: heute übers Jahr bist du nicht König mehr und schläfst in England?... Es ist doch schön, kein König zu sein! Daran will ich künftig den­ken, so oft ich leide. Armer Karl! Unglücklicher Greis: Die Menschen nein, unbarmherzig sind sie nicht, aber sie sind unwissende Toren. Sie begreifen gar nicht, was das heißt: König sein: sie begreifen nicht, was das heißt, auf schwachen menschlichen Schultern den Zorn und die Rache eines Gottes tragen; sie begreifen nicht, was es heißt, einem einzigen Herzen, einer einzigen Seele die Sünden eines ganzen Volkes aufladen! Denn warum haben die Menschen Könige, als weil sie Sünder sind? Ist das Fürstentum etwas anderes als ein künstliches Geschwür, welches die heilbedächtige Vor­sehung den Völkern zuzieht, daß sie nicht verderben an ihren bösen Säften, daß ihre giftigen Leidenschaften alle nach außen fliehen und sich im Geschwür sammeln? Und wenn es aufspringt endlich wer hat es strotzend gemacht? Nicht schonen soll man verbrecherische Könige, aber weinen soll man, daß man sie nicht schonen dürfe. Doch erzählen Sie das ja keinem wieder. Denn die Toren anderer Art möchten sagen: da ist nun ein freiheitsliebender Mensch, der doch noch sagt, es sei dem Könige von Frankreich   Un­recht geschehen! Was? Recht! Unrecht! leere, tolle Worte! Verklagt den Sturm, verklagt den Blit, verklagt das Erd­heben, verklagt das Fieber, verklagt die spitbübische Nacht, die euch um den hellen Tag geprellt und wenn ihr den Prozeß gewonnen, dann kommt ihr geschickten Advokaten und verklagt das Volk, es habe seinem König Unrecht getan! Ich habe schon viel in Frankreich   geschlafen: in Straß­ burg  , in Pfalzburg  , Lüneville, Nancy  , Toul  , Bar- le- Duc  , und heute schlafe ich hier. Es ist eine schöne Erfindung, wie vor, noch höre ich den Polizei- Jubel, höre alle die Lieder Sancho Pansa sagt; und wo man schläft, man schläft immer zu Hause, und wo man träumt, man hat überall vaterlän­dische Träume. Aber was geht das mich an? Ich bin auch wachend nirgends fremd.

-

-

In den Niederlanden scheint es arg herzugehen. Was aber die Leute dort wollen und nicht wollen, begreife ich nicht recht. Ihr hättet mich nicht abhalten sollen über Brüssel   zu reisen. Es ist freilich kein Vergnügen, totgeschossen zu wer­den und nicht zu wissen wofür. Aber wenn man im Bette stirbt, wie die meisten, weiß man dann besser, wofür es geschieht? Die Unannehmlichkeit dauert einige Minuten;

Ich wohnte hinter dem Palais- Royal, Die Zimmer sind gut, aber die enge Straße mit ihren hohen Häusern ist un­freundlich. Kein Sonnenblick den ganzen Tag. Und doch ist es mir manchmal noch zu hell; denn ich habe merkwürdige Gegenüber. Erstens sehe ich in die Küche eines Restau­rateurs. Schon früh Morgens fangen die ungewaschenen Köche zu tüchten und zu trachten an, und wenn man so mit ansieht, wie die Grazie, die allen französischen   Schüsseln eigen ist, zustande kommt, kann man die Eẞlust auf eine ganze Woche verlieren. Dann sehe ich in das Zimmer einer Demoiselle; in eine Schneiderswohnung; in einen Roulette­Saal und in eine lange Galerie von Cabinets inodores. Wie schön, freundlich und glänzend ist alles nach der Garten­seite des Pala Roval; nach hinten aber wie betrült und schmutzig Alles! Ich werde mich eilen, aus diesen Kulissen zu kommen und mich nach einer andern Wohnung umsehen. Sie können es sich denken, daß ich nicht lange zu Hause geblieben, sondern gleich fort eilte, die alten Spielpläne meiner Fantasie aufzusuchen und die neuen Schlachtfelder, die ihr Wort gehalten. Aber ich fand es anders als ich er­wartete. Ich dachte, in Paris   müsse es aussehen wie am Strande des Meeres nach einem Sturm, alles von Trümmern bedeckt sein, und das Volk müsse noch tosen und schäumen. Doch war die gewohnte Ordnung überall und von der Ver­heerung nichts mehr zu sehen. Auf einigen Strecken des Boulevards fehlen die Bäume, und in wenigen Straßen wird noch am Pflaster gearbeitet. Ich hätte die Stiefeln ausziehen mögen; wahrlich, nur barfuß sollte man dieses heilige Pfla­ster betreten. Die vielen dreifarbigen Fahnen, die man auf­gesteckt sieht, erscheinen mir nicht als Zeichen des fort­dauernden Krieges, sondern als Friedenspanier. Die Fahne in der stolzen Hand Ludwigs XIV. auf dem Place des Vic­toires machte mich laut auflachen. Wir haben die Reiter­statue vor acht Jahren zusammen aufrichten sehen. Wer hätte das damals gedacht? Träume von Eisen und Marmor und doch nur Träume! Noch schwebt jener Tag mir

-

-

mit ihren Melodien, welche bezahlte Bänkelsänger auf dem Platze sangen. Das eine Lied fing an: vive le roi, le roi, le roi, que chante le monde à la ronde jetzt müßte es heißen statt que chante, que chasse le monde à la ronde. Wenn er nur nicht so alt wäre! das verbittert mir sehr meine Freude. Gott   segne dieses herrliche Volk, und fülle ihm die goldenen Becher bis zum Rande mit dem süßesten Weine voll, bis es überströmt, bis es hinabfließt auf das Tischtuch, wo wir Fliegen herum kriechen und naschen. Summ, summ wie dumm!

-

( Fortsetzung folgt)