Die Neue Welt. Illuftriertes Unterhaltungsblatt.

Oho!" rief Theobald. Ich werd Ihnen meine Anlagen zeigen."

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,, Das ist mir recht," sagte Schmaling, ,, ich tann dann meinen Abnehmern auch Rede stehen."

Er ließ fich herumführen, nahm die Wurstfüche m Augenschein, den Schlacht­raum, die Rauchkammer, die Kühlanlage und die Stallung.

Die Sauberteit, die überall herrsche, äußerte er, erwede von vornherein Ber­trauen. Er besprach mit dem Meister alles, was thm für die fünftige Geschäfts­verbindung notwendig schlen. Schon in den nächsten Tagen gedachte er mit seiner Tätigkeit zu beginnen.

Als er sich verabschiedet hatte, fagte Theobald zu seiner Frau:

" Da sieht man's wieder: gute Bar' empfiehlt sich selber. Mit dem Schmeling, das wird ein feines Geschäft!"

" Du tennft ihn ja gar nicht," erhob Grete ihre warnende Stimme. Eh Du was anfängst, erfundig Dich über ihn."

Theobald runzelte die Stirn.

Ich kann's ja machen, aber das Geld für die Auskunft ist herausgeschmissen. Man merkt doch wohl, men man vor sich hat. ' s ist ein ordentlicher Mann."

Er legte das Gehent, das er noch an­hatte, beiseite und sprach weiter:

" Die Sach' paßt Dir nicht, gelle? So bist Du Das mußt Du einsehen, Grete, ich bin mit meiner Meggerei perkoppelt. hab meine Freud dran und will Staat da. mit machen Nicht nur hier, auch draußen. Je mehr fie sich auspfundet, defto beffer. Gud  , Grete. Du hast einen Kopf wie ein Kirchturm, Im Laden und bei den Büchern möcht ich niemand anders haben wie Dich. Und doch- daß Du in dem Geschäft nicht groß geworden bist, hängt Dir Immer nach!"

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Um Gretes Mund legte fich ein harter Zug.

Daß ich in dem Geschäft nicht groß ge­worden bin, ist wahr. Aber soviel weiß ich, man stürzt sich nicht in wilde Händel und hat sein Geld nicht, um's zu ver laborieren!"

Kunden tamen, die bedient sein woll­ten. Die Meistersfrau ging in den Laden.

Theobald begab sich zu seinem Nachbar, dem Kaufmann Sauer, und bat diesen, eine Erkundigung über den Agenten Schmeling in Frankfurt   einzuziehen.

( Fortfegung folgt)

Die Marimalisten

der englischen Revolution

Bon A. Conrady.

Binnen wenigen Tagen nach dem Ende des fleinen Barlaments wurde Cromwell zum Proteftor der Republik   proflamiert, zu ihrem Beschüßer nicht nur gegen die Ronterrevolution, fondern ganz besonders auch gegen fozialrevolutionäre Experimente, und in der Verfassung. die herauskam, war die Militárdiktatur durch ein Parla­ment der Mittelklasse ergänzt. So tobten die Männer der fünften Monarchie nicht menag In ihren Meetings in diesen Tagen nannten sie Cromwell einen meineidigen Schurken und prophezeiten ihm ein schlim­meres Ende als das des lekten Lord Pro­tektors( Richards III.). Natürlich wurden auch die revolutionären Offiziere gehörig angezapft und folche Fragen aufgeworfen. wie die ob sie alle vollgestopft feien mit

Rittergütern. Das galt jedenfalls nicht für Harrison. der vielmehr taltgestellt und dann auch zeitweilig eingeterfeit wurde, auf die Dauer freilich bei schlechtem Gefundheitszu fiand ganz in den Hintergrund irat obwohl er fortgelegt mit der Bewegung für das taufendjährige Reich in Zufammenhang ge­bracht wurde. Den Rednern in London  wurde zunächst auch der Mund gestopit, indem fie hinter Schloß und Riegel ver schwanden. Auch mit Rogers geschah dies, als er im Jahre 1654 etne leidenschaftliche Schrift gegen Cromwell herausbrachte. die den charakteristlichen Titel Mene Tefel" ührte, und in einer Rede Whitehall   mit Sodom verglich.

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leberwiegend war aber in den ersten Zeiten des Proiektorats offenbar das nie­derdrückende Gefühl der Niederlage Manche Bartelgänger warfen fogar die Flinte ganz ins Korn und vollzogen ihren Uebergang zu den Quäfern, deren Endziel sich zwar mit dem der Leute des tausendjährigen Reichs nahe berührte, die aber von Gewalt­anwendung nichts missen wollten und fich ganz auf Propaganda ihrer Grundsäge be­schränkten Und auch unter den in engerer Berbindung mit den Leuten der fünften Monarchie Bleitenden waren doch viele, die wenigstens von unzeitiger Revolutions. macherei und unüberlegten Butschversuchen nichts wiffen wollten. Das hinderte aber nicht, daß beträchtlicher Anhang schleunigen gewaltsamer Umfturzes blieb oder auch erft neu gewonnen wurde. Zweifellos hatte die Partel des tausendjährigen Reiches im Laufe des Protektorats einen gewiffen Zu­lauf. Durch lange Unruhen verarmte Leute", schreibt ein Gewährsmann des Jahres 1655, müffen notwendig große Neigung haben, auf diejenigen zu hören. die im Namen Chrifti und der Heiligen ein goldenes Zeitalter vor der Türe erklären. zumal fo viele Prophezeiungen auf diefe Beiten angewandt werden." Dieler Autor erwähnt eine Berechnung, wonach zu der Bahl 395 als Jahreszahl der Abschaffung des Heidentums an Hand der Bibel die Zahl 1260 addiert wird; so ergibt sich 1655 als Anfang des taufendjährigen Reiches.. ,, Andere wählen 1656, weil die Lebens­zeiten der Patriarchen in der Genefis diefe Zahl ergeben. Also wird Chriftus dieses oder nächstes Jahr kommen." Indes waren diese originellen Methoden der Revolu tionspropheten, den Anbruch der fünften Monarchie auf rechnerischem Wege zu er­mitteln, dehnbar

Auch der nahmhaftefte literarische Ber­treter dieser Ideen In der zweiten Hälfte der fünfziger Jahre, John Canne, hatte fein Berfahren, mit biblischer Hilfe ein­wandfrei zu ermitteln, wann fein bren nendes Berlangen nach dem allgemeinen Umsturz auf Erfüllung hoffen dürfe. Canne war schon ein alter Herr. aber noch ebenso stürmisch wie in feinen jungen Jahren, als er der Flüchtlingsgemeinde in Amster dam angehörte. Bon da aus hatte er schon vor der Mitte der dreißiger Jahre die Not­wendigkeit verkündet, den Tempel des Herrn mit dem Arm des Fleilches zu grün­den. Seitdem war er ein Verkünder der gewaltsamen Revolution zur Herbeiführung des Himmelreichs auf Erden geblieben und hatte fel 1653 aufs heftigste gegen Crom­well Front gemacht. Im Jahre 1657 fam ferme Endzeit" heraus, worin das Protektorat ohne Umstände mit dem Reich des Tieres in der Offenbarung gleichgefeßt wurde alo der Protektor mit der Bestie Daraus ergab fich nun von selbst der Zeitpunkt, wann die revolutionäre Erhebung fällig ein mußte. Nach der Offenbarung sollte das Reich des Tieres 42 Monate dauern. So rechnete Canne vom Beinn des Profet orats. dem 16 Dezember 1653. ab das Ende auf das Frühjahr 1657 heraus. Seine Theorie ver luchten nun die Gläubigen unter Führung eines anderen Mannes, der den Arm des

19 Fleisches zu schwingen wußte, rechtzeitig in die Praxis zu übersetzen.

Dieser Vorfämpfer war der Weint tüfer Thomas Venner  . Er war schon seit geraumer Zeit nicht mehr in seinem urs Sprünglichen Beruf tätig, sondern hatte in der Mitte der 50er Jahre eine Stellung im Tower inne, wurde aber damals von feinem Blag entfernt, weil er nach den Angaben des Cromwellschen Polizeiminifters Thurtoe fich als em Mensch von verzweifeltem und blutigem Gelfte" herausgestellt hatte; man Jagte ihm nach, daß er den Tower habe in die Luft sprengen wollen. Auch sollte er mörderische Absichten gegen den Protektor fundgetan und fich dahin geäußert haben, die Zeit werde lommen, wo die Mägde des Herrn sich einen Dreck daraus machen wür den, Menschen zu töten. Thurloe bezeichnet ihn daher als einen Blutmenschen und nennt ihn den Radelsführer des blutigen Bianes", mit dem sich die Anhänger der fünften Mona archie lett trugen.

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Schon im Jahre 1656 erreichte den Staatssekretär ein Bericht über ein Mec ting, bei dem darüber debattiert wurde, wann die Zeit sei, Babylon und seine Ans hänger zu vernichten, wer es zu tun habe, und wie es geschehen solle. Und man mar zu dem Ergebnis gekommen, daß die Heill gen es tun müßten, und zwar alsbald und vermittelst des Schwertes. Sie geduldeten fich aber doch bis ins Jahr 1657 unter Agt tieren und Organifleren. Ihre allgemeinen Londoner   Agitationsverfammlungen fanden in Colemanstreet in der City statt. Da wur den wohl hihige Reden geführt. Aber es war das doch nicht der eigentliche Kern der Sache. Der stedte vielmehr in der gehei men Organisation. Diese hat die merkwür digste Aehnlichkeit mit entsprechenden Vera bindungen viel späterer Zeit, etwa der Blanquischen Gesellschaft der Jahreszeiten. Sie bestand in und um London   aus einer Anzahl von Meetings" von je 25 Pers Jonen. Von jedem dieser Meetings wußte bloß einer um die Existenz der anderen Meetings Die Eingeweihten stellten die Berbindung her, und durch Ausschließung der übrigen vom Geheimnis dachte man gegen Berrat gesichert zu lein. Denn man war nun geradezu dabei, den bewaffneten Butsch vorzubereiten, Waffen und Munt tion, Pferde und anderen Bedarf zu bes idhaffen, um den Bürgerkrieg ins Land hin austragen zu fönnen. Man hatte nämlich feineswegs die Absicht, sich auf London   zu beschränken. Bielmehr wurden von den Londoner   Meetings Leute in verschiedene Teile des Landes entfandt, um fo viele wie möglich in den Bund zu ziehen. Von ihren hernach beschlagnahmten Bapieren enthält eines eine größere Anzahl von Adreffen in einer Reihe von Bläßen außerhalb von Lons don und Southwart, fo Orford. Exeter  , Bedford, Liverpool, Manchester  , Abingdon  , Dartmouth  , Nantwich  , Portsmouth  , Ips wich, Hull  , Lincoln, Bristol  , Sandwich ufw. Ein anderes Schriftstück enthält eine Reihe von Einzelheiten über ihre Bewaffnung und fonftigen Vorkehrunaen und wirft auch eini ges Licht auf ihre Absichten. Danach foll ten die vorhandenen Pferde mit Sätteln und allem Zubehör fomie je met Bistolen nebst Bulver und Rugeln einigen der Brüder" übergeben werden. Jedem Fuß'oldaten sollte ein Gürtel mit einem Bulver fad und einen: Kugelbeutel übergeben werden. Die langen Waffen" famt Kopfstücken usw., die noch unvergeben bleiben,' ollen auf sichere Art zufammen verpackt und nach dem Ende der Stadt geschafft werden. mo man sie zu ver laffen gedenkt. Da follen fie dann von einem Wagen aufgenommen werden. Die Gürtel und Pulver- und Kugel beutel die noch ver bleiben, und die Pistolen, Pulver und Ku geln, die noch au faufen sind, fowie 500 ,, Erklärungen" lollen in den Packkörben zu fammengepact und auf den Saumplerden transportiert werden, wobei Sorge zu tra