Die

Damit war die Bernehmung beendet. Nachdem der Untersuchungsrichter die Stadt verlassen hatte, liefen die wildesten Gerüchte um. Der Buchbinder, hieß es, habe sich im Haftlokal erhängt, die Grete habe den Verstand verloren. Der alte Packer des Kaufmanns Sauer schwur Stein und Bein, der tote Gonder habe mit der klaffen­den Wunde am Hals aus dem Dachfenster seines Hauses herausgeschaut.

Der Ratsdiener Dauber, dem die Ohren vom Leutegeschwäg gellten, warf seine Mappe auf den Ladentisch der Frau Hor­mann und schimpfte:

"

,' s fann einem übel werden bei dem Ballatschen! Der Ludwig Ibold ist munter wie ein Maifäfer, und von wegen der Trauer um ihren Mann wird die Grete Gonder ihren Berstand nicht verlieren!"

" Ihr Freund war danach, Herr Dauber," jagte die Gemüsefrau mit frauser Stirn. ' s wird feiner so schlecht sein, der Grete, dem armen Tier, den Weg zu verbauen!"

Der Ratsdiener warf das Kinn vor.

" Der Gonder hat auch seine guten Sei­ten gehabt. Und wer guckt durch die Grete durch?' s gibt fein Frauenzimmer, das nicht was zu vertuckeln hat. Wenn der Mann fein Hannebambel ist, halten alle Weibsleut gegen ihn zusammen!"

Frau Hormann lief die Balle über. Ihre Auge schoffen Blize.

,, Sie Dalwig! Sie wollen die Weibs. leut verklabastern? Als ob ich Ihr Sünden­register nicht fennen tät! Gott behüt, daß ich Ihnen Ihre Frau beseibern will. Wenn fie's nicht vorher schon war, an Ihnen mußt sie zum Teufel werden!"

Der Ratsdiener wollte vor Wut bersten. " Dreckschnuť, Sie! Das tränt ich Ihnen

ein!"

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Nahm seine Mappe und zog ab. Fünf Tage hatte Ludwig Ibold in Untersuchungshaft gefeffen, als ein Tele­gramm von der Staatsanwaltschaft tam, der Beschuldigte sei außer Verfolgung ge­setzt, sei sofort aus der Haft zu entlassen.

Die Verfügung in der Hand begab sich der Gerichtsschreiber zu dem Berhafteten und verkündete ihm:

,, Die Sache ist erledigt. Sie sind frei!" Ibold stürzten die Tränen aus den Augen.

" Bor falschem Verdacht kann sich nie­mand schützen." beruhigte ihn der Schreiber. ,, Die Richter figen an Gottes Statt. Sie, Herr Ibold, find gerechtfertigt vor aller Welt!"

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Der alte Lehrer Rahn war einer der ersten, die ins Meggerhaus tamen, Grete ihr Mitgefühl zu bezeigen. Er hatte in der Schule ihr Vertrauen beseffen und besaß es noch. Es war ihr eine Erleichterung, daß fie endlich einmal ihre Kümmernis gegen je­mand aussprechen konnte. Der alte Mann hatte in der eignen Familie mancherlei Trübsal erfahren, hatte sich dessenungeachtet bis in die Siebzig hinauf seine Herzens­freudigkeit bewahrt.

Grete," sagte er in seiner milden Art, ,, das Schicksal nimmt Dich hart mit, aber wie ich Dich fenne, wirst Du teine Ver­bittertheit in Dir auffommen lassen. Du fannst den Blid frei erheben. Dein Vater ha. Dir seinen unantastbaren, ehrenfesten Namen hinterlassen. Das wirft einen Glanz auf Dein ganzes Leben. Jetzt siehst Du nur Wolfen, meinst, alle Sterne sind Dir gram. Die Welt rollt weiter. Schließ Dich nicht von ihr ab. Die Menschen können

Neue Welt. Jllustriertes Unterhaltungsblatt. einem sehr weh tun. Man verschwört sich, man will nichts mehr von ihnen wissen. Und man muß doch wieder zu ihnen gehen, muß wieder Zutrauen zu ihnen fassen. Du hast die Arbeitsader und sigst nicht still. Vor allen Dingen: Du bist jung. Ich hab den festen Glauben, Du wirst Dein Glücksbrot noch essen!"

So sprach der Lehrer, und Grete wußte ihm für seine Worte Dant. Es war ihr, als spürte sie die Hand ihres Vaters, die sich fühlend auf ihre heiße Stirn legte, als würde der Druck von ihrer Seele genom­

men.

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Nach der Beerdigung Gonders, an der Altmeister Rühlmann teilgenommen hatte, fragte Grete diesen um Rat, wie sie es mit der Metzgerei halten solle. Sie schilderte ihm den Niedergang des Geschäfts. Sie be­griff wohl, daß sie jetzt den Gläubigern gegenüber die volle Verantwortung trug.

Der Altmeister war zwar durch seine Hypothet gedeckt, doch hatte er Gonder noch ein Kapital gegeben, von dem nur ein Teil zurückgezahlt war. Für die verblei­bende Summe hatte er feinerlei Sicherheit.

Da brat mir einer einen Storch!" rief er wie aus den Wolken gefallen. Der Theobald! Ein Kerl, der die Welt bannen wollt! Sollt man das für möglich halten? ' s tann nicht anders sein, er muß im Ober­stübchen zu starf eingeheizt haben. Wenn's Ihnen recht ist, Frau Gonder, lassen wir den Kaufmann Sauer tommen. Der ist in den Sachen ausgeedt. Er mag an die Bücher gehen und uns Klarheit verschaffen.

Sauer machte eine Aufstellung. Die er­gab, daß das Geschäft vor dem Zusammen­bruch stand. Nicht nur, daß Gretens Ver­mögen verknallt war, auch der Altmeister mußte seine Forderung in den Schornstein schreiben, wenn er die Mezgerei nicht selbst wieder übernahm. Dazu entschloß er sich rasch. Hoch in den Fünfzigern konnte er mit seiner frischen Gefichtsfarbe und stram­men Körperhaltung für einen Vierziger gelten. Grete bot ihm ihre Einrichtung als Faustpfand an. Er möchte ihr erlauben, daß sie sich im Haus nüßlich mache, bis sie eine passende Stelle gefunden.

Die haben Sie," erwiderte Rühlmann, ,, wenn Sie wollen. Ich steh allein. Ich brauch eine Hilfe Was ich Ihnen als Ver­gütung geb, darüber werden wir einig."

Sie bat sich eine kurze Bedenkzeit aus. Dann trat sie vor ihn hin und sprach:

" Ich nehm Ihren Vorschlag an.' s wär mir sehr arg gewesen, in die Welt zu gehen, wo Sie von mir noch soviel zu kriegen haben. Jeßt kann ich für Sie schaffen, kann nach und nach abverdienen, was ich Ihnen fchuldig bin!"

Forthegung folgt)

Galvanische Elemente

Die chemische Wissenschaft war wohl die erste, die das Wort Element in den Sprach­schah ihres täglichen Fachlebens aufnahm. Man bezeichnet dort einen Stoff damit, der einzig aus sich selbst besteht, ein Grund­material, das chemisch nicht weiter in andere Stoffe zerlegbar ist. Im verwandten Sinne ist das Wort in die Umgangssprache aller intelligenten Menschen übergegangen, man meint mit ihm ebenso wie mit dem ab­geleiteten elementar das Einfachste einer Sache, das aber doch immer wieder Bausteine und Glieder des Späteren, Komplizierteren bilden soll. Deshalb ist das Wort Element im elektrotechnischen Sinne, für die ein­fachste Stromquelle, nicht nur fehr richtig sondern fast symbolisch gewählt.

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Tatsächlich ist das galvanische Element der erste, der Grundapparat, gewesen, mit dem man einen gleichmäßigen, elektrischen Strom erhielt, der einige Zeit andauerte, im Gegensatz zu der nur in mehr oder minder häufigen Momentfunken erschei nenden Reibungselektrizität. Zu Anfang des vorigen Jahrhunderts, etliche Zeit, nach dem Galvani die ersten Anzeichen der Be rührungselektrizität am Zuden toter Froschschenkel beobachtet hatte, erfand Bolta feinen Apparat, worin Elektrizität nach demselben Prinzip gewonnen wurde, durch die gegenseitige Berührung chemisch verschie dener Stoffe und die daraus resultierenden chemischen Prozesse. Das galvanische Ele ment" Voltas bestand aus einem runden Glasgefäß, in das zwei Metallstäbe odes -tafeln niederhingen, und das mit einer start verdünnten Schwefelsäure gefüllt wurde. Die oben herausragenden Enden der Stäbe, von denen der eine aus Kupfer, ⚫der zweite aus Zint war, trugen anges lötete längere Kupferdrähte. Das Zint wurde von der Säure allmählich aufgelöst, und sobald dieses unter dem Braufen der zahlreich entwidelten Gasbläschen erfolgte, beaannen fich die vom Apparat ein wenig entfernten freien Enden der Drähte beim Zusammenhalten von selbst zu erwärmen, der Beweis, daß ein elektrischer Strom hina durch zirkulierte. Man konnte ebenso eine Anzahl solcher Elemente zu einer Batterie pereinigen, indem man einen furzen Draht des Kupfers vom ersten an das Zink des zweiten Elementes schloß und so fort, bis man vom ersten Element einen Zink- und vom legten einen Kupferstab übrig behielt. Das waren die" Pole" der Batterie, die die gesammelte, verstärkte Kraft durch die bei den Enddrähte lieferten. Aus derartigen Elektrizitätsquellen verschaffte man sich den Strom bei den späteren hochwichtigen Ente deckungen des Elettromagnetismus, des elek. trischen Lichts usw., solange die Erzeugung elektrischer Energie mittels Maschinen noch unbekannt war.

Wer zu solchen wissenschaftlichen Arbeiten elektrische Ströme von größerer Stärke und während längerer Zeit benötigte, lernte je doch auch einen unliebsamen Mangel der Voltaschen Batterien fennen. Neu zu fammengefeßt, lieferten sie wohl einen ziema lich fräftigen Strom, der aber nach furzer Zeit recht schwach wurde. Die Ursache dieser Erscheinung fand man in elektrochemischen Begleitvorgängen, die fich innen an der Rupferelektrode abspielten und stets das Auftreten von Wasserstoff zur Folge hatten. Bon da ab war das Bestreben der Forscher darauf gerichtet, neue Anordnungen von galvanischen Elementen zu erfinnen, worin der störende Wasserstoff durch chemische Gegenprozesse vernichtet wurde. Die ver schiedenen Systeme von Elementen, die so im Laufe der Jahre entstanden sind, zählen in die Hunderte, indes ist teins dabei, das als Idealstromquelle zu bezeichnen wäre. Es haben sich vielmehr bestimmte Typen herausgebildet, die bis auf den heutigen Tag nur für ihre speziellen Zwecke in Be tracht kommen. An einigen Beispielen mag dies näher dargelegt werden.

In der Chemie war von jeher befannt, daß die Salpetersäure lebhaft orydierend wirft, also im galvanischen Element einen sehr guten Depolarisator, d. h. einen Waffer stoffbefeitiger, ergeben müßte. Der richtige Verlauf des stromgebenden Prozesses im Element verlangt für die Zinfelektrode ver dünnte Schwefelsäure, man hätte demnach nur für den anderen Teil Salpetersäure benötigt Ilm zu ermöglichen, daß man in ein und demselben Element beide Flüssigs teiten ungemischt halten konnte. bediente man fich eines Kunstgriffs, der in der Tech­nit der galvanischen Batterien später auch häufig wiederkehrt. Man sette in den Glasbecher einen Rylinder aus porös ge­branntem Ton und füllte ihn mit Sal