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Die Heimat auf dem Lande
Nochmals vom Weben und von Webstühlen
" Im Frühjahr rüstig zur Flachssaat heraus, Schaffet Leinwand allen und Leinöl ins Haus." Mit diesen Worten schließt ein Aufruf des Bürgermeisters von Overath int bergischen Lande, wo Bauernvereine und Bürgermeister bestrebt sind, dem Flachsanbau immer mehr Eingang zu ver schaffen.
gebildet, wo solche Webstühle schon viele Jahrhunderte vor Christi Geburt in Gebrauch waren. Er besteht aus einem ein fachen Holzrahmen in vertikaler Richtung aufgestellt. Der Einschlag wurde in der ähnlich noch heute geübten Weise mit den Kettfäden verflochten und nach jedem Schuß mit einem Stock oder Kamme festgeschlagen. Das Weben erfolgte in hockender Stellung und zwar von unten nach oben. Ähnliche Webstühle mögen auch in anderen Läne dern im Gebrauch gewesen sein, wenn sie auch nicht so bekannt geworden sind, ivie die aus dem bon uralter Zeit her durch seine Webkunst berühmten Ägypten . Seitdem hat der Webstuhl manche Wanda lung durchgemacht, manche Vervolle tommnung erfahren, vom alten Bauerns webstuhl, der mit seinem ungefügen Gestell fast die ganze Stube einnimmt, bis zum modernen mechanischen Stuhle unserer großen Fabriken. Auch wurden besondere Webstühle erfunden für alle Sonderzwecke, wie z. B. die Band- und Spißenweberei. Der hier gezeichnete Handwebstuhl, der auf einem fleinen Tisch aufgestellt werden kann, bei dem man die Kettfäden mit einer Nadel durchzieht, ist nach heutigen Begriffen awar nicht rationell, aber nicht jede Frau, die sich einen Gürtel oder eine -Tasche anfertigen möchte, kann einen großen Stuhl in Betrieb seßen. Die abgebildeten Webeproben sind auf solch fleinem Stuhl angefertigt, fie lassen hier leider ihre schönen Farben sehr ver missen. Sie stammen aus Nordschleswig, aus Schlesien , aus dem Rheinland; besonders prächtig und doch schlicht ist die Tasche mit Bügel, die auf schwarzem Grunde mit verschiedenen Schattierungen grau, weiß und Silber gewebt ist.
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Zweifellos ist dieser Aufruf bei dem heutig n Rohstoffmangel berechtigt, ob aber die Weiterverarbeitung dieser selbsterzeugten Rohstoffe im Handbetriebe des ländlichen Haushaltes sich lohnt, darüber gehen die Meinungen bekanntlich noch auseinander. Bei unserer schlechten wirtschaftlichen Lage dürfen wir weder Zeit noch Arbeitsfräfte verschwenden, besonders nicht der Bauer, den die schwere Feldarbeit so start in Anspruch nimmt. Die mechanische Spinnmaschine und der Webstuhl arbeiten schneller, auch wohl gleichmäßiger, als die Hand es kann, aber wie schon in den Auffäßen Etwas vom Spinnen Nr. 16 und Vom Weben Nr. 17 dieser Zeitschrift besprochen wurde, in dieser uralten, bodenständigen Heimarbeit liegen neben den materiellen so viele ideelle Werte verborgen, daß die Bemühungen von Behörden, Vereinen und Privatpersonen, diese Arbeit neu zu beleben, freudig zu begrüßen sind. In vielen Gegenden Deutschlands wie Ostpreußen , Schleswig- Holstein , Thüringen , Hannover , Schlesien haben die Bauern vielfach noch Leinen und Wolle für den eigenen Bedarf erzeugt, selbst gesponnen und gewebt, häufig auch selbst das Garn gefärbt und die schönen Muster der Leinengebilde und Kleiderstoffe selbst erdacht. Da ist es natür lich, daß die Frauen, welche mit unendlichem Fleiß und Arbeitsliebe ihre Stoffe anfertigen, deren Güte und Dauerhaftigfeit von feiner Fabrikware erreicht werden kann, sie mit wohl berechtigtem Stolze zeigen, mit ihnen verwachsen, und sich nur schwer von ihnen trennen. In vielen Gegenden bedarf es nur geringer Anregung um die Heimarbeit neu erblühen zu lassen. Aber auch in Gegenden, wo sie fast ausgestorben schien, wie z. B. im Rheinland und im bergi schen Lande, haben die Bemühungen der Behörden bereits schöne Erfolge gezeitigt. Eine große Arbeitserleichterung für den Land wirt ist die Einrichtung von Röstund Aufbereitungsanstalten, in denen der Flachs von der Ernte bis zur Spinnfähigkeit verarbeitet wird. Spinn- und Webekurse weden in weiten Kreisen aufs neue das Interesse an dieser Tätigkeit. Besonders günstig für die Wiederaufnahme des Spinnens und Webens im Haushalt ist die Möglichkeit, die arbeitsleeren Wintertage und Abende mit an genehmer und geselliger Arbeit auszufüllen, die dem Landarbeiter dauernden Verdienst ermöglicht und die ihn in vielen Fällen an die Scholle fesseln wird. Hierdurch würden der Landwirtschaft eine größere Anzahl der so notwen digen ständigen Arbeitskräfte zu geführt, die an Stelle der wenig erwünschten, aber leider notwendigen Saisonarbeiter treten könnten.
Mit unsern heutigen Abbildungen bringen wir den ältesten bekannten und einen Handwebstuhl. Abbildung Seite 10 ist einer Zeichnung aus einer Felsenhöhle in Ägypten nach
Was sich in uns in späteren Jahren zu Bäumen auswächst, das findet seine Wurzelteime immer in frühen Jugendeindrüden. Heinrich Seiber.
Ein Lehrgang für ländliche Heimarbeit
In der Zeit vom 1. bis 20. Dezember 1920 fand in der Rheinischen Kleinsiedlerschule in Bonn- Poppelsdorf ein Kursus
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37. Borten und Stoffe für Taschen, auf dem Handwebstuhl hergestellt
zur Einführung in das Gebiet des Hausfleißes statt. Außer den Schülern und Schülerinnen der Siedlerschule nahmen auch einige Männer und Frauen aus der Provinz teil. Von der Volks kunstgruppe des Deutschen Ly zeumsklubs in Berlin war in dankenswerter Weise eine Lehr kraft entfandt. Nachdem mit Strohzopfarbeiten, dem Flechten bon Strohschuhen, Matten, Markt taschen, Stuhlflechten usw. bea gonnen war, wurde auf beson deren Wunsch der Schüler das Hauptgewicht auf Flechten von Körben verschiedenster Art gelegt. Einführung in Holz und Pappa arbeiten erübrigte sich, da sie den meisten Schülern schon be fannt waren. Ferner wurde Bucheinbinden und das Fär ben von Papier zu besonders schönen Einbänden gelehrt. Ge gen Ende des Kursus wurde das Spinnen und auch die Grundlage des Handwebens mit den ziemlich umfangreichen Vorbereitungsarbeiten praktisch vors geführt und ein Handwebstuhl mit Hilfe der Schüler aufge stellt. Der Webekursus wurde von einer Lehrkraft der Webeschule in Sorau ( Oberschlesien ) abgehalten.