Regierung Lincolns als Kommissäre bestellt, um den Zustand befreiten Sklaven des Südens zu untersuchen, und ihrer Empfeh­lung entsprang das Freedmens Büreau, welches die ersten Jahre so Großes für die Schulung der Neger und ihre ökonomische Befreiung gewirkt hat, bis es in Pfaffenhände fiel und um fünf Millionen bestohlen wurde. Leider mußten die Kommissäre aus ihrem Bericht die Empfehlung streichen, daß die Rebellen- Lände reien eingezogen, an Neger und arme Weiße verpachtet, und der Reinertrag des Pachtes zur Bezahlung der Kriegsschuld verwandt werden sollte. Das ging dem Lincolnschen Kabinette und Kongreß viel zu weit.

Nochmals beanspruchte Griechenland seine weise Hülfe. Die Griechen auf der Insel Kreta waren gegen die Türkenherrschaft aufgestanden, und Dr. Howe rief 1867 die Hülfe seiner Lands­leute für sie wach, sammelte 37,000 Dollars, rüstete ein Schiff aus und brachte ihnen unter größter Lebensgefahr diese Hülfe in passendster Weise selbst, welcher nach seiner Rückkehr nach Boston noch manche weitere Liebesgabe folgte. Die griechische Regierung hat später bei Bekanntwerden seines Todes ihm eine öffentliche Anerkennung ausgestellt, welche eben so sinnig als

Overdient war.

t Wiederum rief ihn die Unionsregierung zu einem wohlge­meinten nationalen Werke. Es galt der Befreiung des spanisch­redenden republikanischen Antheils von San Domingo von der Vergewaltigung durch die nahe Negerherrschaft Haitis und dessen Anschluß an die Vereinigten Staaten . Dr. Howe und zwei andere Ehrenmänner sollten darüber ein Gutachten ausstellen. Dasselbe fiel auf Grund eines meisterhaften Berichts beifällig aus, blieb aber vom Kongreß unbeachtet, weil Präsident Grant schon im ganzen Lande zu unbeliebt war, und der Plan darunter leiden mußte( 1869). Ein paar Jahr später suchte eine Gesellschaft von Amerikanern wenigstens im Privatwege den Plan durch Ankauf der Bai von Samana auszuführen, oder doch vorzubereiten, und wieder wurde Dr. Howe zum Vermittler ausersehen. Er fand aber alle Verhältnisse so nachtheilig verändert, daß der Plan

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iterte. Er hielt sich zur Wiederherstellung seiner Gesundheit noch Monate lang in San Domingo auf, fiel aber bald nach seiner Rückkehr nach Boston dem dortigen Klima und den Nach­wehen seines ersten griechischen Feldzugs, die ihn nie ganz ver­lassen hatten, zum Opfer. Im Begriff, seine Pflichtbesuche im Blinden - Institute, dem er fast ein halbes Jahrhundert vorge­standen hatte, und in den übrigen von ihm gestifteten Anstalten zu machen, fiel er bewußtlos zu Boden und erlangte sein Bewußt­sein bis zu dem zwei Tage später erfolgten Tode nicht wieder. Er hatte einen Monat vorher seinen Tod fast auf den Tag genau vorausgesagt.

Er stand stets um 5 Uhr auf und war bis Abends 10 Uhr thätig. Er war äußerst mäßig. Eine durchaus ritterliche, furcht­lose Natur war in ihm mit weiblicher Geduld, Verträglichkeit und Ausdauer vereinigt.

Was er in vernünftiger Gesundheitspflege in allen von ihm geleiteten Anstalten geleistet hat, sodaß Krankheits- und Todes­fälle in auffälliger Weise vermindert wurden, steht als Muster da. Er war auch der erste, welcher die musikalische Erziehung fast aller seiner blinden Schüler bis zur wahren Kunstleistung erhob.

Nie hat ihn jemand von seinen Heldenthaten, unglaublichen Strapazen, Arbeiten und Erfolgen selbstgefällig sprechen hören. Bei seiner von allen Körperschaften seines Staates, ja unter der Theilnahme des Landes begangenen Todesfeier rühmte ihm- wieviel das in Boston sagen will!- ein hervorragender Redner nach, was folgt: Er hatte keine Religion, die man mit Namen nennen könnte. Für alle Glaubenssäße, Bekenntnisse und Heuchelei fühlte und drückte er aus die grimmigste Verachtung( supreme contemps). Aber für alle Ueberzeugungen, wie sehr sie auch von den seinigen verschieden sein mochten, hatte er Achtung und un­begrenzte Ehrfurcht vor Pflicht und Rechthandeln."

Aber wozu der Worte mehr? Sein thatenreiches Leben, allem geweiht, was an der Menschheit gut, edel und groß ist, macht ihn ganz zu dem unsrigen.

Die Pocken eine Woll- und Lumpen- Sendhe. Lumpen- Senche.

Von Dr. Oidfmann.

Wenn ich der Impferei jedweden mildernden Einfluß auf die Ausbrüche der Bockenseuche abspreche und das Nichtgeimpftsein in feinerlei Weise als einen Motor der Pockenepidemien gelten lasse, so mache ich mich gleichzeitig anheischig, die wirklichen, die natür lichen Hauptmotoren der Seuchenschwankungen namhaft zu machen. Bu nennen sind als solche erstens die Verwilderung in der Schaf zucht und die künstliche Massendurchseuchung der Schafwolle auf ihrem lebendigen Mutterboden in früheren Jahrhunderten durch bie allgemeinen Schafpockenimpfungen; daran sich anschließend bie mangelhafte Entschweißung pockenkranker Handels­wollen und Lammfelle in den Zeiten, welche den Menschen­podenausbrüchen jedesmal unmittelbar voraufgingen; zweitens bie skandalöse Menschenblatternimpfung im vorigen Jahr­hundert. Dies sind zwei von den Hauptmotoren der Pocken, welche das zeitliche und örtliche Steigen und Fallen dieser Seuche beherrschten; ihnen entsprachen zwei eben so mächtige Seuchen­bämpfer, nämlich erstens die sanitätspolizeilichen Verbesserungen in der Schafwollzucht und in der Entschweißung der Pockenwolle, zweitens das Aufgeben der früheren Menschenpocenimpfung beides um die Zeit von 1806-1809, jene gegen die originäre Entstehung, dieses gegen die Weiterverbreitung der Seuche ge­

richtet.

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In Folgendem will ich einen dritten Hauptmotor der Schwankungen der Bockenseuche, den Verkehr durchseuchter Kleider und Lumpen behandeln. Die Lumpenwanderung im weitesten Begriffe des Wortes ist in der That der dritte Haupthebel der Bockenwanderungen, sie ist es, welche in den Einzelfamilien, wie in ganzen Völkern, das Steigen und Fallen der Seuche im großartigsten Stile bewirkt. In dem Maße, wie bie Voltshygiene ihre Aufmerksamkeit von der mit Unrecht ver­rufenen podentranten Menschenhaut, ob sie geimpft oder un­geimpft erkrankt sei, abwendet, und sich mehr, als bisher ge­chehen, um die durchseuchten Lumpen" kümmert, wird es uns wie Schuppen von den Augen fallen, und wir werden zu unserer

A. D.

Beschämung erkennen, daß die Impfspielerei uns nur in trüge­rische Sicherheit gewiegt, uns die Sinne verwirrt und unsere Aufmerksamkeit von dem Hauptpockenverbreiter, den Lumpen, ab­gezogen hatte.

Als ich im Jahre 1876 auf dem Delegirtentage der deutschen Aerztevereine, als Vertreter des medizinisch- ätiologischen Vereines zu Berlin , meine Lumpentheorie als positives Gegengewicht gegen die negative Theorie des Nichtgeimpftseins in die Wagschale warf, da ging ein Zug des Mißmuthes und der Entrüstung, des Hohnes und der Verteßerung gegen mich durch die hochansehnliche ärztliche Delegirten- Versammlung. Wie wenn jemand heranwachsenden Kindern den Glauben an das liebgewonnene Mysterium vom leibhaftigen Christkindlein abdisputiren will, und die entnüchterten Kleinen den Kezer, der ihnen das althergebrachte Märchen raubt, gründlich hassen: so kam mir der Zorn, die Entflammung der Gemüther in dem Momente vor, als ich das engherzig gehütete Dogma vom Impfsegen mit Bahlen auzutasten wagte. Mit allen Stimmen gegen die meinige wurde meine Lumpentheorie nach der herrschenden Verdonnerungspraxis" niedergestimmt und die Herr­schaft der Impfnadel noch einmal gerettet; man sprach es unver­hohlen aus, daß man Angriffen gegen den Impfzwang ärztlicher­seits von vornherein gar keine Antwort zu geben brauche.- So laßt uns denn sehen, was mit der Lumpentheorie, dem dritten Gegentrumpf gegen das Impfdogma, auszurichten ist. Troß den wohlfeilen Kalauern, welche die Herren Collegen auf dem Aerztedelegirtentage gegen mich und meine Lumpentheorie losließen, als ich die Pockenausbreitungen nicht sowohl von den erkrankten reconvalescenten Leibern, als von dem Wandern der Lumpen ab­leitete, stelle ich heute den Satz: Die Pocken eine Lumpenseuche" an die Spize dieses Abschnittes meiner Bockenabhandlungen. In einer früheren Abhandlung habe ich die pockenkranke Schaf­wolle und die pockenkranken Lämmerfelle als den ursprünglichen Mutterboden der Menschenpocken, als den Pockenvermittler zwischen Schaf und Mensch, zwischen Schafpockenseuchen und Menschen­