Für unsere Mütter und Hausfrauen

Nr. 5

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Beilage zur Gleichheit oooooooo

Inhaltsverzeichnis: Gewalt und Betrug. Von Leo Tolstoi  . Psychologie der Frauen. II. Von Edmund Fischer  . zeug und Spielmaterial. Von Toni Sußmann. Uttu. Von Willy Seidel.  ( Schluß.)

Gewalt und Betrug.

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Männer

21,7 Prozent

Frauen 30,7 Prozent 41,8=

Zur Von Spiel­Feuilleton:

radikal gemäßigt. konservativ

.

.

.

.

61,2= 17,1 d

Im Altertum überfielen die Krieger mit ihren Führern die Ein­wohner eines Landes, unterwarfen sie und plünderten sie aus. Und alle teilten sich in die Beute nach dem Maße ihrer Tapferkeit und Grausamkeit, und jedem Krieger war es klar, daß die Gewalttaten, die er verübte, für ihn von Vorteil seien. Seute überfallen die be­waffneten Menschen, die hauptsächlich der Arbeiterklasse entnommen sind, wehrlose Menschen, streifende Arbeiter, Aufrührer, oder die Bewohner fremder Länder, unterwerfen sie und plündern sie, das heißt zwingen sie, den Ertrag ihrer Arbeit abzugeben. Aber das tun sie nicht für ihren eigenen Vorteil, sondern für Menschen, die nicht einmal selbst mitkämpfen. Der Unterschied zwischen den Eroberern des Altertums und den heutigen Herrschenden besteht darin: Jene Eroberer überfielen selbst mit ihren Kriegern wehrlose Menschen, und im Falle, daß diese sich widersetzten, marterten und mordeten sie selbst. Die heute Herrschenden aber bringen die Martern und Morde an wehrlosen Menschen nicht selbst zur Aus­führung, sondern zwingen betrogene und eigens zu diesem Zwecke vertierte Menschen, das zu tun, Menschen, die in vielen Fällen eben dem Volke entnommen sind, das sie vergewaltigen müssen. So daß früher es noch persönlicher Anstrengungen zur Ausführung der Gewalttaten bedurfte: der Tapferkeit, Grausamkeit, Gewandtheit der Eroberer selbst; die heutigen Gewalttaten werden aber durch Betrug verübt. Leo Tolstoi   in: Moderne Sklaven".

O OO

Zur Psychologie der Frauen.

II.

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Die für unsere Frage in Betracht kommenden Erhebungen haben zum größten Teil Studenten und Studentinnen, auch Schüler Knaben und Mädchen in Gymnasien und Realschulen erfaßt. Ebenso wie andere angestellte Beobachtungen haben sie nach Pro­fessor Heymans ergeben, daß die Frauen eine größere Aktivi­tät zeigen als die Männer, sie an Fleiß, praktischem Sinn, Mut, Geduld, Glaubwürdigkeit übertreffen, auch weniger ihre Pflichten vernachlässigen, seltener zerstreut, uneigennüßiger, weniger egoistisch sind. Alle diese Eigenschaften, erklärt Heymans aus der stärkeren Emotionalität des weiblichen Geschlechts. Wenn bei dem Manne irgendein Ziel im Bewußtsein auftaucht, mag es größer oder kleiner, näher oder entfernter sein sieht er meist im ersten Augenblick neben dem Für auch einiges Wider, oder er sucht doch instinktiv nach einem Gegengewicht. Es kommt dies daher, daß weder das Für noch das Wider in seinem Gefühl stark genug be­tont ist, um sein ganzes Bewußtsein in Anspruch zu nehmen. Bei der Frau dagegen soll beobachtet worden sein, daß häufig fast gleichzeitig mit der Vorstellung eines bestimmten Ziels auch seine entschiedene Bejahung oder Verneinung auftritt. Erst allmählich wird durch Gegengründe das anfängliche Urteil abgeschwächt oder in seiner Richtigkeit angezweifelt. Die zuerst erfaßte Seite des vor­gestellten Zieles löst starke Gefühle aus und zieht dadurch die ganze Aufmerksamkeit auf sich. Jene Gefühle müssen etwas nachlassen, damit auch die anderen Seiten der Sache sich im Bewußtsein Geltung verschaffen. Im Handeln des weiblichen Ge­schlechts soll deshalb mehr innerer Zusammenhang, mehr Trachten nach dem Ganzen zu finden sein, in dem des Mannes aber mehr Zerstückelung. In der Folge pflegen die Frauen auch in großen und in fleinen Dingen leidenschaftliche Parteigänger zu sein, fast immer sind sie mit ganzer Seele für oder gegen etwas oder jemand. Lauheit ist ihnen im allgemeinen verhaßt, und sie ver­treten gern die Ansicht, daß man den Dingen kalt oder warm" gegenüberstehen soll. Bei einer Erhebung wurde zwar festgestellt, daß die Zahl der Frauen, denen überhaupt eine politische Richtung zugeschrieben werden konnte, bedeutend geringer als diejenige der Männer ist, von denen das galt, nämlich 342 gegen 918. Unter den So= Frauen jedoch befanden sich prozentual viel mehr Radikale zialisten, Anarchisten- und Konservative und beträchtlich weniger Gemäßigte als unter den Männern. Es waren

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27,5

:

1912

Unter den radikalen Männern befanden sich 8,9 Prozent Sozia­listen oder Anarchisten, unter den radikalen Frauen aber 13,7 Pro­zent. Die Erhebung hatte nur Personen der gleichen Gesellschafts­klasse erfaßt. Übrigens läßt sich nach unserer Meinung gerade der starke Prozentsatz konservativer und radikaler Parteigängerinnen sehr wohl auch anders als mit den hervorgehobenen weiblichen" Eigenschaften erklären. Nämlich aus der sozialen Stellung des weiblichen Geschlechts. Die künstlich gezüchtete politische Gleich­gültigkeit der Frau und ihr Hängen am Hergebrachten mit ihren Be­gleiterscheinungen geben einen guten Nährboden für konservative Gesinnung. Sind aber diese Überlebsel der Vergangenheit über­wunden, so weist das Streben der erwachten Weiber nach sozialer Gleichberechtigung, nach harmonischem Menschentum auf radikale Lösungen hin. Professor Heymans schließt auf Grund der ange­führten Ergebnisse weiter, daß die Frauen seltener für einen Kom­promiß zu gewinnen sind. Auch soll es ihnen bei der Parteinahme für oder wider eine Sache schwerer gelingen, relatives Recht und relatives Unrecht nebeneinander in den richtigen Verhältnissen zu sehen. Das Eindrucksvollere oder zeitlich Frühere würde eben bei ihnen das weniger Eindrucksvolle oder Nachkommende aus dem Bewußtsein verdrängen. Die starken Gefühlserregungen sollen fer­ner einen so starken natürlichen Wesenszug der Frauen bilden, daß diese solche Erregungen wünschen und suchen. Heymans findet darin die Wurzel einer angeblichen Neigung der Frauen zum Ver­botenen, die in Ibsens  " Frau vom Meere" den großartigsten Aus­druck gefunden hätte, sich aber auch im Kleinsten offenbare. So zum Beispiel darin, daß viele Damen mit Vorliebe die Zollgesetze um­gehen, indem sie gelegentlich zollpflichtige Gegenstände über die Grenze schmuggeln, und zwar nicht etwa des Gewinnes wegen, sondern gewissermaßen als Selbstzweck, aus Freude an der Sache. Unmittelbar äußert sich das emotionelle Bedürfnis in der An­ziehung, die dramatische Szenen auf der Bühne und im Leben auf die Frauen ausüben, ferner in deren lebhaftem Interesse an sen­sationellen Kriminalfällen und endlich im allgemeinen darin, daß sogar entschiedene Unlustgefühle wie Mitleid, Furcht, Schauder für sie auch eine reizvolle Seite haben.

Die Behauptung von der Willensschwäche der Frauen ist nach Heymans durch eine Erhebung widerlegt worden, die fol­gendes Ergebnis geliefert hat:

Männer

Frauen

emotionell

nicht emotionell

emotionell

nicht emotionell

Prozent Prozent Prozent Prozent

Mutig Ängstlich. Geduldig Ungeduldig.

25,9

36,5

38,3

50,1

36,9

19,6

30,2

15,0

33,5

43,9

43,4

56,4

32,0

.

20,0

22,4

11,2

Chirurgen und andere Ärzte erklären ziemlich einstimmig, daß die Frauen bei Operationen viel standhafter Schmerzen ertragen als Männer und auf dem Krankenbett mehr Mut und Geduld be­weisen als diese. Heymans schließt aus allen seinen Beobachtungen, daß sich die Frauen nur willensschwach in demjenigen zeigen, was außerhalb der Sphäre der großen Pflichten und Interessen liege. Die ruhige Fassung, die eine Frau auf dem Krankenbett, beim Schiffbruch oder während einer Epidemie an den Tag lege, werde sie vielleicht nicht behaupten können im schaufelnden Ruderboot, im Wagen hinter etwas feurigen Pferden oder selbst beim Erscheinen einer Maus oder einer Spinne. Die unendliche Geduld, die sie als Mutter bei der Erziehung ihrer Kinder, als Gattin bei der Pflege eines invaliden, reizbaren, hypochondrischen Mannes erweist, werde sie verlassen, wenn sie als Ladnerin einer sich schwer entschließenden Kundin immer mehr Neues vorzuzeigen oder als Postbeamtin stets wieder die näm­lichen dummen Fragen zu beantworten habe. Wo große Motive vorliegen, nehmen sie bei Frauen das Bewußtsein so vollständig