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Illustrirtes Unterhaltungsblatt für das Volk.

10.

Erscheint wöchentlich.

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Preis vierteljährlich 1 Mark 20 Pfennig. In Heften à 30 Pfennig. Zu beziehen durch alle Buchhandlungen und Postämter.

Dem Schicksal abgerungen.

Novelle von Rudolph von 23...... ( Fortsetzung.)

Fritz Lauter wäre trostlos gewesen über das Resultat seines Nachdenkens, welches ihm den Grund und Boden der einzigen in sich geschlossenen Bildungsmethode, die er kannte, unter den Füßen hinwegzog, wenn ihn nicht die neuliche, für ihn so fruchtbringende Unterhaltung mit dem Herrn Klose einen neuen Weg des Studi­rens und Strebens gewiesen hätte, der ihn nach seinem Urtheile mit größerer Sicherheit und weniger Beschwerden dem fernen Biele einer tüchtigen, lebensbrauchbaren Geistesbildung entgegen führen mußte.

Herr Klose sollte den jungen reichen Damen Vorträge halten über Gegenstände der deutschen Literatur. Was ist diese Literatur anders, als die Schazkammer, welche alle die guten und großen Gedanken in sich schließt, die jemals gedacht worden sind! Welche doch offenbar das beste Spiegelbild geben muß von dem ganzen Leben und Weben des Volkes, von dem Dichten und Trachten der besten geistesmächtigsten Köpfe, von dem Streben und Ringen der Massen! Das war jedenfalls der Baum, von dem man die Früchte der Erkenntniß nur zu pflücken brauchte. Was hatte Friz Lauter bis jetzt von dieser deutschen Literatur, deren Gedankenreichthum und Formenschönheit er so oft hatte rühmen hören, zu seinem geistigen Eigenthume machen können?

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Literatur die deutsche Literaturwollte Fritz also stu­diren, und er glaubte mit aller Sicherheit darauf rechnen zu können, daß Herr Klose bereit sein würde, ihm dabei mit Rath und That an die Hand zu gehen.

Und darin hatte er sich auch nicht verrechnet; der alte Herr war sogar lebhaft erfreut, als Friß ihm sehr bescheiden die Frage vorlegte, wie er, Frih, wohl recht viel von der deutschen Literatur lernen könne. Borerst hatte Herr Klose mit der Gegenfrage geantwortet, was er denn wohl stndiren wolle, welches Gebiet der Literatur ihn am meisten anziehe.

Das war nun wieder eine Frage gewesen, auf die Fritz nicht vorbereitet war. Welches Gebiet welches?

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" Ich muß gestehen," sagte er ziemlich kleinlaut, daß ich auf Ihre Frage, Herr Klose, nicht recht zu antworten weiß. Denn wenn ich erwiderte, daß ich wohl Luft hätte, alle Gebiete der Literatur kennen zu lernen, und womöglich auch von Grund aus kennen zu lernen, so würden Sie mich gewiß auslachen und für einen Dummkopf halten, der noch nicht einmal eine Ahnung davon hat, wie ungeheuer umfangreich unsre Literatur ist. Einen be sondern Theil unsrer Literaturwerke vermag ich aber nicht zu bezeichnen, weil ich wirklich nicht weiß, was für einen so un­

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wissenden Menschen, wie ich bin, wohl das Beste und Nützlichste und zugleich das am ehesten Verständliche iſt."

"

Herr Klose hatte seinem jungen Freunde aufmerksam zugehört und ihm dann die Hand hingestreckt." Reichen Sie mir Ihre Hand, lieber Lauter," hatte er dann sehr freundlich und warm gesagt. Sie sind nicht nur ein sehr strebsamer Mensch, sondern Sie sind auch einsichtig und bescheiden. Wenn man den Menschen gegenüber nicht allzu bescheiden ist, im gerechten Stolze darauf, daß man nach aufrichtiger Ueberzeugung seine Pflicht thut und der Menschheit nach Kräften nüßt, so hat man gewiß recht, aber der Wissenschaft gegenüber, das heißt der Gesammtheit dessen, was von Natur- und Menschenleben als richtig erkannt und in systematische Ordnung eingereiht, gelten muß, diesem höchsten Schatze und unveräußerlichen Gemeingut aller Menschen gegen­über kann der einzelne nicht bescheiden genug sein. Und zwar liegt das, wie alles Gute und Richtige in der Welt im Interesse dessen selbst, der diese Bescheidenheit übt. Nur wer die Wissen­schaft über alles hochachtet, wer sich ihr gegenüber so recht klein und nichtig fühlt, wird mit dem nöthigen Eifer, der nöthigen Andacht, möcht' ich sagen, an ihr Studium gehen." Herr Klose hatte fortfahren wollen, aber er unterbrach sich, denn es schien ihm, als drängte es Frizz Lauter, eine Bemerkung dazwischen zu werfen. Sie verstehen wohl nicht, was ich meine, lieber Lauter, ich habe mich wohl nicht deutlich ausgedrückt?" fragte er daher.

" Ich weiß nicht, ob ich Sie ganz verstanden habe," entgegnete Friz; ich wollte mir darum die Frage erlauben, ob Sie sagen wollten, daß man alles, was einem die Wissenschaft bietet, im Gefühle seiner eigenen Nichtigkeit auf Treu und Glauben an­nehmen müsse?"

Herr Klose lächelte.

Und dazu haben Sie wohl garnicht recht Lust, Sie jugendlicher Kritikus?"

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Es scheint mir wenigstens, als wenn der Menschheit daraus gar sehr viel Unheil erwachsen wäre, daß die meisten Menschen sich vor dem, was ihnen als Wissenschaft entgegentrat, immer viel zu unbedeutend vorgekommen sind, um ein eignes Urtheil zu wagen. Ich möchte daher auch von der Wissenschaft nur das als giltig anerkennen, was ich selber zu begreifen vermag." Friz ſtockte einen Augenblick. Ich weiß freilich, daß ich im Leben, und wenn ich auch noch soviel studiren könnte, nicht alles begreifen lernen kann, was die Wissenschaft lehrt, aber er stockte wieder; er suchte offenbar nach dem passendsten Ausdruck für seine Gedanken.

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V. 6. Dezember 1879.