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Für unfere Mütter und Hausfrauen

zimmer mindestens die oberen Fensterflügel und zieht die Gardine vor. Das Bett soll nie, weder Sommers noch Winters, dicht am Fenster stehen. Besonders für die kleinen Kinder ist im Sommer das Schlafen bei offenem Fenster sehr nötig. Leider werden sie sogar in der heißen Jahreszeit oft mit dicken Federbetten zugedeckt, fangen an zu schwitzen und strampeln sich bloß. Daß dann bei der schweißig- feuchten Haut sehr leicht Erfältung( Brechdurchfall) ein­tritt, ist ganz natürlich. Vollständig unbeschadet dagegen ruht das Kindlein in einem angenehm fühlen Zimmer, welches durch die gleichmäßig eindringende frische Luft stets auf normaler Tempe ratur erhalten bleibt. Ganz besonders heilsam wirkt die frische Nachtluft bei allen Schwachbrüftigen, Lungenkranken, Bleichsüchtigen, Asthmatikern und an Schlaflosigkeit Leidenden. Diese müssen auf stärkste Ventilation des Schlafzimmers halten und sich bei kalter Witterung Unterkleidung anziehen

Wer sich überhaupt eines wirklich gefunden, erquickenden Schlafes erfreuen will, der für jeden Mensheit überaus wichtig, für seine Schaffensluft und Arbeitskraft durchaus nötig ist, der sorge Winter und Sommer für ständige Lufterneuerung durch ein entsprechend geöffnetes Fenster! th.

O O O

Für die Hausfrau.

Modernes Kleid mit faltigem Rock. Die faltige Rockform, die uns von der Mode beschert worden ist, setzt sich immer mehr durch als Reaktion gegen die ganz engen, spannenden, glatten Röcke. Es wird nicht an Genossinnen fehlen, die mit der neuen Mode gehen wollen. Wenn man sich von übertreibungen frei hält, so fann der faltige Rock recht ge­schmackvoll wirken. Unser Modell zeigt ein Kleid im Empireſtil mit faltigem Rod und zeichnet sich durch einfache, schöne Linien aus. Die Bluse wird 3 bis 4 Zenti­meter kürzer geschnitten, als das eigentliche Maß bis zur Taille beträgt. Der Vorderschluß ist schräg und wird mit einem Chif fonplissee oder mit Spitzen ver ziert, die oben unter dem Robes= pierrefragen hervortreten. Der Armelausschnitt muß, um mo­dern zu sein, tief gehen und durch eine Stante, ein aufgefteppies Börtchen oderStüffchen markiert werden. Die Falten des Rockvorderteils werden an der Figur selbst aufgesteckt, so daß sie von den Hüften schön abfallen und deren Linie nicht beeinträchtigen. Die obere Schlußlinie des Rodes läuft im Vorderteil an der Bluse von rechts nach links unter den Bandgürtel

Ober u. Unterarmel ohne Teilnaht

Blusen­Vorderbahn

Halber

Hälfte der Vorder- Rockbahn

Kragen

Halber

Blusen Rücken

Ganze Hinter Rockbahn

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wagrecht weiter bis zur hinteren Rockbahn, deren linke tiefe Falte den Rockschluß verdeckt. Der Rock wird an der Schlußlinie durch Druck­fnöpfe an der Bluse befestigt. Die Falten können nach Geschmad und Figur an beiden Seiten oder auch nur an einer hochgenommen werden. Der Rock muß, soweit das der Seitenschluß zuläßt, an der Bluse fest­genäht werden. Für starte Figuren ist eine angepaßte untere Grund­form aus Futterstoff notwendig. Für das einfache, aber geschmad­volle Kleid braucht man: 4 Meter metallgraues Tuch, 12 Meter weiße oder cremefarbene Spitzen, 4 Meter Seide oder Batist zu Kragen und Aufschlägen in der gleichen Farbe, 3 Meter schwarzes oder dunkelmetallgraues Sammetband. Die Schnitte für Rock und Bluse werden gegen Einsendung von 50 Pf. für jeden durch die Re­N. R. J. daktion der Gleichheit" vermittelt.

Ein vorzügliches Fleckwasser, das von Schneidern vielfach zum Reinigen von Herrengarderobe verwendet wird, stellt man her, indem man ein Drittel Seifenspiritus, ein Drittel Ather und ein Drittel Salmiatgeist miteinander mischt. Ather ist sehr feuergefähr­lich, deshalb Vorsicht! Beim Gebrauch verdünnt man etwas von der Mischung mit der gleichen Menge kochenden Wassers, legt das zu reinigende Zeug auf eine Unterlage von sauberen Tüchern, iaucht einen reinen wollenen Lappen von der Farbe des Stoffes, falls es sich um eine empfindliche Farbe handelt, in die Flüssigkeit und reibt die Flecken unter wiederholtem Anfeuchten heraus.. Nachher hängt man das Kleidungsstück auf einem Bügel an die Luft, bis es trocken ist. Auch unsauber gewordene Kragen von Herrenröden und mänteln lassen sich mit diesem Fleckwasser leicht und gründlich säubern. M. Kt,

Feuilleton

Utku.

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Von Willy Seibel. J.

Der Schwiegersohn Utkus, des Korjäken, war eines Tages ver­unglückt, und die Tochter Utkus fieberte im Kindbett. Da der Stamm nicht am Drte verweilen durfte und Matka bei jeder Berührung flagte, tötete man sie und hätte auch das Kind mit ihr zusammen begraben, wenn nicht Utku so mächtig gewesen wäre. Er besaß eine Herde von fünftausend Ren, war trotz seiner siebzig Jahre zäh und behende und legte seine Hand auf das hilflose Wesen. So ließ man es in Utkus Jurte; und Utku betreute es.

Der Stamm pendelte schon jahrhundertelang zwischen dem 58. und 63. Breitengrad im Norden Kamtschattas auf den grenzenlosen Tundren hin und her. So waren die Leute ein Spielball widrigster Gewalten, stumpf und verwittert; ihr Heimatslaut war das unaufhör liche Trampeln zottiger Hufe, das weiche Gegröhl qualmender Mäuler und Klappern von Geweihstangen; ihr heimatlicher Duft lam vom Dung ihrer Tiere und vom Brodem ihrer Jurten. Es war ein altes Volf; alt wie die Welt.

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Utfu, der Angesehenfte unter diesen fünfhundert Seelen, war ein­sam und ohne Verwandten; er hatte alles miterlitten; hatte ererbten Reichtum, Pelze, Schlitten, bemalte Häute und sechs Kessel. In den Pologs seiner Jurie hielt er Schäße versteckt; Waffen, in Petro­pawlowst gegen Zobelfelle eingetauscht; einen Topf voll Rubel und einen Rasiernapf, dessen Bedeutung ihm verborgen war und den er in Ehren hielt. Auch silberne Rosenkränze waren darunter mit großen Bernsteinfugeln, Spiegel und seidene Tücher, sogar ein scharlach; rotes Uniformstück, das Alerander I. für einen Führerdienst seinem Vater hatte überweisen lassen. Dies alles lag aufeinander gestapelt hinter dichten Schußwänden bemalter Häute und stand hoch im Preise. Als Mawka, seine sechzehnjährige Tochter, von dem Schamán, dem Priester, in öffentlicher Zeremonie mit sachlichem Ritual getötet wurde, hatte der siebzigjährige Utku ihrem Tode beigewohnt und die Hand, die das Messer führte, selbst gelenkt, so daß jenes halb be­simmungslose Weib eines schnellen Todes starb. Sie war damit zu­frieden gewesen; aus ihrem kleinen finsteren Gesicht ließ sich ein * Aus Der Garten des Schuchân", Infelverlag, Leipzig  . Willy Seidels Novellen stellen in frischer, farbenprächtiger Anschaulichkeit mit plastischer Kraft Bilder aus dem fernen Osten und Afrika   vor uns hin. Diese Bilder sind sicher nicht am Schreibtisch ausgeflügelt, sie wirken erlebt und empfunden. Sie lassen nicht nur die Natur, sondern auch die Menschen der fremden Zonen für uns lebendig werden. Und diese Menschen erfassen wir als ein Stück Natur selbst, an dem langsam und tastend eine primitive eigenartige Kultur herum­modelt, wie sie erdgebunden auf dem Boden des Landes erwachsen ist. Von außen her branden bereits die Wellen der europäischen Zivili­sation zerstörend und neubauend zugleich an diese Welt an. Das Bändchen ist Bibliotheken zu empfehlen, die auf bildende und anregende gute Interhaltungslektüre Wert legen.