schließen lassen, damit die Einrichtung wohlerhalten bleibe, zum erstenmale geöffnet, gelüftet und gereinigt, denn sie waren dazu bestimmt, ein würdiger Schauplatz der Komödie zu sein, die sich hier abspielen sollte.

Die verblaßten Familienbilder blickten von den Wänden her­nieder auf die letzten Glieder des Geschlechts der Bartels. Durch die geöffneten Fenster drang die milde, dufterfüllte Mailuft herein und vertrieb den Modergeruch, welchen die uralten Polstermöbel und dicken Damastvorhänge ausathmeten. Vor dem steifen Kanapee mit verschossenem blauen Damastbezuge stand ein Tisch, auf dem sich ein alterthümliches Schreibzeug befand. Rechts und links von dem Tische war je ein Stuhl poſtirt dies waren die Plätze für den Herrn Stadtrichter und seinen Schreiber; vor denselben, im Halbkreise, waren Stühle für die Erben aufgestellt, und hinter diesen eine Reihe Bänke, welche Herr Jonas Wallfisch hergeliehen zum Zwecke, daß die Dohlenwinkler von hier aus dem feierlichen Afte beiwohnen konnten, nach dem Willen des Testators.

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Ehe die Uhr noch die zehnte Stunde verkündigt, füllte eine zahlreiche Gesellschaft das große Zimmer. Man harrte in großer Spannung der Ankunft der Gerichtspersonen.

Es wurde nur leise geflüstert und deshalb konnte man auch deutlich aus dem Nebengemache das Klappern der Teller, das Klirren der Gläser und Flaschen vernehmen, wenn dieselben auf die Tische niedergesezt wurden. Man deckte dort schon die Tafel für den auf heut verschobenen Leichenschmaus.

Endlich erschienen die Herren vom Gericht. Stadtrichter Melzer, ein alter, hagerer Mann mit fast weißem Haar und einer Habichtsnase, war ein Schulgenosse und Freund( soweit Jakob Bartels Freunde haben konnte) des Verstorbenen gewesen, er hatte auch gestern der Beerdigung beigewohnt und kam nun, im Vollbewußtsein seiner Würde, in Begleitung zweier Aftuarien, um den letzten Willen des Verstorbenen, wie es seine Pflicht war, zu vollziehen. Unter dem Arme trug er eine schwarze Mappe in dieser befand sich das Testament.

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Die Erregung der Leidtragenden schien keiner Steigerung mehr fähig zu sein und hatte sich selbst dem munteren Röschen und dem jungen Ehemanne mitgetheilt. Die beiden drückten sich ver­stohlen die Hände und Röschen flüsterte:

Versprich mir Jakob, daß du mir nicht bös sein willst, wenn mich der selige Erbonkel bedacht hat!"

" Dummes Weiberl, da ist ja keine Red' davon," entgegnete er lächelnd, aber sorg' dich nicht, ich bin ja sein Pathenkind, da versteht sichs schon von selbst, daß ich der Erbe bin, wir theilen halt alles!"

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Meister Johann bewegte unruhig den rechten Arm mit dem unsichtbaren Hobel und stieß dabei alle Augenblicke die neben ihm sitzende dicke Martha in die Seite, was ihm jedesmal einen Blick der Entrüstung eintrug.

Emmerenzia, deren dünne Locken das hagere Gesicht mit der langen Nase und dem kurzen, zurücktretenden Kinn einrahmten, zählte fortwährend an ihren schwarzbekleideten Fingern; sie hatte sich nämlich, seit sie den Pegasus bestiegen, angewöhnt, die Füße ihrer Verse an den Fingern abzuzählen, und that nun in nervöser Erregung dies unwillkürlich.

Der Hofrath, nicht in Grau, sondern tiefschwarz angethan, saß wie ein gehorsamer Schulknabe, der ängstlich auf die Censur harrt, welche ihm sein strenger Professor im Begriff ist zu geben, neben der stolzen Gattin, die in erhabener Ruhe und Sieges­gewißheit ihm zur Seite thronte. Ihr Antlitz, zwar aristokratisch

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bleich, wie immer, war unbewegt, und das einzig Bewegliche an ihr war die große, volle Straußfeder des Trauerhutes, die sich beständig hin und her wiegte und Herrn Jonas Wallfisch, der auf der ersten, für die Honoratioren bestimmten Bank saß, auf das lebhafteste an den Hauptschmuck der mit Trauerfedern ge­zierten Roße gemahnte, die gestern den sterblichen Theil Herrn Jakob Bartels der Grabesruhe entgegengeführt.

Stadtrichter Melzer zog sein großes, blaugewürfeltes Sacktuch aus der Brusttasche seines schwarzen Ueberrockes, putte damit die Gläser einer riesigen Hornbrille und setzte diese auf den Sattel des umfangreichen Riechorgans.

Die Erben sowohl, als auch die geladenen Zeugen hatten dieser vielversprechenden Prozedur mit einer Art Andacht zu­geschaut, und als sich der alte und als sehr grob bekannte, in hohem Respekt stehende Stadtrichter jetzt räusperte, herrschte Todes­stille. Kein Blatt hätte zur Erde fallen können, ohne daß man es gehört haben würde.

Da ward die allgemeine Aufmerksamkeit durch ein Geräusch abgelenkt. Die zum Nebenzimmer führende Thüre wurde geöffnet und zwei Personen traten ein: Frau Gertrud und Hans, der Ladendiener.

Diese beiden aber nahmen nicht etwa bescheidentlich auf den Bänken Plazz, nein, sie schritten bis zum Ende des Zimmers, wo der Ehrenplatz für das Gerichtspersonal sich befand, und segten sich auf zwei leer gebliebene Stühle neben die Bartels­schen Erben.

Hans schlug die Augen nieder, als ihn der Blick Adelgundens, die freudig erröthet war, traf, Frau Gertrud aber schaute sich gleichmüthig um, und schien es garnicht zu beachten, daß die stolze Hofräthin mit einer unnachahmlichen Geberde der Verach­tung die Schleppe ihres langen Trauerkleides zusammenraffte, damit das Gewand der Dienerin sie nicht streife, nachdem diese Person die unbegreifliche Frechheit gehabt hatte, sich ganz in ihrer Nähe niederzulassen.

Der Stadtrichter räusperte sich noch einmal, zog dann ein ziemlich umfangreiches Schriftstück aus der schwarzen Mappe und sprach mit seiner lauttönenden, tiefen Baritonstimme:

" Ich bitte die Herrschaften, welche Anspruch auf die Bartels'sche Erbschaft zu haben glauben, sich hierher bemühen und prüfen zu wollen, daß dieses Schriftstückes Siegel unverlegt ist."

Die adlige und bürgerliche erbberechtigte Sippe erhob sich und spazirte im Gänsemarsch, zur heimlichen Erheiterung der beiden Gerichtsschreiber, an dem mit einer verschossenen, blauen Damast­decke bedeckten Tische vorbei, und jeder Einzelne prüfte mit Herz­klopfen die Aechtheit des Siegels und betrachtete die mit der wohlbekannten und sehr charakteristischen Hand des Erblassers geschriebene Aufschrift.

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Jetzt waren alle auf ihre Pläge zurückgekehrt und der Stadt­richter räusperte sich zum drittenmale und hielt dann eine kleine Anrede an die Erben, in der er die Tugenden des Verstorbenen zu preisen versuchte und weil ihm auch beim besten Willen nichts anderes einfallen wollte, dessen Sparsamkeit pries. Dann erfolgte ein leichtes Knacken und Krachen des brechenden Siegel­lads ein Ruck noch und das Testament des Erbonkels, auf graues, ordinäres Papier geschrieben, kam zum Vorschein. Es war ein unheimlicher Blick, der hinter den großen Brillen­gläsern hervorschoß und die Erben streifte, dieser Blick erregte bei allen, die Hofräthin ausgenommen, einen gelinden Schauer. ( Fortsetzung folgt.)

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Das Petroleum.

Von Hugo Sturm.

und durch welche die Petroleumpreise so herunter gedrückt waren, daß viele Quellen unausgebeutet blieben, weil sie ihrem Besitzer nicht genug Gewinn versprachen. Und sollten auch einzelne Bohr­löcher selbst in einer ganzen Gegend versiegen, so kann man doch sicher sein, daß andere Stellen durch neue Erbohrungen der weit verbreiteten unterirdischen Petroleumlager unsern Bedarf auf viele Jahrhunderte zu decken im Stande sind.

Die vor nicht gar langer Zeit durch Spekulationsmanöver| Ueberproduktion , die in den vorhergehenden Jahren eingetreten hervorgerufene Preissteigerung des wichtigsten unserer Beleuch­tungsmaterialien ist glücklicherweise in kurzer Zeit vorüber ge­gangen. Trotzdem aber hört man hier und dort der Befürchtung Ausdruck geben, die Petroleumquellen könnten dem Versiegen nahe sein. Wir können unsern Leserinnen, die hierdurch in nicht geringen Schrecken versetzt worden, die Versicherung geben, daß diese Befürchtungen völlig grundlos sind. Es kann zwar nicht geleugnet werden, daß eine Abnahme der Produktion von rohem Betroleum nachweisbar war, doch hatte dies seinen Grund in der

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Das Petroleum Stein- oder Erdöl ist nicht etwa eine Entdeckung der Neuzeit, sondern schon seit den ältesten Zeiten war