Die Cene Well

13.

Illustrirtes Unterhaltungsblatt für das Volk.

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Erscheint wöchentlich.- Preis vierteljährlich 1 Mark 20 Pfennig. In Heften à 30 Pfennig. Zu beziehen durch alle Buchhandlungen und Postämter.

Dem Schicksal abgerungen.

Novelle von Rudolph von 33...... ( Fortsetzung.)

1880.

[ 1879]

wenn du schon lange auf dem Sepha herumlungerst, um zu reden, wie du selber redst, Vetter Packert. Adieu, Vetter, grüß mir die Mathilde!"

Der Cigarrenreisende Schneider- unsere Leser wissen, daß der Dienstmann Willisch in den Stunden seiner extraordinären Thätigkeit als geheimer Geschäftsträger des Herrn Schweder sich also nannte beschleunigte an der nächsten Ecke seinen Schritt Der Abschiedsgruß blieb ebenso einseitig, als der der An­ganz auffallend, zu gehen schien ihm zu langsam, er lief beinahe. funft. Packert, der das Bedürfniß fühlte, sich mit irgendwem An einem kleinen Hause in einer kleinen Onerstraße-dem gründlich herumzuzanken, und sich in der Hoffnung, der Vetter Rittergäßchen angelangt, hielt er einen Augenblick an, schaute werde ihm dazu wenigstens ein halbes Stündchen still halten, sich um und schlüpfte dann rasch hinein. Im ersten Stockwerk- zu seinem großen Aerger getäuscht sah, grunzte dagegen:" Hol' es war auch das letzte, denn das Haus war einstöckig Klopfte den Kerl der Teufel. Hält das ohnehin hundemäßig kalte Loch er an eine Thür, an welcher das vor kurzem erst durch die Abend von' ner Wohnung für' nen Taubenschlag, in dem jeder Spazz wolken hindurchgedrungene Mondlicht den mit großen, schwarzen so mir nichts dir nichts aus und einfliegt. Die Mathilde hat Frakturbuchstaben auf weißer Glanzpappe gedruckten Namen den Kerl verwöhnt; muß' n gelegentlich' mal die Treppe runter­Packert matt, aber doch bis zu leidlicher Lesbarkeit beleuchtete. bugsiren, damit ich die auf einmal wieder so dick gewordene Ein tiefer Baß grunzte mehr als er rief: ,, Herein!" Freundschaft wieder auf' ne Weile los werde." Willisch trat hastig ein.

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Gut'n Abend, Vetter!" sagte Willisch. Ich will mir blos meine Bluse über'n Rock ziehen, ich hab' noch' ne Dienstmanns fommission."

Damit stellte er seinen Cylinderhut auf ein Wandbrett neben einen Berg von Tellern und Tassen, nahm, als ob er hier ganz zu Hause wäre, hinter einem eine Nische verhüllenden grünen Vor­hange eine blaue Bluse und eine Dienstmannsmüze hervor und zog sich die Bluse über seinen ,, noblen" Ueberzieher.

Der Mann, welcher auf einem kleinen Sopha, der Thür gegenüber, halb liegend saß und aus einer langen Weichselrohr pfeife riesige blaugraue, unangenehm riechende Rauchwolken hervor sog, um das kleine, niedere Zimmer damit bis zum Ersticken zu füllen, erwiderte den Gruß garnicht erst und blieb liegen, wie er lag. Dafür regalirte er seinen Better Willisch mit ein paar grunzenden Bemerkungen:

" So? Ist man also, seit man als Lohndiener bei der so­genannten feinen Sippschaft frumme Buckel und lange Finger macht, noch nicht selber zu fein geworden, um noch spät abends den Dienstmann zu spielen? Na,' s wird jedenfalls' nen schönen Groschen zu verdienen geben verdienen nennt man's und erlungern sollt man's nennen; so' n patentirter Tagedieb von Dienstmann   weiß immer, wo er bleibt, das weiß die Schock schwerenoth die Kerle kommen alle zu was!"

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Willisch war über derartige Grobheiten himmelhoch erhaben, er lachte blos:

Du bist viel eher' n patentirter Grobian, Vetter Packert, als ich' n dito Tagedieb; ich muß mich noch stundenlang schinden,

Willisch war, als der Vetter Packert mit dieser liebenswürdigen Begrunzung seines in der That seit kurzem auffällig häufig ge­wordenen Besuches fertig geworden, längst über alle Berge. Er hatte wieder einen Dauerlauf begonnen, der ihn mit großer Ge­schwindigkeit kreuz und quer durch eine Reihe von Straßen und Gassen, durch Durchgänge und Höfe hindurchführte. An einem großen, alten, aber noch sehr vornehm aussehenden Hause in der innern Stadt machte Willisch auf seiner anstrengenden Tour von neuem Station. Es war das uralte Patrizierhaus, dessen Par­terre und erstes Stockwerk der Justizrath Wichtel bewohnte. Willisch zog nicht an der Glocke, die ihm das große Hauptportal geöffnet hätte, sondern öffnete und schloß hinter sich eine kleine, in den Hof führende Nebenpforte.

Diesmal hielt er sich länger auf, als bei dem Vetter Packert. Erst nach einer Viertelstunde ungefähr erschien er wieder in der kleinen Pforte; aber jetzt schien er es womöglich noch eiliger zu haben, als zuvor. Er steckte die rechte Hand in den Mund und ließ einen gellenden Pfiff ertönen; dann lief er, so rasch er konnte, in der Richtung auf den nächsten Droschkenstandplay zu.

Das Pfeifen hatte seinen Zweck erreicht. Auf dem halben Wege kam dem geschäftseifrigen Dienstmann in raschem Trabe eine Droschke entgegengefahren. Er stieg zu einiger Verwun­derung des Kutschers   selber in den Wagen, nachdem er ihm zu­gerufen hatte:

"

" Recht rasch nach der kleinen Promenade Nummer sieben!" Der Droschtenkutscher schien wenig erbaut. Deswegen hätt'st du auch nicht so' n Lärm zu machen brauchen, Bruder Dienst­ mann  ," bemerkte er.