6. Wer sein Handtuch nach dem Gebrauch nicht sogleich wieder an den dafür bestimmten Plaz hängt, zahlt eine Strafe von 10 Pfennigen. 7. Wer warmes Wasser in einem anderen, als dem dazu be= stimmten Gefäße in die Schlafzimmer trägt, zahlt eine Strafe von 10 Pfennigen.

8. Wer die Wasserkanne nach ihrer Benußung nicht sofort wieder an ihren Plaz hängt, zahlt eine Strafe von 10 Pfennigen.

9. Wer im Eßzimmer Pantoffeln, Schuhe, Stiefeln oder Kleidungsstücke herumstehen oder liegen läßt, zahlt eine Strafe von 10 Pfennigen. 10. Wer ein Zimmer, den Korridor, oder die Treppe verunreinigt, zahlt eine Strafe von 10 Pfennigen.

11. Wer mehr als einmal geweckt werden muß, zahlt eine Strafe von 10 Pfennigen.

12. Wer Lichte ohne Leuchter oder Laterne benutt, oder dieselben an die Wand klebt, zahlt eine Strafe von 10 Pfennigen.

13. Wer nach erfolgter 48 stündiger Arbeitszeit sich nicht im Besize eines geaichten 1/2 oder 4 Liter enthaltenden Bierglajes oder Kruges befindet, zahlt täglich bis zum Besiz desselben eine Strafe von 10 Pfennigen.

14. Wer seinen Haustrunk in einem anderen, als in einem ge= aichten Glase oder Kruge holt, zahlt eine Strafe von 10 Pfennigen. 15. Wer ein fremdes Glas oder Krug ohne Erlaubniß für sich benutzt, zahlt eine Strafe von 10 Pfennigen.

16. Wer Neigen im Glase stehen läßt, 3ahlt eine Strafe von 10 Pfennigen.

17. Wer Bier in das Zimmer schüttet, zahlt eine Strafe von 10 Pfennigen. 18. Wer etwas unter den Tisch wirft, ohne es sogleich wieder aufzuheben, zahlt eine Strafe von 10 Pfennigen.

19. Wer sein Bierglas oder Krug, Eßwaaren, Kochgeschirre, Papier, Kartoffel­schaalen 2c. auf dem Eßtisch stehen oder liegen läßt, zahlt eine Strafe von 10 Pfennigen.

20. Wer Seife, Bürsten, Kämme oder dergleichen umherliegen läßt, zahlt eine Strafe von 10 Pfennigen.

21. Wer in seinem- oder Kleiderschrank. oder in seinem Koffer, oder in seiner Reisetasche den Schlüssel stecken läßt, zahlt eine Strafe von 10 Pfennigen.

22. Wer Schnaps bei sich führt, oder beim Trinken desselben betroffen wird, zahlt eine Strafe von 20 Pfennigen.

23. Wer anderen Angestellten der Brauerei, oder fremden Personen ohne be= sondere Erlaubniß den Zutritt in die- und Schlafzimmer gestattet, oder sie im Zimmer duldet, zahlt eine Strafe von 20 Pfennigen. 24. Wer an andere Angestellte der Brauerei, oder an fremde Personen ohne besondere Erlaubniß Bier oder Biermarken verabfolgt oder verschenkt, zahlt eine Strafe von 20 Pfennigen.

25. Wer Frauen oder Kindern den Zutritt in die Betriebs- Räume gestattet, zahlt eine Strafe von 20 Pfennigen.

26. Die du jour habenden Arbeiter sind verpflichtet:

a. andere Arbeiter, sonstige Angestellte der Brauerei oder fremde Personen, die sich im oder Schlafzimmer laut oder unanständig betragen, aufzufordern, das Zimmer zu verlassen, sowie, falls die betreffen­den Personen dieser Aufforderung nicht sogleich nachkommen, sofort beim Inspektor oder im Comtoir Anzeige zu machen.

b. für die Durchführung der vorstehenden Bestimmungen zu sorgen, d. h. sie haben insbesondere jeden, der eine der vorstehenden Strafen verwirkt hat, an die dazu bestimmte Tafel zu schreiben.

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c. Die du jour habenden Arbeiter in deren Abwesenheit die Zimmer­ältesten find ferner verpflichtet, für das Ausdrehen der Gasflammen in den Schlafzimmern spätestens um 11 Uhr Abends Sorge zu tragen.

Wer einer der in diesem Paragraphen genannten Verpflichtungen nicht nachkommt, wird mit einer Straf- du jour bestraft.

27. Wer der Aufforderung des du jour habenden Arbeiters, das Zimmer zu verlassen nicht sogleich nachkommt, zahlt eine Strafe von 25 Pfennigen. 28. Wer gesehen hat, daß Jemand eine der vorstehenden Strafen verwirkt hat, ist verpflichtet, dessen Namen sofort an die dazu be= ftimmte Tafel zu schreiben. Im Unterlassungsfalle zahlt derselbe eine Strafe von 10 Pfennigen.

29. Wer an die Tafel geschriebene Namen fortwischt, bevor dieselben im Strafbuch notirt sind, zahlt eine Strafe von 20 Pfennigen. 30. Wer einen anderen falsch denunzirt, oder einen Namen zu Unrecht an die Tafel schreibt, zahlt eine Strafe von 20 Pfennigen.

31. Wer zu wiederholten Malen beim Schnapstrinken angetroffen wird, wer Biermarken verkauft oder wer absichtlich gegen die Bestimmun= gen dieser Haus- und Straf- Ordnung verstößt, wird mit sofortiger Entlassung bestraft.

Die eingehenden Strafgelder fließen zur Hälfte in den Unterstüßungsfonds, zur anderen Hälfte in eine besondere Kasse, über welche die Arbeiter selbständig verfügen können. Zur Führung der Kasse wird von der Direktion ein Kassenführer ernannt. Derselbe hat die an die Tafel geschriebenen Namen jeden Abend in ein Strafbuch einzutragen und die Strafgelder einzukassiren. Er erhält für die Dauer seiner Stassenführung einen Lohnzuschlag von Mt. 2,00 pro Monat.(!) Die eingehenden Strafgelder hat der Kassenführer allwöchentlich an die Kasse der Brauerei abzuführen.

Jeder mit Monatslohn eingestellte Arbeiter, Flaschenspüler, Stallmann 2c. hat sich der festgesezten Haus- und Straf- Ordnung zu unterwerfen. Bei seinem Antritt erhält er ein Eremplar derselben, durch dessen Annahme er die darin ent­haltenen Bestimmungen als für sich bindend anerkennt.

Den du jour habenden Arbeitern liegt es ob, für Aufrechterhaltung der Ord­nung und für die Innehaltung der Bestimmungen Sorge zu tragen.

Wenn nicht verschiedene Bestimmungen im Vorstehenden nach anderer Richtung wiesen, so würde der Leser jedenfalls annehmen, es handle sich hier um eine Zuchthausordnung. Ja, es dürfte in Strafanstalten nicht so ohne Weiteres verlangt werden, daß ein Betheiligter den anderen denunziren muß, wenn dieser etwa das unter den Tisch Gefallene nicht sofort aufhebt oder Bierneigen stehen läßt, oder Andere im Zimmer duldet". Nach dem Ehrenposten", für zwei Mark monatlich die schwarze Liste" führen zu müssen, wird es wahrlich auch einen Sträfling nicht gelüften.

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,, Ordnung" verstößt( also z. B. seine Kollegen nicht denunziren will) wird sofort entlassen". Um diesen Preis eine solche Entwürdigung!- Das ist die Freiheit" der Arbeiter!

Aber wo eristiren solche Zustände? Doch wohl nur in abgelegenen Landestheilen, jedenfalls nur auf dem Lande, wo das Selbstgefühl der Arbeiter noch nicht geweckt ist?

Die Haus- und Strafordnung ist unterzeichnet:

Die Direktion der Schultheiß' Brauerei- Aktiengesellschaft in Berlin .

Aus der Arbeiterbewegung.

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Die Tischler haben stets eine besondere Rührigkeit entfaltet, wo es zu organisiren und die Arbeiterinteressen zu fördern galt. So ist es auch nicht zu verwundern, das die Central- ranken- und Sterbekasse der Tischler" zu seltener Größe und Leistungsfähigkeit emporgewachsen ist. Die Stasse umfaßt in 706 örtlichen Verwaltungsstellen über 74 000 Mitglieder. Ihr Budget betrug im Vorjahre in Einnahme 1 534 789,73 m. und in Ausgabe 1 405 669,32 m. Am Schluß des Jahres 1886 betrug das Gesammtvermögen der Kasse 393 592,03 M., der Ueberschuß desselben Jahres 129 120,32 m. Die ersten Anläufe, die Tischler Deutschlands in einem Gewerkverein und einer damit verbun­denen, sich über ganz Deutschland erstreckenden Krankenkasse zu vereinigen, datiren zurück bis zum Jahre 1868. In diesem Jahre fand in Kassel ein von 200 Dele­girten aller Arbeitsbranchen besuchter Gewerkschafts- Kongreß statt. Derselbe mar einberufen und geleitet von dem damaligen Präsidenten des" Allgemeinen Deutschen Arbeiter- Vereins", Dr. Schweizer, und dem Präsidenten des" Allgemeinen Deutschen Tabackarbeiter- Vereins" Frißsche. Auf diesem Kongreß konstituirten sich, neben den schon bestehenden, 6 neue Gewerkschaften, mit einer gemeinsamen in einem Verbands­Präsidium gipfelnden Erekutivgewalt. Gleichzeitig mit der Stonstituirung des Gewerk­vereins wurde auch für den Umfang desselben und nur für dessen Mitglieder die Errichtung einer Krankenkasse beschlossen. Die Mitgliedschaft der Krankenkasse war abhängig von der Zugehörigkeit zum Gewerkverein. Unter den damals in Kassel gegründeten Gewert- Vereinen befand sich auch der der Deutschen Holzarbeiter­Gewerkschaft". Gründer und erster Leiter dieser Gewerkschaft war Theodor York aus Harburg . Aus den bescheidenen Anfängen dieser Gewerkschaft und der damit verbundenen Krankenkasse hat sich trotz mehrfacher Umwandlungen, und trotz aller sonstiger; von Privaten und Behörden bereiteter Schwierigkeiten die jetzige, im Jahre 1876 reformirte Stasse entwickelt. Selbst das Jahr des Unheils 1878, welches so viele Arbeiter- Organisationen hinwegfegte, ist an der Kasse ohne jede Störung vorüber gegangen, indem dieselbe damals schon von der gewerkschaftlichen Organisation vollständig getrennt war und selbstständig verwaltet wurde. Möge die Kasse, auf welche die Tischler mit Stolz blicken können, so weiter wachsen wie bisher.

Versammlung des Vereins der Sattler und Fachgenossen" am Sonnabend den 30. Juli, Abends 82 Uhr, Gratweil's Bierhallen, Beuthstr. 8. Tagesordnnng: I. Vortrag des Herrn Sperling über Ursachen der epidemischen Volkskrankheiten". II. Wahl eines Beisitzers und eines Arbeitsvermittlers. III. Ver­Der Vorstand. schiedenes. Neue Mitglieder werden aufgenommen.

Verein deutscher Schuhmacher. Montag den 1. August, Beuthstr. 8: Vereinsversammlung. Tagesordnung: Vereinsangelegenheiten.

Erklärung.

Das Sächsische Wochenblatt" deutet an, es würde in der Volks­tribüne" ein Kampf gegen das Berliner Volksblatt" beginnen. Demgegenüber erkläre ich, daß ich nur nach langem Sträuben die Herausgabe der Volkstribüne" übernommen habe und zwar unter der aus­drücklichen Bedingung, daß jede Reibung mit dem Blatte, dessen politischen Theil ich einst leitete, an dieser Stelle vermieden werde. Da ich kein literarischer Landsknecht bin, glaubte ich das meiner Ehre schuldig zu sein und ich werde unweigerlich auf der mir zugestandenen Bedingung bestehen.

Außenstehende aber, die mit mir eine politische Gesinnung theilen, möchte ich bitten, eine Situation, deren Schwierigkeiten sie gar nicht übersehen können, nicht durch voreiliges Eingreifen zu ver­schärfen. Bei beiderseitigem guten Willen wird auch die jetzige Krisis zum Vortheil unserer Partei ausschlagen.

Mar Schippel.

Von nächstem Sonnabend ab wird das regelmäßige Erscheinen der ,, Berliner Volks- Tribüne"

in größerem Format beginnen und jede Nummer den doppelten Umfang dieser Probenummer haben.

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Nr. 1 wird außer einer orientirenden und belehrenden Uebersicht über die politischen und sozialen Ereignisse der Woche, sowie einer zu­sammenfassenden Darstellung der Vereins- und Gewerkschaftsbewegung unter Anderem enthalten: Die Prostitution in Berlin Das Kolonnen­system bei den Erdarbeiten, seine Beschaffenheit und seine Folgen- Die Eine ergreifende Erzählung aus Bezahlung der städtischen Arbeiter dem Arbeiterleben von Mar Kreßer, dem hervorragendsten Schilderer der sozialen Verhältnisse Berlins .

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In den weiteren Nummern gedenken wir zu bringen: Der Gewerbe­schiedsgerichtsantrag der sozialistischen Stadtverordneten im rothen Hause - Die Berliner Arbeite­Die Arbeiterschutzgesetzgebung und der Reichstag rinnen- Bewegung Die Centralisation der Gewerkschaften und ihre - Die Lage der Berliner Handlungsgehilfen Hindernisse Das elendste aller Wahlsysteme unsere Abgeordneten sozialismus.

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Diäten für

Der Staats­

Aber was zerbrechen wir uns über diese Möglichkeiten den Kopf! Thatsache ist und bleibt, daß freie" Arbeiter sich einer derartigen Drd­nung" unterwerfen müssen. Und um welchen Preis! Ueberstunden müssen nach Belieben der Direktion gemacht werden.. Ueberstunden werden nicht bezahlt. Eine Kündigungsfrist ist ausgeschlossen", allerdings auf beiden Seiten, aber diese Klausel trifft ja lediglich den Arbeiter, der selten zu gehen wagt, weil er heute nie weiß, wann er wieder Stellung finden wird; für den Unternehmer sind stets Leute im Ueberfluß da, für ihn ist also die Kündigungsklausel eine starke Waffe.. Wer absichtlich" gegen die Verantwortlicher Redacteur : Max Schippel , Berlin.-Druck und Verlag: F. Posekel, Berlin S. O., Oranien- Straße 23.

Auch den unterhaltenden Theil gedenken wir besonders zu pflegen, werden uns jedoch möglichst bemühen, daß er ebenfalls ein Spiegelbild unserer sozialen Zustände bietet.

Von allen Mängeln in der Bestellung wolle man sofort Nachricht an den Verlag der Berliner Volks- Tribüne, Dranienstraße 23, geben.

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