vorspazieren zu sehen. Karl Voigt beobachtete sogar, wie die aus den Kiemen befreiten Fische, wenn man die Muschel zu ihnen ins Wasser legte, wieder in die Kiemenfächer ihrer Pflegemutter zurückkehrten.
Der Bitterling( Rhodeas amarus), zu den Karpfen gehörend und der kleinste Repräsentant dieser Familie, ist ein überaus zierliches, zwei bis zweieinhalb Zoll langes Fischchen, in der Gestalt der Karausche ähnlich. Außer der Laichzeit sind beide Geschlechter am Rücken graugrün, an den Seiten silberglänzend gefärbt, mit einem grünen, glänzenden Längsstreifen, der sich zu beiden Seiten von der Mitte des Leibes bis zum Schwanze erstreckt. Diese Färbung verschwindet aber, wie uns Sieboldt beschreibt, zur Brunstzeit an dem männlichen Bitterling vollständig und macht einem prächtigen Hochzeitskleide Platz von einem Farbenglanz, der sich kaum beschreiben läßt. Die ganze Körperoberfläche der brünstigen Männchen schillert in allen Regenbogenfarben, wobei sich stahlblau und violet besonders hervorheben und der grüne Seitenstreifen intensiv smaragdglänzend hervor tritt, während die Brust und Bauchseite in einem schönen Orangegelb prangen. Auch die sonst nur blaßröthlich gefärbten Rückenund Afterflossen zeigen sich hochroth gefärbt und schwarz umsäumt. Die Weibchen behalten ihre einfache Färbung und treten daher zur Laichzeit an äußerem Glanze vor ihrem prachtvoll geschmückten Männchen sehr zurück. Doch entwickelt sich bei ihnen um diese Zeit die röthlich gefärbte Legeröhre, deren wir oben Erwähnung gethan; dieselbe verschwindet bis auf eine kurze Andeutung gänzlich wieder, nachdem sie ihre Funktion verrichtet. Sieboldt fand auf dem Fischmarkt zu Straßburg Bitterlingsweibchen, die eben im Begriff waren, ihre Eier abzulegen, wobei die lange Legeröhre fast einer Perlenschnur glich, indem sie von der Wurzel bis zur Spize in einfacher Reihe hinterinander von schwefelgelben Eiern angefüllt und ausgedehnt war*), Diese
*) Der Verf. dieser Skizzen hat in der Schweiz eine kurze Zeit lang den Bitterling in einem Aquarium gehalten und kann die Anschaffung des zierlichen Thieres für Süßwasseraquarien nur empfehlen. Leider ist es hier bisher nicht möglich gewesen, Exemplare von Bitterlingen, die in den Bächen der Triester Umgebung nicht vorzukommen
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Eier nun, die im Verhältniß zur Länge des Fisches anffallend groß mit einem Durchmesser von über drei Millimeter erscheinen, haben sich nach den Angaben des jüngsten Beobachters Dr. Noll als dieselben herausgestellt, die in den Teich- und Malermuscheln gefunden werden und zwar zu einer Zeit, die mit der Laichzeit des Bitterlings, dem Monat April, übereinstimmt. Die erwähnte Legeröhre bildet allerdings ein sehr geeignetes Instrument, um der Muschel die Eier zuzuführen, so daß wir von einer sonst schwer zu begreifenden Wanderung der Eier in die Muschelkiemen hinein, oder von ihrer aktiven Aufnahme durch die Muschel absehen dürfen. Aber vorausgesetzt, es sei in der That der Bitterling, der seine Brut der Muschel übergibt, wie sollen wir uns das ganze Verhältniß erklären? Was bewegt den Fisch, eine so ungewöhnliche Pensionsanstalt für seine Brut aufzusuchen, und wie ist er im Laufe der Artentwickelung zu diesem merkwürdigen Freundschaftsbündniß gekommen? Auf diese Frage fehlt uns bis jetzt jede Antwort und ebenso für den Beweggrund, der etwa die Muschel bei dem Vorgang leitet. Denn, wenn wir erwägen, daß Teichmuschel und Malermuschel höchst empfindsame Thiere sind, die bei der geringsten Berührung ihre Schalen schließen, während zudem auch die gewöhnlich von ihr beibehaltene, winzige Deffnung der Schalenspitze für die Aufnahme der Legeröhre kaum ausreicht, so sind wir fast zu der Annahme gezwungen, daß die Muschel nicht unfreiwillig die Eier in ihren Schooß aufnimmt und ihnen an dem so geschüßten Ort in den Kiemenfalten einen Aufenthalt zu ihrer Entwicklung anweist. Hervorgehoben muß noch die Thatsache werden, daß das Beherbergen der Fischeier und die Entwicklung derselben in den Kiemen der Muschel nicht im geringsten zu schaden scheint, da sie mit der fremden Tracht ungestört und in gewohnter Weise fortlebt. So beschaffen also ist das intime Verhältniß zwischen Bitterling und Teichmuschel; vielleicht sind wir im Stande, in einem späteren Bericht darüber dem Leser einen mehr aufklärenden Nachtrag zu liefern. ( Schluß folgt.)
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scheinen, zu erhalten. Verf. würde Händlern, denen etwa diese Zeilen zu Gesicht kommen, für die Uebermittelung lebender Bitterlinge verbunden sein.
Von Dr. Max Vogler. ( Fortsetzung.)
Jm Juni 1776 ernannte der Herzog den frankfurter Bürgerssohn, der nach Knebels Worten- ,, wie ein Stern in Weimar aufgegangen" war, und von dessen persönlichem Glauben sich Wieland, so voll" fühlte wie ein" Thautropfen von der Morgen sonne", abermals zum Entsezen der Stadt Weimar und beson ders zum Schreck der begierig nach einem solchen Posten schielen den jungen Adeligen, zum geheimen Legationsrath mit Sitz und Stimme im Geheimerathskollegium und einem Jahrgehalt von 1200 Thalern. Denn es stand schon nach den ersten Wochen, während denen Goethe in Weimar weilte, fest, daß der Dichter hier, seiner Neigung und dem Wunsche des Herzogs entsprechend, seinen bleibenden Aufenthalt nehmen würde, und auch des Vaters Zustimmung zu diesem Entschluß wurde nun gewonnen, nachdem ihm Karl August in einem Briefe an ihn u. a. erklärt hatte: Goethe kann nur eine Stellung haben die meines Freundes, alle andern sind unter seinem Werth."
Goethe's Thätigkeit wurde vom Augenblicke dieser Anstellung an eine äußerst vielseitige, und es ist wirklich zu verwundern, daß er neben der Zeit, die durch Amtsgeschäfte und Hoffestlich feiten absorbirt wurde, noch Stimmung und Muße zu all den dichterischen Arbeiten fand, die er in diesen Jahren theils begann, theils nach schon vorhandenen Entwürfen und Anfängen fortseßte, gar nicht in Betracht gezogen die Menge kleinerer lyrischer Gedichte, die dieser Periode seines Lebens bis zum Antritt der italienischen Reise ihre Entstehung verdanken. Und nicht genug, daß er den Herzog, wie aus seinem Briefwechsel mit diesem hervorgeht, fort und fort zur stetigen Förderung des Volkswohls anregte und in öffentlicher Wohlthätigkeitspflege sein Mitgefühl für die unteren Klassen an den Tag legte, wurde er auch nicht müde, in noch anderer Weise Gutes zu thun, wie er z. B. eine Sammlung für den hart bedrängten Dichter Bürger veranstaltete,
seinen straßburger Freund Jung- Stilling in seiner Armuth unterstüßte und in zartsinnigster und fürforglichster Weise dem unglücklichen, ihm sonst ganz fremden Hypochonder„ Kraft" das Leben wieder erträglich zu machen wußte, diesem armen, mit sich selbst und den Menschen zerfallenen Schlucker, dem er, gegenüber seiner Besorgniß, den vielbeschäftigten Staatsmann und Schriftsteller zu belästigen, in seinen vielen an ihn gerichteten Briefen u. a. die hochherzigen, über alles nachdenkens- und nachahmenswerthen Worte schrieb: Sie sind mir nicht zur Last, vielmehr lehrt michs wirthschaften, ich vertändle viel von meinem Einkommen, das ich für die Nothleidenden sparen kann. Und glauben Sie denn, daß Ihre Thränen und Ihr Segeu nichts sind? Der da hat, darf nicht segnen, er muß geben, aber wenn die Großen und Reichen dieser Welt, Güter und Rangzeichen austheilen, so hat das Schicksal dem Elenden zum Gleichgewicht den Segen gegeben, nach dem der Glückliche zu geizen nicht versteht."
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und es ist mehr eine Wohlthat von Gott, wenn er uns, da man so selten was thun kann, einmal einen wirklich Elenden erleichtern heißt." In diesen Worten, die er dadurch bekräftigte, daß er für den armen Unglücklichen während mehrerer Jahre den sechsten Theil seines Gehaltes opferte, spricht sich denn doch mehr wahre Humanität des großen Heiden" Goethe aus, als sie ein Schock nicht gerade seltener moderner Pharisäer und frommer Augenblinzler zusammen besigen, wie andererseits solche Thatsachen den dem Dichter so lange gemachten Vorwurf der Herzlosigkeit und des Mangels an Mitgefühl, welcher in Verbindung mit der landläufigen Vorstellung von der alten, allerdings etwas steif und förmlich gewordenen Excellenz Goethe irrthümlicherweise entstanden ist, für jeden ehrlichen und vernünftigen Menschen auf das vollständigste entkräften müssen.
Im Jahre 1778 begleitete der Dichter den Herzog nach Berlin ,