furchtbaren Kräfte der Tyrannei im ungleichen Wettkampfe siegen, das erfüllte mich mit einer Bewunderung, wie sie der Pöbel nur den schimmernden Thaten der Ruhmsucht nnd verderblichen Herrschbegierde zollt." Im Anblick dieses Freiheitskampfes war ihm der Gedanke groß und beruhigend, daß gegen die trogigen Anmaßungen der Fürstengewalt endlich noch Hilfe vorhanden ist, daß ihre berechnendsten Pläne an der menschlichen Freiheit zu Schanden werden, daß ein herzhafter Widerstand auch den gestreckten Arm des Despoten beugen, heldenmüthige Beharrung seine schrecklichen Hilfsquellen endlich erschöpfen kann." In Wielands deutschem Merkur ( 1788) sagt Schiller : Die Kraft, mit der das niederländische Volf handelte, ist unter uns nicht verschwunden; der glückliche Erfolg, der sein Wagestück krönte, ist auch uns nicht versagt wenn ähn liche Anlässe uns zu ähnlichen Thaten rufen." ,, Die eigene Begeisterung an diesem großen und erhebenden Gedanken" wollte Schiller , wie er offen gestand, ,, auch andern mittheilen." Wir müssen freilich hinzufügen, daß Schiller die kühne Hoffnung, welche er Deut schland gegenüber aussprach, unterdrückte oder unterdrücken mußte- als er Professor in Jena geworden war. C. L.
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Im 10. Buche der ,, Griechischen Anthologie"( Blumenlese) finde ich folgendes bemerkenswerthe Epigramm:
Εξ ὧραι μόχθοις ἱκατώται, αἱ δὲ μετ᾿ αὐτὰς γράμμασι δεικνύμεναι ΖΗΘΙ λέγουσι βρατοῖς
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Dieses griechische Distichon lautet in deutscher Prosa etwa folgendermaßen: ,, Sechs Stunden des Tages seien der Arbeit geweiht; die übrigen jedoch so lehren schon die Buchstaben des Alphabets sprechen zu uns: Mensch genieße dein Leben." Die Worte: ,, so lehren schon die Buchstaben des A-", bedürfen einer kurzen Erläuterung. Die Griechen des Alterthums stellten ihre Ziffern von 1 bis 10 durch die ersten zehn Buchstaben ihres Alphabetes dar. Mit den ersten sechs( a alpha bis 5 Stigma) denkt sich also hier der, übrigens nnbekannte Dichter die sechs Arbeitsstunden des Tages bezeichnet; die folgenden vier:( Beta) n( Eta)&( Theta)( Jota) geben in großen Buchstaben als Wort zusammengestellt unser obiges ZHOI gesprochen Zethi welches in unsrer Sprache bedeutet: lebe, womit hier prägnant gemeint ist: ,, genieße dein Leben!" Von besonderem Interesse ist dieses Epigramm für uns, weil daraus hervorgeht, daß auch dem Alterthum bereits eine wichtige Auffassungsweise des modernen Sozialismus nicht ganz fremd war. Behauptet doch hier der Dichter, daß wenige Stunden des Tages für die eigentliche, mühevolle Arbeit des Lebens ausreichend seien, während die übrigen von Rechtswegen dem Lebensgenuß gehören solltenfreilich, fügen wir hinzu, einem nach Maßgabe der Kulturstufe des betreffenden Volkes, durch Bildung, Wissenschaft, Kunst und Sittlichkeit geadelten Genuß. Ist dies nicht auch sozialistische Auffassung? Wird diese Auffassung nicht zum Theil praktisch zum Austrag gebracht durch die wichtige Forderung der Sozialdemokratie, den Normalarbeitstag, gegen dessen Einführung sich alle entgegenstehenden Parteien so heftig sträuben? Die Liberalen um ihrer Ausbeutung der Arbeitskraft des Volkes keine Schranken zu setzen, die christlich- frommen und Conservativen um ihrem unheilvollen freilich auch nur den ,, unteren" Volkskassen gepredigten Grundsatz: Bete und arbeite" treu zu bleiben. Der Liberalismus anerkennt wohl die Wahrheit der Idee, die Gerechtigkeit der Forderung, nimmt sie aber praktisch nur für sich, für den Stand der Besizenden und Gebildeten in Anspruch d. h. für einen winzigen Bruchtheil des Gesammtvolkes. Das„ niedrige Back" mag sich immerhin plagen; was könnte es auch Besseres thun? Die Christlich - frommen dagegen verwerfen den Gedanken gänzlich, indem sie so weit sie ehrlich und aufrichtig und keine verkappte Liberalen sind die Behauptung auf stellen, daß der Mensch nur da ist, um( abgesehen von seiner himmlischen Bestimmung) auf Erden zu arbeiten, nach der Arbeit aber zu ruhen, zu beten und Kraft zu weiterer Arbeit vom Schöpfer" zu erflehen. Sie gehen dabei vom sog.„ sittlichen Werth der Arbeit“ aus, den wir keineswegs leugnen wollen; aber sie fassen den Begriff ,, Arbeit" in dem einseitigen Sinne der sogenannten Berufsthätigkeit auf d. h. ihnen ist Arbeit für den einen die Schuhmacherei, für den andern das Maurerhandwerk u. s. w. Dies berechtigt uns aber durchaus, jene Auffassung eine unheilvolle zu nennen, weil sie wenn strenge durchgeführt jeden Fortschritt in der Kultur des gesammten Volkes hätte hemmen müssen; weil dann der Saz: Wissen und Bildung ist das Monopol der besißenden Klassen" noch mehr zur Wahrheit geworden wäre, als er es leider schon ist. Wo sollte auch, bei Durchführung des Grundsages: Bete und arbeite" für die besiglosen, sich abmühenden unteren Volksklassen, deren Beruf an und für sich keine oder wenig Bildung beansprucht, diese Bildung herkommen? Wohl durch Gebete vom Himmel gerufen werden? Nein, unheilvoll, durchaus unheilvoll
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ist diese Auffassung und das Gesetz der Menschenwürde muß ihre gänzliche Verwerfung verlangen der Sozialismus dagegen, welcher keineswegs den Gedanken der als Grundlage jedes staatlichen Zusammenlebens unumgänglichen nothwendigen Berufsthätigkeit von sich weist, sieht eine gewissermaßen ideale Arbeit auch in dem Bestreben, sich nach vollbrachtem Tagewerk geistiger Selbstfortbildung, geistigen Genüssen zu weihen. Und wenn er infolgedessen, durch praktisch ausführbare Maßregeln dem gesammten Volke hierzu den Trieb und zugleich die Möglichkeit ertheilen will, ist er es dann nicht, welcher dem ,, sittlichen Werth der Arbeit" zu seiner wahren Geltung verhilft? Freilich ist
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es mit dem Normalarbeitstag nicht gethan; aber wenn zugleich mit seiner allmählichen Verkürzung, das Bestreben obwaltete, wahre Bildung ins Volk zu bringen und den Wunsch, nach stetiger Erhöhung derselben in ihm warm zu erhalten, wenn ferner durch gleichfalls allmähliche Ueberführung in die sozialistische Gesellschaftsorganisation das Volk von quälenden Nahrungssorgen befreit ist, kann, muß, wird dann nicht der Ausspruch des griechischen Dichters zur Wahrheit werden? Wir wenigstens vertrauen auf eine solche Entwickelung der Menschheit zum Guten und jeder unbefangen Denkende wird es mit uns thun. J. Gzg.
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Dreifilbige Charade.
Wenn friedlich meiner beiden Ersten Walten, Sind unentbehrlich sie für Jedermann.
Doch auch der Dritten Inhalt oft nichts nüßen kann, Wenn sie sich fesfellos, zerstörungswild entfalten.
Die Dritte siehst du rastlos wandern
Von Berg und Hügel her in Thal und Feld,
Bis sie ein strenger Herr fängt und gefangen hält,
So lang' er's Feld behauptet gegen einen milden andern.
Vor meinem Ganzen beuge dich beklommen
Und ehrfurchtsvoll es war ein Held auf geist'ger Kampfesbahn, Der bis zum Tode treu im Streit gestanden wider frommen Wahn, Trotzdem er selbst gehört einst zu den Frommen.
Korrespondenz.
Ch. D.
Kaffel. S. Das Eingesandte an die Expedition abgeliefert. Adressiren Sie ges fälligst alle Geldsendungen, sowie Bestellungen auf die ,, N. W. ", direkt an die Expe dition, Färberstr. 12, und nicht an die Redaktion.
oder
N.-St. Primaner Gr. Frdl. Dank für die kleine Arbeit. Wir hören sehen öfter etwas von Ihnen nicht wahr? Breslau . Studiosus Lm. Es muß ein höchst grausames Wesen sein, Ihre Geliebte, daß Sie sie also ansingen können:
In Berg und Thal in süßer Qual, Durch Busch und Sumpf vieltausendmal Such ich nach dir!
Jst auch dein Herz von Stahl,
Hab' keine andere Wahl Schmachte nach dir!
Einen liebedürftenden Jüngling etliche tausendmal in Busch und Sumpf vergeblich herumsuchen zu lassen, dazu gehört wirklich ein Herz von Stahl. Uebrigens ift Dual, mal, Stahl, Wahl wirklich anmuthig gereimt; außerdem hätten Sie Saal, Strahl, Shawl, schmal, fahl, Pfahl, Kral Hottentottentral, wie auch Opal, Gemahl und- banal, trivial, schaal noch dazu reimen fönnen. Ihrem Herrn Vater, der Sie wegen Ihrer ,, dichterischen Begabung schon in Ihrer frühesten Jugend oft für ein Wunderkind" erklärt hat, gönnen wir von Herzen, daß Sie es so herrlich weit gebracht haben.
Berden. C. A. D. Jbre Anfrage bezüglich des freien Willens" und der ,, Selbstverantwortung" fonnte weder von der Redaktion des, Vorwärts" noch von der der Neuen Welt" brieflich beantwortet werden, da die Arbeitslaft beider Redaktionen
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die Einschränkung ihres schriftlichen Verkehrs auf das Unumgängliche nöthig macht. Was uns anlangt, so haben wir eine die beregte Materie angehende Frage schon einmal an dieser Stelle beantwortet, wollen aber, in Anbetracht der Wichtigkeit des Themas und der darüber herrschenden Unklarheit, hier von neuem darauf eingehen. Der Wille ist das Produkt des Busammenwirkens der menschlichen Triebe und der menschlichen Erfah rung es kann bei ihm also von Freisein vernünftigerweise überhaupt nicht geredet werden. Um die Moral zu heben, wird man den Willen dadurch bessern müssen, daß man die menschlichen Triebe von dem im allgemein menschlichen Sinn Schädlichen ablenkt und auf die Erfahrung im gleichen Sinne veredelnd einwirkt. Eine moralische Berantwortlichkeit egistirt mithin nur für den Menschen, der das erkannt und mit dieser Erkenntniß die Pflicht überkommen hat, in der angegebenen Weise den Willen, zunächst seinen eigenen, zu beeinflußen. Sie werden von diesem Standpunkte aus die Wider,, Verbrechen und sprüche zwischen dem Herrn, der in Ihrem Orte über das Thema Strafe" einen Vortrag gehalten hat, und dessen Gegner sehr leicht erklären und vereinbaren können.
Ort nicht angegeben. Fr. Tn. Daß Muttergotteserscheinungen" vorgekommen sein mögen, die sich auf die von Ihnen angegebene Art erklären laffen, wollen wir nicht bestreiten. Indessen können Sie der ,, N. W. " nicht zumuthen, daß sie mit solchen Scherzen in die Fußstapfen der von Ihnen erwähnten Herren Corvin, Busch 2c. trete. Zwei Ihrer Sinnsprüche kommen gelegentlich zur Verwendung. Das Gedicht ,, Lasker und seine Genossen" ist seinerzeit, wie Sie gewünscht, weitergegeben worden.
Jägerndorf , E. D.; Bergen, J. T.; Effen, A. M.; Berlin , S. Fl. u. a. Die von Ihnen eingesendeten Räthsel, Rebusse, Charaden u. dgl. m. sind größtentheils nicht übel, bedürfen aber der redaktionellen Korrektur, die sie zur gelegentlichen Verwendung reif machen soll!
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Berlin . K. H. Das Verlangte abgesendet. Die fraglichen Artikel im nächsten Duartal. Tischler H. H. Bersuchen Sie selbst, derartige Rösselsprünge zu produziren und begnügen Sie sich nicht mit der symmetrischen Ordnung solcher Produkte. ( Schluß der Redaktion: Sonntag, den 16. Dezember.)
Da mit vorliegender Nummer das erste Quartal des 3. Jahrgangs schließt, so ersuchen wir unsere Leser, das Abonnement rechtzeitig erneuern und für weiteste Verbreitung der ,, Neuen Welt" sorgen zu wollen. Die Expedition der ,, Neuen Welt".