den Dramen, am meisten im Nathan", weniger in den Oden und Fabeln, gar keine in den Liedern und Sinngedichten. Trotz einiger scharfen Aussprüche gegen die Franzosen ist er ungemein von ihnen beeinflußt, von ihren Dichtern sowohl, wie von ihren Forschern und Denkern.

Bedeutend war in dieser Zeit ferner Gellert, der in Bezug auf reindeutsche Sprache ein Muster genannt werden darf, wenn seine Poesie auch manchmal recht mager und trocken ist.

Leibniz, der selbst meist französisch, weniger lateinisch, fast nicht deutsch schrieb, rieth den Deutschen , ihren Verstand und ihre Sprache besser zu üben."

Nicht genug zu schätzen ist auch Klopstocks Wirken für rein­deutsche und deutliche Sprachbehandlung. Auf Voß, die Brüder Stolberg , Hölty u. a. sei nur hingedeutet.

Daniel Schubart , der Gefangene des Hohenasperg , gibt den Deutschen durch den Mund Friedrichs des Großen folgende Mahnung:

,, Liebt euer Vaterland!

Sprecht eure Heldensprache stark und rein, Macht durch's Geäffe weicher Auslandssitte Erzne Knochen nicht zu Marzipan!"

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Und Seume ( 1763-1810), der Spazirgänger nach Syrakus , flagt:

,, unsre Frucht verzehren fremde Trosse, Unfre Gauen mähen fremde Rosse,

Eine fremde Sprache zügelt uns."

Mehr und mehr wird nun der Dichterbegriff erhöht und ver­tieft. Er soll zur ganzen Nation reden, und hier war vor allen Dingen Gellerts Wirken unverkennbar segensreich, der in seinen Vorlesungen über den deutschen Stil auf Deutlichkeit der Rede und des Ausdrucks drang. Aller verdienstlichen Männer Namen zu nennen, ist uns hier nicht möglich, wir können und wollen nur von einigen der bedeutendsten Schriftsteller die Stellung zur Fremdwörterfrage anführen.

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Herder tritt den Puristen entgegen und macht Einwendungen, aller Art: ,, Was ist ein Barbarismus? Wie, wenn ich ihn und einen Solöcismus unentbehrlich brauche?... Wenn ein neues, ein fremdes Wort mir aus mancher Verlegenheit hülfe? Und zumal das Bunte im Ausdruck, wie, wenn es unvermeidlich wäre? Auf keine von diesen Fragen wollen unsere Redekünstler antworten, und lassen uns also bei ihren güldenen Vorschriften in der Dürre.... Von wie vielen Völkern haben wir unsere Wissenschaften her! Und von ebenso vielen borgen wir auch Sprache.... Wir haben die meisten unserer Wissenschaften von den Griechen; von ihnen also in der Literatur auch ein großes Lexikon von Wörtern und Kunstausdrücken, die theils in unsrer Sprache völlig da, theils nach der Analogie geformt sind. Beide sind Bürger und die letzteren versteckte Bürger, naturalisirte Fremde, von denen unsre Sprache der Wissenschaften voll ist.... Wissenschaftliche und Kunstausdrücke, freilich lassen sie sich um­schreiben, aber das eine, der Hauptbegriff des Sinnes verliert sich oft in dies umschreibende Gefolge: ich schiele und wollte den Begriff gerade sehen: in dem Körper, den ihm der Erfinder, er sei Grieche oder Lateiner, oder Brite oder Franzose, anschuf, in dem ich ihn unter diesen Völkern zu sehen gewohnt war, in dem Körper, in dem Kleide würde ich ihn gleich erkennen; nun aber in dem nach meiner Nation verzerrten Gesicht, in einer ver stümmelten Gestalt, in einer weiten Hülle von Kleide, da soll ich den griechischen oder lateinischen Begriff erst aufsuchen? Man zeige ihn mir lieber, wer er ist!...

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Wenn die italienischen Künstler in dem Unterrichte ihrer Künste Begriffe in Wörter bilden und uns diesen Unterricht über­liefern: wird sich der Deutsche nicht zur Nachbildung ihrer Worte bequemen müssen? Und wenn der französische, der britische schöne Geist uns eben den Hauptzug seines Genies, seiner Launen, seiner Wiglinge in einem treffenden Ausdruck charakterisirt: wer wird sich da in einer wässerigen Umschreibung baden wollen, die da zerfließt, wenn ich darnach greife?"

Da uns Herder aus der Seele spricht und über die Sprache, auch über die nothwendige Volksthümlichkeit, viel und gründlich nachgedacht hat, haben wir ihm gern solange das Wort gegeben. Herder wollte ferner mehr Gewicht auf Französisch als auf Latein in den Schulen gelegt wissen.

Als die Schriftsteller der, Hälleschen Bibliothek" einem Buche den Vorwurf machten, daß es zuviel Fremdwörter enthalte, ver­wies sie Herder auf ihre eigne Thür, vor der noch viel zu fehren

war. Wenigstens sollte.... die Hällesche Bibliothek die letzte sein, uns ein Buch zu verrufen, das in der Sprachmischung von feinem als ihr selbst übertroffen wird. Alle Seiten wimmeln von alamodisch denken, pretieuser Schreibart, Animositäten, Collectaneen, Nonsensen, Adversarien, allzu galantem ,. kleinmeisterischen Wesen, trivialer Aeſthetik wehe mir, ich bin kaum einige Seiten durch. Wehe unserer Sprache, wenn dies ein Muster des Geschmacks würde!" Also gegen die Fremd­wörter, d. h. mit Verstand und Verständniß, will auch er ein­geschritten wissen!

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Von dem bedeutenden Lehrer Herder gehen wir über auf seinen ihn überragenden Schüler, der ihm doch auch viel ver­dankt, was jetzt erst recht erkannt werden wird, wo wir eine gute kritische Ausgabe der herder'schen Werke erhalten*). Wir meinen Goethe. Bei Goethe läßt sich, besonders in den Arbeiten des neuen Jahrhunderts, die Neigung bemerken, leise und geschickt den Fremdwörtern, wo ohne Zwang thunlich, aus dem Wege zu gehen. In der Novelle" umschreibt er Perspektiv, Fernrohr, mit ,, heranziehende Gläser", und ausdrücklich erwähnt er die fremdwörterfeindliche Zeitströmung( 1814) in folgendem Gedanken­,, Die deutsche Sprache wird nun rein, Pensée darf künftig nicht mehr gelten; Doch wenn man sagt: Gedenke mein! So hoff' ich, soll uns niemand schelten."

vers:

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Auch sieht man hier, wie er mit klarem, feinen Sinn nicht leiden­schaftlichen Fremdwörterhaß schnaubt, sondern grade diesem mit feinem Spott entgegentritt.

Was das in die höheren Schichten, und wörterweise auch in die tieferen, eindringende Französisch anlangt, so bemerkt Goethe darüber in den venetianischen Epigrammen( 1790):

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,, Lange haben die Großen der Franzen Sprache gesprochen, Halb nur geachtet den Mann, dem sie vom Munde nicht floß. Nun lallt alles Volk entzückt die Sprache der Franzen, Zürnet, Mächtige, nicht, was ihr verlangtet, geschieht." Und an andrer Stelle sagt der große Sprachdenker: Die Mutter> sprache zugleich reinigen und bereichern, ist das Geschäft der besten Köpfe. Reinigung ohne Bereicherung erweist sich oft geistlos."

Als Muster guter deutscher Sprache weist Goethe wieder­holentlich auf Luther hin; so in einem Briefe an Schmeißer: ,, Lies fleißig in Luthers Bibel. Daraus lernst du deutlich denken. Es thut sehr noth, daß man wieder deutsch schreiben lernt."

Basedow , einer der Jugendfreunde Goethe's , suchte seinerzeit das ganze Erziehungswesen auf einer neuen, gesünderen und natürlicheren Grundlage aufzubauen. Der lockere, sittlich nicht gefestigte Mensch war dazu freilich nicht der Mann. Nachhaltiger aber wirkte nach dieser Richtung der würdige Campe, der ein warm für Menschenwohl und Menschenglück schlagendes Herz besaß**). Tief erschüttert von dem menschlichen Elend, welches er als preußischer Feldprediger in nächster Nähe hatte kennen lernen, beschäftigte ihn der Gedanke einer gründlichen Besserung der gesell­schaftlichen Verhältnisse fortwährend. Da fand er nun fein andres Mittel für anwendbar und erfolgversprechend, als die Reform des Erziehungswesens. Nach Basedows nöthig gewordener Entfer nung vom Philanthropin zu Dessau ward Campe der Leiter dieser Anstalt und wirkte äußerst segensreich. Uns kümmert hier besonders sein Werk: Ueber die Reinigung und Bereicherung der deutschen Sprache, womit er, freilich nicht ohne Sonderbarkeiten, doch un­gemein viel Gutes gewirkt und sich ein bleibendes Verdienst um die deutsche Sprache erworben hat. Vor allem ist ferner das deutsche Wörterbuch zu nennen, welches unter seiner leitenden Aufsicht und Mitarbeit von Theodor Bernd geschrieben und von Vater erweitert ward. Wiewohl in beiden genannten Werken viel Verfehltes sich findet, wie es bei der mangelhaften geschicht lichen Kenntniß von unserer Sprache, die er besaß, nicht anders sein konnte, hat er doch manchmal das Rechte getroffen und ist auch durchgedrungen. Für das umständliche geeigenschaftet", qualifizirt, wie der Studirte trotz des schlechten Klanges lieber

*) Von Suphan.

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** Merkwürdig sind von ihm die heute zum größten Theil wohl vergessenen Briefe aus Paris , welche begeistert der französischen Revo lution zujauchzen und zuerst im Braunschweiger Journal" erschienen. Ereignisse, die er freimüthig und kühn, mit Beredtsamkeit, Wärme und 1789 befand sich Campe in Paris und war Augenzeuge der großen Denker ein merkwürdiges, aber um so gewichtigeres Zeugniß sind. anschaulicher Malerei beschrieb, und die bei einem sonst so ruhigen