Freilich, vom Garten verstand ich nicht viel; wir dummen Mädchen hatten uns früher daran vorbei gedrückt und be­hauptet, das sei Männerarbeit".

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Nun stand ich ratlos vor dem Stückchen Land an meinem Häuschen, das ziemlich ungepflegt auch meinem Heim selbst einen unordentlichen Anstrich gab etwa wie ein un frisiertes Menschenkind.

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Der Winterschuldirektor hier im Ort ist ein guter alter Be fannter von mir; ich helfe ihm manchmal aus bei der Wäsche. Der tam sich die Sache erst besehen:" Marie", sagte er ,,, Marie, der erste Schritt hier ist Männerarbeit. Hier muß tüchtig ge­graben werden( rigolt) und das muß Dein Mann besorgen. Wenn er nachmittags aus der Fabrik kommt, tut ihm die Ar­beit im Freien nur gut."

So ein Städtischer; ob er's nur kann? Ich hatte meine Bedenken. Aber der Direktor ließ nicht nach und heute hat mein Mann die gleiche Freude wie ich am Garten und ver bringt jede freie Stunde in demselben. Und die Kinder erst! Die wollten diesen Sommer am liebsten jeden Tag nachgraben, ob die Saat auch aufginge und haben uns in ihrem Eifer manches verdorben; jetzt sind es aber auch schon gewiegte Gärtnersleute.

Der Winterschuldirektor hat uns eine Einteilung der Wege und Beete und einen Anpflanzungsplan gemacht. Wir haben es fertig gebracht, mit dem selbstgezogenen Gemüse auszu­kommen; tein Drängen in der Markthalle mehr, wo man um teures Geld oft so viel welfes Zeug bekommt.

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Dreimal haben ivir auf manchen von unseren kleinen Beeten geerntet: Im ersten Frühjahr gab es ganz zarte Kleine Radies chen, dann Möhren und schließlich noch einmal Spinat( eine späte Sorte), die wir in Samen schießen ließen, um sie im nächsten Jahre wieder auszusäen.

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Heute fieht unser Garten etwas trübe aus, wenn auch der Boden bereits vorbereitet die kommende Aussaat erivartet; aber nur etwas Geduld! Im Frühjahr sollst Du uns schaffen sehen Groß und Klein. Dem Mann ist die Gartenarbeit die liebste Stunde im Tage und die Kinder streiten sich förmlich darum; ich versteh's am besten und gebe die Arbeit an. Komm uns nur besuchen, dann, siehst Du mich in meiner neuen Würde als ,, Gartendirektor Marie".

II. Frühgemüse und Blumen

Ergeht es uns wie im letzten Jahre, dann haben wir ein frühes Frühjahr zu erwarten, und um so zeitiger müssen wir daran denken, unseren Garten zu bestellen, um ihn für unser Frühgemüse auszunußen. Wie gesund gerade das Frühgemüse ist, brauchen wir unseren Leserinnen wohl nicht auseinander­zusehen. Freilich, der Landbewohner hat für dessen Anbau vielfach nur geringes Interesse, er ist zufrieden, wenn die Töpfe mit Sauerkraut und Bohnen bis in den Juni vorhalten. Anders der Stadtbewohner. Er muß seine Arbeit in der Haupt­sache in geschlossenen Räumen fizend verrichten. Sein Blut und seine Körperfäfte bedürfen daher nach den langen Winter monaten viel mehr einer Auffrischung. Der reichliche Genuß von Frühgemüse ist ihm dann eine rechte Wohltat, besonders von Spinat und anderem Grüngemüse. Wir können jezt schon Spinat, Möhren sowie Schwarzwurzeln säen, und Buffbohnen ( dicke Bohnen) legen. Von Anfang März an pflanzen wir die überwinterten Kohl- und Salatpflanzen( Septemberſaat) aus, säen Rübstiehl und in der zweiten Märzhälfte fönnen wir an geschützten Stellen schon die ersten niedrigen Erbsen legen. Kleingartenbefizer sollten nicht viel Gemüse ziehen, das in

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großen Mengen auf den

Godetia, Gladiolus, Calliopsis, Nigella. Widen   legt man wie Erbsen in eine Furche und gibt ihnen später Reiser, oder zieht eine Schnur. Will man möglichst früh etwas Blumenschmuck im Garten haben, so legt man jezt einige Blumenzwiebeln, Tulpen, Hyazinthen, Narzissen. Ein entzückendes Bild ist ein Beet mit Bergißmeinnicht und weißen Poeticusnarzissen besetzt, vielleicht noch mit etwas Goldlack dazwischen. Wie schön wäre es, wenn die glücklichen Besizer von Gärten auch ihren beson deren Blumenschmuck pflegen würden, was sich mit der Zeit immer besser lohnen wird. Was gäbe es dann in den neben einander liegenden Gärten alles zu schauen und zu bewundern.

Markt gebracht wird, sie jollten, der Bodenbe schaffenheit entsprechend, feinere Sorten anbauen und jeder seine Besonder heiten pflegen. Rhabar­berstauden, die in jedem Garten zu finden sein sollten, kann man leicht treiben, wenn man um die einzelne Pflanze eine Grube von etwa 20 Zentimeter auswirft und sie mit frischem Pferde- oder Esels. dünger füllt. Dann stülpt man eine Niste oder Faß ohne Boden und Deckel darüber und packt außen herum auch etivas Dünger. In 3-4 Wochen hat man dann schon schöne, brauchbare Stangen. Wer noch alte Mangoldpflanzen hat, tue dasselbe, nur pflanzt man da etwa 10 Pflanzen dicht zusammen. Gleichzeitig mit dem ersten Ge­müse sät man die ersten Sommer blumen aus: Mohn  , Calendula,

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III. Unser Kaninchen

... und hier sind Hansels Kaninchen", sagte die Mutter oft, wenn ein lieber Gast unser Heim ansah und dabei in der Hofede eine Niste mit Drahtgitter wahrnahm. Die Kinder wollen nun mal gern was Eigenes haben", und dabei lächelte fie verstehend.

Das hat sich geändert; viele Familien befassen sich jetzt ganz ernsthaft mit der Kaninchenzucht. Schon früher,( nach dem deutsch  - französischen Kriege 1871) versuchte man es in Deutsch  . land mit rationeller Kaninchenzucht. Unfre Soldaten sahen da mals, wie sorgsam in Frankreich   bei der Zucht und Mast der Kaninchen verfahren wurde. Ihre Beobachtungen und Er.. fahrungen verwandten sie, und viel geschah damals durch Ver einsgründungen und dergleichen zur Ausbreitung der Kleinvich­wirtschaft. Aber viele Familien ermüdeten sehr schnell, wenn das Glück bei der Zucht ausblieb, wenn ganze Würfe ein. gingen und die Bemühungen der Anfänger ohne große Er folge blieben. Erst der Krieg mit seiner Not und Knappheit hatte erneut die Blicke bestimmter Kreise auf die Kleintierzucht gelenkt. Heute gibt es viele tüchtige Kaninchenzüchter. Aus. stellungen zeigen oft, daß geradezu Erstaunliches geleistet wird. Dennoch ist das Kaninchen immer noch nicht so eingebürgert, wie wir es vom ernährungswirtschaftlichen Standpunkt aus wünschen müßten.

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In der Hauswirtschaftlichen Beratungsstelle" in Bremen  , die sich 1915 aus den Kriegskochkursen entwickelte, wurde der erste Versuch einer Stadt gemacht, Zucht- und Mastversuche int Interesse der kleinen Leute" zu unternehmen. Auf einem schönen großen Hofe inmitten der Stadt wurden vorschrifts. mäßige Ställe gebaut und diese mit Zuchtvieh verschiedenster Art belegt. Die Erfolge waren gut. Täglich famen Schau lustige, die auch oftmals zu Käufern von Mast- und Zucht­tieren wurden. Die Aussicht, bald und oft des Sonntags einen leckeren Staninchenbraten auf den Tisch bringen zu kön nen, beranlaßte auch solche zu Zuchtversuchen, die nicht die Vorbedingungen für den Erfolg mitbrachten: Ausdauer und sorgsamste Behandlung! Oft jah die Leiterin der Bremer  Einrichtung enttäuschte Gesichter, oft hat sie zureden müssen, doch nicht gleich beim ersten Mißerfolg die Flinte ins Korn zu werfen. Viele verloren schnell die Lust, weil es sich doch nicht lohne!"

Gewiß, nirgendwo wie hier ist das Sprichwort so wahr: ohne Fleiß fein Preis". Arbeit macht die Kaninchenzucht: Regelmäßig und sorgfältig sollen die Tiere verpflegt werden, nachdem man alles für ihre Wohnung vorbereitet hat!

Diese muß sauber und trocken gehalten, vor Zugwind, Son­nenbrand und Regen geschüßt sein. Licht und Luft aber müssen Zutritt haben. Der Behälter( Kiste) darf nicht unmittel bar auf dem Boden stehen. Vier Mauersteine oder zwei 10 bis 15 cm dice Latten untergelegt, genügen. Doch ist es nötig, den Kasten etwas schräg zu stellen. Für ein Weibchen soll der Raum mindestens 80 cm tief, 80 cm breit und 70 cm hoch fein. Für Riefentaninchen berechnet man in der Breite und Höhe je 10 cm mehr, für Rammler allgemein ebensoviel te niger. Der Boden muß zur Fäulnisverhütung geteert, die Innenwände geweißt, das Dach mit Asphaltpappe gedeckt sein. Sehr vorteilhaft ist noch ein loser, herausnehmbarer Boden aus ziemlich dicht nebeneinander genagelten Laften.( Forts.   S. 22.)