Berliner

Volks- Tribune.

Social- Politisches Wochenblatt.

Die Berliner Volks- Tribüne" erscheint jeden Sonnabend früh.

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Abonnements- Preis für Berlin   monatlich 50 Pfg.( frei ins Haus). Durch jede Post- Anstalt des Deutschen Reiches   zu beziehen.( Preis vierteljährlich 1 Mt. 50 Pfg.; eingetragen unter Nr. 837 b des 16. Nachtrages

Redaktion und Expedition: S.O.( 26). Oranien- Straße 23.

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Inhalt:

Inserate werden die 4 spaltige Petit- Zeile oder deren Raum mit 20 Pfg. berechnet.- Vereins- Anzeigen: 15 Pfg. Arbeitsmarkt: 10 Pfg. Inseraten- Annahme in der Expedition: Oranien- Straße 23.

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Aus

Sonnabend, den 26. November 1887.

Einzelne Nummer 15 Pfg. zur Zeitungspreisliste.)

Ausgabe für Spediteure: ,, Merkur  " Zimmer- Straße 54.

I. Jahrgang.

sein, aber kein Mensch hat ein Recht, mir schuftige Be­Da ein Artikel in der letzten Sonntagsnummer des Berliner leidigungen und freche persönliche Beschimpfungen" vor- Volksblattes" den Anschein erwecken könnte, als hätte ich die Opposition zuwerfen! gegen die Stadtverordnetenwahlen gemacht und unnüz verbittert, Ich weise diesen Vorwurf nochmals auf das Ent- fo erkläre ich hiermit, daß ich sofort nach der Eröffnung des Reichs= tages vor der sozialistischen   Fraktion den Beweis antreten werde, daß meine Thätigkeit eine zwischen den längst vorhandenen, von mir nicht geschaffenen Gegenfäßen vermittelnde war. Redaktion des Berl. Volksbl." ist dies ja auch für einen Fall sehr gut bekannt, wo lediglich durch mein Eingreifen eine heftige per­sönliche Provokation verhindert wurde, obwohl ich Gefahr lief, in Konflikt mit meinen eigenen Gesinnungsgenossen zu kommen.

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Der offene Brief des Herrn Tutauer Karl Marr' materialistische Geschichtsauf­fassung. Langsames Verhungern. Die schiedenste zurück! Und mit meinem Machwerk" vergleiche man nun überseeische Lebensmittelkonkurrenz. den Artikel des Herrn Tuzauer. Wir zitiren aus ihm: London  . Novelle. Der Verein der anhaltischen 1. Be- hauptungen: Arbeitgeber. Entwickelung und Charakter der französischen   Arbeiterparteien. Herr Stöcker und Herr Singer.

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Politische Nachrichten.

Versammlungen.

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Vereine und

Thatsachen.

In der letzten Stunde der Kommunal- Wahlbewegung hat Herr Tubauer den Unterzeichneten in einer Weise persönlich angegriffen, die wohl selbst viele meiner Gegner unerhört gefunden haben werden.

Ich lehne es ab, irgend ein Urtheil über den Offenen Brief  " im Berliner Volksblatt" zu fällen. Das wird an anderer Stelle und durch eine andere Instanz ge­schehen, und die Arbeiter Berlins   werden dieses Urtheil erfahren.

Ich habe nur die Pflicht zu erfüllen, den Lesern der Volkstribüne" ohne Zusäße die nackten Thatsachen mit­zutheilen, die zum Verständniß der ganzen Angelegenheit überhaupt nöthig sind.

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Eine einzige Bemerkung sei mir vorher erlaubt. Wenn es im ,, Volksblatt" heißt, erst die schuftigen Beleidigungen", die von mir ausgegangen seien, hätten den Anlaß zu dem beispiellosen Angriff gegeben, so weise ich diese Be­hauptung mit vollster Entschiedenheit zurück. Ver­steigt sich denn der Hochmuth einiger Titel autoritäten so 2. hoch, daß eine sachliche Kritik ihrer Politik, ihrer Stel­lung zur Partei und ihrer Leistungen nicht mehr ge­stattet ist? Darf man einen Jrrthum nicht mehr einen Bruch Fehler, einen wirklichen oder vermeintlichen der Disziplin nicht mehr eine Disziplinlosigkeit und eine übergroße Nachgiebigkeit nicht mehr Leisetreterei" nennen? Darf man kein Urtheil mehr fällen, ob ein Mann feiner Stellung gewachsen ist oder ob er nichts leistet? Darf man die Leute, die sich durch Titel bestechen lassen, nicht davor warnen, die Bedeutung solcher Titelbehafteter zu überschäßen und ihre Stellung zur Partei falsch aufzufassen? Gewiß, Schmeicheleien waren es nicht, die wir vorbringen mußten, als einige Titelautoritäten anfingen, Wahlbewegung auf eigene Faust zu machen aber man nenne mir in meinem Artikel ein Wort, das eine Schmähung, d. h. eine Verdächtigung des Charakters, eine Leugnung des ehrlichen Willens, eine Unterschiebung unlauterer Mo­tive einschlösse!- Wenn mich einmal ein Kritiker als sozialpolitischen Schriftsteller ,, wissenschaftlich wie literarisch gleich leistungsunfähig" finden sollte, würde es auch die größte Duellwuth zulassen, wenn ich dem Gegner meine Sekundanten wegen erbärmlicher Beschuldigung" und ,, schuftiger Beleidigung" schicken wollte? Man würde mich in solchem Falle einfach auslachen, wie man über Jeden die Achseln zucken muß, der, in öffentlicher Thätigkeit, die öffentliche Kritik nicht ertragen wollte, und wenn diese Kritik was ihr gutes Recht ist bis zur Bestreitung jeglicher Bedeutung und Leistungsfähigkeit des Kritisirten ginge. Ist man, wenn man die Grenzen ehrlicher Kritik noch so streng einzuhalten gedenkt, darum verpflichtet, den Gegner höchst bedeutend" und" überaus thätig und ener­gisch" zu finden?

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" 1

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Ich wiederhole also die Frage: wo habe ich meine Gegner einer niedrigen Handlungsweise geziehen, und nicht was mir kein Mensch verwehren wird eines falschen Verhaltens, eines in den Folgen, nicht in den Absichten verderblichen? Jst kein derartiges Wort von meiner Seite gefallen, so mag meine Auffassung der Partei­disziplin unrichtig und meine Kritik zu scharf gewesen

3.

die

Der

Anderen Andeutungen des erwähnten Artikels lege ich vorläufig weiter keinen Werth bei.

Wenn aber meine vollständige Zurückgezogenheit von allen red= nerischen Turnieren mit" Mangel an Muth und Kraft" in nähere Verbindung gebracht wird, so stelle ich ruhig allen Lesern die Ent­scheidung anheim, ob meine Stellung zu dem von mir verantwortlich geleiteten Blatte und zu der Partei im Allgemeinen nicht mindestens denselben Muth erfordert, wie das Auftreten in einer polizeilich genehmigten Versammlung. Und es wäre doch gewiß auch traurig, wenn heute, in der Zeit der Versammlungsverbote, die Thätigkeit in Versammlungen den Maßstab für den Eifer eines Genossen bilden sollte.

Sie wagen es, sich mit meiner Person in einer Weise zu beschäftigen Leute, die sich Genossen nennen. Die Sache des arbeitenden Volkes steht viel zu hoch, als daß sie von Ihnen oder Ihresgleichen besudelt werden könnte Ein Vorwurf, selbst wenn er von Ihnen kommt. Wer von uns Beiden ein Ehrenmann ist und wer nicht .. Sie versuchen, die Berliner   Arbeiter zu entzweien. Sie können sich, wie es sonst Ihre Mode ist, hier nicht drehen und wenden... Ihr Artikel, den ich für die größte Schmach und Schande der Berliner   Ar­beiterschaft erkläre... Sie erdreisten sich in Ihrem unbegreiflichen Hochmuth... Mein Herr verstehen sie das? Irgend einem Nörgler werde ich nicht weichen Sie, der Sie sich ja wohl auch Genosse" nennen... Sie Was meinen letzten Artikel Zu den Stadtverordnetenwahlen" blicken mit unverhohlener Verachtung auf Ihre weniger gut anbetrifft, so habe ich so lange nichts zurückzunehmen oder hinzu­fituirten Nebenmenschen... Glauben Sie, daß unter den zufügen, als ich die Ueberzeugung behalte, daß ein Bruch der Dis­Arbeitern Subjekte gezüchtet werden, die sich als Werk- ziplin vorlag. Lag er vor, so wird man mir zugeben, daß kein zeuge" eines Anderen gebrauchen lassen*)... Sie wollen Wort der Mißbilligung scharf genug sein konnte. aus diesen unglückseligen Verhältnissen( unter dem Sozialisten- Berlin  , den 21. November 1887. Mar Schipper. gesez) Vortheile ziehen, die lediglich der Befriedigung eines frankhaften und unberechtigten Ehrgeizes dienen können Seitens des für die Leitartikel und für den politischen

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Leute, welche die Arbeiter nur verheßen wollen. Ein und lokalen Theil verantwortlichen Redakteurs wurde mir Arbeiterblatt wird mißbraucht, um uns zu begeifern und zu die Aufnahme dieser Erklärung für die Dienstagsnummer beschimpfen... Das thut ein Mann, der jede Ver- bestimmt zugesagt. Diese Erklärung, nach der ich schieds­antwortung ablehnt für das, was er thut und

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schreibt. Unter meiner Würde, mich öffentlich mit gerichtlich meine vermittelnde Thätigkeit feststellen lassen Ihnen zu befassen Die verderbliche Saat, die Sie will, nach der ich mich auf das Bestimmteste als Ver­ausgestreut haben Ihre unheilvolle Thätigkeit fasser des Artikels in der Volkstribüne" bekenne, erschien Ihre Biedermeierei... Ihre schmuzige Feder. Unerhörte, boshafte Angriffe freche persönliche Be- am Dienstag nicht, dafür aber der Artikel des Herrn schimpfungen wüthende Heßereien erbärmlichste Tubauer, der von meinen Heßereien" spricht und von Beschuldigung schuftige Beleidigung giftiges Wort meiner Feigheit, die Verantwortung für das von mir ... Machwert... verleumderische Schmähungen... bos- Geschriebene nicht übernehmen zu wollen!!! hafte Beschimpfungen

Dunkle Andeutungen:

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Mir, einem Manne, der nichts zu verbergen, nichts zu verheimlichen hat.

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Ich kenne die Motive Jhrer Handlungsweise nicht Ich weiß nicht, wessen Geschäfte Sie besorgen. Leute, die von anderen Parteien kommen. Ich habe nicht nöthig, Ihnen verschiedene Beispiele aus der aller­jüngsten Bergangenheit vorzuführen, auf die ich Ihnen gegen über nur zurückgreifen kann, diese Beispiele sind offenkundig und stadtbekannt.

Am Montag Nachmittag befand sich bereits der einen Artikel gegen mich veröffentlicht hatte, in den folgende Erklärung des Herrn Stadtverordneten Goercki, Händen der Redaktion des Berliner Volksblattes":

So bestimmt ich selbstverständlich heute noch die Parole der habe ich doch andererseits aus einer längeren Unterredung mit dem " Wahlenthaltung" für einen bedauerlichen Irrthum halte, so bestimmt Redakteur Herrn Schippel die Ueberzeugung gewonnen, daß Herr Schippel nach den ihm zugegangenen Mittheilungen die Wahl­konnte und sich daher zu einer energischen Abwehr berechtigt halten enthaltung als ein Gebot der Parteidisziplin auffassen

Es ist mein heißer Wunsch, daß die Arbeiter und Ge­nossen, die Sie zu ihrem Wortführer erwählt haben, von ge= mußte. wissen bitteren Enttäuschungen verschont bleiben Ich bin ein armer, ungebildeter, aber überzeugungs­treuer und ehrlicher Handwerker

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Ich habe keine de- und wehmüthigen Bettelbriefe geschrie­ben und keine Versprechungen gegeben, die zu halten ich nicht die Absicht hatte. Einer derartigen Lumperei bin ich nicht fähig.

Ihre Maske, die mich nicht täuscht

Ein Puppenspiel, an dem Jedermann, außer den Ar­beitern seine helle Freude haben könnte Für ehrgeizige Streber ist kein Raum in unserer Partei

Um vielleicht im Trüben fischen zu können

Damals freilich gingen die verleumderischen Schmähungen von einem Blatte aus, dessen Bestreben es war, die Arbeiter für die Politik der konservativen Parteien ein­zufangen

schoß, lasse ich dahingestellt; auf jeden Fall aber habe ich die Ueber­Ob diese Abwehr in ihrer Schärfe nicht über das Ziel hinaus­ist, und diese erkenne ich bei Jedem gerne an. zeugung, daß Herr Schippel seiner ehrlichen Ueberzeugung gefolgt

in der Kommunalwahlbewegung habe ich nunmehr untrügliche Für die vielfach vermittelnde Thätigkeit des Herrn Schippel Beweise erhalten, so daß es ein bedauerlicher Irrthum wäre, sollte Frage leider bestehenden Gegensähe unnüz verschärft hätte. etwa die Auffassung Plaz greifen, daß Herr Schippel die bei dieser

weniger für möglich halten, als ich denselben seit dem Anfang des Eine solche Thätigkeit würde ich bei Herrn Schippel um so Jahres 1884 als sozialistischen Schriftsteller kenne und schäße. Friz Goerci.

Seitens der Redaktion wurde mir die Aufnahme dieser Erklärung für die Dienstagsnummer bestimmt zu­gesagt. Diese Erklärung, welche meine frühere schrift­Die Arbeiter wissen jest wenigstens, mit wem fie es zu ftellerische und jetzige vermittelnde Thätigkeit offen anerkannte, Jene Versenkung, aus der Sie so plötzlich emporgetaucht erschien am Dienstag nicht, dafür aber der Offene Brief  " des Herrn Tupauer, der mich als Eindringling und Unruhestifter be- zeichnete!!

thun haben

sind.... Drohungen:

Die Arbeiter dürften Ihnen sonst zeigen, wie man mit Leuten von Ihrem Kaliber umspringt Wischen wir erst die Feder ab!

Und nun theilen wir noch folgende Thatsachen mit, ebenfalls kaum für meine Gegner in die Wagschale

fallen dürften.

Bereits Montag Abend befand sich folgende Er­klärung in den Händen der Redaktion des Berliner Volksblattes":

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*) Nebenbei bemerkt: unser Artikel sprach von Werkzeugen" der Gesammtpartei"; diese wird man kaum als Subjekte" be­zeichnen wollen! Red. der Volfstrib."

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Das sind Thatsachen, und damit kein Zweifel an diesen, allerdings unglaublichen Thatsachen bestehen bleibt, drucke ich den Brief, den der für die Leitartikel verant­wortliche Redakteur noch Montag Abend an mich schrieb, hier wortgetreu ab. Er lautet:

Berlin  , d. 21. Nov. 1887. Geehrter Herr Schippel!

Ich habe Ihnen zwar gestern Abend die Zusage gemacht, daß ich die von Ihnen gewünschten Aufnahmen in unsere Zeitung noch für die heutige Nummer bewirken würde. So wie die Angelegenheit leider(!) liegt, habe ich meinen Ent­schluß geändert, Sie werden selbst sehen, daß es nicht anders ging.

Unterschrift.