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Philosophen Empedokles  , die Welt als ein Jammerthal, als eine A von Eril ansah und es nicht für logisch hielt, die Verlängerung dieser Strafzeit, welche die Seele abbüßen müßte, noch zu bejubeln. Ich glaube, daß hier Pythagoras   gemeint ist, denn nur von ihm wissen wir, daß er die Seele als zur Strafe auf der Erde befindlich und im Leibe als in einem Gefängniß eingeschlossen ansah. Doch den pointir­ten Pessimismus, welchen der gute Eusebius  ( in der Waldow'schen Novelle) ausspricht, finden wir in dieser Schärfe vielleicht noch besser bei Buddha und Schopenhauer. Empedokles   dagegen vertritt eine großartige physische Weltanschauung, in der so ein mystisches Straf­prinzip keinen Raum hat. Das mechanische Gesetz von Verbindung und Trennung( gleich Liebe und Haß) schafft und zerstört in ewigem Wechsel. Freilich sind uns nur Fragmente von seinen Schriften erhalten( Peri physeos und Katharmoi); sie finden sich bei Aristoteles  , Plutarch  , Klemens Alexandrinus, Sextus Empirikus und Diogenes Laertius  . Aber dort wie in neueren Schriften( Lange, Zeller 2c.) ist von keinem, Jammerthal die Rede."

Eine sonderbare Weintraube wurde bei der letzten Weinlese im Rebgelände bei Zollikon  ( Zürich  ) entdeckt. Dort stehen Reben mit gelben Weintrauben( Tokayer) neben Stöcken mit blauen Trauben( Clevener). Nun fand man an einer Tokayer- Rebe neben den normalen gelben Trauben eine solche, an welcher unter den 30 Beeren 20 gelb, 10 andere dagegen durchaus blau gefärbt waren. Ohne Zweifel entstanden diese 10 blauen Beeren auf dem Wege der Bastardirung, indem durch ein Insekt, welches die Traubenblüthen besuchte, von einer Clevener Rebe Blüthenstaub auf die Tokayer- Blüthe hinübergetragen und dadurch Fremdbestäubung vermittelt wurde. Es ist dieser Fall aber um so interessanter, als sonst in der Regel bei Bastarden die verschiedenen Farben der Eltern entweder vermischt oder aber unvermittelt neben einander vorzukommen pflegen, während hier bei den blauen Bastard­beeren an der Tokayer- Rebe die Farbe des Vaters( blaue Clevener Rebe) vollständig über die mütterliche Farbe den Sieg davontrug. Ohnedies sind Bastardtrauben von blauen und weißen Reben sehr seltene Erscheinungen, obschon in vielen Weinbergen der Schweiz   beiderlei Reben dicht nebeneinander gezogen und der Fremdbestaubung ausgesetzt werden. Dr. A. D.-P.

Anleitung zur Erlernung des Schachspiels. ( Fortsetzung.) Von B. G.

Wir haben uns nach Einprägung der in Nr. 6 gegebenen Regeln über den gewöhnlichen Gang der Schachfiguren mit einigen Besonder­heiten der Figurenbewegung zu befassen.

Von der Regel, daß die Bauern nur einen Schritt vorwärts thun dürfen, gibt es eine Ausnahme: Von seiner Ausgangsstellung, auf a2, b2 u. s. w. bis h2 und a7, b7 u. s. w. bis h7, darf der Bauer, wenn es dem Spielenden beliebt, sowohl einen als zwei Schritte vor­wärts thun, also nach a3  , b3 u. s. w. bis h3, a7, b7 u. s. w. bis h7 oder nach a4  , b4 u. s. w. bis h4, a6, b6 u. s. w. bis h6 gehen.

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Steht ein feindlicher Bauer dem von seinem Ausgangsplaße zwei Schritte vorrückenden Bauer auf einer der dicht angrenzenden Vertikal­linien so gegenüber, daß ersterer den letzteren schlagen könnte, wenn dieser nur einen Schritt thäte, so darf jener das Schlagen en passant ( sprich ohne die g am Wortschlusse deutlich hören zu lassen passang, zu deutsch  : im Vorbeigehn) vornehmen, indem er, grade als wenn der Feind nur einen Schritt vorwärts gemacht hätte, diesen nimmt und selbst einen Schritt in schräger Richtung vorrückt. Zum Beispiel, es stände auf a2   ein weißer Bauer in seiner Anfangs­stellung und auf b4 ein schwarzer ihm gegenüber; nun ginge der weiße a2- a4, alsdann könnte der schwarze Bauer, wenn es dem betreffenden Spieler vortheilhaft erscheint, ihn ebensowohl ruhig auf a4   stehen lassen, als ihn en passant schlagen mit b4- a3( Bezeichnung für das Nehmen:, also b4- a3:).

Der Bauer ist übrigens im Schachspiele keineswegs verdammt, unter allen Umständen zeitlebens Bauer zu bleiben. Hat er sich nämlich, ohne geschlagen zu werden, bis zur feindlichen Offizierlinie hindurch­gekämpft, also: sind die Bauern von a2, b2 u. s. w. bis h2, vorgedrungen bis a8 oder b8 u. s. w. und die Bauern von a7, b7 u. 5. w. gelangt bis al, bl u. s. w., so kann sich der den siegreich vorgedrungenen Bauern führende Spieler wählen, zu was für einem Offizier der Bauer avanciren soll, gleichviel ob zu einem Springer, Läufer, Thurm oder einer Dame. Dabei ist es auch gleichgiltig, ob irgendwelche Offiziere bereits geschlagen sind oder nicht. So kann z. B. ein weißer Bauer, der in die schwarze Offizierlinie gelangt, sehr wohl zur Dame werden, wenn die weiße Dame selbst auch auf dem Brette ist; so daß der Fall vorkommen kann, daß die eine Partei, oder gar beide, mit 2, 3 Damen, 3, 4 Thürmen, Läufern oder Springern gleichzeitig agiren.

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Ferner ist dem Könige in Gemeinschaft mit je einem Thurme in em bestimmten Falle eine Ausnahmebewegung gestattet, nämlich: Sind die Felder zwischen einem noch nicht von seinem Plaze be= wegten König und einem gleichfalls noch nicht gezogenen" Thurme auf ihren Ausgangslinien, also den Linien 1 und 8, frei geworden es sind dies die Felder fl, gl oder f8, g8, oder bl, cl, dl oder b8, c8, d8- so dürfen König und Thurm in einem nnd demselben Zuge derart gehen, daß der König zwei Schritte nach der Seite des betreffenden freien Thurmes thut und der Thurm um den König herum an dessen andere Seite geht und sich auf das nächste Feld dicht neben diesen stellt. Diese Bewegung von König und Thurm nennt man die Rochade, und zwar die kurze Rochade( Bezeichnung o- o), wenn sie nach der h- Seite und die lange Rochade( Bezeichnung 0-0-0), wenn sie nach der a- Seite hin erfolgt.

Es stellt sich also bei der kurzen Rochade seitens des önigs auf el und des Thurmes auf hl der König auf gl und der Thurm auf fl; bei o- o seitens des K. e8 und T. h8 stellt sich K. g8 und T. f8; bei 0-0-0 zwischen K. el und T. al stellt sich K. el und T. dl und bei 0-0-0 zwischen K. e8 und T. a8 geschieht K. c8 und T. d8.

Dabei ist wohl zu bemerken, daß die Felder zwischen Thurm und König für diesen letzteren nur dann ,, frei" sind, wenn sie weder von irgendeiner Figur besetzt sind, noch von einer Figur bestrichen( beherrscht oder in Schach   gehalten) werden. Steht z. B. ein schwarzer Läufer auf d4 und sind dabei die Felder e3, f2 von keiner Figur besetzt, so darf der Führer der weißen Figuren die kurze Rochade nicht vor­nehmen, da 2. d4. gl schlagen und so das Spiel sofort beendigen würde. Ebensowenig darf die Rochade stattfinden, wenn eines der Felder, welche der König überschreitet, von einer feindlichen Figur in Schach   gehalten wird, wenn also z. B. ein weißer Springer c6 das Feld d8 beherrscht und so das Vorbeigehen des schwarzen Königs bei der Rochade nach c8 hindert.

Zum Schlusse dieses ersten Theils der Anleitung rathen wir nun unseren Lesern, erstens sich durch sorgfältige Beschäftigung mit jeder einzelnen Figur und wiederholte Bewegung derselben über das ganze Brett hin deren Gangart möglichst fest einzuprägen, zweitens auch jede der erwähnten Ausnahmen mit allen davon berührten Figuren von Weiß und Schwarz einzuüben. Die dadurch zu erzielende übersichtliche Beherrschung des Schachbretts wird sich in der Folge als unerläßlich bewähren. ( Fortsetzung folgt.)

Lösung des Räthsels in Nr. 9: Lippe, Lappe.

Korrespondenz.

Magdeburg  . A. V. M. Kunst ist die Darstellung des Schönen, Schönheit ist die völlige Verkörperung der Idee durch den Stoff, oder mit anderen Worten die völlige Bergeistigung der Materie durch die Idee, und die Idee ist die Vorstellung des nach allgemein menschlichen Begriffen Vollkommenen. Werden Sie Sich mit Ihren Freunden auf der Basis dieser Definitionen einigen können? H. K. Nun wird es mit des Schachspielers Verlegenheit" doch aus sein?

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Rorschach  . Anonymus. Sie haben ganz verzweifelt freie Ansichten über die Liebe! Was uns anbelangt, so haben wir vor solchen vermeintlich radikalsten Anschauungen auch nicht die mindeste Furcht eine vernünftig, d. h. streng wissenschaftlich erzogene Menschheit wird sich Leben und Einrichtungen auch vernünftig zu gestalten wissen, und nur bei geistig tiefstehenden Menschengemeinschaften ist das Einrosten von Vor­urtheilen und das Playgreifen unvernünftiger, ja unnatürlicher Institutionen zu fürchten. Gerstungen  . A. L. Wir besigen das gewünschte Buch selbst nicht und glauben auch nicht, daß es im Buchhandel noch zu haben ist. Indessen dürften die öffentlichen Bibliotheken der großen Städte, wohl auch der meisten kleineren Universitätsstädte damit versehen sein.

Berlin  . H. 2. Die eingesendete Schachpartie ist nicht übel gespielt, indeß find wir erstens noch lange nicht soweit mit unserer, Anleitung" vorgerückt, um ganze Par­tien zu veröffentlichen, zweitens fehlt Ihrem Giuoco Piano doch noch verschiedenes zur Musterpartie. Einmal nämlich macht der Schwarze mit den Bügen 6, 7, 8 dem Weißen das Gewinnen doch gar zu leicht; ferner ist die Pointe, der weiße Königsspringer nach g5, die Dame im folgenden Zuge nach h5 u. 1. w., eine sehr häufig vorkommende Wen bung; dann war doch wohl im 13. Zuge für Weiß nicht 2. h6: der stärkste Zug, sondern G. c3- e4 mit dem drohenden und gradezu tödtlichen S. e4- f6; endlich ist das End­spiel eine vollständige Barforcejagd, die Schwarz lange vor dem letzten Zuge hätte auf geben können. Uebrigens möge Ihnen diese eingehende Kritik zum Beweise dienen, daß wir in Ihrer Partie allerlei hübsche Gedanken gefunden haben, denn wäre das nicht der Fall gewesen, so hätten wir lange nicht bis zum legten Buge beim Brette aus gehalten. Also auf Wiedersehen! R. E. Sie haben mit Ihrer Vermuthung recht; nun ist alles Ihrem Wunsche gemäß gethan worden.

Frankfurt   a M. H. S. Die 25 Exemplare sind am 11. b. M. an Sie abgegangen. Frdl. Gr. Ihrem Vater und Ihnen!

An die Einsender der Daheimnummern, welche die Geschichte von der ,, mysteriösen Erfindung" enthalten! Es gibt eben noch sehr viele Leute, welche sich das ,, Mundus vult decipi", die Welt will betrogen werden, ganz ernstlich zu Herzen nehmen. Uebri= gens ist der Gedanke von der Aufhebung der Schwerkraft" zwar sehr dumm, aber immer noch nicht das Dümmste, was sich angebliche Kulturmenschen haben aufbinden laffen.

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Neunkirchen   b. Wien  . Apotheker Franz Wilhelm. Die ,, N.." bringt für ge= wöhnlich gar keine Inserate, am wenigsten aber solche, welche zur Anpreisung von Geheimmitteln dienen. New- York  . Redaktion der Arbeiterstimme". Besten Dank für die Zusendung. St. Louis. A. D.-W. Frol. Gruß und Dank für die eingesendete Arbeit. ( Schluß der Redaktion: Dinstag, den 11. Dezember.)

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Da mit der nächsten Nummer das erste Quartal des 3. Jahrgangs schließt, so ersuchen wir unsere Leser, das Abonnement rechtzeitig erneuern und für weiteste Verbreitung der ,, Neuen Welt" sorgen zu wollen. Die Expedition der ,, Neuen Welt".

Verantwortlicher Redakteur: Bruno Geiser   in Leipzig  ( Plagwißerftr. 20). Druck und Verlag der Genossenschaftsbuchdruckerei in Leipzig  .