Bürger zierlicher als die ihrige gedeucht, derwegen sie es denselben bald ( wie denn die Deutschen   gleichsam anderer Nationen Affen sind) nach gethan. Unter andern sind auch die weiten, gebogenen, flachen Schuhe, welche wir heutzutag, statt der spißigen, geschnäbelteu, tragen, bei ihnen zuerst aufgekommen; wie auch dazumal die Sohlen oder Pantoffeln erstlich, anstatt der Holzschuh, bei uns gebräuchlich worden.

Jm Jahr 1500, als nach vollendetem Reichstag   Kardinal Galeatius, päpstlicher Heiligkeit Legat, aufbrechen wollt, aber den Handwerksleuten über 600 Gulden schuldig bliebe, ward er durch den Stadtvogt areftiret, also, daß er das Seinige, so er dazumal bei sich gehabt, sogar auch die Kutsche, dem Bürgermeister Gassenbrodt einsetzen und zum Pfand lassen müssen, davon doch die Schuld nicht halb bezahlt worden.

Um diese Zeit begonten die Augsburger ihre Sprache zu ändern und etwas verständlicher zu reden und zu schreiben, also, daß sie zu unserer Zeit, bei der Regierung Kaiser Ferdinands des Ersten, ganz anders reden, denn die alten. Denn da dieselben vor diesem in Aus­sprechung des i und u den Mund weit aufsperrten, brauchen sie jetzt dafür das ei und au im Schreiben und Reden, und allein für allan und auch für aach.

Im Jahr 1503 fingen die Bürger zuerst an, das Haar auf dem Haupt kurz abzuscheeren und Kolben zu machen, und da sie zuvor die Bärte kurz gestußt getragen, sie jetzt lang wachsen zu lassen.

Im Jahr 1504 im Anfang hat allhie Kaiser Max mancherlei furzweilige Spiel, gewaltige Fechtschulen und artige Geschlechtertanz oft und vielmal mit großer Demuth beigewohnt.

Kaiserliche Majestät ist dazumal von D. Conrad Peutingers vier jähriges Töchterlein im Namen des ganzen Raths in lateinischer Sprach empfangen und willkommen geheißen worden.

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Im Jahr 1505 ist es geschehen, daß ein Weib, die Lominettin genannt, unter dem Schein großer Heiligkeit großen Potentaten die Augen also verblendet, daß, obwohl sie vor diesem begangener Unzucht und Ehebruch halben zum andernmal aus der Sadt verwiesen war, darüber aber Reu und Buß gethan, und nicht allein von dem unver­ständigen Volke, sondern auch von den Vornehmsten der Stadt dafür angesehen, daß sie weder Essen noch Trinken, ohn allein was ihr im Satrament gereicht wurde, zu sich nehme, viel weniger, daß sie etwas durch einen natürlichen Trieb von sich ließe oder schliefe, und daß sie solche große Wunder durch stetes andächtiges Gebet vermöchte. Solches hat der Kaiser Maximilian   und nach ihm der Kardinal des heiligen Kreuzes geglaubt, und beide haben sie als eine Heilige besucht. Nach diesem aber hat die Herzogin Kunigunde von Bayern, des Kaisers Schwester, den Betrug entdeckt und offenbaret, worauf die Heilige, wie in solchen Fällen zu geschehen pflegt, heimlich fortgeschickt, und später­hin, da sie sich in Freiburg   verheirathet hatte, dort aber wiederum arge Possen spielte, ertränkt worden.

Im Jahr 1506, den 23. Mai, erlaubte der Kaiser den Geschlech­tern, drei Hirsche in den Gehölzen am Lech mit der Armbrust zu schießen. Die Geschlechter gaben darauf ein herrlich Banket, wo an 32 Tischen gespeist wurde. Es waren dazu alle anwesenden Fürsten  die Herzoge von Baiern  , der Bischof von Trient   u. 1. f. und der abwesenden Fürsten   Gesandte und Räthe, wie auch die drei Vornehmsten aus dem Domkapitel eingeladen, sammt aller Geschlechter Weiber und mannbare Töchter. Da die gebotenen Gäste freigehalten werden mußten, so kostete die Zeche jedem der Unsrigen 16 Kreuzer.

Nach diesem sind unsere Bürger zu dem Schießen gen Frankfurt am Main  , welches um die Herbstmeß gehalten und durch ganz Deutsch­ land   ausgekündiget war, auch beschrieben worden. Es gingen mit den hiesigen Kaufleuten sechs freudige Schüßen von hier aus dahin, denen ein ehrbarer Rath allhie 60 Gulden zur Zehrung verehret. Die Augs­burger Schüßen sind aber auch nicht die geringsten gewesen; denn unter denselben hat Lukas Vischer, ein Hafner, den besten Preis, 105 Gulden, mit der Armbrust, und Jakob Delhuet, ein Schreiner, den andern Preis, 90 Gulden, mit dem Handbogen davongetragen.

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Schädlichkeit der Wärme. Das immer allgemeiner werdende Bestreben der Aerzte, alle Krankheiten in ihren Entstehungsursachen zu erkennen, gibt uns fast mit jedem Tage einen weiteren Einblick in die oft so verwickelt aussehenden Vorgänge in unserm Organismus, und damit zugleich die Möglichkeit, uns vor den Einflüssen, welche als ,, krankheitserregend" bekannt sind, zu verwahren. Daß die fortwäh­rende Einwirkung von Wärme mag sie nun von der Sonne oder vom Feuer ausgehen sobald sie eine gewisse Höhe überschritten hat, auf unser förperliches und geistiges Wohlbefinden einen großen Einfluß ausübt, hat ein jeder wohl schon mehr oder weniger an sich selbst er­fahren, man fühlt sich unbehaglich, ist unfähig, angestrengt zu arbeiten, ermüdet sehr, bekommt Kopfschmerzen u. s. w. Daß dagegen die Wärme die Veranlassung zur Entstehung einer ganz bestimmten Krankheit, und zwar einer Geisteskrankheit der schlimmsten Art, werden kann, wird Vielen noch unbekannt sein. Die Erkrankungen derer, die sich lange Zeit einer großen Hiße ausgesetzt haben, sind viel häufiger, als man vielleicht im gewöhnlichen Leben annehmen will; sie treten meist ganz plötzlich auf. In einzelnen Fällen erholen sich die Kranken oft schein­

bar, gehen ihrer gewohnten Beschästigung nach, bis dann durch irgend­welche schädlichen Einflüsse die Krankheit von neuem ausbricht. Auch die Art der Wärme zeigt einen Unterschied, so ist die Wärme der strahlenden Sonne viel schädlicher als die des Feuers. Während wir bei Feuer­arbeitern gewöhnlich erst längere Zeit Schwächegefühl, Müdigkeit, Un­lust zur Arbeit, Kopfschmerz u. dergl. vorausgehen sehen, treten bei denen, welche sich der strahlenden Sonne ausgesetzt hatten, die einzelnen Krankheitssymptome viel rascher auf. In beiden Fällen bekommen die Kranken falsche Vorstellungen( Hallucinationen), haben Angst, sind un­ruhig, gerathen in große Verwirrung und glauben sich überall verfolgt und verspottet, bis sie dann nach längerer Zeit tobsüchtig werden. Dieses Stadium ist sehr verschieden, manchmal ist es sehr furz, der Kranke wird dann ruhig und verfällt in eine melancholische Verstim­mung, bei der sich großer Lebensüberdruß kundgibt. Daran schließen sich die Lähmungserscheinungen. Die Zunge zittert, stößt beim Sprechen an, der Gang wird unsicher, das Gedächtniß nimmt sehr rasch ab. In diesem Zustande ist selten mehr an eine Wiederherstellung zu denken. Die Erscheinungen sind so zu deuten: Die Blutgefäße des Gehirns sind überfüllt und durch die anhaltende Ueberfüllung derselben tritt das unter hohem Druck befindliche Blut aus den Wandungen der Gefäße und verbreitet sich als eine wässerige Flüssigkeit über die Gesammtmasse des Gehirns, dringt in dessen Windungen und Höhlen ein, so daß die Funktionen desselben wesentlich beeinträchtigt und zuletzt ganz aufgehoben werden. Hört der Druck bald auf, dann ist Resorption, d. h. Ver schwinden der Flüssigkeit und somit eine Wiederherstellung möglich. Die fast alljährlich bei anhaltenden Märschen in großer Sonnenhige vor­kommenden Unglücksfälle sind ein beredtes Zeugniß für die schädlichen Einwirkungen der Sonnenstrahlen auf den Organismus. Der hier oft plöglich eintretende Tod ist auf einen äußerst hohen Druck des Blutes zurückzuführen. Der Grund, warum in unseren Hüttenwerken, Zucker­fabriken, wo die ausstrahlende Wärme des Feuers oft so groß ist, daß die Arbeiter, besonders die Heizer, nur leicht gekleidet darin arbeiten können, nicht noch häufigere Erkrankungen dieser Art vorkommen, beruht zunächst darin, daß die Feuerarbeiter der Hiße, wenn sie ihnen un­erträglich wird, ausweichen können, während man sich der Sonnen­wärme gegenüber nicht schüßen kann, außerdem trifft die vom Feuer ausstrahlende Wärme auch wirklich nicht so direkt den Kopf, als die Sonnenstrahlen, sondern meist mehr die Vorderseite des Körpers und das Gesicht, dann gewöhnen sich diese Arbeiter auch an höhere Hitze­grade. Es mag deshalb zum Schlusse die wohlberechtigte Mahnung hier angebracht sein, sich nicht muthwilliger und leichtsinniger Weise den brennenden Strahlen der Sonne auszusetzen, insbesondere gilt dies für Kinder, deren Organismus ja überhaupt noch wenig widerstandsfähig und darum um so leichter zu Erkrankungen disponirt ist. Die schlechte Gewohnheit in Deutschland  , grade in der heißesten Zeit des Tages, am Mittage, eine Pause in der Arbeit eintreten zu lassen und nicht zu einer andern Zeit, mag durch das dadurch hervorgerufene Bewegen in der Sonnenhige bei vielen die Beranlassung zur Entstehung dieser schreck­lichen Krankheiten gewesen sein. Unsere Schulzeit ist ebenfalls so ein­getheilt, daß sich die Kinder zwischen 12 und 2 Uhr, also in der größten Hiße bewegen müssen. Mit der immer mehr und mehr überhand­nehmenden Einsicht und Bildung der Massen wird man hoffen dürfen, daß auch in dieser Beziehung den thatsächlichen Verhältnissen mehr Rechnung getragen wird. H. Schm.

Moralische Grundsäße ohne Uebung kommen ebenso leicht in Ver­gessenheit, als ein auswendig gelerntes Gedicht, ohne Wiederholung. Sind jene einmal in unserm Herzen erloschen, so gehen auch die sitt­lichen Regungen verloren, welche die Seele zur Tugend reizen. Und ganz natürlich zieht der Verlust von jenen auch den Verlust der Tugend nach sich. Sokrates.

Korrespondenz.

Hamburg  . Ein Abonnent. Die Kinder Jhrer Muse find in unsern Händen. Doch fehlte uns bisher die Zeit zur Prüfung. Die nächste Nummer wird Ihnen indeß wahr scheinlich schon den Bescheid bringen. W. Hi. Die freudige, Anerkennung eines Arbeiters", die Sie uns zutheil werden lassen, ist ein Theil jenes einzigen Lohnes, nach dem wir ringen. Wir drücken Ihnen im Geiſte warm die Hand. Der hamburger Schach­freund ist Herr Fabian Landau, der Mitglied einer Schachgesellschaft in Hamburg   ist und dessen genaue Adresse Sie sowohl bei den Herren Auer und Derossi, Pferdemarkt 37, als bei Hrn. A. Geib, Rödingsmarkt 12, erhalten können.

Stralau. K. W. Eben weil wir unbrauchbare Silbenräthsel genug zur Verfügung haben, sehnen wir uns nach brauchbaren; und zu dieser letteren Sorte gehören die Ihrigen. Darum besten Dant!

Baden  ( Schweiz  ). Fabr. Bipp. 8u unserem lebhaftesten Erstaunen und Bedauern erscheint Ihnen die an Sie gerichtete Korrespondenznotiz in einer der legten Nummern des vorigen Jahrgangs ,, hamisch". Sie befinden Sich aber im entschiedensten Frr thum- nur ein harmloser Scherz und nichts weiter liegt in jenen Beilen; theilweise sogar vollkommener Ernst. Wir haben nämlich wirklich gegen eine Veröffentlichung der Namen aller unsre Räthsel lösenden Damen nichts einzuwenden, wenn das gewünscht werden sollte. Also: Sie haben uns Unrecht gethan und nicht wir Ihnen!

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Berlin  . A. F. F. Ein Zug unüberwindlichen Weltschmerzes zieht sich" durch die Neue Welt"? Das ist aber merkwürdig! Wissen Sie: Weltschmerz ist Lebens­feigheit, und wir fühlen uns vorläufig von unüberwindlichem Lebensmuthe beseelt. Darum seien Sie getrost: die ,, Neue Welt" und die ganze sozialistische Partei wird nicht im Ozean der allgemeinen Weltentmuthigung untergehen"! Im übrigen grüßen Sie gefälligst den seligen Schopenhauer und telegraphiren Sie ihm in's Jenseits, wir Sozialisten freuten uns, daß er sich hätte begraben lassen.

Verantwortlicher Redakteur: Bruno Geiser   in Leipzig  ( Plagwizerstr. 20).

Druck und Verlag der Genossenschaftsbuchdruckerei in Leipzig  .