Am 2. Dezember sollte das Urtheil vollstreckt werden. Der oberste Gerichtshof bestätigte das Urtheil. Der 2. Dezember 1859 brach an.
etwa
Das Schaffot war um 7 Uhr von den Zimmerleuten eine Achtelmeile vom Gefängniß errichtet: 6 Fuß hoch, 12 Fuß breit und 18 Fuß lang. In seiner Mitte ragte der Galgenbaum, freuzförmig; am Querbalken, den starke Streben stützten, hing von eisernem Haken der Strick herab.-
Um 8 Uhr kam das Militär. Eine unverhältnißmäßige Macht, Infanterie und Kavallerie, war aufgeboten. Bis 10 Uhr dauerte die exerzitien- und kommandoreiche, parademäßige Aufstellung.. Im ganzen befand sich auf dem Plazze des Hochgerichts eine Truppenzahl von 3000 Mann.
Vom Publikum hatten sich kaum soviel hundert eingefunden. Rings um Charlestown wie in der Stadt selbst herrschte die dumpfe Angst vor einem Sklavenaufstand und legten Versuch zur Befreiung des Negerheilands" im entscheidenden Augenblick seiner „ Kreuzigung".
Ruhig erhob sich dieser selbst im Kerker an dem zu seiner Hinrichtung bestimmten Tage, vollendete seine Korrespondenz mit unverminderter Energie und schrieb in vollster Gedankenflarheit, wie nur je zuvor im Leben, bis halb 11 Uhr. Da traten Scheriff, Kerfermeister und Henkersknechte ein. Der Erstere sagte ihm in der Zelle selbst gleich Lebewohl. Der Held dankte ihm für alle bewiesene Freundlichkeit, am meisten und innigsten aber wiederholte er seine oft schon in den früheren Wochen ausgesprochene Dankbarkeit gegen Kapitän Avis, seinen Gefängniß wächter" so freundlich im Wächteramt, wie tapfer als Soldat bei der Eroberung des Arsenals ."
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Dann ging er zu seinen Schicksalsgenossen, Lebewohl sagen. Cook tadelte er wegen des feigen Abfalls von ihrer Sache; der Arme, wochenlang wie ein Wild in den Bergen gehetzt und am Ende verrätherisch eingefangen, ließ sein Haupt betrübt auf die Brust hängen und widersprach den Vorwürfen nicht. Jedem der drei anderen theilte er den Rest seines Geldes mit, den man ihm gelassen, je ein Vierteldollarstück; von Stevens nahm er den innigsten Abschied. Dieser sagte ihm:„ Kapitän, ich weiß, Sie gehen in ein besseres Land." Er antwortete einfach:" Ja, ich weiß es." Um 11 Uhr fam er heraus; ein Augenzeuge sagt: wie aus den Thoren des Tempels ewigen Nachruhms; sein Angesicht strahlte; er schritt einher mit dem Schritte eines Eroberers."
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Ein anderer schreibt:„ Als Brown aus dem Gefängniß trat, lag auf seinem Gesicht ein Ausdruck inneren Glücks, wie eines Patrioten, der den Tod fürs Vaterland stirbt."
Andere melden einfach:
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Sein Lächeln hatte etwas wunderbar christlich Vergebungsvolles."
Gewiß war den Tag sein Herz das leichteste in Charlestown. Alle aber auf der Straße, die ihn vorübergehen sahen, mochte für einen Moment seine Seelenruhe mit einer Ahnung von etwas Höherem erfüllen, als ihr armes Leben bis dahin gekannt. Es war in der großen Masse zum erstenmal keine Spur von pöbelhafter Spott- und Schimpfsucht zu spüren. In tiefem Schweigen harrte die Menge.
Er war noch nicht weit vom Thore seines Gefängnisses, als ihm ein Negerweib mit einem kleinen Kind auf dem Arme entgegentrat. Er hielt an und füßte den Säugling zärtlich wie ein Vater. Nicht diese Negerin allein wagte sich ihm zu nähern. Als er weiterschritt, rief ihm eine andere Schwarze zu: Gottes Segen, Alter. Wünscht', ich könnt' helfen kann nicht."
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aber
In seinen Augen schimmerte es feucht bei diesem muthigen Ausspruch der verachteten Sklavin.
Gleich darauf bestieg er den Karren, eine Art Möbelwagen. Der Kutscher war aus Massachusetts . Im Hintergrund des Gefährtes stand der Sarg aus schwarzem Wallnußholz, eingeschlossen in einen andern von Pappelholz. Hierin sollte seine Leiche nach dem Norden gebracht werden.
Den Wagen umgab eine Schwadron Kavallerie mit 5 Kompagnien Infanterie. Zwei weiße Pferde zogen ihn.
Zu seinen Gefährten sprach der starkherzige Greis fast fröhlich über die Schönheit der Landschaft. Das Gerüst bestieg er festen Schrittes, begrüßte kalt höflich die anwesenden Offiziere und Beamten, nahm seinen Hut mit einem natürlichen Anstand ab und legte ihn zur Seite auf die Diele. Dann ließ er sich bereit machen und bat um schnelle Besorgung des Nöthigen, mußte aber noch zehn Minuten mit dem Strang um den Nacken stehen, denn das
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Militär hatte noch unnüße Evolutionen zu machen. Dann fiel das Tau, welches die Fallthür hielt, auf der er stand. Seine Lebenskraft äußerte sich noch in Zuckungen, die über fünf Minuten dauerten; 38 Minuten später schnitt man den Körper ab, legte ihn in den Doppelsarg, und mit der vorigen militärischen Begleitung fuhr man ihn zur Bahn nach Norden.
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Die Wirkung war eine ungeheuere. Was der lebende John Brown nicht zu erkämpfen vermocht, das erkämpfte der todte John Brown . Von unwiderstehlicher Beredtsamkeit war der stumme Mund des Mannes, der in Harper's Ferry am Galgen hing. Im freien Norden kein Herz, das dem Mahnruf, dem Sühnruf sich verschlossen, keine Faust, die sich nicht krampfhaft geballt, kein Mund, der nicht, zornig zusammengepreßt, den Racheschwur geleistet hätte.
Am 2. Dezember 1859 wurde die Sklaverei in den Vereinigten Staaten unwiderruflich zum Tode verurtheilt. Ehe ein Jahr vergangen, war Abraham Lincoln zum Präsidenten der Ver einigten Staaten erwählt: das Todtenglöckchen der Sklaverei begann zu läuten.
Den Frühling darauf trat Lincoln sein Amt an: das Richtbeil blizzte in der Lenzsonne.
Vier blutige Jahre folgten: Jahre titanischen Ringens, herzerhebender Aufopferung.
Der Norden that seine Schuldigkeit: jeder Soldat war ein Held, und jedem Helden voran zog der Geiſt John Browns". Wenn sie des Abends beim Wachtfeuer lagerten, die wettergebräunten„ Befreier", wenn sie in den Schneestürmen des Winters, in der versengenden Gluth des Sommers marschirten, wenn sie die Brust dem feindlichen Eisen darboten, dann war John Brown unter ihnen und das Schlachtlied dröhnte zum Himmel empor:
Glory, Glory, Hallelujah! John Brown's body lies a mouldring in the grave, His soul is marching on!
Chorus: Glory, Glory, Hallelujah ! The stars of Heaven are looking kindly down On the grave of old John Brown ! Chorus: Glory, Glory, Hallelujah ! He's gone to be a soldier in the army of the Lord ! His soul is marching on!
Chorus: Glory, Glory, Hallelujah! John Brown's knapsack is strapped upon his back, His soul is marching on!
His pet lambs will And they' ll
They will hang Jeff Davis to a tree, As they march along.
Chorus: Glory, Glory, Hallelujah!
Gloria, Gloria, Hallelujah!
Der Leib John Brown's liegt modernd in der Gruft Sein Geist marschirt voran.
Chor: Gloria, Gloria, Hallelujah! Des Himmels Sterne blicken mild herab Auf das Grab des alten John Brown . Chor: Gloria, Gloria, Hallelujah! Er ging und ward Soldat im Heer des Herrn! Sein Geist marschirt voran.
Chor: Gloria, Gloria, Hallelujah! Er hat sich den Tornister festgeschnallt, Sein Geist marschirt voran!
Chor: Gloria, Gloria, Hallelujah!
Und seine Lämmlein folgen ihm nach Sie marschiren lustig voran.
Chor: Gloria, Gloria, Hallelujah!
Und lustig hängen sie unterwegs
Jeff Davis an einen Baum.
Chor: Gloria, Gloria, Hallelujah!
An dem religiösen Aeußern des Schlachtlieds wird nur ein Kleingeist sich stoßen. Ländlich, fittlich.
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Vier Jahre lang marschirte John Brown's Geist" den Nordtruppen voran. Und als das fünfte anbrach, war die Palme erstritten. Jefferson Davis der Präsident der südstaatlichen Sklavenbarone, der verunglückte Gesellschaftsretter der neuen Welt"- brauchte nicht gehängt zu werden, die Union war stark genug, ihn mit einem Fußtritt zum politischen Tod zu begnadigen die Veste der Sklaverei lag in Trümmern: John Brown hatte gesiegt.
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