Brot täglich 5-6 Pfund, Kartoffeln 20 Pfund. Andrerseits ist es ersichtlich, daß wir dadurch einen Ueberschuß von stickstoffhaltiger oder stickstofffreier Nahrung erhielten oder gar Mangel an einem von beiden leiden müßten. Beides ist aber schädlich; eines Ueber­schusses kann sich die Natur noch entledigen, einen Mangel kann sie nie ersezen. Eines der Hauptnahrungsmittel ist das Fleisch. Es enthält gegen 80 pCt. Wasser, 2-3 pCt. Albumin und ver schiedene für die Ernährung wichtige anorganische Salze, auch viel Eisen und einen schwankenden Fettgehalt. Außerdem finden sich in ihm verschiedene für dasselbe charakteristische Verbindungen, wie Kreatin( Fleischstoff). Durch seinen großen Wassergehalt wird es ein ziemlich theures Nahrungsmittel, Pfund täglich ent sprechen dem Kostmaß von stickstoffreier Nahrung. Durch diese führen wir aber einen bedeutenden Ueberschuß von Albumin dem Körper zu. Dieser zwingt die Natur zu größerer Sauerstoff zufuhr. Kräftiger rollt das Blut durch die Adern der viel Fleisch verzehrenden Völker. Beweglich und leicht, find sie doch musku­lös, fräftig und widerstandsfähig gegen äußere Einflüsse. Die Indianerstämme Amerikas   waren, ehe sie von den Europäern durch den Branntwein systematisch zugrunde gerichtet wurden, ein Beispiel dafür. Für uns wäre es sehr schädlich, wenn wir uns nur durch Fleisch nähren wollten. Dem größten Theil der Be­völkerung ist es auch unmöglich wegen des hohen Preises, welchen das Fleisch besißt. Denn selbst als Zufuhrmittel für Stickstoff, wozu es am geeignetsten und auch am vortheilhaftesten ist, indem schon 1 Pfund ungefähr genügt, ist es den Meisten zu theuer. Ein mäßiger Fleischgenuß ist aber nothwendig und es ist sehr zu beklagen, daß die Verhältnisse heut so viele zwingen, dieses Be­dürfniß unbefriedigt zu lassen.

Wir genießen das Fleisch meist nicht roh, sondern unterwerfen es vorher einer Art von Zubereitung, indem wir es kochen, braten, dämpfen, einpökeln oder räuchern. Durch jeden dieser Vorgänge erhalten wir ein wesentlich anderes Produkt. Wenn wir Fleisch mit Wasser kochen, so entziehen wir ihm mehr oder weniger voll­ständig seine löslichen Bestandtheile, die in das Wasser übergehen und die Brühe bilden. Diese wird um so gehaltreicher, je lang samer das Wasser zum Sieden gebracht wird, da bei 70 Grad das Albumin gerinnt, die einzelnen Fleischbündel mit einer un­durchdringlichen Schicht umgibt und so der weiteren Auslaugung ein Ziel setzt. Es kann nur noch Wärme und fein Wasser mehr in das Innere des Fleisches dringen, und so wird es durch jene bei längerem Kochen gar. Das schon vorher in das Wasser über gegangene Albumin gerinnt ebenfalls und schwimmt als grauer Schaum auf demselben, der in den Küchen meistens abgeschöpft und weggeworfen wird. Bringt man dagegen das Fleisch sofort in siedendes Wasser, so tritt jene Gerinnung des Eiweißstoffes gleich ein und nur wenig lösliche Bestandtheile gehen in dasselbe über. Das Suppenfleisch besitzt daher nur einen geringeren Nähr­werth, während das schnell aufgekochte denselben vollständig be halten hat. Je besser die Brühe, desto schlechter das übrig blei bende Fleisch. Beim Braten wird das Fleisch in seinem eigenen Safte, ohne Zusatz von Wasser, gar; man erhält also bei dieser Zubereitung den vollen Ernährungswerth des Fleisches. Das

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Fett und der abträufelnde Saft bilden bei fortgesetzter Erhizung die bekannte Bratenkruste, welche bei großen Fleischstücken das Einwirken der Wärme auf die inneren Theile hindert, woher es kommt, daß dieselben oft auch bei lange fortgesetztem Braten rothgefärbt und theilweise blutig sind. Beim Dämpfen erfolgt das Garwerden durch den Dampf, welcher das Fleisch umgibt. Durch Einsalzen und Räuchern schützt man Fleisch vor Fäulniß. Bei ersterem verliert es aber durch die heutige Zubereitungs­methode eine nicht unbeträchtliche Menge nährender Substanzen, welche in die Salzlake übergehen und mit dieser entfernt werden. Von den 80 pCt. Wasser, welche das Fleisch enthält, verliert es nämlich einen Theil durch das Hinzutreten des Salzes, da es salzhaltiges Wasser nur in geringerer Menge zurückhalten kann. Mit diesem ausfließenden Salzwasser gehen auch viele lösliche Stoffe weg, das Fleisch verliert an Nährwerth. Man hat vor­geschlagen, diesem Verluste dadurch vorzubeugen, daß man die Salzlake abdampft, das Kochsalz auskrystallisiren läßt und die rückständige syrupdicke Flüssigkeit, welche die Fleischbestandtheile enthält, dem Bökelfleisch beim Kochen zusetzt. Durch das Räuchern gerinnt ebenfalls der Eiweißstoff.

Wir haben gesehen, daß das Fleisch die nöthigen Nahrungs­stoffe nicht in dem richtigen Verhältniß enthält, wie dies über­haupt bei keinem Nahrungsmittel, außer der Muttermilch, der Fall ist. Wir müssen es also mit anderen Speisen zusammen genießen und können es mur als Zufuhrmittel für stickstoffhaltige Körper anwenden. Die nöthigen 130 Gramm Albumin werden erst durch 640 Grm. Ochsenfleisch ersetzt, die gegen 80 Pfg. fosten, wobei noch nicht einmal der Bedarf an stickstofffreier Nahrung gedeckt ist. Günstiger gestaltet sich das Verhältniß bei den Hülsen­früchten. 500-600 Gramm derselben, welche ungefähr 15 Pfg. kosten, bedürfen nur eines kleinen Zuschusses stickstofffreier Körper, um allen Ansprüchen zu genügen. Moleschott nennt sie daher sehr treffend das Fleisch der Armen". Sie sind vollständig angethan, das Fleisch zu ersetzen und haben nur den Nachtheil, daß sie schwer verdaulich sind. Die holzige Zellhaut nämlich, welche den Eiweißstoff der Hülsenfrüchte, das Legumin, umgibt, wird durch die Verdauungssäfte nur wenig verändert und geht zum größten Theil unverdaut ab. Daher dürften sie nur bei starker förperlicher Bewegung gegessen werden und sind bei sigender Lebensweise nur mäßig zu genießen, wie überhaupt ein zu starker Verbrauch sich verbietet, da infolge der zahlreichen Abgänge bald eine Ueberfüllung und Verstopfung des Darmkanals eintreten würde. Mitunter wird freilich ihre Unverdaulichkeit durch die falsche Zubereitung verschuldet, indem beim Kochen in kalkhaltigem Wasser, also in Brunnenwasser, das Legumin mit dem Kalk eine unlösliche Verbindung eingeht, welche durch die Magensäfte nur schwer angegriffen wird. Daher dürfen sie nur in weichem Wasser oder in solchem, das durch Abkochen von den harten Bestand­theilen befreit ist; gesotten werden. Die Hausfrauen wissen das schon lange und die Theorie kann hier nur, wie dies meistens der Fall ist, die Erklärung für das in der Praxis angewandte Verfahren geben. ( Schluß folgt.)

Ueber Wundbehandlung.

Von H. Schm.

Es hat einer verhältnißmäßig langen Zeit bedurft, bevor den| Errungenschaften und den Fortschritten des menschlichen Geistes, besonders auf dem Gebiete der exakten Naturwissenschaften, ein richtiges Verständniß entgegengebracht wurde und ihre Resultate eine nüßliche Verwendung im praktischen Leben gefunden haben. Der Mensch war von jeher dazu geneigt, alle Vorgänge und Veränderungen, welche um ihn und in ihm stattfanden, in das Mythische, Üebernatürliche zu verweisen, es war eine heilige Scheu oder richtiger die religiöse Furcht, welche ihn davon abhielt, den ihm räthselhaft erscheinenden Vorgängen und Erscheinungen nach zugehen und den Versuch zu machen, den Schleier, der über der ganzen Natur ausgebreitet liegt, etwas zu lüften. Wir sehen, wie die erhitzte und aufgeregte Phantasie in der ältesten Zeit an einsamen Höhlen und Plägen, wohin der Mensch sich aus Furcht nicht wagte, ihre verschiedenen Gottheiten hausen ließ. Das

Christenthum erst brachte über den Zusammenhang der Dinge mehr natürliche und vernünftige Vorstellungen, doch durch die verschiedene Auffassung derselben wurde es vielfach der Erzeuger eines Aberglaubens, wie er durch das ganze Mittelalter hindurch von seinen Vertretern gepflegt, sich leider noch in reichlichem Maße bis auf unsere Zeit erhalten hat und bei einer großen Anzahl von Menschen noch geltend macht. Besonders sind es die Vor­gänge und Veränderungen am menschlichen Körper selbst, über welche bei vielen noch die dunkelsten und widersinnigsten Vor­stellungen herrschen. Die Störungen einzelner Organe unseres Körpers und das allmähliche Aufhören ihrer Funktionen werden von diesen nicht als nothwendige Folge bestehender Naturgefeße angesehen, sondern als Dinge, die für den Menschen unergründbar sind; sie machen es ähnlich wie diejenigen, die ihre Menschenwürde gesichert glauben, wenn gelehrt wird, daß das Menschengeschlecht