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5. Bir grüßen som Sof
Für unsere Mütter und Sausfrauen
hügelab. Wir grüßen vom hohen Berge herab die Lande unter uns und wandern unter Jauchzen in die blühenden Täler Italiens ein, stehen am Tore süßduftender Gärten, in denen die Springbrunnen plätschern und schöne Frauen über den goldglänzenden Kies wandeln.... Wir mischen uns unter das Volk, das unter der Linde nach der Fiedel tanzt oder im Albergo aus strohumflochtener Flasche seinen Chianti zecht. Wir erfüllen mit unserem Gitarregeklimper die berauschende Luft blaugoldener italienischer Nächte.... Das Unglück ist in dieser Eichendorffschen Welt ebenso felten wie das schlechte" Wetter.
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Die Bestandteile, aus denen sich die romantische Welt zusammenseßt, finden wir also hier alle wieder, und sie bilden bei Eichen dorff eine lieblichere Mischung als irgendwo sonst. Bereichert hat der Dichter diesen eisernen Bestand kaum, man kann sogar sagen, daß er sich im wesentlichen nur an der Grenzlinie der Romantik bewegt und ihre wundersame Jdeentiefe nicht ausgeschöpft habe. Auch von der berühmten Fronie" macht er nur in sehr sparsamen Dosen Gebrauch, am meisten, wenn er nach gutem alten Brauche auf den" Philister" losschlägt. Diesem lustigen Krieg widmet Eichendorff ein ganzes Satirspiel, worin er dem unfruchtbaren Gelehrtendünkel, der seicht- selbstzufriedenen Aufklärung, dem vielschreibenden, jede Lebensregung unter einem Stoß Aften begrabenden Beamtentum( der Dichter war selbst Beamter) energisch auf den Leib rückt. Aber mit jener Objektivität, die den Menschen mehr ehrt als den Satiriker, hat er die Blikschläge seines Wizzes auch in das Lager der Poetischen" herabgeschleudert, die die Philisterstadt belagern. Sie treffen scharf und brennend jene verstiegene Romantik, die den Zusammenhang mit dem Leben verliert und von der Eichendorff selber durchaus nicht frei ist-, die alles Alte verherrlichende Vergangenheitssehnsucht, das Mode= narrentum, die Deutschtümelei. Die meisten Schläge hageln auf den breiten Rücken des Publikums herab, dessen Trägheit, Gedankenlosigkeit und Sensationslust allen Satirifern aller Zeiten den Türkenkopf abgegeben haben, mit welchem Erfolg, lehrt die beständige„ Wiederkehr des Gleichen". Hier spielt das Publikum mit, stellt Betrachtungen über Handlung und Sinn des Stückes an, die den Dialog oben auf der Bühne unterbrechen, treibt durch seine Eingriffe die Handlung zu rascherer Bewegung vorwärts, flatscht jedem Schwulst, jedem groben Knalleffekt begeistert zu und muß sich schließlich dafür vom Verfasser und seinem Doppelgänger, dem Narren, Grobheiten aller Art sagen lassen. In einer Novelle hat Eichendorff dieses Publikum in der Gestalt eines etwas ungeschlachten Bildungsphilisters dieses Namens symbolisiert, der glaubt, daß ihm für seine Reichtümer alles zu Gebote stünde. Publikum wirbt um die schöne Aurora, die verkörperte Poesie, und feiert das Hochzeitsfest mit großem Schall, bis er schließlich erkennen muß, daß er statt der Ersehnten nur ihre Kammerjungfer zur Ehe erhalten hat!
In manchen neueren Darstellungen unserer literarischen Entwidlung ist wohl dem Lyriker Eichendorff das Denkmal errichtet, das ihm gebührt, doch von dem Erzähler ist nur mit einem gewiffen, etwas hochmütigen Achselzuden die Rede. Selbstverständlich find aber diese beiden Seiten von Eichendorffs künstlerischem Wesen und Vermögen nicht zu trennen. Hat doch auch der Dichter die äußere Trennung seiner Lyrik von seiner Prosa erst spät vorgenommen: etwa ein Drittel seiner Gedichte, die besten und voltstümlichsten unter ihnen, ist ursprünglich in seinen Erzählungen enthalten gewesen. Eichendorff selbst spürte also diese Einheit aufs innigste. In seiner Epik finden wir gerade nicht das, was den großen Epiter ausmacht: die klare Darstellung eines schicksalsmäßigen Vorganges, die planvolle Verknüpfung menschlicher Erlebnisse, die Entwicklung interessanter Charaktere. Der Reiz der Eichendorffschen Erzählung ist dagegen lyrischer Art. Ihre Stimmung ist es, die uns immer wieder in ihren magischen Bann zieht. Aber überall, wo sie keiner Steigerung mehr fähig scheint, wo der Prosastil Eichendorffs schon alle seine Künste entfaltet hat, blüht das Lied aus der Prosa hervor und erschließt wie von selber seine Knospen. Die Welt seiner Lyrik ist also dieselbe, die uns schon aus feinen Erzählungen vertraut ist. Vom ganzen Lebenswert Gichendorffs ist nichts so sehr in die Massen gedrungen wie seine Lieder. Sie haben außergewöhnlich tief, bis zum Kerne, den Einfluß des deutschen Volkslieds erfahren, das damals eigentlich zuerst in die Literatur eingetreten ist durch die berühmte Sammlung„ Des Knaben Wunderhorn ". Arnim und Brentano gehörten übrigens zu Eichendorffs persönlichem Kreis, er machte ihre Bekanntschaft gerade, als sie am Wunderhorn arbeiteten. Manche seiner Lieder sind wie aus der Volksseele heraus gedichtet, so daß wir uns kaum noch des Verfassers bewußt werden, wenn wir ihnen begegnen. Am bekanntesten sind wohl seine Wanderlieder geworden, die wir
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nicht lesen können, ohne daß uns die Hand nach dem„ Wanderstab" zuckt. Die tiefsten unter seinen Liedern sind wohl jene, in denen der Dichter eine Nachtstimmung beschreibt; wie die Dämme rung herniedersinkt, oder die unheimlich drückende Schwüle, wäh rend ein Gewitter heraufzieht, oder wie der Vollmond die stillen Felder mit Licht überschüttet.
Schweigt der Menschen laute Lust: Rauscht die Erde wie in Träumen Wunderbar mit allen Bäumen, Was dem Herzen kaum bewußt, Alte Zeiten, linde Trauer, Und es schweifen leise Schauer Wetterleuchtend durch die Brust.
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Es war, als hätt' der Himmel Die Erde still gefüßt,
Daß sie im Blütenschimmer Von ihm nun träumen müßt'. Die Luft ging durch die Felder, Die ühren wogten sacht,
Es rauschten leis die Wälder, So sternklar war die Nacht. Und meine Seele spannte Weit ihre Flügel aus,
Flog durch die stillen Lande, Als flöge sie nach Haus.
Aus diesen Liedern spricht die Eichendorf eigentümliche innere Melodie besonders deutlich, die sich nur empfinden, nicht bestim men läßt. Einige seiner Liebesgedichte sind ihm ganz Gesang geworden. So Verschwiegene Liebe".
über Wipfel und Saaten In den Glanz hinein Wer mag fie erraten, Wer holte sie ein? Gedanken sich wiegen, Die Nacht ist verschwiegen, Gedanken sind frei.
Errät es nur eine,
Wer an fie gedacht,
Beim Rauschen der Haine, Wenn niemand mehr wacht, Als die Wolken, die fliegenMein Lieb ist verschwiegen Und schön wie die Nacht.
In Eichendorffs Lyrik ragt auch der Ernst des Lebens hinein, start und still, der in seinen Erzählungen keinen rechten Blah hat und in seinen Romanen durch tausend unruhige Schnörkel umrankt und verwirrt wird. In seiner Lyrik lagt er in erschütternden Tönen seinen Schmerz über den Tod seines Kindes aus. Da setzt er Freunden, einem geliebten Bruder ein Denkmal der Trauer. Da beschreibt er das Grab seiner Geliebten. Dies sind Verse von höchster Ursprünglichkeit und Einfalt:
Zieht der Einsiedel sein Glödlein, Sie höret es nicht,
Es fallen ihr die Löcklein
übers ganze Geficht.
Und daß fie niemand erschrecket,
Der liebe Gott hat sie hier
Ganz mit Mondschein bedecket,
Da träumt sie von mir.
Hier in den Liedern hat auch die echte und tiefe Frömmigkeit des Dichters ihre Verklärung gefunden.
Joseph Freiherr v. Eichendorff wurde am 10. März 1788 in Oberschlesien geboren und starb am 26. November 1857 zu Neisse . Sein Leben floß viel einfacher dahin als das seiner Brüder in Apoll , eines Kleist, Hoffmann oder auch Brentano . Es ist fast banal: Student in Halle und Heidelberg , Freiwilliger von 1813, das heißt ohne ins Gefecht zu kommen, endlich die korrekte und Geduld heischende Karriere des preußischen Beamten, die ihn bis zum Rat im Kultusministerium emporsteigen läßt. So hat er äußerlich wenig erlebt.
Eichendorff hat die Welt, in der er steht, mit den Augen des Dichters gesehen, dem sie ganz und gar zum Ihrischen Erlebnis wird. Er sagt einmal:
Schläft ein Lied in allen Dingen, Die da träumen fort und fort, Und die Welt hebt an zu fingen, Triffst du nur das Zauberwort.
Das gilt von ihm wie von keinem andern. Er hat das Zauberwort gesprochen, und die ganze Welt hebt zu fingen an.
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Singen ist gesund.
Singen übt auf den menschlichen Körper einen sehr günstigen Einfluß aus, der von größerer Bedeutung ist, als man gemeinhin annimmt. Namentlich die Atmung und ihr Organ, die Lunge, wird durch das Singen gefördert. Das läßt sich zahlenmäßig beweisen.