Berliner

Volks- Tribüne

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Social- Politisches Wochenblatt.

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Die Berliner Volks- Tribüne" erscheint jeden Sonnabend früh. Abonnements- Preis für Berlin monatlich 50 Pfg.( frei ins Haus). Einzelne Nummer 15 Pfg. Durch jede Post- Anstalt des Deutschen Reiches zu beziehen.( Preis viertelfährlich 1 Mk. 50 Pfg.; eingetragen unter Nr. 837 b des 16. Nachtrages zur Zeitungspreisliste.) Redaktion und Expedition: Inserate werden die 4 spaltige Petit- Zeile oder deren Naum mit 20 Pfg. berechnet.- Vereins- Anzeigen: 15 Pfg. Arbeitsmarkt: 10 Pfg. Inseraten- Annahme in der Expedition: Oranien- Straße 23.

S.O.( 26). Oranien- Straße 23.

. 15.

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Sonnabend, den 12. November 1887.

Ausgabe für Spediteure: Merkur " Zimmer- Straße 54.

I. Jahrgang.

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Inhalt:

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d. J. mit der Leitung der Wahlen beauftragten Reichstags- wollen, daß wir im Wahlgange nach Kräften den Posten wahlkomitees berechtigt und verpflichtet, die ein- auszufüllen suchten, auf welchen uns Euer Vertrauen ge­Zu den Berliner Stadtverordneten- Wahlen. leitenden Schritte in dieser Sache zu thun; sie wurde stellt hatte. Die Berliner Arbeiter haben den Muth gehabt Sozialistische Lohntheorie und kapitalisti- hierin unterstützt von einer Anzahl ehemaliger Mitglieder des und werden ihn weiter haben, jeden ernsten Wahlkampf aber sie haben nicht Sozialdemokratischen Stadtverordneten wahlkomitees. mit ihren Gegnern aufzunehmen sche Löhnungspraris. Entwickelung und Nach reiflicher Erwägung waren wir vollständig die politische Ehrlosigkeit, sich an einer Wahlposse Charakter der französischen Arbeiterparteien. einig in dem Entschluß, Euch, den Arbeitern Berlins , der zu betheiligen. Und ernst kann man wahrlich eine Wahlbewegung Die Bewegung unter den Arbeitslosen überwältigen den Mehrheit der erwachsenen Be­nicht nehmen, in welcher von den Hindernissen des wohner der Reichshauptstadt Londons . Zum St. Gallener Parteitag. Dreiklassensystems ganz abgesehen der größten Partei Berlins überhaupt jede öffentliche Agitation ver­sagt ist, in welcher der Arbeiterstand nicht einmal öffentlich Kandidaten aufzustellen vermag.

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Feuilleton.

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Aus Lassalle's letzten Tagen. - Der Marimalarbeitstag und der hygienische Kongres in Wien .

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Politische Nachrichten. Kleine Mit theilungen. Vereine und Versammlungen.

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An unsere Leser

richten wir die Bitte, für möglichste Verbreitung dieser Nummer und der

Berliner Volks- Tribüne" überhaupt thätig zu sein.

Der Abonnementspreis für Berlin beträgt monatlich 50 Pfennige frei in's Haus. Außerdem ist die

vollständige Wahlenthaltung

anzuempfehlen und zwar aus folgenden Gründen:

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um

Die Thätigkeit unserer Partei kann, wie ihr alle Unter solchen Verhältnissen uns an der Wahl zu be­wißt, auf kommunalem Gebiete immer nur eine sehr geringfügige sein. Alle irgend wichtigeren wirthschaft- theiligen, das würde die Ungerechtigkeit des heutigen lichen Fragen, alle bedeutsameren Beziehungen zwischen Systems nur bemänteln heißen. Das würde nach Außen Kapital und Arbeit fallen ganz und gar in den Bereich hin nur den Anschein erwecken, als ob es für das Volk der Gesetzgebung der Bundesstaaten und des Reiches; noch ein wirkliches Wahlrecht gäbe, das hieße hierhin haben die Arbeiter ihre Kraft zu richten, wenn sie mit Lassalle zu reden- einen Zustand vollständiger Recht­eine Besserung ihres unwürdigen Looses und ihre endliche losigkeit in einen Zustand des Rechtes umlügen". Und dazu sollten wir selber die Hand bieten? Befreiung von wirthschaftlicher Knechtschaft erringen wollen. Nein und abermals nein! Wir haben ein geringes Ferner haben die Gemeinden auch gar keine Macht, tiefer­gehende politische Forderungen unserer Partei zu ver- Interesse daran, uns dem unsicheren Glücksspiel des Drei­wirklichen, sodaß weder für den Sozialismus noch für die klassenwahlsystems auszuseßen, aber wir haben das denkbar Demokratie praktische Erfolge zu erhoffen sind, die von stärkste Interesse, die uns gegenüber befolgte Politik aller Bedeutung für das arbeitende Volk wären. Und wenn Welt hüllenlos als das erscheinen zu lassen, was sie in die Regierung der Gemeindevertretung gar verbieten Wahrheit ist. Indem wir unsere Gegner scheinbar ge­tann, über alle wichtigeren politischen Fragen( wie z. B. währen lassen, bereiten wir ihnen in Wahrheit die folgen­Kein Erwählter der besitzenden die der Vermehrung der Reichstagsmandate für Berlin ) schwerste Niederlage. auch nur zu berathen, so wird hierdurch schlagend be- Klaffen wird sich mehr wohlgefällig auf seine Autorität wiesen, daß auch der agitatorische Werth der Vertretung als Volksvertreter" berufen können denn bei seiner im rothen Hause" für uns ein ziemlich verschwindender ist. Wahl blieb das ganze arbeitende Volk von der Aber selbst wenn den Gemeinden viel weitergehende Urne fern. Das Ausnahmegesetz aber wird in seiner machtbefugnisse zuständen, und wenn daher eine sozialistische wahren Gestalt erscheinen, wenn durch unser Verhalten Fraktion im Rathhaus einen ausgebreiteteren Wirkungskreis jedermann hier und draußen im Reiche erfährt: in der finden könnte so würde dies doch eine starke Fraktion volkreichsten Stadt Deutschlands , in der Stadt, vorausseßen, und an eine solche ist niemals zu denken, so welche die größte Arbeiterbevölkerung umfaßt, lange das elendeste aller Wahlsysteme" fortbesteht. gab es wohl eine Wahlbewegung, aber es gab Bei 392 741 Steuerzahlern der Einkommen- und keine Arbeiterversammlung, es gab keinen Ar­Klaffensteuer wies Berlin im Jahre 1883/84 weit über beiterkandidaten und es gab keinen Arbeiter, der 200 000 wegen Armuth steuerbefreiter Per- wählen ging. Das soll unser Protest sein, den wir erheben, und sonen auf, von denen neun Zehntel über 20 Jahre alt sind. Diese neun Zehntel der ärmsten Klasse sind des verlaßt Euch darauf, dieser lautlose Wahlproteſt wird Zu den bevorstehenden Stadtverordneten- Wahlrechtes überhaupt beraubt. Des Wahlrechts gänzlich mächtiger in das Land hinausschallen und einen ganz an­beraubt sind aber weiter die 144 313 Personen der deren Widerhall finden, als alle sonstigen Proteste zu­ersten Klassensteuerstufe. Und die winzige Minorität, die sammen. dann von Euch noch übrig bleibt, wählt nicht unter den gleichen Voraussetzungen wie unsere Gegner, die Mann für Mann an die Wahlurne treten dürfen. Vielmehr find von vornherein zwei Drittel der Size für die besißenden Klassen reservirt, und erst in der dritten Klasse dürfen die paar Wahlberechtigten unserer Partei

,, Berliner Volks- Tribüne" durch jede Postanstalt des Deutschen Reiches zu beziehen. Preis viertel jährlich 1 M. 50 Pf.; eingetragen unter Nr. 837b des 16. Nachtrages der Zeitungspreisliste.

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entgegen.

Wahlen.

An die Arbeiter Berlins ! Arbeiter Berlins! Trotz aller Bemühungen ist es Euch nicht möglich gewesen, in öffentlicher Versammlung Stellung zu den bevorstehenden Stadtverordnetenwahlen

zu nehmen.

Vor vier Jahren erklärte zwar noch Herr von Buttkamer:

ihre Stimme erheben!

Nun maßen wir uns nicht an, Euch darum von jeder Betheiligung an der Dreiklassenwahl abzurathen. Das zu Wer giebt uns denn das Recht, wenn hier bei den entscheiden und zu empfehlen, ist und bleibt Sache der Kommunalwahlen der vierte Stand sich zusammenthut und ganz bestimmte Beschwerden vorzubringen hat, wer giebt Gesammtpartei. Aber wir rufen diese beschämenden That­uns denn das Recht, solche Leute unter die Paragraphen 1 fachen vor Eure Erinnerung zurück, um klarzustellen, daß und 9 des Sozialistengesetzes zu subsumiren?... Ich bin wir jedenfalls gar keinen Grund haben, uns für die Theil­der Meinung, wir hatten nicht das Recht, der sogenanntennahme an den Stadtverordnetenwahlen zu ereifern; dieser Arbeiterpartei in ihrer legitimen Thätigkeit in Bezug auf die Kommunalwahlen entgegenzutreten; wir würden uns da- Eifer würde in ärgstem Mißverhältniß zu der Bedeutung durch einer flagranten Gefeßesverlegung schuldig und den Ergebnissen eines auf solchem Boden ausgefochtenen gemacht haben. Ich werde auch fünftig in allen Wahlkampfes stehen. Fällen so verfahren." Dagegen haben wir im gegenwärtigen Augenblick allen Trotzdem wird uns heute von den Untergebenen des Grund, durch unsere Ministers auch nicht eine öffentliche Zusammenkunft in vollständige Wahlenthaltung

der gleichen Angelegenheit genehmigt.

Darum seid Alle einig wie ein Mann und bewahrt vollständige Wahlenthaltung.

Am 22. November wird das ganze arbeitende Volk von der Wahlurne fern bleiben und so das vernichtendste Urtheil über das ganze Ergebniß dieser

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Volkswahl" sprechen.

A. Brandt, Buchbinder, Adalbertstraße. F. Berndt, Schlosser, Brunnenstraße. H. Gruner, Kürschner, Lottumstraße. H. Damerow, Maler, Neue Hochstraße. H. Lehmann, Zimmerer, Rheinsbergerstr. R. Kroll, Schneider, Gneisenaustraße. A. Nickel, Zimmermann, Wrangelstr.

Im Anschluß an diesen Aufruf möchten wir unsere

Leser noch darauf aufmerksam machen, daß nach der in der sozialdemokratischen Partei allgemein herrschenden An­schauung, wie sie auch auf dem St. Gallener Parteitag

Mir Arbeiter sind augenblicklich gegen diese Praris den schneidendsten Protest zu erheben gegen ein System, Ausdruck gefunden hat, eine Unterstüßung gegnerischer ohnmächtig. Aber wenn wir auch nicht, wie wir es alle das uns zu vollständiger politischer Rechtlosigkeit Kandidaten durchaus ausgeschlossen ist. Die Arbeiter hätten wünschten, in freier Sve und Gegenrede aller Partei- verurtheilt. Arbeiter Berlins ! Ihr habt bisher furchtlos in jedem darnach also auch nicht für das kleinere Uebel" ein­genossen unser einzuschlagendes Verhalten festzustellen ver­mögen, so schien es uns doch einer so großen Partei wie Wahlfeldzug mitgekämpft, ihr habt keine Geldopfer gescheut zutreten. der unseren, der stärksten Partei Berlins , unwürdig, und seid auch vor den zahllosen Maßregelungen nicht zu­die Zeit der Wahlbewegung ohne jede eigene Lebens- rückgeschreckt, welche mit dem offenen Wahlverfahren äußerung vorübergehen zu lassen. Unter den obwaltenden bei den Stadtverordnetenwahlen verknüpft sind. Auch uns Verhältnissen glaubte sich die Mehrheit des im Februar| Unterzeichneten wird man die Anerkennung nicht versagen

Die Redaktion der Berliner Volks- Tribüne".

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