sprüche in getrennten Prozessen verhandelt werden, daß das Bleiche geschieht mit einer Gegenforderung, welche mit der in der Klage geltend gemachten Forderung nicht in rechtlichem Zusam­menhang steht, endlich daß bei mehreren auf denselben An­spruch sich beziehenden selbständigen Angriffs- oder Verthei­digungsmitteln( Klaggründen, Einreden, Repliken u. s. w.) die Verhandlung auf eines oder einige dieser Angriffs- oder Ver­theidigungsmittel zu beschränken sei. Alle diese Befugnisse des Richters gewährleisten die mündliche Verhandlung der Prozesse. Wie aber entgeht der mündliche Prozeß der Gefahr, daß das jenige, was in ihm verhandelt worden ist, der Vergessenheit an­heimfällt? Jeder Prozeß bezweckt, Streitigkeiten aus der Welt zu schaffen. Dieser Zweck wird aber unmöglich erreicht, wenn alle und jede Beurkundung des Prozeßstoffes mangelt. Dafür Sorge zu tragen, ist eine Hauptaufgabe des Gesetzgebers mit. Die Civilprozeßordnung bietet daher selbstverständlicher Weise verschiedene Mittel einer solchen Beurkundung des Streitstoffes. Zunächst ist hier wiederum der vorbereitende Schriftenwechsel zu erwähnen und auf die Vorschrift des§ 270 der Civilprozeß­ordnung aufmerksam zu machen, nach welcher alle wesentlichen Erklärungen, welche in vorbereitenden Schriftsätzen nicht enthal ten sind, oder- wesentliche Abweichungen von dem Inhalte solcher Schriftsäße auf Antrag durch Schriftsäße, welche dem Protokoll als Anlage beizufügen sind, festzustellen sind. Weiter kommt Weiter kommt hierin das Sizungsprotokoll in Betracht, welches über jede münd­liche Verhandlung vor dem Gericht aufzunehmen ist. Es enthält den Ort und Tag der Verhandlung, die Namen der Richter, des Gerichtsschreibers und des etwa zugezogenen Dolmetschers, der Bezeichnung des Rechtsstreites, die Namen der erschienenen Bar­teien, ihrer gesetzlichen Vertreter, Bevollmächtigten und Beiſtände, sowie endlich, daß öffentlich verhandelt oder die Deffentlichkeit ausgeschlossen worden ist. Der Gang der Verhandlung wird im

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übrigen nur im allgemeinen angegeben. Doch sind zu Protokoll festzustellen Anerkenntnisse, Verzichtleistungen und Vergleiche, An­träge und Erklärungen, deren Feststellung vorgeschrieben ist, die Aussagen der Zeugen und Sachverständigen, das Ergebniß eines Augenscheines, die Entscheidungen des Gerichts und deren Ver­fündung. Endlich dient noch der Beurkundung des Prozeßstoffes der Thatbestand des Urtheils, d. i. eine gedrängte Darstellung des Sach- und Streitſtandes auf Grundlage der mündlichen Vorträge der Parteien unter Hervorhebung der gestellten An­träge.

Bei der Behandlung der Frage der Beurkundung des Pro­zeßstoffes sehen wir sonach, daß der mündliche Prozeß keineswegs absolut die Schrift ausschließt. Sie kommt auch im neuen Pro­zeß nicht nur als Beurkundungs- und Erinnerungsmittel, sondern als relevante Erscheinungsform von Prozeßvorgängen, z. B. bei der Klage vor. Unfruchtbarer Doktrinarismus mag hierin eine Inkonsequenz, eine Prinzipwidrigkeit konstatiren. Dem ist aber zu entgegnen, daß der Prozeß nicht den Zweck hat, auf Prinzipien zu reiten.

Den Prozeß darf und soll nur gestalten sein Zweck, eine ge­rechte Rechtspflege zu ermöglichen. Wir dürfen hoffen, daß die neue Civilprozeßordnung diesem Ziele nahekommt.

Diese Garantie gerechter Rechtspflege wird, um nun endlich das letzte und als solches gewiß nicht das geringste allgemeine Prinzip des neuen Verfahrens zu nennen, unter allen Umständen noch erhöht und gefestigt durch die Oeffentlichkeit des Verfahrens. Die Deffentlichkeit des Verfahrens ist im Strafprozeß das Pal­lodium der Rechtspflege. Es wird es auch werden im Civil­prozeß. Vor dem Lichte der Deffentlichkeit wird sich das Unrecht in allen Gestalten schen in seine Winkel zurückziehen, das Recht in ihm Schutz bei dem Richter, Hülfe bei dem Anwalt und seine Pflege Vertrauen bei dem Volk gewinnen.

Afrika   und seine Erforschung.

Wie viel die großartige Entwicklung der Verkehrsmittel zur wesent­lichen Erweiterung der geographischen Kenntnisse der Menschheit bei­getragen hat, werden wir erst dann gewahr, wenn wir unser dies­bezügliches Wissen mit dem der Alten vergleichen. Unsere neuesten Karten von Afrika   weisen zwar auch noch manchen hellen, d. h. un­erforschten Fleck auf; aber die alten Karthager und Aegypter, obzwar selbst Bewohner von Afrika  , wußten außerhalb ihrer Grenzen gar nicht Bescheid. Die Erforschung des 543.570 Quadratmeilen umfassenden afrikanischen Kontinentes ist eine Lebensfrage für das verarmte Europa  , weil jener dem Handel neue Anknüpfungspunkte, der Industrie frisches Absatzgebiet und in seinen Hochländern vielleicht dereinst Unterkunft für den Bevölkerungsüberschuß gewähren wird. Das erste seefahrende Bolt, welches die Geschichte die Phönifier nennt, dessen Wiege die alt­berühmten Hafenstädte des Mittelländischen Meeres Sidon und Tyrus  waren, hat auch die ersten Pionniere zur Erforschung Afrikas   gestellt. Sechshundert Jahre vor der christlichen Aera unternahmen phönitische Seefahrer auf Befehl des ägyptischen Pharao Necho   eine Umschiffung von Afrika  . Sie fuhren vom Rothen Meere in südlicher Richtung und kehrten nach dreijähriger Fahrt durch die Säulen des Herkules, heute Straße von Gibraltar genannt, nach Aegypten   zurück. Auch die nord­afrikanischen Kolonisten aus dem phönitischen Mutterlande trieb die Uebervölkerung ihres Staates Karthago   zur Erforschung von Inner­afrika. Da ihnen die Wüste Sahara   das Vordringen nach Süden un­möglich machte, versuchten sie 130 Jahre später, vielleicht auf die Er­fahrungen der Väter gestüßt, die Umschiffung Afrikas   in entgegen­gesetzter Kichtung, tamen jedoch unter ihrem Anführer Hanno nur bis zum 10. Grad nördl. Breite der Westküste Afrikas  , heute beiläufig in der Gegend von Sierra Leone  , einer portugiesischen Faktorei. Ob noch andere Entdeckungsreisen unternommen wurden, ist nicht bekannt, aber wenig wahrscheinlich, weil sich die Kenntniß vom Innern des geheim­nißvollen Festlandes nur auf den fruchtbaren Rand nördlich der Sahara  und auf das alte Kulturland Aegypten   erstreckte. Der älteste griechische Geograph Eratosthenes   beschreibt uns die Pulsader Aegyptens  , den Nilfluß, mit seinen Krümmungen bis zur Stadt Meroë   und schildert seinen Nebenfluß, den Aftaboras, heute Atbara. Auch die Spaltung des Flusses in den Blauen und Weißen Nil war den Alten bekannt. Den Ursprung des ersteren vermuthete man in Abessinien, den des lezz­teren( nach Ptolemãos) in den Seen der südlichen Erdhälfte, eine An­nahme, welche durch die neuesten Entdeckungen bestätigt wurde. Die Nachfolger in der Herrschaft der Aegypter und Karthager, die Römer, drangen nur so weit vor, als ihre Waffen reichten. Ihre Emissäre Polybios, Suetonius Paulinus   und Cornelius Balbus über­stiegen wohl das Atlasgebirge und drangen in die Sandwüste Sahara  bis zum Wendekreis des Krebses vor. Der Lauf des Flusses Niger  , der unter dem fünften Grad nördlicher Breite in den Meerbusen von

Guinea   mündet und dessen Stromgebiet fast das halbe nordwestliche Afrika   umfaßt, kannten die Römer nur aus den Erzählungen kartha­ginensischer Kaufleute.

Wie wenig übrigens die Römer eine Ahnung von der wahren Ge­stalt Afrikas   hatten, eines Namens, den sie offiziell nur für die Provinz, worin Karthago   lag, brauchten, geht daraus hervor, daß sie Aegypten  zu Asien   rechneten. Die germanischen Eroberer Nordafrikas  , die Van­dalen, haben keine Spur ihrer Forschungen der Nachwelt zurückgelassen; desto mehr ihre Nachfolger, die Araber. Ganz unähnlich den Türken von heute, die ihre Kräfte in Haremsfreuden vergeuden, wurden die muhamedanischen Eroberer der Mittelmeerstaaten das erste Kulturvolk des Mittelalters, dem wir wesentliche Erweiterungen der geographischen Kenntnisse von Afrika   verdanken. Wie noch heute durchzogen ihre Kara­wanen das nördliche Tiefland Afrikas  . Die Karten von den arabischen Reisenden Edrisi( 1154) und Ibn Batuta  ( 1324) sind gegenwärtig noch maßgebende Anleitungen für Nordafrika  , die Sahara   und den Sudân  . Ihre Kolonien an der Ostküste Afrikas  , die leider zum Zweck der schändlichen Ausfuhr des schwarzen Menschenfleisches nach Arabien  und Persien   errichtet wurden, bestehen theilweise noch in den verrotteten Sultanaten von Seila und Zansibar. Den arabischen Sklavenhändlern waren im 14. Jahrhundert die Insel Madagaskar   und das Negerreich Melli am Niger  ( Innerafrika) als ergiebige Bezugsquellen von Sklaven bekannt.

Die größte Erweiterung verdankt die Erforschung Afrikas   der ver­besserten Schifffahrt. Zu Ende des 14. Jahrhunderts erscheinen die Europäer in Afrika  . Um diese Zeit haben die Genuesen die den Kar­thagern schon bekannten, aber längst vergessenen kanarischen Inseln und Madeira  ( westlich von Afrika   unter dem 30. Grad nördlicher Breite) wieder aufgefunden. Im 15. Jahrhundert traten die Portugiesen ihre Entdeckerlaufbahn an. Im Jahre 1434 wurde Kap Bojador, 1446 Kap Verde   bis zur Mündung des Flusses Gambia   von ihnen umsegelt. Von hier aus drangen die Bortugiesen tief in die Sahara   hinein und erbauten als Rückhalt ihrer Entdeckungsreisen das heute noch bestehende Fort Arguin. Im Jahre 1472 erreichten sie die Inseln im Guinea­busen Fernando Po, Sankt Thomas   und Anobon. Zwölf Jahre später betrat der erste Deutsche, der nürnberger Ritter Behaim  , den afrika­nischen Boden und zwar an der Mündung des Kongo, unter dem 7. Grad südlicher Breite. Nachdem die unermüdlichen Portugiesen 4000 Kilometer Küstenland diesseits des Aequators untersucht hatten, drangen sie 2000 Kilometer jenseits des Aequators vor. Bartholo­ mäus Diaz   erreichte 1486 die Südspize Afrikas  , das Kap der guten Hoffnung, und Vasco de Gama   fuhr 1498 herum, untersuchte die Ostküste Afrikas   und fand so den Seeweg nach Ostindien. Die Portu­giesen Pedro Covilham und Affonso de Paiva drangen nördlich vor und entdeckten Abessinien. Damit war nach einer Pause von 21 Jahrhunderten Afrika   zum zweiten male umsegelt. ( Fortseßung folgt.)