Berliner

Volks- Tribünc.

"

Social- Politisches Wochenblatt.

-

-

Die Berliner Volks- Tribüne" erscheint jeden Sonnabend früh. Abonnements- Preis für Berlin   monatlich 50 Bfg.( frei ins Haus).- Einzelne Nummer 15 Pfg. Vom 1. Oktober ab durch jede Post- Anstalt des Deutschen Reiches   zu beziehen. Bei direkter Zusendung unter Kreuzband vierteljährlich 1 Mr. 60 Pfg. Redaktion und Erpedition:

S.O.( 26). Oranien- Straße 23.

4.

Inserate werden die 4 spaltige Petit- Zeile oder deren Raum mit 20 Pfg. berechnet.- Vereins- Anzeigen: 15 Pfg. Arbeitsmarkt: 10 Pfg. Inseraten- Annahme in der Erpedition: Oranien- Straße 23.

Märtyrer der Arbeit.

-

der Steinträger Rudolf Arbeitlang,

der Polier Borst,

-

Sonnabend, den 27. August 1887.

Ausgabe für Spediteure: " Merkur  " Zimmer- Straße 54.

I. Jahrgang.

Innungsbrüder haben sich hier so wenig Mäßigung auf- arbeit, des Hausirwesens, sowie des öffentlichen Submiſ= erlegt, wie alle anderen bürgerlichen Interessentenkreise, fionsverfahrens einer endgültigen allbefriedigenden Regelung Durch einen graufigen Unglücksfall sind am Montag die in der Staatskrippe etwas Futter für sich witterten; entgegenzuführen." Das soll durchaus nicht, wie es das Gericht fordert, dieser Woche acht brave Männer aus den Reihen ihrer höchstens zeichneten sich erstere dadurch aus, daß sie sich oben erwähnte gestrenge Berliner der Selbsthilfe, sondern , durch Brüder gerissen worden. Ihr Leben lang an die Arbeit mit ihren Herzensangelegenheiten seltener an den Reichstag   lediglich im Wege der gefesselt, hat sie nun auch der Tod mitten in der Berufs  - wandten, dessen sie mehrfach nicht ganz sicher waren, daß sie Unterſtüßung Staatsregierungen"( also offenbar thätigkeit, fern von ihren Angehörigen, ereilt. dafür aber um so öfter den Reichskanzler mit Denkschriften durch Wahlen, durch Petitionsstürme und ähnliche Mittel) Die Berliner   Arbeiter dessen sind wir sicher beehrten, in denen sie ihren Geist und ihre Uneigennüßigkeit geschehen. Im Berliner   Gewerkschaftsprozeß mußte das werden das Andenken ihrer unglücklichen Genossen immer in vollem Glanze leuchten ließen. Erst vor einigen Tagen ,, Centralkomitee" zur Beförderung einer Petition eine in Ehren halten. Wir aber glauben ihnen den besten Ge- wieder beschloß der fünfte deutsche allgemeine Handwerker- sehr belastende Rolle spielen!! Freilich unterstützten die Gewerkschaften durch ihre Petition die Regierung nicht, denkstein zu errichten, indem wir ihre Namen an dieser tag" in Dortmund  : Stelle wiedergeben. Es verunglückten: eine Deutschrift an den Reichskanzler nm Ein- wie es die braven Innungsbrüder thun. Man sieht, die Arbeiter kämpfen heute einen ganz führung des Befähigungsnachweises für alle Ge­werbe zu richten; ungleichen Kampf gegen die Unternehmer; die Waffen, beim Reichskanzler wie beim Reichstage dahin welche lettere im wirthschaftlichen und politischen Kampfe vorstellig zu werden, daß die baldige Einführung schwingen, schlägt man ersteren aus der Hand. einer gefeßlichen ,, eingehenderen" Legitimation für Unternehmer dürfen sich beliebig in Versammlungen und alle unselbständigen Handwerksgesellen und gewerb- Vereinen zusammenfinden, sie dürfen zentralisirte Verbände lichen Arbeiter ohne Unterschied des Alters durch von nationaler und internationaler Spannweite gründen, sie drücken auf die Regierung und die Gesetzgebung mit zuführen sei; der ganzen Wucht angesehener, ausgedehnter und beim Bundesrath zu beantragen, daß Muster- zahlungsfähiger Organisationen. Und daneben fristen reisende, welche von Privaten zu Privaten gehen die lokalen Arbeitergewerkschaften ein kümmerliches Dasein und an diese Waaren verkaufen, auf gleiche Stufe und jeder Versuch der Centralisation bereitet schließlich mit gewöhnlichen Haufirern gestellt werden u. s. w. auch noch diesem fümmerlichen Dasein ein vorzeitiges Ende! Petitionen und Denkschriften, das Submissionswesen, die Unter den heutigen Vereinsgefeßen wird das aber Gefängnißarbeit, die Wanderlager und Abzahlungsbazare immer so bleiben, die Behörden haben es ganz in den angehend, haben die Zünstler bekanntlich schon in Mengen Händen, jede Arbeiter- Organisation zu maßregeln, und an die ,, maßgebenden" Stellen gerichtet.

der Maurer Hermann Beyer, der Maurer Wilhelm Damm, der Maurer Theodor Hammer, der Maurer Wilhelm Platow, der Maurer Wilhelm Sellack, der Maurer August Wendt. Mögen sie sanft ruhen!

Alle Arbeiter aber, die täglich und stündlich der gleichen Todesgefahr in die Augen schauen, alle, die in Ueberarbeit und Lebensverkümmerung vorzeitig dahinscheiden, alle, die ein Herz für die Leiden der Befißlosen haben, mögen angesichts des offenen Grabes ernſter als jemals das Gelübde ablegen:

fest und mannhaft einzustehen für alle Bestre­bungen, welche geeignet sind, das Loos der Ar­beiter zu bessern und die Arbeit einer glücklicheren, lichteren Zukunft entgegenzuführen.

Wer heute noch lau und unthätig bei Seite steht, dem sei der Unglücksfall eine ernste Mahnung, in Zukunft Schulter an Schulter mit den anderen Arbeitern nimmer rastend seine Pflicht zu thun.

Es bleibt also dabei: Petitionen an den Reichstag  , Linie Denkschriften an den Reichskanzler, die gesetzliche Regelung der Gefängnißarbeit, des Submissionswesens betreffend bei den reaktionären zünftlerischen Unternehmern sind das keine politischen Bestrebungen. Bei den Arbeitern aber waren es politische Bestrebungen, daß sie ebenfalls in Petitionen die gesetzliche Reform der Gefängnißarbeit und des Submissionsverfahrens verlangten!

-

Die

darum haben die Arbeiter durch ihre Vertreter in erster immer wieder die politische Forderung zu erheben: Aufhebung aller hemmenden Bestimmungen der heute in den Einzelstaaten bestehenden Vereinsgefeße, und Schaffung eines allgemeinen Reichsgesetzes, welches den Arbeitern volle Freiheit der Vereinigung sichert und das der Willkür der Behörden und Gerichte dauernd einen Riegel vorschiebt.

Aufgepakt!!!

Aber hören wir da einen guten Bürger sagen Die Privilegien der Innungen und die politische Bestrebungen wären ja auch den Fachvereinen Rechtlosigkeit der Arbeiterorganisationen. gestattet gewesen, nur hätten sie dann jede Verbindung Seltsam, so oft die Kunde zu uns dringt, daß die untereinander meiden müssen, um nicht von den Furien Helden der Innungsbewegung, von allen Wohlgesinnten des Vereinsgefeßes gejagt zu werden; ist das eingetreten, und Einflußreichen auf das Freudigste willkommen ge- so haben sich die Arbeiter selber die Schuld zuzuschreiben. Für den Austritt aus den Zwangskassen. Die§§ 19 und 63 des Krankenversicherungsgesetzes heißen", wieder einmal zusammen tagten, so oft steigt vor Darauf müssen wir jedoch in aller Bescheidenheit erwidern:

unserer Erinnerung ein anderes Bild auf: das Bild von warum läßt man denn die Innungen der Unternehmer bestimmen, daß der Austritt aus den Zwangskassen ver­einigen Berliner   Gewerkschaftsführern, die mit ähnlichen in Ruhe, wenn sie sich in ganz anderer Weise zusammen- ficherungspflichtigen Personen mit Schluß des Rechnungs­Mitteln, wie sie bei den Zunftmeistern ganz gerne gesehen schließen, wie es je Gewerkschaften der Arbeiter seit dem jahres zu gestatten ist, wenn sie denselben mindestens drei Monate vorher bei dem Vorstande beantragen und vor werden, die Interessen der Arbeiter zu verfechten gedach- Sozialistengeset gethan haben? Die Berliner   Gewerkschaften hatten seinerzeit das un- dem Austritt nachweisen, daß sie einer dem§ 75 des ten und die auch mit den Behörden zusammenkamen erhörte Verbrechen begangen, sich untereinander zum Zwecke Krankenversicherungsgefeßes entsprechenden freien oder ein­auf der Anklagebank. der gemeinsamen Anregung und Unterstüßung einer Petition geschriebenen Hülfskaffe als Mitglied angehören. Der bekannte große Berliner   Gewerkschaftsprozeß vom in Verbindung zu seßen. Soweit das Gericht einen Zu- Der Schluß des Rechnungsjahres tritt in den meisten Jahre 1883 und wieviele ähnliche Verfolgungen hat sammenhang überhaupt annehmen konnte, war er demnach Kaffen am 31. Dezember ein, folglich muß der Antrag unterdeß die Fachvereinsgeschichte zu verzeichnen gehabt­der lockerste, der sich denken ließ. Und die Innungen? auf Entlassung aus der Zwangsversicherung spätestens richtete sich bekanntlich gegen dreißig Berliner   Arbeiter, Wir haben größere und kleinere organisirte Innungsver- bis zum 30. September gestellt sein; in den Kassen, weil die Gewerkschaften, die sie vertraten, politische Zwede verfolgt hätten und doch unter einander in Verbände, diese haben schon lange Zeit eine enge Fühlung welche das Rechnungsjahr schon am 30. November schließen, unter einander gewonnen und seit dem Dezember 1884 muß die Kündigung spätestens bis zum 31. August er­bindung getreten wären. hat thatsächlich ein aus den Vorständen der Verbände ge- folgen, widrigenfalls der Versicherte auf ein weiteres Jahr

Was hatten nun die Angeklagten gethan, was den wähltes Komitee bestanden, welches den ganzen Spuk, der in dem Zwangsverhältniß bleiben muß. Zunftmeistern nicht gestattet wäre, ja, was man seitens übereinstimmend in den einzelnen Innungen und Innungs- Der Nachweis, daß man einer anderen Kasse ange= der Regierenden bei den Zunftmeistern nicht geradezu verbänden ausbrach, inszenirte, und dieser Spuk bewegte hört, braucht nicht bei der Kündigung, sondern erst am förderte? fich immer mit Vorliebe auf politischem Gebiet- wenn Schlusse des Rechnungsjahres( also Ende November oder Die Anklageschrift gegen die Arbeiter führte damals man die weite Definition der deutschen Gerichte zuge- Dezember) beigebracht zu werden. aus, alle wirthschaftlichen Bestrebungen würden zu politischen, stehen will.

Möge deshalb kein Arbeiter, welcher aus der Orts-,

wenn sie eine Abänderung der bestehenden Mißstände auf Im Juni dieses Jahres hat man diesen Bestrebungen Betriebs-( Fabrik-), Bau- oder Innungskasse ausscheiden einem anderen Weg als durch ausschließliche Selbsthilfe, endlich die Krone aufgefeßt, indem man einen dauernden will, versäumen, vor dem 31. August resp. 30. September vor allem durch die Gesetzgebung bezwecken;" die Ge- 3entralausschuß der Vereinigten Innungsver- seinen Austritt anzumelden! werkschaften hätten daher den abschüssigen Weg der Politik bände Deutschlands  " begründete ,,, um die Organisation Die Kündigung zum Austritt aus einer Orts-, betreten, als sie für eine Petition an den Reichstag  , die des deutschen Handwerkerstandes auf der korporativen Betriebs-( Fabrik-), Bau- oder Innungskasse kann einfach Gefängnißarbeit, das Submissionsverfahren, den Normal- Grundlage der Innungen zur Durchführung bringen zu lauten, wie nachstehendes Schema: arbeitstag, die Fraueu- und Kinderarbeit und ähnliches helfen". Das Programm dieser Zentralinstanz, das von betreffend, eingetreten seien.

der Nordd. Allg. 3tg." an leitender Stelle abgedruckt

Der Unterzeichnete...

( Angabe des Berufes ( Name und

Lassen wir den Werth dieser Definition dahingestellt: wird, sich also zweifellos des Beifalls sehr ,, maßgebender" und Namens); in Arbeit stehend bei wer wollte dann aber den hochpolitischen Charakter der Persönlichkeiten erfreut, ist vielfach durchaus politisch ge Beruf des Arbeitgebers), beantragt hiermit seinen Austritt aus ganzen Jnnungs agitation zu leugnen sich erdreiften? färbt. So wird unter anderem als Aufgabe des Zentral­Was die Innungen früher schon alles von der Geseß- ausschusses hingestellt: ,, die praktische Lösung der bestehen- der gebung verlangt und wie sie auf die Gesetzgebung einzu- den Schwierigkeiten, um die heute im Vordergrunde der wirken versucht haben, das ist sattsam bekannt. Die Handwerkerbewegung stehenden Fragen der Gefängniß­

( Name der Kaffe).

( Drt und Datum.)

( Unterschrift.)