K nicht an das Re- Mehrheit bekämpft Haben, ergibt sich von selbst die Frage, ob nicht brr eine oder andere unserer sudetendeutschen Arbeitslosen hier hätte Fuß fassen können. Frei­lich sind die Beziehungen zwischen Wien   und Albanien   immer viel, viel reger gewesen als mit unserem Gebiet, obwohl man dort relativ ge-- nug von der Tschechoslowakei   weiß, unserem früheren Gesandten nachrühmt, daß er viel zur Hebung des Besuches des Landes getan hat, und die Bedeutung von Männern, wie Masaryk   und Benes sehr wohl einzuschätzen versteht. Das Land, das nahezu gar keine Industrie aufweist, besitzt natürlich auch keine Arbeiter­bewegung. Von einer sozialen Gesetzgebung ist noch keine Spur; angeblich will man jetzt wenig­stens die Anfänge eines Arbeitsrechtes verwirk­lichen. Das bedeutet aber nicht, daß es in Albanien   keine Klassengegensätze gibt; im Ge­genteil, der Kontrast zwischen den darbenden Massen der Bevölkerung, die außer der Sorge um das tägliche Brot kein Lebensziel und keine Lebensaufgabe kennen und dem Treiben einer kleinen Schicht vom Glück Begünstigter wirkt nicht wenig aufreizend. Insbesondere die Sippe des Königs treibt es recht bunt. Zog» hat für sie, die recht zahlreich sein soll, ganz gut bor­gesorgt. Er selbst ist, wie man uns jagte, unver­heiratet. Auf die Zioischenfrage eines Neugie­rigen, daß man doch deshalb nicht unbeweibt leben müsse, kommt die klassische Antwort:Die Wienerin ist schon weg." Wer Albanien   betritt, sieht auf den erst«', Blick Italiens   Hand im Spiel. Die Uniformen der Offiziere, Soldaten und Gendarmen sind den italienischen nachgebildet. Di« Offizier« erhalten ihre Ausbildung in Italien  . Tas Land besitzt keine Hochschule, die Albaner studieren jetzt meist in Italien  . Tie Währung ist der italienischen angeglichen. Die Aktienmehrheit der albanischen Rationalbank gehört italienischen Banken, ihr Präsident ist«in Italiener. Italien  hat das Recht auf Fischfang in den albanischen Gewässern. Die italienischen   Schiffe zahlen keine Hafengebühren. Italien   besitzt weitgehende Konzessionen zur Exploiiierung der Bodenschätze Albaniens  . Dabei sind die Italiener ungeheuer ver­haßt und der Haß gegen sie beschränkt sich durch­aus nicht auf Kreise, die dem Regime feindlich gesinnt sind. Jnteressanterweise stellen aber Freunde und Gegner des heutigen Kurses die Tatsache, daß Albanien   eine italienische Kolonie ist, mit großer Entschiedenheit in Ab-| rede. Der erbittertste Gegner der Partei des Königs, den wir sprachen, gab nur zu, daß Albanien   ein« italienische Politik macht. Aber schon das ist ihm zuviel. Er skizziert uns mit wenigen Worten die Ziele der Rationalisten­partei, die verfolgt und unterdrückt wird: Ab­kehr von Italien  , Anlehnung an keinen anderen Staat, rein albanisch« Politik. Ter Führer die­ser Partei, mit dem wir durch Zufall zusam­menkamen, erzählte uns mit imponierendem Gleichmut, wie er vor einigen Jahren wegen Lorbereirung eines Aufstander gegen den König zum Tode verurteilt wurde. Rach Begnadigung zu lebenslänglichem Kerker und Abbüßung einer mehrjährigen Kerkerstrafe hat er die Freiheit, nicht aber die Bürgerrechte wieder erhalten. Plötzlich verläßt er unS auf der Straße, um mit einem Landsmann zu sprechen. Nachher entschuldigt er sich, daß er«inen alten Freund getroffen habe, der gleich ihm zum Tode ver­urteilt worden und nun wieder frei sei. Aber er betont, über unsere Frage nach der Behand­lung rm albanischen Kerker, daß eS ihm bester gegangen sei, als wenn er in Deutschland   in Haft gesessen wäre. So spricht ein Mann, der den Faschismus nur in seiner italienischen Fasson verabschciit'nnb sicherlich kein priziviel- nien als Flottenbasis betrachtet, blüht dem Lande keine Zukunft. Stürzt der Faschismus in Italien  , der von den Böllern des Balkans in unvorstellbarer Weise gehaßt wird, dann wird nicht nur die Stunde der Freiheit, sondern auch die deS kulturellen und sozialen Aufstieges des albanischen Bolles schlagen. I. W. D. ler Gegner des Nationalsozialismus ist. Menschen, die sich uns als unpolitisch oder als Anhänger des Königs deklarieren, sind entschie­dene Gegner der italienischen   Orientierung deS Landes und erzählen mit leuchtenden Augen von den Tagen des Weltkrieges, in dem die Italie­ner aus Südalbanien vertrieben worden seien. Ein junger Mann fällt uns auf, weil er die deutsch  « Sprache in vollendeter Weise be­herrscht. Wir erfahren von ihm, daß er 13 Jahre in Wien   gelebt und an der Wiener Uni­ versität   das Doktorat der Philosophie gemacht hat. Er stellt sich vor: Dr. Egurem Cabej, sein Fach ist vergleichcnde Sprachwissenschaft. Früher war er Professor, jetzt ist er SektionSchef im Schulministerium, ihm unterstehen die 14 Mit­tel» und Fachschulen des Landes. Er ist LV Jahre altl Merkwürdiges Landl Eisenbahnen gibt es nicht und ihre Errichtung würde dieses bettel­arme, abersteinreiche" Land Beträge kosten, die nicht einmal von Mussolini   zu haben sind. Eisenbahnen gibt es also nicht, aber Flug­zeug«, natürlich italienische. Tirana   ist eine Station der Fluglinie RomSaloniki, die dreimal wöchentlich beflogen wird. Bon der Hauptstadt fliegen Aeroplane der Alla Littoria auch nach Balona  , Skutari und Korea  . Die Staatsbeamten machen dringende Dienstreisen mit dem Flugzeug. In weniger dringenden Fäl­len benützen sie das Auw. Autos gibt es hier in großen Mengen, meist amerikanische Wagen, die zollfrei eingeführt werden und daher sehr billig sind. Man sieht ausgesprochene Luxus­wagen, aber auch alte Kasten, die die Rum- mernbezeichnung mit Kreide auf eine Holztafel aufgeschrieben tragen. Sie fahren in einem mörderischen Tempo, das ausgesprochen polizei­widrig ist. Aber wenn einem kiwmcterweit kein Fahrzeug entgegenkommt, werden Bravourstücke zur Gewohnheit. Merkwürdiges Landl Ist es wirklich ein Land der Zukunft, wie viele annehmen? Alba­ nien   ist noch ungeheuer aufnahmsfähig. So arm und unergiebig es heute ist, so reich könnte cs in einigen Jahrzehnten sein. Seine Bodenschätze sind noch zum Großteil ungehoben. Weite, frucht­bar« Ebenen harren ihrer Entwässerung und ihrer Befreiung vom Ralaria-BazilluS. Ter Fremdenzustrom entspricht noch bei weitem nicht dem, was dem Besucher an Naturschönheiten und an Folklore gezeigt wird, woran natürlich zum Großteil der Umstand schuld ist, daß man Idas Land schwer erreicht und kaum weiß, was dem Besucher dort geboren wird. Albanien   besitzt z B. eine viel« hundert Kilometer lange Küste, die an landschaftlichen Reizen der Riviera nicht viel nachstehen soll. Borläufig ist sie menschen­leer. Wird sich daS alles ändern? Ist Albanien  überhaupt lebensfähig, wenn es sich eine Großmacht anlehnt? Kann sich gime, das unzweifelhaft von der derer, die politisch denken können, wird, überhaupt halten? Und waS soll an seine Stelle treten, wenn eS einmal beseitigt werden sollte? DaS alles sind Fragen, die schwer beant­wortet werden können. Für ein demokratisches Regime ist das Bolk noch nicht reif: so wiro immer von denen gepredigt, die zu glauben scheinen, daß ein infolge jahrhundertealter Sünden zurückgebliebenes Boll unter der Knute der Tikmtur vielleicht di« für die Demokratie notwendige Reife erhäll. Aber es ist Tatsache, daß sich eine isolierte albanische Demokratie nicht halten könnt«, da das Land in allem, ob eS sich nun um Rohstoffe oder Fertigprodukte, ob es sich mn Anleihen handelt, auf daS Ausland angetviesen ist. Helfen könnte nur«ine Demo­kratisierung seiner Umge­bung. Solange das faschistische Italien   Alba- Vom Kriminalschriftsteller zum tanzenden Derwisch Ter in Sarajevo   lebende junge Mo­hammedaner MunidSchachinovic E l r e m o v, Angehöriger einer alteingesessenen, reichen Familie Sarajevo  -, der sich durch seine geistreichen Kriminalromane und»Novellen, die :n der Tagesprcsse ost abgedruckt wurden, be­liebt gemacht hatte, verschwand wenige Tage vor dem Eingehen der Ehe mit dem schönsten Mädchen Sarajevo  -, Niemand wußte, wo er geblieben sei, bis er eines Tages plötzlich als tanzender Derwisch in einerTrkija"<da die mohammedanischen Religionsbehörden den Derwischen die Gotteshäuser nicht mehr zur Berfügung stellen, haben sie die TekijaS ge­schaffen) auftauchte. In diesenTekijaS" füh­ren diese Mönch« ihre Tänze wöchentlich ein­mal vor der Oeffentlichkeit auf. Eigentlich ist das WortTanz" hier nicht cm Platze. Die Derwische stehen zu Anfang ihrer Vorführungen fast unbeweglich da. Dec Borbeter führt eigenartige Bewegungen auS, die von den Mönchen dann nachgeahmt werden. Hierbei geben die Derwische Töne von sich, die erst nach und nach von den Ohren der Europäer als eine Art Gesang festgestellt werden. Von diesem Gesang werden die Derwische derarr hingerissen, daß sie bei ihren.Tänzen" in«ine regelrechte Ekstase versinken, in der sie sich gegenseitig mit Messern, Schwertern und lan­gen Nägeln bearbeiten. Im Stadium der Ver­zückung, in das die Derwische geraten sind, fühlen sie weder die Schmerzen der Messerstiche oder Schwerischlöge. In der Autosuggestion werfen sich die Mönche stundenlang ohne Unter­brechung, auf die Erde, erheben sich wieder und machen ihre Bewegungen unter der Ausstoßung von gutturalen Schreien. Dieser Autosuggestion ist es auch zuzuschreiben, daß aus den Wunden, die sich die Derwische gegenseitig beibringen, kein Tropfen Blut fließt. Aber nicht nur die beteiligten Derwische sind von den eigenartigen Lauten hingerissen, es sind auch die Zuschauer, die diese Bewegun­gen unwillkürlich mitmachen. Nicht selten kommt es vor, daß Europäer, dir sich dar erstemal mir Ekel abwandten, später immer wieder zu die­sen Tänzen hingczogen fühlen. Oft kommt eS auch vor, daß einer der stets willlcmmenen Zuschauer am nächsten Tage den Borbeter aussucht, um ihn um die Ausbil­dung in diesen so seltsamen Tänzen zu bitten Ten Derwischen, die«ine Ausbreitung ihres Kultes erstreben, ist jeder, der sich ihnen als Novize anschließen will, herzlich willkommen. Der Novize muß bei den Derwischen eine harte Schule durchmachen, muß seinen Willen ganz in die Gclvalt bekommen. Je nach der Veran­lagung des Novizen dauert diese Ausbildung monate» oder jahrelang. Einer jener, der von den Tänzen der Der­wische derart hingerissen wurde, daß er sich die­ser Sekte, die sich in einem Konflikt mit der mohammedanischen Religionsbehörde befindet, anschloß, ist jener oben genannt« Schriftsteller Ekremov. Aber nicht nur er, auch andere Söhne reicher Mohammedaner Sarajevo  - haben sich diesen tanzenden Derwischen angeschlossen. Paul ThomaS.