fälliges Urtheil weder im einzelnen noch im allgemeinen zu denken sei, die Fabrik sei im besten Zustande, es sei sogar erstaunlich, wie Senkbeil in verhältnißmäßig kurzer Zeit sein Etablissement, wie es geschehen, habe erweitern und den jüngsten Fortschritten des Maschinenwesens entsprechend einrichten können. Das be­weise offenbar, daß Senkbeil beträchtlich mehr Kapital zur Ver fügung stehe, als man bisher gemeint habe. Danach bot ich alles auf, um Waldstein an der Abgabe seines Gutachtens zu verhindern. Nach vieler Mühe gelang mir das. Waldstein er klärte, Geschäftsüberhäufung mache ihm unmöglich, den Zeitpunkt genau zu bestimmen, wann er seiner ersten, oberflächlichen Be­sichtigung die eingehende Inspektion der Fabrik und die Aus­arbeitung des Gutachtens würde folgen lassen können. Senkbeil schien dies anfangs sehr aufzubringen; auf einmal aber traf hier der frühere erste Direktor der vereinigten d.'schen Maschinenbau­anstalten vom Rhein her ein, einer der ersten technischen Sach­verständigen in ganz Westdeutschland, besichtigte und untersuchte Sentbeils Fabrik, sprach sich auf das wärmste anerkennend über dieselbe aus, kam auch, ich konnte trotz aller Mühe nicht dahinter­kommen, auf wessen Veranlassung, mit Alster zusammen und hat indirekt durch das Lob, welches er dem Senkbeil und seiner Fabrik ertheilte, nicht nur in Alster den Gedanken befestigt, ent­weder mit Senkbeil gemeinsam zu operiren oder ganz auf die Ausführung des Projekts zu verzichten, sondern auch bei der technischen Direktion unsrer Eisenbahn ein ungemein günstiges Vorurtheil für Senkbeil und seine industriellen Leistungen erzeugt. Und so steht denn die Sache gegenwärtig. Das Gutachten des rheinischen Ingenieurs über Sentbeils Fabrik macht jetzt im Augen­blick seinen Rundgang durch die Zeitungen, und Alster ist nicht mehr zu halten er wird demnächst ohne uns, wenn nicht mit uns, die Verhandlungen mit Senkbeil eröffnen."

,, Senkbeil wird sich doch wohl hüten, jezt, wo alle Chancen auf seiner Seite sind, ein Bündniß zu schließen, bei dem nur andre Leute zu profitiren hätten."

Viel würde uns das nun nicht nüßen, denn Alster ist alles Ernstes entschlossen, ohne Senkbeil nichts zu unternehmen Pahunser Vertrag

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,, Unser Vertrag hat wie du dich wohl erinnern wirst verschiedene Hinterthüren, die wir allerdings für uns angelegt hatten, durch welche uns jetzt aber Alster entschlüpfen wird, wenn wir ihm gar zu sehr auf den Pelz rücken. Es ist weder ein be­stimmter Termin angegeben für die Realisirung der auf dem Papiere stehenden Gründung, noch sind die Summen fixirt, mit welchem jeder der Theilhaber für sich das Unternehmen zu fun­diren hat. Es war eben ein Vertrag, der nur so lange was werth ist, als nicht auf der einen oder andern Seite sich ernstlich böser Wille geltend macht."

" Ja aber zum Teufel," rief endlich mit dem Anfluge tüch­tigen Aergers Wichtel sen. ,,, wie kommt der Alster, unser dienst­williger Freund und dein zukünftiger Schwiegervater, mein sonst

Konrad Deubler

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allezeit siegesgewisser Herr Sohn, derselbe Alster, an dem mit Ausnahme einer gar nicht zu bewältigenden Redewuth und jenes vielverbreiteten niedrigen Erwerbsinnes, nie eine hervorragende Eigenschaft zu entdecken war, der sich im ganzen nur von seinem unverschämten Glück schieben und fragen ließ, wie kommt der zu solcher Energie des Widerstandes und des selbständigen Han­delus? Du hast dir den alten Schwäger in der letzten Zeit eben über den Kopf wachsen lassen, mein Lieber, statt ihn mit kluger Benutzung seiner Schwächen in steter Abhängigkeit und Unselbständigkeit zu erhalten, wie ich es dir in so durchaus er­folgreicher Weise vorgemacht hatte, da steckt der Fehler. Jetzt wo der Karren gründlich festgefahren ist, soll der Alte, dem sich der junge Herr mitunter wohl sogar schon an Geschäftsgewandt­heit und der Fähigkeit, die Menschen zu beherrschen, überlegen dünkte, helfen natürlich. Bisher hat man aber hartnäckig so gethan, als wenn man selbst das Geschäft mit unfehlbarer Sicher­heit so beim Frühstück abmachen könne."

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Ich glaube zwar keineswegs, die Schuld an der Verschlim­merung unserer Situation Alster gegenüber zu tragen," entgeg­nete der junge Wichtel, der in demselben Maß gelassener zu werden schien, in welchem bei seinem Vater die mit spöttischer Ueberlegenheit gepaarte Kaltblütigkeit wich ,,, ich weiß nur, daß du dich durch mich nicht hättest abhalten lassen, mehr als ober­flächlich mit der Sache zu beschäftigen, wenn du es nur gewollt hättest; hast du doch, wie es scheint, gerade bis zu dem Mo­mente, wo sich die Angelegenheit in für uns verhängnißvoller Weise zu kompliziren begann, ohne daß ich etwas davon wußte, den Gang der Dinge verfolgt. Aber ich meine, wir wollen zu allererst uns wieder zu Herren der Situation machen- die Zeit drängt; wir müssen unser Projekt ausführen; du er­laubst mir vielleicht, jetzt auch dies zu entwickeln, warum wir müssen?"

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,, Das schenke ich dir, mein Lieber, und damit du siehst, daß ich darüber nicht im dunkeln tappe, will ich dir die Mühe ab­nehmen und nur etwas weniger breitspurig sein, als du es in deinen Vorträgen für angebracht hältst. Also: unsere finanziellen Mittel sind wieder einmal gründlich erschöpft; der Ertrag meiner juristischen Praxis, in der deine höchst schäzbare Kraft mich unterstützt, reicht, trotzdem er die Familie jedes meiner Kollegen auf ziemlich großem Fuße zu erhalten geeignet sein würde, mit seinen 5000 Thalern jährlich gerade als Taschengeld für dich, mein Herr Sohn. Meine Vermögensrente ungefähr noch ein­mal soviel geht in unserm Haushalte bei Heller und Pfennig auf. Wir haben also nichts zuzusetzen. Unsere Güter- und Häuserkäufe aber, zum Theil in Folge deiner genialen Einfälle, mein Sohn, haben uns in finanzielle Verpflichtungen hinein­gebracht die sich auf hunderttausende belaufen Wichtel Sohn war wieder sehr ungeduldig geworden mußte seinem Vater ins Wort fallen. ( Fortsetzung folgt.)

der Bauern- Philosoph.

Eine Skizze nach dem Leben, von Dr. A. P.-. ( Fortsetzung.)

Das war der Erfolg seines Wissens und Mittheilungs­Dranges; das war die Strafe für sein dreistes Beginnen, in die Philosophie und den religiösen Kritizismus von David Strauß und Ludwig Feuerbach eindringen zu wollen. Nach 14 monat licher Untersuchungshaft, während welcher er nie an die frische Luft kam, ward Deubler in Ketten und Banden nach Brünn ab­geführt. Dort schlossen sich für ihn abermals für weitere Monate und Jahre die Thore der Strafanstalt. Gemeine Verbrecher, Betrüger, Mörder, Todtschläger und andere Hefe aller Gesell schaftsklassen waren seine Hausgenossen. Das quälte ihn mehr als das Bewußtsein der Gefangenschaft und die keineswegs ge­sunde Strafanstalts- Kost.

Und wenn uns heute der 65jährige Alte erzählt und in lebendigen Farben schildert, was er alles erlebt und gelitten, in deß sein treues Weib zu Hause der verschuldeten Wirthschaft vor stand und sie so im Gang hielt, daß er nach seiner Rückkehr die Wartburg " schuldenfrei antraf; wenn Deubler uns an Kerker­szenen erinnert, deren Augenzeuge er selbst gewesen, so müssen

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er

wir uns billig fragen: wie war es möglich, all das Elend und Leid zu ertragen, ohne an Leib und Seele zu brechen?

Er selbst giebt uns in wenig Worten, die er an Ludwig Feuerbach geschrieben, den authentischen Aufschluß: Der Geist, der alle diese Schriften( er meint diejenigen von David Strauß , von Ludwig Feuerbach , Karl Vogt , Moleschott, Buckle 2c.) durch­weht, diesem Geiste habe ich es zu verdanken, daß ich gesund und zufrieden meine zweijährige Kerkerhaft in Brünn und selbst meine Verbannung in Olmüß, weit von meinen heimathlichen Bergen, von Weib und Kind( er meinte hier seine Pflegetochter, die jeßige Wirthin zur Wartburg "), ertragen habe. sah hunderte an meiner Seite verzweifelnd an allem, fluchend ihr Leben endigen, waren aber doch die besten Christen und Gläubigen. Meine naturwissenschaftliche Anschauung sah in diesen armen Menschen nur die Opfer eines jahrtausende alten Wahnes."

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Ich

Zur Steuer der Wahrheit muß gesagt werden, daß Deubler mit großer Anerkennung von der humanen Gesinnung des Ge­