Bevölkerung längere Zeit turnen und miteinander leben, so ke auf die Dauer aus den Turnvereinigungen für die Gesammtheit nichts Ersprießliches entstehen; einige Turnenthusiasten und Turn- Die Studenten lachten laut auf und Arm in Arm wandelte fünstler schließen sich zusammen, und außerdem werden wir gar die kleine Schaar dem Ballsaale zu, wo sich eben der Herzog bald in jeder Stadt, wo man das Turnen pflegt, zwei, auch und die Herzogin verabschiedeten. Großer Tusch- - tiefe Verdrei Turnvereine haben, in welchen die einzelnen Klassen verbeugungen ein langes, schmerzliches Nachsehen aus schwäbischen treten sind. Und die Möglichkeit des längeren, innigen Zusammen- und sächsischen Augen- ja, ein Nachsehen. lebens der verschiedenen Stände bestreite ich, gestützt auf meine Erfahrungen. So interessant im allgemeinen das fast verflossene Fest war, so konnten dem aufmerksamen Beobachter die verschiedenen Strömungen, die dasselbe beherrscht haben, nicht entgehen, und der noch aufmerksamere Beobachter findet die Ursache der verschiedenen Strömungen in den verschiedenen hier vertretenen Klassen."
Einer der Studenten reichte dem erregten Handwerksgesellen die Hand und meinte: ,, Du siehst zu schwarz; wir sind alle gleich." Ja, alle gleich euch stehen Aemter und Würden und ein gewisses Wohlleben bevor und uns das ewige Einerlei geist tödtender Arbeit, die täglich 12 volle Stunden währt, und im Alter Siechthum und Noth;" entgegnete der Geselle bitter ,,, doch trinkt, lassen wir das ernste Gespräch und gehen wir lieber in den Ballsaal, wo unsere Festleiter der Herzogin die Schleppe tragen; die wird froh sein, wenn sie den gemüthlichen Schwaben
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Bald sah man die Studenten und Handwerker mit den hübschen koburger Bürgermädchen sich im Kreise drehen und im Vorüberfliegen rief der tübinger Student dem Handwerksgesellen aus Thüringen zu: ,, Siehst du, hier hören die Standesunterschiede auf!" Die beiden jungen Freunde tanzten nämlich mit zwei Schwestern, und es haben, wie mir später mitgetheilt wurde, beide Paare den Tanz fortgesetzt durch das Leben und sind leidlich glücklich geworden aus dem schwärmerischen Studenten wurde ein recht pfiffiger Advokat und aus dem unbewußten Sozialisten ein braver deutscher Reichsphilister.
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Bur Geschichte der Jakobinermüte.
Die Zeichen der Knechtschaft werden nicht selten zu Symbolen der Freiheit. Bis 1792 war die rothe Fahne in Frankreich ein Zeichen der Unterdrückung und des Martialgesetzes. Im Juli genannten Jahres, als die Lava der Revolution mächtig in Fluß gerathen und die Vorbereitung zur Entthronung des Königs emsig getroffen wurde, wählte das pariser Volk dieselbe zu seinem Panier und versah sie mit der deutlichen Inschrift: Martialgesetz des souverainen Volkes gegen die Rebellion der vollziehenden Gewalt." Heute ist eine rothe Fahne in aller Welt das Panier des Proletariats; erinnert doch schon ihre Farbe an den ,, besondern Saft", mit welchem von jeher die verblaßte Schrift der Freiheitsbriefe aufgefrischt werden mußte.
Die rothe Müße war zuvor schon ein revolutionärer Schmuck. Unter dem in Nancy garnisonirenden Schweizerregimente Chateauvieux brach nämlich während des Spätsommers 1790 eine Meuterei aus, nach deren Niederwerfung die Offiziere von zwei andern in französischem Solde stehenden Schweizerregimentern ein furchtbares Urtheil fällten. Ein Soldat wurde gerädert, 23 seiner Kameraden wurden gehängt, 41 nach Brest auf die Galeeren geschickt, viele andere in's Gefängniß geworfen. Die schweizerischen Regierungen dokumentirten ihren landesväterlichen Zorn über die besudelte Fahnentreue" durch den Beschluß, sämmtlichen Betheiligten die Rückkehr in's Vaterland zu verbieten und sie zur Rückerstattung ,, des ihren Hauptleuten gewaltthätig Erpreßten" anzuhalten, even tuell ihr in der Heimat befindliches Vermögen zu konfisziren. Daß die erste Ursache der Rebellion in der niederträchtigen Ausbeutung der Soldaten durch ihre ,, würdigen Vorgesetzten lag, kam nicht in Betracht, die Fahnenehre" verlangte ein Opfer.
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Mittlerweile ging die konstitutionelle Periode der Revolution rasch zu Ende und jetzt fand auch das Ereigniß von Nancy eine andere Beurtheilung. Vielleicht um so mehr, als man sich wohl erinnerte, daß das Regiment Chateauvieux seinerzeit beim Sturm auf die Bastille verweigert hatte, auf das Volk zu feuern. Als daher im September 1791 eine Amnestie für politische Verbrecher ausgesprochen wurde, ertheilte Ludwig XVI . den Auftrag, bei den schweizerischen Regierungen darauf zu dringen, daß sie die Ver urtheilten i egimentes ebenfalls an dem Gnadenakte Theil Allein im Lande Wilhelm Tell's wollte erwachten ,, Insubordinationsgeist" nicht die Begnadigung ward abgelehnt. Bevor Schreiben in Paris eintraf, war es bereits Eine Menge von Klubs, Deputirte, die ivon Brest , sogar die Räthe des Departeste Fürbitte eingelegt und am 31. Dezember rsammlung die Befreiung der Sträflinge. 3 war beinahe ein Triumphzug. Am bekleidet mit ihren rothen Galeerenmüßen
und der Uniform der brester Nationalgarde, den Einzug. Nach hißiger Debatte erkannte ihnen die Nationalgarde die Ehre der Sizung zu. Geführt von Collot d'Herbois traten sie in' ben Saal, schwuren der Nation Treue und begaben sich hierauf nach dem Lokal des Jakobinerklubs, wobei ihnen auf einer Pike eine mit Lorbeer umwundene Galeerenmüße vorangetragen wurde. Präsident Vergniaud, so erzählt der schweizerische Historiker Karl Morell ( ,, Die Schweizerregimenter in Frankreich; 1789-1792"), empfing sie mit einer feurigen Anrede, in welcher er sagte: Thr Unglücklichen werdet der Nation immer theuer sein. Ihr habt Schmach und Unglück erduldet, weil Ihr Euch nicht als Werkzeug der Tyrannei mißbrauchen und erniedrigen ließet, das Volk ge= achtet und geschützt habet. Dieses vom Despotismus so schwer geahndete Verbrechen verschafft Euch bei der Nation die höchste Ehre und erhöht den Glanz Eurer Tugenden, welche die Verräther vernichten wollten.... Ihr seid die Märtyrer der Konstitution, die wir zu vertheidigen geschworen haben."
Dieser Auffassung direkt entgegengesetzt war diejenige Marat's, welcher in seinem ,, Volksfreund" gestand, daß die Soldaten des Regiments Chateauvieux Rebellen gewesen seien. Aber gerade das rechnete er ihnen zum Verdienste an. Sie hatten allerdings das Gesetz verlegt ,,, doch dies geschah nur, um den heiligsten Gesetzen der Natur zu folgen, vor welchen alle andern sich beugen müssen."
Wenige Tage darauf, am 15. April, fand zu Ehren der Amnestirten ein großes Fest auf dem Marsfeld statt, bei welchem die Büsten Voltaire's , Rousseau's und Franklin's beräuchert und die Ketten der ehemaligen Sträflinge von weißgekleideten Jungfrauen getragen wurden. Den mit zwanzig Pferden bespannten Triumphwagen zierte ein auf Karton gemaltes Bild der Freiheit. Unter den Reden war besonders diejenige Robespierre's von Interesse, der diese Feier als die des edelsten aller Revolutionsfeſte pries. Nur ein Tag fönne mit diesem wetteifern, der Tag nämlich, an welchem der König gefangen in Paris eingezogen. Das Bundesfest sei durch die Gegenwart Lafayette's und des Hofes herabgewürdigt worden. Der 15. April erscheine rein und unbefleckt als der Tag, an welchem die Unschuld über das Laster und über die Verleumdung den Sieg gewann. Die auf Piken gepflanzten Galeerenmützen bildeten wieder einen Hauptschmuck der Feier und wurden so, nachdem sie schon vom Jakobinerklub als Zeichen der errungenen Freiheit angenommen worden, zu einem der bekanntesten Symbole des sanskülottischen Frankreichs .
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Woher hatten aber die Jakobiner dieses Zeichen? Eine interessante Andeutung hierüber enthält die neueste Publikation des bekannten Genfer Professors Galiffe, einer Sammlung bisher ungedruckter, theilweise höchst werthvoller Briefe von Genfern und Genferinnen des 18. Jahrhunderts.( D'un siècle à l'autre.