79
Die Heimat auf dem Lande W
200
पण
GK- R
204. Töpferwerkstätte auf dem Lande.
Eine Löpferwerkstätte auf dem Lande
Es geht durch unser modernes Kunstgewerbe mehr denn je das Verlangen nach dem Handwerk. Die mechanischen Erzeugnisse der Maschine mit ihrem leblofen Gleichmaß beginnen uns zu langweilen, wir sehnen uns wieder nach Ausdruck und Le bendigkeit der Form und nach jenen fleinen Unregelmäßigkeiten der Handarbeit, die so viel Reig geben können.
An den Kunstgewerbeschulen hat man schon länger das Be ftreben, zum Handwerk zu erziehen, und hat den Schulen Wertftätten angegliedert, in denen die Schüler in die verschiedenen Handwerks- Techniken praktisch eingeführt werden sollen. Man will dadurch den Fehler bekämpfen, daß die Schüler lediglich auf dem Papier Entwürfe zeichnen für Dinge, deren Herstellung fie nie selbst erlebt haben. Die Kunstgewerbeschule in Weimar will jetzt sogar auf den alten Zuschnitt von Meister, Gesellen und Lehrlingen wieder aufbauen.
Hand in Hand mit diesen Bestrebungen geht auch der Wunsch, Schulen und Werkstätten auf das Land zu verlegen, teils wegen gefunderen, billigeren Lebensbedingungen, teils auch, um Schüler oder Lehrlinge dem zerstreuenden, verbildenden Einfluß der Stadt au entziehen und sie der Ursprünglichkeit des Landlebens wieder zuzuführen.
Mus solchen Überlegungen heraus habe ich eine Töpferwerkstatt auf dem Lande gegründet, von der ich erzählen will.
Ich war in München in der Kunstgewerbeschule des Herrn bon Debschitz ausgebildet und suchte nach einem geeigneten Blaz zur Anlage einer Töpferei. Da lernte ich Duingen im Kreise Alfeld fennen, einem Flecken zwischen großen, sehr schönen Wäldern und den sanften Hügeln der Hilsmulde gelegen. Was mich aber bewog, hier zu bauen, war nicht nur die schöne Gegend, sondern die großen Lager von Steinzeugton, den es hier gibt. überhaupt ist die ganze Hilsmulde ein geologisch sehr interessantes Gebiet.
Bor gar nicht langer Zeit waren in Duingen noch 40 Haustöpfereien. Jedes zweite Haus war Töpferei. Da saßen in den großen Töpferstuben Meister, Gesellen und Lehrlinge und drehten auf der Scheibe und die Frauen machten die Henkel. Abends konnte man oft an mehreren Stellen den Feuerschein eines brennenden Töpferofens und die Funken aus den Schorn steinen fliegen sehen, was merkwürdigerweise nie Schaden anrichtete. Was hergestellt wurde, war meist Küchengeschirr nebst Butterfässern und Milchschalen. Die Sachen wurden in Kiepen weit im Lande herumgetragen, anderes wurde im Wagen an
An unsere Leserinnen!
die Weser gebracht, von wo aus es nach Bremen und von da erstaunlicherweise nicht an die Nordsee , sondern an die Ostsee wanderte. Auch heute haben die Duinger noch ganz merkwürdige Beziehungen nach Lübeck , Danzig , Königsberg und gar nach Kopenhagen .
Viel verdient haben die Töpfer nie dabei, aber ganz schlecht wurde die Bezahlung erst, als das Emaillegeschirr anfing, die guten braunen Töpfe zu verdrängen. Der Absatz wurde schlechter und die Töpfer fingen an, einer den andern zu unterbieten. Den Todesstoß gaben endlich noch die Molkereien und Zentri. fugen, die Butterfässer und Milchschalen überflüssig machten. Da gaben die Töpfer einer nach dem andern den Betrieb auf und gingen in eine Fabrik oder wurden Landwirt. Niemand tam darauf, daß man auch andere Dinge aus diesem Ton er zeugen könnte. Daher war das Erstaunen groß, als ich int März des vorigen Jahres in eine der alten Töpferstuben einen modernen Ofen bauen ließ und anfing, Basen, Schalen, Aschenbecher, Tintenfässer usw. mit farbigen Glasuren herzustellen. Zuerst waren es mehr oder weniger Proben und es fehlte nicht an Mißgeschick aller Art. Das pflegt so zu sein im ersten Jahr. Aber dann wurde es immer beffer, im Juli konnte ich schon mit gutem Erfolg eine sehr hübsche Ausstellung des Werkbundes in Hameln beschicken und im September die Leipziger Messe. Vor Weihnachten standen die Sachen in 11 Ausstellungen. Im Augenblick schwimmt ein allerdings nur sehr kleiner Teil meiner Sachen auf dem Ozean, um mit einer Ausstellung deutschen Kunstgewerbes die Großstädte Amerikas zu durchreisen.
Es ist noch teineswegs alles so, wie ich es haben möchte, aber darin liegt gerade ein Reiz des Unternehmens. Gin rechter Keramiker hört nie auf zu experimentieren und Möglichkeiten bon Glasuren und Tonen zu erträumen. Wer Geld verdienen will, der gibt sich bald zufrieden, wenn er eine gut verkäufliche Ware erzeugt, aber wer ein keramisches Herz hat, der macht fein Leben lang Proben. Ich tue nach Möglichkeit beides.
Die guten Duinger unterstüßen mein Tun nach Kräften, taufen und bestellen viel, auch wird jeder Hausbesuch aus weitem Umkreis zu mir in die Töpferstube gebracht. Was mich aber am meisten freut, ist, daß die Duinger Jungens gerne zu mir in die Lehre gehen wollen. Ostern tam der erste. Ich bin dessen gewiß, daß ich keine Aufgabe so ernst nehmen und mit solcher Freude betreiben werde, als diese, der Jugend Lust und Liebe zum guten alten Handwerk beizubringen.
Wer aber von den Lesern in die Gegend von Alfeld kommen follte und Interesse für meine Sache hat, ist herzlich eingeladen, mich in meiner Töpferstube zu besuchen. Gertrud Kraut.
Schon lange find wir bestrebt, unsere Zeitschrift ,, Die Frau und ihr Haus" zu erweitern und so auszubauen, daß die Fragen, die im Vordergrund des Interesses unserer deutschen Frauen stehen, eingehend behandelt werden können. Wir haben die Freude, unseren Referinnen mitteilen zu können, daß wir von der Oktobernummer an unsere Zeitschrift mit einer vierfeitig erweiterten Beilage„ Einfacher Hausrat herausgeben, und es uns dadurch ermöglicht ist, in Wort und Bild auf die jetzt besonders wichtigen Wohnungsfragen näher einzugehen. Die Nummern des letzten Vierteljahres geben wir probeweise zum alten Preis. Vor Beginn des neuen Jahres werden die neuen Bezugspreise bekanntgegeben. Die Beilage ,, Einfacher Hausrat fann auch als Ausgabe A der Zeitschrift ,, Die Frau und ihr Haus" allein bezogen werden. Wir haben den Wunsch vieler unserer Leserinnen erfüllt und hoffen gerne, daß wir durch Werbungen in Bekanntenkreisen in unseren Bestrebungen unterstügt werden. Die vorliegende Nummer ist als Werbenummer direkt durch den Verlag erhältlich. Schriftleitung. Werlag.