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Für unsere Mütter und Bausfrauen
Je mehr die Zelle arbeitet, desto mehr Stoffe spaltet und verbrennt sie und desto mehr Ersatzstoffe braucht sie. Daher braucht auch ein Mensch, der viel arbeitet, viel Ersatz, viel Nahrung. Große Leistungsfähigkeit setzt einen regen Stoffwechsel voraus, und dieser erfordert die Zufuhr genügender und geeigneter Nahrungsstoffe. Dies zeigt, welche Kulturbedeutung der Kampf der Arbeiterklasse um billige Lebensmittel, besißt.
Bei jeder Verbrennung entstehen neue Stoffe. Der ursprüngliche Stoff wird durch die Vereinigung mit Sauerstoff in einen neuen umgewandelt, der meist ganz andere Eigenschaften als jener besitzt und der seine Abstammung häufig nicht ohne weiteres erfennen läßt. Verbrennen wir ein Stück Kohle, so verschwindet es bis auf ein wenig Asche, denn durch die Vereinigung von Kohle und Sauerstoff ist ein unsichtbares Gas, die Kohlensäure, entstanden. Ebenso entstehen beim Stoffwechsel in unseren Zellen. durch Zersetzung und Verbrennen von Zellsubstanz ganz neue Stoffe. Diese Stoffe sind zum Teil giftig, und manche von ihnen müssen noch weiter verbrannt werden. Als Endergebnis des Stoffwechsels in unseren Zellen erhalten wir schließlich: Kohlen= säure, Wasser, Sarnstoff und Salze. Die Kohlensäure und der Harnstoff sind Gifte, und sie müssen aus dem Körper entfernt werden; aber auch das Wasser müßte durch sein übermaß die Zellen zerstören, wenn es nicht ausgeschieden würde. Kohlensäure, Wasser, Harnstoff und die Salze gelangen aus der Zelle in das Blut, und das Blut führt sie den Ausscheidungsorganen des Körpers zu: der Lunge, der Niere und der Haut. Und zwar wird durch die Lunge Kohlensäure und Wasser ausgeschieden, durch die Niere Harnstoff, Wasser und Salze und durch die Haut Wasser. Die Ausscheidung der Auswurfstoffe in diesen Organen wird ebenso wie die Aufnahme und Umarbeitung der Ersatzstoffe in den Verdauungsorganen durch die Tätigkeit der einzelnen Zellen bewirkt. Der Darm scheidet in der Hauptsache feine Verbrennungsprodukte des Stoffwechsels aus, er führt nur die unverdaulichen Bestandteile der Nahrung und den überschußz der Verdauungssäfte ab. Allerdings scheidet er, namentlich in seinem Endabschnitt, auch gewisse Salze aus, so namentlich Kalf, und unter bestimmten Umständen, wie bei Durchfall, gibt er auch viel Wasser ab.
Die Gans und ihre Verwertung.
Wer schätzt sie nicht, die uns so mannigfache Genüsse verschafft: mollige Federkissen und knusperigen Braten, das Gänsellein und Leckerbissen wie Gänseleber und Spickgans, das zarte Zeit und eine Gurgel, die sich zur Kinderklapper, Trompete und zum Garnwickel gleich vortrefflich eignet? Außerdem will man aus der Farbe ihres Brustknochens mit untrüglicher Sicherheit voraussagen können, ob der kommende Winter es gnädig mit uns meinen wird oder nicht. Ein helles blankes Brustbein soll auf einen sirengen Winter, ein dunkles auf einen milden deuten.
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Die Gans soll der älteste Bogel sein, den der Mensch zum Haustier machte. Schon in alten Zeiten züchteten die Chinesen und ebenso auch die Aghpter die Gans als Haustier. Und zwar geschah dies im alten Ägypten sowohl zu wirtschaftlichen Zwecken- Gänsebraten war eine Hauptspeise der Ägypter, und diese verstanden fich auch schon auf das Gänsestopfen als auch für den Kult der Gottheit Geb, des Vaters Erde", die Namen und Zeichen des Gänserichs trug und der große Schnatterer" hieß. Auch die Griechen des homerischen Zeitalters hielten bereits zahme Gänse in fleinen Herden. So sprechen in der Odyssee Helena, die Gattin des Menclaos, und Penelope, des Odysseus Gemahlin, von ihren Gänsen, ,, welche den Weizen fressen mit Wasser gemischt", und Penelope erklärt:„ und ich freue mich, wenn ich sie ansch'!" Die alten Römer erklärten die Gänse für unverleglich, angeblich zum Danke dafür, daß sie du ihr Geschnatter das Kapitol vor feindlichem Überfall gerettet hatten. Bei ihnen waren die weißen Gänse der Juno, der göttlichen Hausmutter, heilig, in späteren Zeiten verschmähten auch sie nicht das Fleisch der Gans. Berühmt war die Gänsezucht der Gallier, die die Gänse Herdenweise nach Rom lic= ferten. Bei den alten Briten galten zahme Gänse noch als Ziervögel. In deutschen Landen bildete die Gans seit alter Zeit den Mittelpunkt aller spätherbstlichen Schmausereien. In den nördlicheren Ländern Europas war es auch, wo die Federn der Gan3 zuerst zu Kissen verwendet wurden; von hier aus gelangte dieser Brauch im ersten Jahrhundert unserer Zeitrechnung nach Rom dem Mittelpunkt der damaligen Kultur. Aus der Zeit der Völkerwanderung haben wir die erste Nachricht, daß ein Gänsefiel zum Schreiben verwendet wurde. Doch erst, als nach Untergang des Römerreiches die Kultur und mit ihr die Kunst des Schreibens
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sich nördlich der Alpen ausbreitete, verdränger Gänfekiel das
gespaltene Rohr als Schreibwerkzeug.
War die Gans im heidnischen Altertum einigen Gottheiten heilig gewesen, so verlich ihr das Christentum vor 1400 Jahren gleichfalls einen Schutzpatron, den heiligen Martin, dessen Volfstümlichkeit dadurch mächtig wuchs. Ist doch zur Zeit seines Festtags, des 11. November, die Gans auf der Höhe ihrer Vorzüge angelangt. Der prozige Feinschmecker freilich, der sich's leisten kann, hält heute nichts mehr von der Martinsgans. Er ißt künstlich gezüchtete Gänse im Frühjahr, wenn sie recht teuer sind, ebenso wie er Früchte und Gemüse nie zur Zeit ihrer gewöhnlichen Reife essen wird, sondern Erdbeeren und Spargel zum Beispiel im Februar. Wir brauchen ihm diese Genüsse nicht zu neiden, wenn wir nur die Möglichkeit haben, sie uns zu der Zeit zu gönnen, wo sie auf der Höhe der natürlichen Entwicklung angelangt sind, die allein den höchsten Wohlgeschmack verbürgt. Die Teuerung aller Futtermittel hat auch die Preise der Gänse gegen früher erheb= lich in die Höhe getrieben. Doch ist diese Preissteigerung nicht so hoch wie bei dem Fleisch der Vierfüßler. Wer sich in diesen teuren Zeiten noch einen Festbraten leisten kann, wird deshalb wohl- als am vorteilhaftesten einen Gänsebraten wählen.
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Die Bereitung des Gänsebratens ist allgemein bekannt. Eine geeignete Füllung erhöht den Wohlgeschmack des Fleisches. In Berlin und der Mark füllt man die Gans gewöhnlich mit Apfeln und Beifuß. Bacpflaumen geben gleichfalls eine vorzüg liche Füllung, vor allem aber sind hierzu echte Kastanien oder Maronen zu empfehlen. Man befreit die Maronen von der äußeren harten Schale und legt sie so lange in kochendes Wasser, bis die innere gelbe Haut sich abziehen läßt. Die so vorbereiteten Maronen kommen mit einigen Äpfeln in die Bauchhöhle der Gans. Statt des bitterlich aromatischen Beifuß kann man auch Majoran als Würzkraut verwenden. In Rußland und Amerifa füllt man die Gans mit Sauerkraut, was sehr pikant schmecken soll. Das übrig gebliebene Gerippe einer gebratenen Gans zerschlägt man, um es in leicht gesalzenem Wasser gehörig auszufochen. Die so gewonnene Brühe eignet sich sowohl zu allerlei seimigen Suppen, wie Hafer- und Graupensuppe, als auch zum Kochen von gefülltem Kohl, Kohlrüben und dergleichen.
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Das Gänse klein, das gewöhnlich in einer Majoran- und Petersiliensauce angerichtet wird, läßt sich ausgiebiger gestalten, wenn man kleine Semmelflöße dazu reicht. Vortrefflich schmeckt es auch mit dick ausgequollenem Reis, ferner mit ganz klein ab= gestochenen Kartoffelflößchen; diese kocht man drei Minuten zu gedeckt in der nicht zu knapp bemessenen klaren Brühe des Gänse= fleins und gibt sie dann zu dem heiß gehaltenen Fleisch. Danach erst wird die Brühe mit hellem Schwigmeh! seimig gekocht und mit Majoran und Petersilie gewürzt. Reste von Gänsekleinbrühe lassen sich zu einer Bohnensuppe trefflich verwerten. Auch kann man weiße Bohnen mit Gänsellein zusammen zu Gemüse kochen. Läst zum Beispiel in einer fleinen Familie Magen und Herz zurück, so kann man sie zu einem sehr wohlschmeckenden Haschee von Gans verwenden. Ein halbes Pfund Schweinebauch focht man in gesalzenem Wasser gar und hackt ihn mit dem weichgefochten Gänsemagen und-herzen zusammen gröblich. Eine Gänseleber, die man von allen grünen Stellen befreit und eine halbe Stunde in etwas Milch gelegt hat, wird robh geschabt. Nun läßt man Gänsefett zergehen, dämpft eine geriebene Zwiebel darin und fügt das gehackte Fleisch und die Leber hinzu. Die erhaltene Masse verdünnt man mit einem Teile der Schweinebauchbrühe, verdickt nach Bedarf mit geriebener Semmel, würzt mit abgeriebenem Majoran und wenig Pfeffer und macht sie auf fleinem Feuer unter sorgfältigem Rühren und Abschmecken in eiwa zwanzig Minuten gar. Zu diesem Gericht ist man Bellfartoffeln. Will man die Leber nicht in Gänsefett mit einem zerschnittenen Apfel und etwas Zwiebel braten, so läßt sie sich auch benutzen zu einer delikaten Gänseleberwurst. Auf einfache Art wird fie wie folgt hergestellt: ein Viertelpfund Schweinebauch wird in gesalzenem Wasser mit einer Zwiebel, etwas Majoran und Thymian weich gekocht. Die rohe Leber wird in Milch gelegt, abe getrocknet und geschabt, der Schweinebauch und etwas rohes Gänsefett oder Schweinerüdenfett fein gehadt, ebenso die gekochte Zwiebel. Alle diese Bestandteile mischt man sorgfältig, fügt das Abfüllfett der Brühe hinzu und würzt mit gestoßenem Pfeffer, Gewürz, Salz, einer Prise Zucer und Majoran nach Geschmack. Einem recht lang abgeschnittenen Gänsehals zieht man die Haut ab, dreht sie um, so daß die glatte Seite nach außen kommt, näht die schmale Öffnung zu und füllt die Wurstmasse mit einem Teelöffel durch die weite Öffnung hinein. Dann wird der Hals auch hier zugenäht und in der Schweinebauchbrühe in einer halben