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Das Jubiläum der Lokomotive. Fünfzig Jahre sind dahin| gegangen, seit ein armer Bergmann, George Stephenson  , der erst in seinem 18. Jahre zu buchstabiren anfing und im 19. seinen Namen schreiben lernte, die Menschheit mit einer Erfindung beschenkte, die durch ihren großartigen Einfluß auf Industrie, Welthandel und Kultur be­rufen war, die Schöpferin einer neuen Zeit zu werden. Der Gedanke, daß für den Aufschwung des Kohlenbergbaues eine rasche Beförderung der Kohlen nach dem Marktplatze unumgänglich nothwendig sei, gebar die kühne Idee, die Dampfkraft als bewegende Kraft für die Wagen zu benußen, ja die Dampfmaschine selbst zu einer sich vom Orte be­wegenden Maschine, zur Lokomotive, zu machen. Wie so oft vor dem Hervortreten wichtiger Erfindungen und Entdeckungen der Gedanke derselben mehrere Köpfe zugleich erfüllt, aber doch erst nach langer Zeit einer das erlösende Wort: Es werde!" spricht, so hatte auch der Vater der Dampfmaschine, James Watt  , bereits 1784 ein Patent auf eine Dampfmaschine mit Lokomotivkraft genommen, und gleichzeitig führten Oliver Evans   in Philadelphia   den Amerikanern( 1804) und im selben Jahre Trevothik und Vivian ihren britischen Landsleuten eine Loko­motive vor, welche einen Wagenzug bewegte. Der große, aber trotz der Erfolge seiner Unternehmungen äußerst bescheidene Erfinder Stephenson  antwortete deshalb auch gewöhnlich auf die Frage, wer der eigentliche Erfinder der Eisenbahnlokomotive sei: Die Lokomotive ist nicht die Erfindung eines Mannes, sondern einer Nation von Maschinen­ingenieuren." Stephensons erste Lokomotive vom Jahre 1814 erfüllte keineswegs die bescheidenen Erwartungen, die ihr Erbauer an sie ge­stellt hatte; denn sie war noch so wenig leistungsfähig, daß der Kohlen­transport nicht wohlfeiler, als durch Pferde sich herausstellte. Aber teine getäuschte Hoffnung fonnte den rastløsen Stephenson   entmuthigen; sein sprüchwörtlich gewordener Mahnruf ,, Perseverance!"( Beharrlich­feit), womit er jung und alt anzufeuern pflegte, führte ihn daher auch sicher zum ruhmvollen Ziele. Welch' Hochgefühl mag Stephensons Herz geschwellt haben, als am 27. September 1825 auf der neun englische Meilen( 3,9 Stunde) langen, zuerst für Kohlen, später auch für Personen­transport benutten Bahn von Stockton   nach Darlington   eine seiner verbesserten Lokomotiven eine Wagenlast von 90 Tonnen in 65 Minuten führte! War damit ohne Zweifel schon ein bedeutsamer Wendepunkt in der Benutzung der Lokomotiven für das Eisenbahnwesen gekommen, indem dadurch die Herrschaft des Dampfwagens im Reiche des Ver­kehrs inaugurirt wurde, so hielt doch bis zum Jahre 1828 außer Stephenson   niemand die Lokomotive einer so großen Steigerung ihrer Fahrgeschwindigkeit fähig, daß sie mit Vortheil auch für den Personen­verkehr angewandt werden könne. Mit unvergleichlicher Ausdauer hielt Stephenson   während des Baues der manchester  - liverpooler Eisenbahn­strecke( 1826) einer Reihe widerwärtigster Kämpfe stand. Seine An­sichten in Betreff der Leistungsfähigkeit der Lokomotive drangen endlich insofern siegreich durch, als die Direktoren sich bereit erklärten, einen Lokomotivenwettkampf, als dessen Siegespreis 500 Pfund Sterling be­stimmt wurden, zu veranstalten. Und wie einst Zum Kampf der Wagen und Gesänge, Der auf Korinthos Landesenge Der Griechen Stämme froh vereint," so zogen am 6. Oftober 1829 ungezählte Schaaren nach dem zwei Stunden von Liverpool   gelegenen Rainhill, um dem Gefecht der Lokomotiven beizuwohnen. Stephensons Lokomotive ,, Rakete" siegte über die drei andern Preisbewerberinnen; denn sie überbot nicht nur das Geforderte( bei höchstens 6 Tons Eigen­gewicht 400 Centner 10 englische Meilen oder 16 Kilometer pro Beit­stunde) bei weitem, sondern vermochte auch ohne angehängte Wagen 35 englische Meilen gleich 56 Kilometer in einer Stunde zurückzulegen. So wurde sie zu einer Rakete, welche, hellaufleuchtend, Stephensons Namen in unvergänglichem Ruhme erglänzen ließ. Das Resultat der rainhiller Konkurrenz war für den Eisenbahnbetrieb von so außer­ordentlicher Wichtigkeit, daß wir den 6. Oktober 1829 als den Geburts­tag unserer modernen Eisenbahn oder als den Vermählungstag von Lokomotive und Schienenweg betrachten müssen, obwohl erst am 15. Sep­tember 1830 die eigentliche Eröffnung der manchester  - liverpooler Eisen­bahn stattfand. Und was hat die Menschheit seit diesem denkwürdigen Tage geleistet! In runden Ziffern besigen heute Großbritannien   25000, Deutschland   22000, Frankreich   18000, Rußland 15000  , Desterreich 13000, Italien   7000, Spanien   und Portugal   6500, Belgien   3100, Schweden  und Norwegen   2500, Holland   1700, die Schweiz   1500, Türkei   und Griechenland   1200, Dänemark   900 Kilometer Eisenbahnen. In Groß­ britannien   kommen auf die million Einwohner 800, in Belgien   625, in Deutschland   530, in Frankreich   490, in Desterreich 350, in Ruß­ land 205  , in der Türkei   60 Kilometer. Daß die Eisenbahnverhältnisse der Vereinigten Staaten   von Nordamerika   gradezu riesige Dimensionen angenommen haben, seßen wir als bekannt voraus. Auf dem euro­ päischen   Kontinent entstand die erste Lokomotivbahn in Bayern   zur Verbindung der Städte Nürnberg   und Fürth  . Die nürnberg  - fürther Ludwigsbahn, welche übrigens noch keine Meile lang ist, wurde am 7. Dezember 1832 eröffnet, also nachdem drei Jahre seit dem Lokomotiven­wettkampf in Rainhill verflossen waren. Nach fünf Dezennien streckt die stephensonsche Erfindung ihre eisernen Arme über alle fünf Welttheile aus. Im Norden von Europa   und Amerika   reichen die Schienenstränge bis nahe an die Polargrenze. Der Atlantische Ozean   ist mit dem großen Weltmeer durch ein eisernes Band verknüpft. Natürliche Hinder­nisse werden beiseite geschoben, die breitesten Ströme, selbst Meeres­arme, werden überbrückt, über die schneeigen Höhen der Alpen  , durch das Innere der Bergriesen hat das Dampfroß sich einen Weg gebahnt.

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Greifen wir aus der Thätigkeit des den Erdball umspannenden Verkehrs­mechanismus nur einige Daten heraus. Im Jahre 1873 vertrauten sich allein im deutschen Reiche 179 507 632 Personen dem Dampfroß an, 2 399 962 958 Centner wurden in diesem einzigen Jahre auf den Bahnen des deutschen Reiches hin und her bewegt, eine Last, zu deren Beförderung durch Straßenfuhrwert etwa 96 millionen Pferde nöthig gewesen wären. Am großartigsten hat sich das Eisenbahnwesen im Geburtslande der Lokomotive entwickelt, in Großbritannien  . Jede größere Stadt ist hier zu einem Knotenpunkte in dem sich immer mehr verengenden Eisenbahnneze geworden. In der Riesenstadt London  kommen und gehen allein tagtäglich gegen 350 Züge von und nach entfernten Stationen, während die Zahl der täglich innerhalb der Stadt und ihrer Umgebung unter- und oberirdisch verkehrenden Lokalzüge gegen 3600 beträgt. Alle Eisenbahnen der Erde zu einer Linie ver­einigt, würden eine Strecke von 40000 Meilen ergeben, also nur um 10000 Meilen kürzer, als eine Bahn nach dem Monde. 62000 Loko­motiven bewegen 112000 Personenwagen und 1470000 Lastwagen über die Festlandsmassen der Erde dahin. Der Personenverkehr für ein Jahr läßt sich mit der riesigen Summe von 1550 millionen Menschen, für einen Tag mit 4 millionen beziffern, während die Frachten für einen Tag mehr als 40 millionen Centner betragen. Welch' eine Summe von Arbeit hat demnach der Mensch von seinen Schultern und von dem Rücken seiner Lastthiere genommen. Was jagen die Feinde der Eisenbahn zu den 15 milliarden Thalern des im Eisenbahnbau angelegten Kapitals? Sollte man es glauben, daß noch nach zehn­jährigem, gedeihlichen Wirken der Lokomotivkraft sonst ganz vernünf­tige Leute den Kopf bedenklich schüttelten, wenn die Rede auf die Eisen­bahn kam. Im englischen Parlament war man zweifelhaft, ob die Vortheile der Eisenbahn für die Möglichkeit entschädigen könnten, daß die heranbransende Lokomotive einer Kuh den Garaus macht. In Preußen erließ im Jahre 1837 der damalige Handelsminister eine spezielle, im ganzen Lande verbreitete Warnung gegen die fatale Neue­rung, und konfiszirte gleichzeitig den Prospekt der Oberschlesischen Eisen­bahn, gegenwärtig das wichtigste Glied des südöstlichen Eisenbahnnetzes. Die Eisenbahnfeindlichkeit jener Zeit wirft einen Schatten auf manchen flangvollen Namen. Die damaligen Botentaten, mit Ausnahme des Belgierkönigs Leopold I.  , welcher den genialen Erfinder der Loko­motive, Stephenson  , nach Brüssel   berief, verschlossen sich befangen einer Neuerung, deren weltumgestaltende Bedeutung sie nicht zu erfassen ver­mochten. Als Rothschild   in Wien   die Konzession für die Nordbahn von Kaiser Ferdinand   begehrte, entschied derselbe bejahend mit dem Hinzufügen: ,, Lang kann sich so was a nit halten!" Es hat sich doch gehalten, und keine der zahlreichen Erfindungen, durch welche sich in unsrer Zeit der menschliche Scharfsinn bekundet und durch welche uns derselbe mit Staunen und Bewunderung erfüllt, hat eine so tiefgreifende Wirkung auf den Weltverkehr, auf Sitte und Gewohnheit, Arbeit und Vergnügen der Menschen gehabt, keine so wirksam zur endgiltigen Ent­schleierung unbekannter Erdenräume und zur Verschmelzung der ver­schiedenartigen Bestandtheile einzelner Völfer wie ganzer Völkergruppen beigetragen, als die Eisenbahn. Ihre Riesenarbeit, welche zunächst dem Fleiße des Friedens zugute kommt, verdient eine größere Bewunderung, als jener für den Menschenfreund schmerzliche Ruhm, welcher an die Erfinder von Riesenkanonen und neuen Kriegsapparaten verschwendet wird, deren Ziel und Zweck doch nichts anderes ist, als die Zer­störung ungezählter Menschenblüthen.

Dr. M. T.

Der nordische Vielfraß.( Bild Seite 52.) Sowie die Boden­verhältnisse der Umgebung des Nord- und Südpols, so ist auch die Flora und Fauna, die Pflanzen- und Thierwelt der beiden ,, Endpunkte" unsres Planeten verschieden. Die großen Kontinente Europas  , Asiens  und Amerikas   lassen nur einen verhältnißmäßig schmalen Meergürtel um den Nordpol   frei, während der Südpol  , vielleicht selbst festes Land, durch den antarktischen Ozean weit und breit von den spizen Aus­läufern des festen Landes getrennt ist. Dies ist wohl der Grund, warum verschiedene Thierformen, die die nördliche Polarzone bewohnen, auf der südlichen nicht angetroffen werden. Darunter gehört auch der Re­präsentant unserer Illustration, der nordische Vielfraß( Gulo borealis). Er bewohnt den äußersten Norden Europas  , Asiens   und Amerikas  , scheint aber, gleich dem Auerochs und Steinbock, die ausgerottet worden find, früher auch die gemäßigte Zone bewohnt zu haben, denn die Gelehrten des Mittelalters fannten ihn und haben ihn verleumdet durch die Benennung Vielfraß. Er ist zwar kein Kostverächter von Ratten, Mäusen, Rennthierkälbern, Schneehasen und Moorhühnern, aber durch­aus kein Virtuose des Fressens, dafür aber ein verschlagener Dieb, der durch selbstgegrabene, unterirdische Röhren bei Nacht in die Ziegenställe der norwegischen Sennhütten eindringt. Dieses Gelüste nach Ziegen­fleisch hat ihm den skandinavischen Namen Jerf, d. H. unverschämter Kerl eingetragen. Das ausgewachsene Männchen hat die Länge eines mittleren Mezgerhundes, steht aber weit niedriger auf den Läufen und bekundet seine Raubthiernatur durch die rastlose Beweglichkeit des fräf­tigen, gedrungenen Körpers. Es hat ungefähr 18 Zoll Schulterhöhe bei 32 Fuß Länge von der Nase bis zum Ende des Schwanzes. Wie alle Bewohner der kaltgemäßigten Zone zeichnet er sich nicht durch Schillernde Farbenpracht aus. Die allgemeine Färbung ist ein fahles Braun, welche auf der Stirn, namentlich über den Augen, in helles