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Frank Bervin:
Qu 87 in Gefahr!
Armand Gontran blidte halb ärgerlich, Claire hatte ihm nach diesen Worten ge= halb lachend der Meute junger Offiziere nach, rade in die Augen gesehen und er hatte alle die ihm seine schöne Tänzerin entführt hatte, Selbstbeherrschung aufbieten müſſen, um dieses dann nahm er dem Diener vorsichtig ein Glas herrliche Geschöpf nicht vor allen Leuten in die ab und zog sich in einen halbwegs ruhigen Win- Arme zu nehmen. fel des Gesandtschaftspalais zurüð.
Kapitän Armand Gontram fühlte das Bedürfnis ein wenig mit seinen Gedanken allein zu sein. Gedanken, die wie er sich eingestand einer gründlichen Klärung und Betrachtung dringend bedurften.
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Es ist nicht leicht, mit sich selbst ins reine zu kommen, wenn man sich durch das Erlebnis eines einzigen Abends genötigt sieht, zwanzig Jahre grundlegender Ueberzeugung zum alten Gerümpel zu werfen, ganz beſonders, wenn die Ursache dieser schwerwiegenden Umwälzungen eine Frau ist.
Armand Gontran, Kommandant des Zerstörers Qu 87" auf Patrouillenfahrt in den
,, Auch ich verlasse noch heute Saigon“, hatte sie dann langsam gesagt. ,, Aber wenn ich zurüdkomme, werde ich Ihre Frage beantworten, Armand..."
Dann war die Meute ihrer Bewunderer wieder aufgetaucht und hatte sie in den Tanzaal entführt, während er mit seinen Gedanten allein blieb.
,, Hallo, Gontran", sagte eine joviale Stimme in diesem Moment neben ihm.„ Nein, kehalten Sie nur Play!" und Admiral Breissac ließ sich schwer in den nächsten Fauteuil sinken.
Die Ou 87' läuft in drei Stunden aus. Versiegelie Order; alle Vorsichtsmaßregeln. seiner Vorgesetzten und das leuchtende Vorbild matisch mit Rauschgift verseucht, endlich an den chineſiſchen Gewäffern, die große Hoffnung Wir müssen dieser Bande, die das Land systefeiner Untergebenen lächelte ein wenig, als er Kragen. Sie wissen, Gontran, was auf dem sich die schlanke und so reizvolle Gestalt vorstellte, der es gelungen war, aus dem Pflicht- Spiele steht: wenn Sie den Schmuggler heute nicht kapern oder vernichten, kann es Monate und Arbeitsmenschen in einem einzigen Abend tauern, ehe wir wieder in den Besitz von Ineinen verliebten Jungen zu machen. diesmal kein Schlag ins Waſſer ſein wie bizformationen gelangen. Es darf ganz einfach
Claire Glaudin. Claire, die er heute auf dem Botschaftsball zum ersten Male gesehen hatte und von der er doch mit unbeirrbarer Sicherheit wußte, daß ihr bloßes Dasein für seine ganze Existenz von entscheidender Bedeutung sein würde. Ich bin fein Mann vieler Worte", hatte er gesagt, als sie nach einem Tango für ein paar furze, kostbare Minuten allein an der Brüstung der Terrasse lehnien. In wenigen Stunden sticht mein Schiff in See. In den Gewässern von Saigon treiben Banditen ihr Unwesen, denen wir das Handwerk legen müssen. Vielleicht wird es dabei heiß zugehen, und heute gehöre ich nicht mir, sondern meiner Pflicht. Aber wenn ich wieder zurüdkomme, Claire, dann werde ich eine Frage an Sie zu richten haben..."
Der Tscheche
Der amerikanische Journalist Linion Wells war im Jahre 1920 in Sibirien , um über die Kämpfe zwischen Bolschewisten und Weißen Russen zu berichten. Er wurde den Bolschewisten verdächtig und mußte eine Zeitlang in einem Gefangenenlager zubringen. Dort passierte ihm Folgendes( die Erzählung iſt etwas zusammengezogen):
her!"
Gontran verbeugte sich leicht.„ Ich werde mein möglichstes tun", sagte er ernst.
,, Ich weiß", nickte der andere.„ Ich fürchte nur, daß Erfolg oder Mißerfolg in dieſem Falle feineswegs allein von Ihnen abhängen wird. Die Bande verfügt über Informationsquellen, die wir bisher noch nicht aufdecken konnten, während das Rauſchgifidezernat mit seinen Geheimagenien bisher anscheinend verdammt wenig Glück hatte.
,, Dabei haben diese Kerle ihre Spizel in allen Kreisen." Breissac lachie grimmig... Würde einiges dafür geben, wenn ich wüßte, wie vielen von ihnen ich heute abend hier schon die Hand
Gesten zu verstehen, daß er bereit sei, sich als Wald- und Wiesen- Dentist an mir zu betätigen. Alles war besser als dieser Schmerz, und so erklärte ich mich sogleich zu der Operation bereit und legte mich ausgestreckt auf die Erde.
Der Tscheche setzte sich mir rittlings auf die Brust und schickte sich an, zu operieren; aber die Zange war zu breit und erfaßte zwei Zähne statt des einen. Er fragie, was er tun solle. Ich gestikulierte und gurgelte:„ Los, nur raus damit!" Nach vielem Rütteln, Ziehen und Keuchen hielt er triumphierend seine gesegnete Zange in die Höhe und zeigte zwei Zähne. Ich war so erlöst, daß mir Tränen in die Augen traten, und der Tscheche klopfte mir freundschaftlich auf die Schulter und stieß guiturale Töne des Mitgefühls aus.
,, Eines Tages machte ich die Bekanntschaft eines Neueingelieferten, eines bärtigen, ungewaschenen, fröhlichen tschechischen Soldaten. Sein Sinn für Kameradschaft zog mich an und brachte mich ihm näher, und bald fingen wir an, einander Engliſch , beziehungsweise Tschechisch zu lehren. Nach vierzehn Tagen hatte der Tscheche bereits viel mehr Fähigkeit zum Erlernen von Nach einigen Tagen war der Zahntveh Fremdsprachen bewiesen als ich. Und wenn es nur noch eine unangenehme Erinnerung. Bald mein Leben gegolten häite: ich brachte es nicht danach war mein tſchechiſcher Freund verſchwun, fertig. das einfachste ischechische Wort auszuspre- den. Niemand wußte etwas über ihn, und ich chen; aber er eignete sich das Englische mit beschloß bedauernd, daß er vielleicht weil man wundernswerter Schnelligkeit an. ihn im Besitz der Zange gefunden hatte er Eines Nachts erwachte ich mit einem fürch- schossen worden sei. Dann merkien die Bolscheterlichen Zahnweh und lief bis zum Morgen- wifi, daß ich zu Unrecht eingesperrt war, und granen im Lager herum in der vergeblichen ließen mich frei. Hoffnung, daß mein Schmerz, der mich beinahe Sieben Jahre später, bei einem Effen, kam irrjinnig machie, nachlasse. Mein gitfühlender es mir vor, als interessiere sich ein mir gegen tschechischer Freund zog mich in eine entfernte übersißender Herr sehr für mich. So oft ich aufEcke des Lagers, und nach vorsichtigem Umber- fab, fand ich, daß er mich, mit einer Art unausschauen enthüllte er sich als Vejißer einer Beiß geführten Zwinkerne im Auge, anstarrie. Nach zange und einer Drahischere. Er gab mir durch Tisch fragte er den präsidierenden Offizier, ob
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gedrückt habe. Oder mit wie vielen Sie heute abend schon getanzt haben..."
,, Herr Admiral..."
,, Ich weiß, ich weiß", sagte Breissac be= gütigend.„ Ich bin kein schlechter Beobachter und nur ein Narr hätte übersehen können, wel chen Eindruck die schöne Claire Claudin auf Sie gemacht hat.
Wohlgemerkt: Ich weiß nichts über sie und habe auch nicht die Spur eines Anhaltspunktes für einen Verdacht. Aber gerade die Tatsache, daß niemand sie hier kennt, niemand weiß, zu welchem Zwecke sie sich gerade in Saigon befin det ist zumindest- Grund zur Vorsicht: Das wollte ich Ihnen nur sagen.
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Was die Schmuggler betrifft, noch eines, Gontram: Gehen Sie nicht zu nahe an die Kerle heran; sie sollen angeblich Torpedos an Bord haben! Und num: Viel Glück heute nach: auf Ihrer Jagd!"
Armand Gontran stand noch lange unbe weglich, als der andere schon längst verſchwunden war. Dann straffte er seine Gestalt, als wollte er einen häßlichen Gedanken von ſich ab
schütteln und blickte in den Tanzsaal. Aber Claire Claudin fchien das Fest bereits verlaffen zu haben...
Seit Stunden durchschnitt der stählerne Kiel des Zerstörers Du 87" unermüdlich die Bogen. Unbeweglich stand Armand Gontran auf der Kommandobrücke und versuchte mit seinem starken Glas die Schwärze zu durchdringen. Ein junger Offizier betrat die Kommandobrüde.
,, Codefunkspruch von Saigon!" meidete er.„ Wir sind eben mit der Dechiffrierung fertig geworden."
Gontran überflog die Depesche. Endlich Näheres!" sagte er dann aufatmend. Das Schmugglerschiff heißt Corvette" und ist keine fünf Meilen voraus genau in unserem Kurs. Gehen Sie sofort auf die volle Fahrt."
Volle Fahrt voraus!" gab der Offizier den Befehl weiter, um dann den Hörer des Telephonapparates abzunehmen, dessen Signals lampe eben aufgeflammt war. Eine Sekunde. später bemerkte Gontran das ungläubige Stau
er ein paar Worte sagen dürfe. Er stand auf und sprach: Ich möchte unserem Gast gerne eine sehr persönliche und private Frage stellen. Sind Ihnen vielleicht oben rechts zwei Zähne gezogen worden?"
Ich gab es verblüfft zu.
,, Ich würde unseren Gast außerdem gerne fragen", fuhr er fort, ob er sich an die Umstände erinnert, unter denen sie ihm gezogen wurden."
„ Ich werde sie nie vergessen", sagte ich
,, Das ist nämlich eine Geschichte", wandte er sich an die Tischgesellschaft.„ Und da ich annehme, daß unser Gast zu bescheiden ist, sie zu erzählen, will ich es tun.“
Worauf er im besten Orford- Englisch die Geschichie aus dem roten Konzentrationslager und meine Bemühungen, einem tschechischen Soldaten Englisch beizubringen, erzählte. In mir drehte fich allez: Konnie dieſer clean and gezogene, kultivierte Engländer, der so amüsant plauderte-? Und wie aus weiter Ferne hörte ich den lächelnden Mann seine Schilderung der Zahnoperation abschließen, sah ihn sich verbeu gen und hörte ibn murmeln: Ihr ergebener Diener der tschechische Soldat."
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Enthusiastischer Applaus brach los. Ich wandte mich zu einem Kollegen und fragte: „ Um Himmels willen, wer ist das?"
..", sagte der Journalist, das ist Sir John Allison, der größte britische Spion des M. B. Weltkrieges."