dieser gab nach schrei ins Wasser.
Wanda wankte und fiel mit lautem AufHatte Frizz Lauter schon aus dem Gesicht der ihm eben so unvermuthet gegenübertretenden Mädchenerscheinung ein bekannter Zug entgegengeleuchtet, so flang ihm die Stimme gar wohlvertraut an das Ohr. Aber der Unfall des jungen Mädchens ließ ihm nicht Zeit zur Ueberlegung, wo und wann im Leben ihm dasselbe schon begegnet sein könnte.
Mit einem einzigen Ruce hatte er Hut und Rock abgeworfen und war, wenn auch nicht gespornt, wie Herr Därmig behauptet hatte, so doch in der That gestiefelt ins Wasser gesprungen. Das Rettungswerk hatte gar keine Schwierigkeiten gehabt. Wanda war nach einmaligem Untertauchen sofort wieder über Wasser gekom men und hatte sich an die Gondel anklammern können. Hätte Friß mit Ruhe die Situation überschaut, ehe er sich dem Mädchen nachgestürzt, so würde er eingesehen haben, daß er die Gondel erreichen und sie mit Wanda ans Ufer ziehen könnte, ohne nur einen Finger naß zu machen. So hatte er nicht minder kurzen Prozeß machend ihre Taille umschlungen und war mit einer einzigen Schwimmbewegung wieder am Ufer gewesen. Für ein Salondämchen wäre es nach solch einem, im Grunde fleinen Unglück nunmehr die höchste Zeit gewesen, graziös in Ohnmacht zu fallen. Wanda war aber auch im Salon ihres hoch emporgekommenen Vaters die ursprüngliche Natürlichkeit nicht abhanden gekommen; sie dachte an keine Ohnmacht, sondern schaute, nachdem sie rasch den ersten Schrecken überwunden hatte, ihrem jungen Retter hell und dankbar ins Auge, ohne Acht darauf, daß er sich eigentlich viel mehr Mühe um sie gegeben, als es unbedingt nöthig gewesen wäre. Und da wie ein Jubelruf quoll es über ihre frischen Lippen, wie die herzensfrohe Begrüßung eines langentbehrten, heiß ersehnten Freundes:
,, Friß, lieber, lieber Fritz!" Und Friß schlug ein in die kleinen Hände, die sich ihm entgegen streckten, denn auch er hatte die Jugendgespielin erkannt und auch ihm war das Herz aufgegangen in der Freude unverhofften Wiedersehens. Seine ganze Kindheit hatte sich wie mit einem Schlage wieder vor ihm aufgethan, als er ihre Stimme hörte, ihr in' die dunkelblauen Augen schaute und diese kleinen weißen Hände in die seinen schloß.
Freilich konnte er sich dem Glücke, das ihn so plößlich über kommen, nicht länger als einen Augenblick hingeben. Wandas und seine Kleider troffen von Wasser, und nur sein im Ufergrase liegen gebliebener Rock bot für die erstere eine trockene Um hüllung. So liefen sie denn ohne ein Wort mit einander zu reden, aber Hand in Hand, wie sie es als Kinder immer gethan, so rasch als es gehen wollte, nach der kleinen Hinterpforte des parkähnlichen Gartens, dessen üppige Vegetation Herrn Alsters schönes Haus von allen Seiten umwogte. Im Garten trafen sie auf die Verwalterin und Repräsentantin des Alsterschen Hauswesens, die ziemlich bejahrte Wittwe eines Arztes. Das Ent sezzen der gutmüthigen und ihrer Pflegetochter von ganzem Herzen zugethanen Frau über den Anblick, den Wandas durchnäßte Toilette bot, ließ sich durch des jungen Mädchens eifrige Versicherung, daß sie sich ganz wohl fühle und der ihr zugestoßene
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Unfall ohne Bedeutung sei, nicht beschwichtigen. Sie dankte Frizz in flüchtigen Worten für sein tapferes Verhalten und drückte eben so hastig ihre Freude darüber aus, daß es grade einem KindheitsFreunde ihres Schüßlings vergönnt gewesen sei, diesen aus dem gefährlichen Elemente zu retten; dann aber empfahl sie Frizz der Obsorge eines auf ihren Ruf herbeigeeilten Dieners und entführte Wanda fliegenden Schrittes nach deren Schlafgemach.
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Dann nur noch einen letzten dankenden Blick und die zärtliche Bitte: ja, ganz bestimmt in den allernächsten Tagen sie und Papa, der heute verreist sei und ihn auch noch in sehr freundlichem Gedächtniß habe, zu besuchen, und Wanda war vor den an der lieblichen Mädchengestalt wie gebannt haftenden Blicken unseres Frizz verschwunden. Der Diener, welchen die Frau Doktor den Namen der Verwalterin, Winter, ersparten sich die Hausgenossen gewöhnlich mit Frizz allein zurückgelassen, war eine. brave Haut und in seinem Benehmen ein wenig besser, als man die echten Bedientenseelen zu schildern pflegt. Er kannte nicht, wie diese seine Durchschnittskollegen, nur zwei Sorten Menschen -solche, die sie für höher gestellt als sie selber anerkennen müssen und denen sie deswegen in tiefster Demuth ersterbend gegenübertreten, und solche, denen sie eine höhere Stellung nicht zuerkennen und die sie, gewissermaßen zur Entschädigung für jenen Demuthszwang, nach Möglichkeit grob, malitiös und niederträchtig behandeln.
Die Menschenbeurtheilung und Behandlung Augusts - Herr Alster nannte ihn, seit er heimlich die Toussaint Langenscheidtschen Unterrichtsbriefe, im allgemeinen ziemlich vergeblich, studirt hatte, Ohschüßt zeigte sich vielseitiger und humaner. Den Höhergestellten nahte natürlich auch er ungeheuer respektvoll, aber die nicht Höhergestellten schied er in zwei Klassen in solche, die er als sich selbst gleichberechtigt betrachtete und denen er ungeheuer gemüthlich entgegenkam, und in die andern, deren materielles Üntergeordnetsein ihm gar zu grell in die Augen fiel, und die er denn auch vermöge seines hochentwickelten Würdegefühls nur sehr von oben herab zu traktiren vermochte.
Frizz Lauter nun imponirte ihm, obschon das gnädige Fräulein denselben höchst befremdlicher Weise mit du angeredet hatte, keineswegs als ein vom Schicksal besonders bevorzugter Mensch, aber so halbwegs gleichberechtigt kam er ihm doch vor.
Daher wollte er ihn mit aller Gewalt in sein Souterainzimmerchen schleppen, ihm seinen schönen wattirten Schlafrock anziehen welches vortreffliche Kleidungsstück er sich selber täglich nach 10 Uhr Abends, wenn nicht zufällig Besuch bei seiner Herr schaft war, zu seinem besondern Behagen anthat und mit ihm ein paar Glas steifen ein paar Glas steifen Grog nämlich zur Stärkung und Erwärmung, auch seiner eigenen solcher Labe stets bedürftigen Person, schlürfen.
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Frizz Lauter aber schlug alles dies aus; nur die Droschke ließ er sich gefallen, die der brave August schließlich zu seiner Heimbeförderung herzupfiff, und eine wollene Pferdedecke, in die er ihn, wie eine Mutter ihr Kind, sorglich einwickelte, und dann fuhr er ohne Aufenthalt, seltsam erregt und bewegt, nach Hause. ( Fortsetzung folgt.)
Das Leben der Erde.
Von C. Fehleifen. ( Fortseßung.)
Von dieser schimmernden Vegetation der Gnomen und Zwerge sagt Quenstedt: ,, Da, wo Griechen die lebensmüden Schatten der Unterwelt hinseßten, dämmert, abgewendet vom Lichte, die erste Morgenröthe der organischen Schöpfung; die todte Substanz fämpft gegen das mechanische Gesetz der Schwere, sie wächst zu Formen, die wir Kristalle nennen. Natur macht feine Sprünge, sondern vermittelt soweit es nur möglich ist, und Kristalle bilden die Brücke, welche das Todte mit dem Lebendigen verbindet, auch sie entstehen, wachsen und vergehen. Vieles hat sich in der Vorzeit gebildet, was heute die Erde nicht mehr hervorbringen kann, manche Edelsteine und Kristalle gibt es, deren Entstehungs bedingungen ebenso räthselhaft sind und ebensowohl aufgehört haben, wie die mancher vorweltlichen Thiere, andre bilden sich noch heute und wachsen im Erdschoße durch Jahrhunderte fort, wie Bergkristalle, Stalaktiten, Erze und selbst gediegene Metalle."
Die mineralischen Substanzen, welche sich aus ihren wässrigen Lösungen weder in Hohlräumen des Erdinnern, noch bei dem Austritt der Quellen an die Tagesoberfläche abscheiden, werden den Bächen und Flüssen und von diesen dem Meere zugeführt; ihre Quantität erscheint auf den ersten Blick sehr unbedeutend, stellt sich jedoch in ihrer wahren Größe dar, sobald man die enormen Wassermassen in Betracht zieht, welche stetig dem Ozean zuströmen. Da Flüsse wie der Rhein , die Donau , die Rhone und die Elbe mindestens 1/8000 mineralische Substanzen in aufgelöſtem Zustande enthalten, so führen sie dem Meere in 8000 Jahren soviel zu, als das Gewicht ihrer jährlichen Wassermasse beträgt, genügende Mengen, um im Laufe längerer geologischer Zeiträume das Material der mächtigsten Kaltstein- und Gypsformationen zu liefern.
Im Meerwasser selbst sind bis jetzt, abgesehen von Sauerstoff und Wasserstoff, sowie organischen Substanzen, ungefähr 30 der