Durdis Guckloc

Unter den Dämonen, die in alten Zeiten die Menschen beunruhigten, ist allein wohl noch der Druckfehlerteufel ge­fürchtet. Das ,, dritte Reich", das nur so von Blut, Boden und Scholle dampft, ist bei Licht besehen so nervenschwach, daß es seinerzeit ein großes katholisches Blatt des Westens nur deshalb verbot, weil es bei der Wiedergabe einer amtlichen Meldung ein Frage- statt eines Ausrufezeichens hinter die Ueberschrift gesetzt hatte. Dasselbe dritte Reich" personi. fiziert etwa als Germania   mit Wickelgamaschen, wird sich also vor Schreck geradezu auf seine vier Buchstaben setzen. wenn es jetzt von folgendem no chschrecklicheren Streich des Offizindämons, vulgo Druckfehlerteufel, sich überzeugen mub: Der Berliner   Korrespondent der Basler National­zeitung" berichtet von den Gerüchten um den Bauernosaf Darré, der Herrn Feder in den wohlverdienten Ruhestand nachfolgen soll. Und da heißt es nun: Aus der Tatsache, daß Hitler   den letzten Reichs banner tag ostentativ mied, wird allerdings gefolgert, daß Darré beim Führer in Ungnade ge­fallen sei."

Oh, du herzig prophetisches Engelchen, du mein Druck­fehlerteufelchen nämlich! Du hast recht! Auf dem Reichs­

bannertag, den du für unser Deutschland  , so braun ge

strichen es zur Zeit auch noch ist, schon wieder arrangiert hast, wollen wir auch den Hitler unter gar keinen Umständen haben! Da wollen wir, die wir den Buckel nicht vor jedem Schubiak krumm und den Ellenbogen gerade gemacht haben, die wir weder den Reichstag   angezündet noch den Röhm er­schossen haben, die wir Homosexualität nicht für einen Aus­fluß ritterlicher Ehre halten und uns damit begnügen, das Vaterland in unserem Herzen zu tragen und es draußen zu hüten und zu pflegen, dieweilen drinnen man mit den Stie­feln auf ihm herumtrampelt gewiß, da wollen wir deut schen Patrioten ganz unter uns sein! Auf diesem Reichs. bannertag werden wir weder Adolfs Bierausschenkerlocke noch Herrn Schachts Strehkragen schmerzlich vermissen. Mag ruhig ein Reichsbauer ntag wieder ein Reichsbanner. tag werden! Sei gegrüßt Korrektor, als Prophet der deut­schen Zukunft noch in diesem neuen Jahr!

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Die große und maßgebende Schweizer   Presse, die Basler Nationalzeitung", der Berner Bund", die Neue Zürcher Zeitung  " teilen jetzt in einer gemeinsamen Verleger- Erklä rung mit, daß sie den ungewöhnlichen Ansprüchen", die das ,, dritte Reich" an ihre Schreibweise stellt, damit ie in Deutschland   wieder zugelassen werden sollen, unmöglich ge­nügen können. Das haben wir uns so ungefähr auch schon längst gedacht! Im dritten Reich" ist ja manches so unge. wöhnlich und stellt Ansprüche...

Nun aber erfährt man bei dieser Gelegenheit durch die Schweizer   Verleger, daß Herr Goebbels   doch so freundlich war. den Redaktionen dieser Blätter anzu empfehlen, eine eigene Ausgabe nur für Deutschland  machen; dann könnten sie ruhig über die Grenze und kein Gestapo  - Mann arretiere den unglücklichen Kolporteur.

zu

Man sieht: Die deutsche Sterilisationsgesetzgebung macht jetzt auch Schule auf anderem als chirurgischem Gebiet.

Kastrierte Zeitungen sind der( in Deutschland  übrigens ja schon längst erfüllte) Wunschtraum des Gesindels, das das Landregiert!

Zu des Versailler Sonnenkönigs Zeiten und noch nachher gab es Schulbücher, die ,, ad usum delphini  ", zum Gebrauch für den Thronfolger zurecht gestugt und mit jenem Vermerk vom Drucker versehen waren. In ihnen figurierte der Mar­ quise de Pompadour   sozusagen als Dame ohne Unterleib; und die Dubarry war nur ein ätherisches Gespinst ohne Schenkel und Waden. Denn dem Dauphin mußte der keusche Sinn der Kindheit bewahrt und bewacht werden. Erst wenn er selbst König geworden war, durfte er zur Kenntnis neh­men, daß an den fünfundsiebzig Kindern seines großen Oheims Louis der Storch doch nicht ganz allein der Be­teiligte war.

Ist's im braunen Deutschland   anders. In dieser großen Kinderbewahranstalt, die Herr Hitler   aus dem Lande Gneisenaus und Moltkes machen durfte?! Eine ganze Nation wird dort ad usum delphini behandelt. Die Wissenden aber, Herr Hitler   und Herr Göring   und Herr Goebbels  , lassen auch den Reichstag   heute noch immer vom Storch angezündet sein... F. E. Roth  .

Märchen vom Volkswagen  " Auch eine gestörte Illusion

Der Führer" liebt den Automobilismus. Er hat die schönsten und teuersten Wagen Deutschlands  . Autostraßen werden gebaut. Für wen? Um die Frage zu beantworten, versprach der Führer" bald nach seiner Machtergreifung den Volkswagen  ".

Wann kommt er? Darauf gibt die gleichgeschaltete Presse eine recht vielsagende Antwort:

Ueber den Stand des Volkswagen  - Problems veröffentlicht der Pressechef des Reichsverbandes der Automobilindustrie. Dr. Wesemann, eine Darstellung, die geeignet ist, die in der Oeffentlichkeit vielfach bestehenden Irrtümer auszu­räumen. Es sei einmal notwendig, eine Trennungslinie zwischen Fantasie und Wirklichkeit zu ziehen.

Die am häufigsten wiederkehrenden Irrtümer über den Volkswagen   lägen in der Meinung, daß der Volks­ wagen   bereits auf der am 14. Februar beginnenden Auto­mobil- Ausstellung gezeigt werde, daß sein Preis unerhört niedrig sein werde und daß mit dem Erscheinen des Volfs­wagens das Problem der Massen- Motorisierung bereits ge­löst iei. Mit Recht werde von der Automobilindustrie er­martet, daß sie ein in jeder Hinsicht einwandfreies, leistungs­fähiges und technisch vorgeschrittenes Fahrzeug liefere. Die deutsche Automobilindustrie habe den ernsten Vorsatz, diesen Ansprüchen gerecht zu werden. Man müsse aber auch den vorhandenen Schwierigkeiten Verständnis entgegenbringen. Die Entwicklung eines neuen Automobiltys bis zum Zustand der Fabrikationsreife dauere erfahrungsgemäß zwei Jahre. Es liege auf der Hand, daß die Vorau   3= setzungen beim Volkswagen   wesentlich schwieriger liegen, da es sich um eine völlige Neu­ichöpfung handele.

Die Konstruktion des Volfswagens sei auf dem Zeichen­brett beinahe vollendet.

Die nächste Phase der Entwicklung werde darin bestehen, daß zunächst eine kleine Serie Versuchsfahrzeuge gebaut und

einer sehr gründlichen praktischen Erprobung unterworfen werde. Eine Erprobung über 100 000 kilometer erfordere aber bei 500 Kilometer durchschnittlicher Tagesleistung 200 Tage. Gerade für den Volkswagen   sei ausreichende praf­tische Erprobung der verschiedenen Versuchskonstruktionen von außerordentlicher Wichtigkeit. Es wäre eine nicht zu verantwortende Leichtfertigkeit der deutschen Automobil­industrie, wenn sie den begreiflichen Wünschen nach schnell­ster Lieferung des Volkswagens nachgäbe und unter Um­ständen durch ein Automobil, das nachträglich Mängel zeige, die Idee und den Erfolg des Volkswagens diskreditiere. Eine Jahresproduktion von 100 000 Volkswagen   erfordere eine Investion von 100 Millionen Reichsmarf. Ein Fehl­schlag würde die gesamte deutsche Automobilindustrie auf das Schwerste erschüttern.

Völlig müßig sei es, schon jetzt den Preis des künftigen Bolkswagens zu diskutieren.

Er werde tatsächlich an der unteren Grenze dessen liegen, was auf der Basis sorgfältigster Fabrikation und gewissen­haftester Kalkulation überhaupt erreicht werden könne.

Briefkasten

Pommernland ist abgebrannt". Von einer kurzen Auslandsreise senden Sie uns einige pommersche Provinzblätter, in denen Sie u. a. diesen Bericht angestrichen haben: Jeder alte Rämpfer der Nationalsozialistischen   Partei aus dem Kreise Prenzlau   und viel leicht auch mancher ehemalige Gegner weiß, daß Wollin schon früh eine Hochburg der Hitlerbewegung war. Bei den letzten Wahlen vor der Machtübernahme erreichte dieses udermärkische Dorf mehr­fach die absolute Mehrheit für die NSDAP  . Auch eine NS.- Frauen­schaft entstand dort schon zeitig. Um so auffallender war es, daß die letzte Veranstaltung der Frauenschaft, zu der jede Frau des Dorfes durch Handzettel eingeladen worden war, nur von den Mitgliedern besucht war. Keine der Frauen des Dorfes hatte es sonst für nötig befunden, zu erscheinen, um die Versammlung, zu der die Kreisfrauenschaftsleiterin Pgn. Gloag gekommen war, n besuchen. Ist nun wirklich so viel zu tun, daß sich die Hausfrauen und jungen Mädchen nicht für einen Abend im Monat frei machen fönnen oder glaubt man in Wollin, für die NSDAP  . genug ge­leistet zu haben?"- Ja, die Wolliner scheinen wirklich genug zu haben.

K., Südfrankreich  . Sie machen uns auf folgende Notiz in nord­deutschen Zeitungen aufmerksam: Driesen. Menschliches Sfelett im Walde gefunden. Etwa einen Rilometer westlich der Chaussee Driesen- Moderwiese wurde im Staatsforst Hammerheide ein Stelett gefunden. Nach den wenigen noch vorhandenen Kleiderfetzen handelt es sich anscheinend um die Leiche eines Mannes. Der Schädel wies eine Schußverlegung auf. Die Behörden sind bemüht. die Personalien des Toten festzustellen, um zu ermitteln, ob es fich um einen Selbstmörder handelt oder ob dieser Fund mit einem Verbrechen im Zusammenhang steht. Neustrelitz  . Ein graufiger Fund wurde in der städtischen Kalthorit bei Neustrelitz   gemacht, un­gefähr zwei Meter vom Hauptweg entfernt fand man in Tiefe von etwa 50 Zentimeter ein Sfelett, das annähernd zwei Jahre dort gelegen, haben muß. Ob es sich bei diesem Funde um die Ent­deckung eines Verbrechens, das zwei Jahre zurückliegt, handelt, muß der Gerichtsarzt feststellen. Die Mordkommission weilt zur Zeit am Fundort, um die nötigen Untersuchungen festzustellen." Wahrscheinlich sind da Leute auf der Flucht erschossen worden. Viel­leicht schon vor länger als einem Jahrzehnt, als jetzige Staats­größen sich durch Fememorde auf ihre Aemter vorbereiteten.

Für den Gefamtinbalt verantwortlich: Johann Pie in Dud. weiler; für Inferate: Ctto Rubn in Eaarbrüden. Rotationsdruc und Verlag: Verlag der Bolfaftimme GmbH. Saarbrüden 3 Schützenstraße 5. Echließfach 776 Saarbrüden.

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Gestern noch wurden die Siege der Arbeits­schlacht stolz verkündet, und heute wächst die Arbeitslosigkeit.

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Fragen über Fragen wirft die Wirtschafts­politik Adolf Hitlers   auf. Sie ist ein Kampf, dessen Erfolg die wenigsten klar sehen, ein Kampf, der über das tägliche Brot des deut­schen Volkes entscheidet. Und zugleich über die Dauer des Hitler- Regimes mitentscheidet. Warum Arbeitsbeschaffung? Wem soll die Wirtschaft dienen? Ist Hitler   Freund der Bauern? Das Geheimnis der Arbeitsbeschaffungswechsel? Warum ist die Währung fest? Zwangswirtschaft oder Planwirtschaft? Was hat Schacht geleistet?

Gibt es Auswege aus der heutigen Wirt­schaftslage? Rettet der Erfindergeist Hitler? Was sind Kompensationsgeschäfte? Wohin muß der Weg Hitlers   führen?

Ueber all diese Fragen, die jeden angehen. gibt die Schrift, die jeden interessieren wird, eine Auskunft, die jeden überzeugen muẞ:

So ging die ARBEITS­SCHLACHT

verloren

Erhältlich in den

Preis 3,- Fr.

VON DR. NORBERT MÜHLEN

SAARBRÜCKEN NEUNKIRCHEN  SAARLOUIS  

Buchhandlungen der Volksstimme GmbH., CHEN

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