Aufmerksame Beobachtung in Frankreich
Wie man in Paris den Terror der Paris , den 12. Januar. In hiesigen maßgebenden politischen Kreisen beobachtet man mit außerordentlichem Interesse die letzten Vorgänge, die der Saarabstimmung vorausgehen. Man hat sich nicht damit begnügt, von dem wachsenden Terror der„ deutschen Front" Kenntnis zu nehmen, sondern man besitzt auch ge= naue Informationen über die einzelnen Terrorafte und ist entschlossen, dieses Material im entscheidenden Augenblick zu verwerten. So sehr sich Frankreich nicht nur während der letzten Monate, sondern man tann nach genauer Kennt nis der Dinge sagen, während der letzten beiden Jahre in der Saarfrage die größte Zurüdhaltung auferlegt und alles getan hat, um den Anschein zu vermeiden, als habe Frank reich selbst irgend welche Aspirationen auf die Saar , so menig ist man aber auch, wie wir von gut unterrichteter Seite erfahren, geneigt, entgegen allen im Versailler Vertrag vorgesehenen Bestimmungen es stillschweigend hinzunehmen, als sei eine Entscheidung über das Schicksal des Saargebiets bereits gefallen.
Die Propagandisten der deutschen Front", an der Spizze Herr Bürdel, irren sich, wenn sie meinen, durch verstärkten Terror in der letzten Stunde ein Ergebnis zu erzwingen, das sie mit legalen Mitteln nicht erreichen können.
Man ist hier der Auffassung, und es ist kein Zweifel, daß Frankreich bei den kommenden Verhandlungen im Völkerbundsrat diese Auffassung vertreten wird, daß alle Terrorakte, die die Anhänger der deutschen Front" be: gangen haben, gewissermaßen dem Konto der Status- quo Anhänger gutgeschrieben und zu einem gewissen Prozent: jazz der Hitlerfront abgeschrieben werden.
Einen außerordentlich schlechten Eindruck hat es hier gemacht, daß Herr Bürckel , selbstverständlich unter dem Einfluß von Berlin , den Rundfunkburgfrieden vom 10. bis 13. Januar abgelehnt hat, während Frankreich sich dazu ſofori bereit erklärte. Man hält es nunmehr für wahrscheinlich, daß noch in letzter Stunde der Straßburger
deutschen front" beuricilt
Sender für maßgebende Redner aus dem hitlergegnerischen Lazer zur Verfügung gestellt wird.
Wie wenig Deutschland entgegen Hitlers so zahlreichen friedlichen Versicherungen an einer aufrichtigen Verständigung mit Frankreich liegt, schließt man hier auch aus ver Tatsache, daß er die von England im Einverständnis mit dem Quai d'Orsay ausgegangene Einladung abgelehnt hat, sich im Völkerbundsrat bei der Behandlung der Saarfrage vertreten zu lassen.
Man sieht allerdings auch darin ein Zeichen dafür, daß Deutschland selbst seine Saarposition nicht für sehr starf hält.
Würde nämlich im Völkerbundsrat eine Entscheidung nach der Richtung getroffen werden, daß die Saar geteilt werden solle, dann wären Hitlers Delegierte in einer sehr peinlichen Situation, da sie unter Umständen an einem solchen Beschlusse mitwirken müssen. Und man weiß hier ganz genau, daß man in der Wilhelmstraße mit einem Beschluß rechnet.
Sollte nun der Völkerbundsrat auf Grund des Abstimmungsergebnisses, aber gleichzeitig unter Berücksichti= gung der gegenwärtigen wirtschaftlichen und politischen Verhältnisse im Saargebiet wie auch in Deutschland sich für die Aufrechterhaltung des Status quo beziehungsweise für seine Beibehaltung in einem Teile des Saargebietes entscheiden, dann wird dies, wie man hier versichert, in der Form geschehen, daß der Völkerbundsrat in feierlicher Form seinem Beschluß eine Erklärung hinzufügen wird, die eine Erweiterung seines Beschlusses vom 6. Dezember 1934 bedeutet.
Sie wird besagen, daß die Saarländer , die jetzt zu er: kennen gegeben hätten, daß sie unter den obwaltenden Verhältnissen nicht in das Reich zurückkehren wollten, zu
Ein Beispiel
Die Lügenflut im Saargebiet
Das Saarland wird mit vielen gefälschten Aufrufen überschwemmt Einen drucken wir hier ab, weil er be sonders kennzeichnend ist. Er lautet: Genossen, Ernst Thälmann spricht zu Euch! Genossen der ehemaligen Kommunistischen Partei Deutschlands ! Alte Kämpfer des wahren fommunistischen Gedankens! Wollt Ihr mir helfen, dann stimmt am 13. Januar 1935 für Deutschland Rämpft mit mir für ein freies Rätedeutschland Der Nationalsozialismus ist nur die Vorstufe zu unserem endgültigen Sieg
Was Mazz Braun, Pfordt und Kumpanen treiben, hat nichts mit Kommunismus und Marrismus 811 tun
Diese Status- quv- Halunfen verraten Euch deutsche Proletarier. Sie verschachern Euch an die französischen Kapitalisten. Ich gebe Euch für den 13. Januar die Parole: Stimmt für Deutschland !
Ist der Sieg für Deutschland errungen, dann beginnt unser Kampf
für die Räterepublik. Darum stimmt am 13. Januar jeder wirkliche Kommunist für Deutschland .
Rot Front Ernst Thälemann. Die Schamlosigkeit ist um so größer als Thälmann ( die Fälscher wissen noch nicht einmal, daß er Thälmann und nicht Thälemann heißt) seit fast zwei Jahren im Gefängnis sitzt.
einem späteren Zeitpunkt und unter veränderten Ber: Deutsche- front"-Schweinereien
hältnissen Gelegenheit bekommen würden, in einer zweiten Volksbefragung fich endgültig zu entscheiden.
( Von unserem Korrespondenten)
Je mehr wir uns dem 13. Januar nähern, in um so Höherem Maße gibt die französische Presse ihren Lefern von dem Kampf Kenntnis, den die Volksfront an der Saar führt. Da ist kaum ein Blatt, in dem man nicht das Bild von Mar Braun fieht. Die zahlreichen Sonderberichterstatter, die die französische Preise nach Saarbrücken entsandt hat, schildern in anerkennenden und teilweise begeifterten Worten, welch ungeheuere Arbeit Mar Braun als Führer der Voltsfront geleistet hat.
Marcel Bidour, der den „ Populaire"
an der Saar vertritt, jagt, während die der Volksfront und der katholischen Opposition mit Tatsachen fämpften, arbeiteten die Führer der deutschen Front" mit dem Gummifnüppel. Sie rechneten übrigens damit, in etlichen Tagen Instrumente verwenden zu können, die eine verzehnfachte Wirkung" hätten. Diefer französische Journalist verweist wie viele seiner Kollegen darauf, daß die Geduld der Status- quo- Anhänger infolge des Naziterrors auf eine schwere Probe gestellt worden sei, daß die Führer der Voltsfront bisher ihre Anhänger mit großer Mühe zurückgehalten hätten. Gleiches mit Gleichem zu vergelten, aber diese Geduld habe jetzt ihr Ende erreicht.
Eine einstweilige Verfügung
Gegen die Saarbrücker Abendblatt- Verlags G. m. b. S. in Saarbrücken , Antragsgegnerin, wird im Wege der eint weiligen Verfügung, und zwar wegen der Dringlichkeit der Sache ohne mündliche Verhandlung
I. der Antragsgegnerin bei Vermeidung einer Geldstrafe bis zu 5000 Fr. oder einer Haftstrafe für jeden Fall der Zuwiderhandlung aufgegeben:
1. die direkte oder indirekte Verbreitung des Artikels $ 175 Str. G. B. So sehen die Herren vom Status quo und die Emigranten aus" in Nr. 8 des„ Saarbrücker Abendblattes" vom 10. Januar 1935 zu unterlassen. 2. insbesondere zu unterlassen, die Behauptung zu ver breiten, die Antragsteller seien zwei berüchtigte Emigranten, Hubertus Prinz zu Löwenstein werde angeflagt, fortlaufend Handlungen begangen zu haben die in jedem normalen Menschen Widerwillen und Efel erregen, Magnus Sirschfeld könnte feststellen, daß der Löwenstein nicht anders kann.
II. Die Kosten des Verfahrens werden der Antragsgegnerin auferlegt.
Einen großen Raum in den Betrachtungen der franzöfischen Saarforrespondenten nehmen die recht eindringlichen Schilderungen des von der deutschen Front" ausgeübten Terrors ein. Immer wieder wird zum Ausdruck gebracht, daß man unter diesen Umständen kaum von einer freien und unbeeinflußten Abstimmung am Sonntag sprechen fann. Nach wie vor wird bervorgehoben, daß die Entscheidung bei den Katholiken liegt, und es wird beont, daß, wenn sie die lesten Aeußerungen des Heiligen Stuhls über die Saarabstimmung genau tennen würden, sie dann zweifellos in überwältigender Mehrheit fich für den Was der Berliner Konickionär" ausp auderi Status quo entscheiden würden. Im Intransigeant"
meint Gallus, wenn Herr von Papen nach Rom fäme und, wie er das im letzten Jahre getan habe, nach seiner Manier recht deutlich die vorgeschriebenen religiösen Gebräuche erfüllen würde, dann würde ihn der Heilige Vater wahrscheinlich nicht mehr persönlich die Kommunion erteilen. Pius XI. fei jest genau darüber unterrichtet, welche Tendenzen der Nationalsozialismus eigentlich verfolge. Er wisse, daß sie heidnisch und kriegrisch seien, und der Papst laffe heute keine Gelegenheit vorübergehen, um sie zurückzumeifen.
Der Saarbrücker Sonderberichterstatter des Journal",
Edouard Helsey, berichtet, daß man in Saarbrücken Blafate angeschlagen habe, die aufforderten, für Frankreich au stimmen. Diese Plakate hätten zu zahlreichen Kommen taren bei der Bevölkerung Anlaß gegeben. Er glaube nicht an ihre Wirkung, aber in Saarbrüden hätten sie doch einen Erfolg: fie zeigten der Bevölkerung, daß die Partei der Status- quo- Anhänger ihrem Wesen nach keine französische Der Sonderberichterstatter des „ Matin“
Partei fet.
geißelt die verlogene und unaufrichtige Propaganda der Nationalsozialisten. In den deutschen Ortschaften dicht an der Saargrenze sehe man viele Fahnen in den Reichsfarben, aber ohne Hafenkreuz. Man nehme ießt seine Zuflucht zur Vaterlandsliebe und sage, es handelt sich nicht darum, zu Hitler zu gehen, sondern nach Deutschland zurückzukehren.
Der Saarforrespondent des
Jour"
hat einen Ausflug in die französischen Grenzorte unternommen und festgestellt, daß zahlreiche Saarländer ihre nalist sagt: dicie wackeren Leute. denen Hitler , wenn Geld wegnehmen würde, um ihnen dafür Marf zu geben Deutschland den Bissen schlucken würde, rücksichtsins ihr ( gedruckte Affignate, Mart, die sofort stürzen würde, denn für sie ist ja teine Dedung mehr vorhanden), haben keine Lust, zum Ruhme des Führers fich ruinieren zu laien
Das Landgericht, 1. Zivilfammer.
Eine braune Propaganda für den Status quo
Auf Wink von oben werden jetzt die saarländischen Firmen aus dem dritten Reich". mit Anfragen überschüttet, damit im Saargebiet der Eindruck entsteht, als ob mit der Rückgliederung größere Warenposten von saarländischen Firmen in Deutschland abgefeßt werden fönnen.
Einige Zeitungen und Zeitschriften beabsichtigen aus dem gleichen Grunde nach der Abstimmung Sondernummern herauszugeben, die der Saar gewidmet sind. Auch der Ber liner konfektionär", eine bedeutende Tertilfachzeitschrift, will demnächst eine Saar - Sondernummer herausbringen. Zu diesem Zwed hat die Schriftleitung des gleichgeschalteten Blattes an eine größere Anzahl saarländischer Textilfirmen ein Rundschreiben gerichtet mit der Bitte, den dem Rundschreiben beigelegten Fragebogen zu beantworten.
Da die Sondernummer nach der Abstimmung erscheinen soll, so glaubte anscheinend die Schriftleitung des „ Konfektionär“, die Maske fallen zu lassen, und sie hat an die saarländischen Textilfirmen Fragen gestellt, die voll und ganz unsere Meinung über die enormen Schwierigkeiten bestätigt, die das Saargebiet nach einer eventuellen Rüdgliederung erwarten.
In seinem Rundschreiben teilt der braune„ Konfektionär" mit, daß die Textilwirtschaft des Saargebiets durch die bevorstehende Rückgliederung(!) yor eine große Anzahl von wichtigen Fragen gestellt wird".
,, Um uns und der deutschen Oeffentlichkeit ein zutreffendes Bild von der Lage des Textilhandels und der Tertilindustrie im Saargebiet zu machen, so schreibt das Blatt, bitten wir Sie, uns die auf beiliegendem Fragebogen gestellten Fragen möglichst umgehend zu beantworten. Selbstverständlich wird Ihr Name bei einer etwaigen Beröffent
lichung nicht genannt werden. Auch werden wir Angaben, die nur zu unserer eigenen Information bestimmt sind nich, befanntgeben, sofern Sie dies ausdrücklich wünschen." Warum verspricht der Konfektionär", daß der Name des Einsenders nicht genannt wird, wo es sich doch an=
STATUS QUO sichert die
scheinend um eine hochpatriotische Angelegenheit handelt? Die Antwort ist ganz einfach, denn die Fragen der dummen Schriftleitung, die einen Dolch stoß gegen die Goebbels Propaganda an der Saar führt, sind recht fiẞliger Natur. Das ahnungslose Blatt stellt nämlich u. a. folgende Fragen:
#
Airfro würde eine Aufhebung der Einfuhrkontingente an der deutschen Grenze auf den Absatz Ihrer Erzeugnisse haben?
2. In welchen Artikeln fühlen Sie sich der reichsdeutschen Konkurrenz gewachien?
3. Welche Schonungsmaßnahmen wünschen Sie für die Uebergangszeit?
Der„ Konfektionär" gibt also ohne weiteres zu, daß durch die Aufhebung der Einfuhrtontingente der Absatz der jaar: ländischen Textil- Erzeugnisse auf heimatlichem Boden durch die reichsdeutsche Konkurrenz gehemmt wird. Wenn dicie Fragen irgend einen Sinn haben, dann nur denjenigen, dob die saarländische textilverarbeitende Industrie durch die Konkurrenz der reichsdeutschen zugrunde geht. Die Schriftleitung des konfektionär" weiß das ganz genau, denn sonst würde sie nicht die dritte Frage stellen, wo sie anfragt, welche chonungsmaßnahmen für die Uebergangszeit wünschenswert seien.
Bisher hat die Goebbels- Presse frech behauptet, daß die Rückgliederung dem Saargebiet den wirtschaftlichen Aufschwung bringe und hat unsere gegenteiligen Behauptungen stets bestritten. Wir freuen uns sehr, daß unmittelbar vor der Abstimmung von einem angesehenen Berliner Fachblatt ein Rundschreiben im Saargebiet verbreitet wird, aus dem selbst der Dümmste ersehen kann, was dem Saarvolf auch wirtschaftlich blüht, wenn es sich dem Reich der Barbarei anschließt.
Die braunen Redakteure des„ Konfektionär" haben eine im letzten Augenblick ausgezeichnete Propaganda für den Status quo gemacht.
Rückkehr in ein betreites Reich!