1846: Hauptmann Wynne, ein Regierungsbeamter,berichtet zu Anfang des Jahres:„Hungersnoth nähert sichuns mit Riesenschritten."— Anfang der großen Hungersnoth.—(10) Wie als Antwort darauf: Gesetz zur V er-mehrung der Polizei.—„Wir haben Irland, ich erkläre es mit Ueberlegung, zum niedrigsten und Unglück-lichsten Lande der Welt gemacht." Lord John Rusiell.1847:(11) Ausnahme-Gesetz.—„Wir treiben sechsMillionen Mitbürger zu Verzweiflung und Wahnsinn."Mr. Brougham, Haus der Gemeinen.— Große Hungersnoth.—„Das Volk von England hat mit großer Schulduud Thorheit eine nationale Schaudthat geschehen lasien.Die Grundbesitzer handhaben ihr Recht mit eiserner Handund verleugnen ihre Pflichten mit eherner Slirne." Times,27. Febr.— 89,738 Auswanderer schifften sich einuach'Canada.„Vor Ende des Jahres war jederFünfte von ihnen im Grabe." Bericht des Census-Beamten 1851, Seite 805. Der Hungersnoth folgte diegroße Auswanderung und Masien-Ausweisuug der Pächtervon Haus und Hos....„Das war ein Viertheilen undeine Zerstreuung, wodurch in jedem Winkel der Erde einFeind gegen euere Herrschaft geschaffen wurde." Mr.John Morletz, Haus der Gemeinen, 3. Juni 1886.—„Jedermann gibt zu, daß Irland mißregierl wurde. Undwer that es? Der Staat." Disraeli, Haus der Gemeinen,5. Febr. 1847.1848: Das große Hungersieber.— Das Parlamentsieht sich in der Zwangslage, ein Gesetz zu machen zurBeschützung und Unterstützung der verhungernden Armen,welche aus ihren Hütten verjagt waren.— Aufstand.—(12) Verschärfung derAusnahmegesetze.(13) Außerkraftsetzungder Habeas- corpus-9Hte.(14) Neues Eidesgesctz.—Mitebel wird unter dem erstem Gesetz(12) zu 14 JahrenTransportation verurtheilt.1849: Das Hungersieber dauert an.— Die Census-Beamlen erklärten, daß seil 1846 über l'/z Millionenam Hu ngerfieber gestorben seien, uud fügen hinzu:„Keine Feder jedoch hat die Zahl der Verlaffenen undVerhungernden aufgezeichnet, welche am Wege und in denGräben zu Grunde gingen."— 90,440 Personen wurdenin diesem Jahre aus Haus uud Hof vxrjagt, weil un-fähig, die Pacht zu zahlen. In dem Kreise vnn Kilrushallein wurden 15,000 Leute obdachlos gemacht.—„Ichglaube nicht, daß irgend ein anderes Land, sei es nuncivilisirt oder barbarisch, Züge bietet zu einem solchen Ge-mälde." Sir R. Peel über die Kilmsh-Ausweisungen,8. Juni.—' Das Niedermetzeln in Ballingarrtz, 29. Juli.James Stephen's Verwundung.1850:(16) Ausnahmegesetz.— 104,163 Personenans den Häusern ausgetrieben.1851: Während der letzten zehn Jahre wurden durchdie Evictions-Brigade 282,545 menschliche Wohnungenniedergeriffen. In diesem Jahre 68,032 Personen ausihren Häusern ausgetrieben.—(17) Gesetz gegen ungesetzliche Eide.1852: 43,494 Personen aus ihren Häusern ausge-trieben.—„Der Name eines irischen Pachtherrn ist Gegenstand des Abscheues in der ganzen Christenheit."(„Stinksin the nostrils of Christendom"), Times.1853:(18) Ausnahmegesetz erneuert.— 24,589Personen obdachlos gemacht.1854: Es gibt Gegenden in Irland, durch welcheman nicht reisen kann, ohne zu fühlen, daß ein himmelschreiendes Verbrechen begangen wurde von der Regierung,unter welcher das SBoK lebt. Jo# 1854.— Das Elend wurde dieses Jahr noch erhöht durch dieVertreibung von 10,794 Pächtern von Haus und Hof.(19) Neues Zwangsgesetz.1855:(20) Zwangsgesetze in voller Kraft.—Pächter ausgetrieben.„.... �.1856: 5114 Pächter ausgetrieben.—(21) Gesetzfür die Erhaltung des Friedens(Zwaugsgcsetz).1857: 5475 Pächter ausgetrieben.1858: 4643 Pächter ausgetrieben.—(22) Gesetzfür die Erhaltung des Friedens(Zwangs- und Ausnahme-gcsetz).— Während der letzten sechs Jahre gab es tuIrland keine politischen Vereinigungen mehr, je ipolitische Vereinigung war untersagt. Geheime Vervtn-dungen waren die Folge.„Die letzten Versuche be%irischen Volkes, mit konstitutionellen Mitteln Verbesserungihrer Lage zu bewerkstelligen, waren vereitelt und unterdrückt worden." New-Jreland S. 196.— O'-t onovanRoffa und James Stephens gründeten aus Verzweiflungdie Gesellschaft der genier.1859: 3872 Pächter ausgetrieben.1860: Der Obersekretär für Irland sieht sich an:17. April zu seinem Leidwesen zu dem Bekenntniß gezwungen:„Es besteht in Wirklichkeit im Westen von Jr-land ungeheuerer Mangel an allem."- 2985 Pächterausgetrieben. Ter protestantische Erzbischos vonTuam wirdzum Vertreibet,„ein scheußliches Aeraerniß" nennt die Timesdieses Vorgehen des Erzbischoss.— 27. November: LordJohn Ruffell beschreibt mie ein ganzes irisches Dorf,welches 270 Personen behauste, dieses Jahr dem Erdbodengleich gemacht worden sei(Wohl zu verstehen, geschahdies auf Befehl des Pachtherrn, damit die verhungerndenPächter, welche den Pachtzins nicht bezahlen konnten, nachihrer Vertreibung aus den Hutten dieselben nicht wiederbeziehen könnten.)(23) Gesetz zur Erhaltung des„Friedens." t.,1861: 5288 Pächter ausgetrieben. Die furchtbarenAusrottungen der Bewohner von Glenveigh j,, Doneqal1862: 5617(24) Gesetzzur Erhaltung des Landfriedens(Ausnahme-Gesetz).—(25) Gesetz gegen unerlaubte Eide.1863: 8695 Pächter ausgetrieben.1864: 9201 Pächter ausgetrieben.1865: 4513 Pächter ausgetrieben.—(26) Gesetzzur Erhaltung des Friedens.—„Ich fürchte, das eigentlichEigenthümliche in Bezug aus Irland ist die RegierungEnglands." Lord R. Ceeil(jetzt Lord Salisbury) Hausder Gem. 24. Februar:—„Eine Zeit der Sorge undAngst... Mitternächtliche Gefangennahme und Beschlagnähme; schleunige Flucht und gefahrvolles Entkommen;wilde Gerüchte und angstvolle Warnrufe hielten jedegrößere Stadt und Gemeinde in Aengsten." New-JrelandS. 261.— O'Donovan Roffa wird zu lebenslänglichemKerker mit schwerer Arbeit verurtheilt.1866: 3571 Pächter ausgetrieben.—(27) Gesetzzur Aushebung der Habeas-corpus-Akte.1867; 2484 Pächter ausgetrieben.— MißglückterAufstand.—(28) Erneuerung des obigen Gesetzes 27.1868; 3002 Pächter ausgetrieben.—(29) Habeascorpus-Akte wieder aufgehoben.—„Seitdem ich in dasParlament eingetreten bin, sah ich nichts in Bezug aufdie irische Frage geschehen, was auch nur im entferntestenStaatsmännern würdig gewesen wäre." Mr. Bright,Haus der Gem., December 1868.1869: 1741 Pächter ausgetrieben.— Von 1829bis 1869 wurden von den irischen Abgeordneten27 Gesetzes-Vorlagen und Resoluti onen in Bezugauf die irische Bodenfrage eingebracht— aberalle verworfen.—„Ich behaupte, daß die Zustände,welche in Irland bestehen seit den letzten 200, seit denletzten 100, seit 50 Jahren gar nicht möglich gewesenwären, wenn Irland entrückt gewesen wäre dem Schutze,dem Einfluß, der Macht Englands. Die Zeit ist gekommen,wo bloße Zwangsgesetze unrecht und böse, und von woan Zwangsgesetze nicht mehr erlassen werden sollten, ohnebegleitet zu sein von heilenden und tröstenden Vorschriften."John Bright, Haus der Gem., 30. April 1869.1870: 2616 Pächter ausgetrieben.(30) Gesetz zurErhaltung des Friedens.„Die Unterdrückung einer Mehrheit ist verwerfbar und hassenswerth, die einer Minderheitaber nur um einen Grad weniger so." Mr. Gladstone,Haus der Gem. 11. März 1870.1871: 2357 Pächter ausgetrieben.—(31) Verschärftes Zwangsgesetz.—(32) Gesetz für Aufrechterhaltung des„Friedens."1872: 2476 Pächter ausgetrieben.1873: 3078 Pächter ausgetrieben.—(33) Gesetzfür Erhaltung der„Ruhe."1874: 3571 Pächter ausgetrieben.1875: 3323 Pächter ausgetrieben.„Ich gestehe, ichkann mich nicht wundern, daß solche Leiden einen Durstnach Rache erzeugen." Pros. Cairnes, Pol. 1, Schr. Seite197.—(34) Gesetz für Erhaltung der„Ruhe."1876: 2550 Pächter ausgetrieben.1877; 2177 Pächter ausgetrieben.1878: 4679 Pächter ausgetrieben.1879: Hungersnoth. Die Armen- Unterstützungerfordert eine Summe von 1,011,888 Pfd. St.— 6239Pächter ausgetrieben.1880: Hungersnoth dauert fort. Die Zahl derArmen in den Armen-Häusern erreicht die Höhe von 59,870gegen 51,302, die höchste Zahl in dem Hungersnolh-Jahre1846. Dazu kommen noch Unterstützungen von 117,454Armen außerhalb der Armenhäuser. Ferner wurden vomDubliner Sladthaus-Comitee 512.625 Arme unterstützt.—In diesem Jahre des Elendes nahmen doch dieGrundbesitzer keine Austreibungen vor? Antwort:10,457 Pächter ausgetrieben.1881: 17,341 Pächter ausgetrieben.—(35) Gesetzzur Aufrechterhaltung der„Ruhe."—(36) Habeas-cor-pus-Akte aufgehoben.—(37) Waffengesetz.1882: 26,836 Pächter ausgetrieben.„In diesemAugenblick werden in einem Theile des Landes die Leute,ohne Uebertreibnng, schaarenweise aus ihren Häusern getrieben, und zwar wegen Nicht-Bezahlung einer Pacht,welche sie eben so wenig zu bezahlen im Stande sind, wieetwa die Nationalschuld." Mr. Trevelyan, Hansard,Seite 1, 328— 9.—(38) Gesetz zur Auftechterhaltungder„Ruhe" und Waffengesetz.1883: 17,855 Pächter ausgetrieben.— Obige Gesetzeerneuert.1884; 20,025 Pächter ausgetrieben.— Obige Gesetzeerneuert.1885: 15,423 Pächter ausgetrieben.— Obige Gesetzeerneuert.— 1000 Personen ohne Untersuchung einge-kerkert.„Das gegenwärtige Regierungs-System stützt sichauf die Gewehre von 30,000 Soldaten, welche in Irlandwie in feindlichem Lande einquartirt sind." Mr. Cham-berlain, West Jslington. Juni 17.„Irland— das letztehalbe Jahrhundert ist seit Elisabeth das an Elend reichstevon allen gewesen, wie die folgende Zusammenstellung»eigen wird: 1,225,000 Personen starben während derHungersnoth;— 4,186,000 Personen wanderten aus;—3 668 000 Personen wurden aus ihren Häusern vertrieben."Mulball„50 Jahre nationalen Fortschritts".— ImOktober sagte Lord Aberdeen in Leith:„Die Zahl der ausibren Häusern Vertriebenen macht 75 pCt. der ganzen Be-ütfrnma aus. In keinem Lande, weder in Europa nochn.,n.'t«wo hat eine solche Massen-Vertilgung stattgefunden."?Mnlball's National Progreß.)—„Wir sind MitschuldigeEinbrechen; wir, mit der Gewalt in Händen habenwir zugeschaut." Mr. Gladstone, im Hause der Gem.16. Apnl- Parlament beschäftigt mit einer neuenwelcheNeununddreißig Ausnahmegesetze und doch nicht dieSpur eines Erfolges! Im Gegentheil:, die SelbstregierungIrlands und die wirthschaftliche Emanzipation der irischenPächter heute der Verwirklichung näher stehend, als jemalsfrüher— ist das für denkende und weitsichtige Staats-männer nicht der schlagendste Beweis dafür, daß politisch-soziale Bestrebungen,' die aus der Wirthschaftslage mitNaturnothwendigkeit entstehen, niemals mit Gewaltzu unterdrücken sind, weil sie mächtiger und lebenskräftigersind als alle Gesetze und äußerliche Herrschaftsmittel zu-sammen?Sollte das, was für die irischen Pächter in ihretnVerhältniß zu England und den Landlords zutrifft, nichterst recht zutreffen für die heute ebenfalls unter Ausnahme-gesehen befindlichen Arbeiter in ihrem Verhältniß zurRegierung und zu dem gesammten Unternehmerthum—um so mehr, als die Bestrebungen der Arbeiter noch vieltiefer und unausrottbarer in unseren gesammten wirth-schaftlichen Zuständen wurzeln und aus diesen heraus sichimmer neue Kraft und neues Leben saugen?Die jetzige(konservative) englische Regierung hat nocheinmal einen Pyrrhussieg über die irischen Pächter er-rungen, aber jeder Tag, jede Stunde kann die endgültigeEntscheidung zu Gunsten der heute Unterlegenen bringen.Und diese besiegten Sieger werden triumphiren, ob-wohl sie seit mehr denn vierzig Jahren beständig an Zahlschwächer geworden sind. Dasselbe Irland, das 1841noch über 8 Millionen Einwohner besaß, umfaßt derenheute noch nicht fünf! Trotz alledem diese glänzendenErfolge!Um wieviel rascher werden die Arbeiter zu ihremZiele gelangen, deren Reihen durch die Zunahme desGroßbetriebs und die Zersetzung des Mittelstandes immerrapider anschwellen? Wenn, wie es die irische Geschichtelehrt, eine gerechte Sache trotz der abnehmenden Zahlihrer Streiter über alle Verfolgungen triumphirt— welcheGewalt wollte dann einer gerechten Sache widerstehen,deren Anhängerschaft stetig wächst und wächst?Aus der Vergangenheit der irischen Ausnahmegesetz-gebung kann man aus die Zukunft der deutschen schließen!Und wir fürchten diese Zukunft nicht! Aber wir wünschen— um des Friedens willen— daß man noch zurrechten Zeit von dem heute betretenen, abschüssigen Wegzurückweichen möge.Aus England.London, 9. August. Am nächsten Sonntag findethier wieder eine der großen sozialdemokratischen De-monstrati onen auf dem Trafalgar Square statt. Eshandelt sich diesmal um einen Protest gegen die wegenBeamtenbeleidigung erfolgte Verurtheilung eines Partei-genossen. Bei solchen Anlässen zeigt sich so recht, wiestark die sozialdemokratische Partei hier in London währendder letzten Jahre gewachsen ist. Denn die Tausende, diezu solchen Versammlungen aus allen Vierteln der Riesen-stadt herbeiströmen, sind nur zum allergeringsten Theiledurch die Neugier herbeigelockt— der Londoner ist jaan solche Sachen bereits gewöhnt— es sind mindestenszu neun Zehnteln ernste Männer und Frauen, die ihr ge-meinsames Interesse erkannt haben und für dasselbe einzu-treten bereit sind. Und das kann angesichts der energi-scheu Agitation, die hier von Seiten der Sozialdemokratiebetrieben wird, auch kaum anders sein. So werden bei-spielsweise jetzt im Sommer jeden Sonntag mindestensein paar Dutzend sozialdemokratischer Versammlungen alleinim Hyde Park und Rcgent's Park abgehalten. Die inBerlin so brennende„Lokalftage" wird dabei in derdenkbar einfachsten Weise gelöst; jemand, der geradeLust und Geschick zum Reden verspürt, stellt sichunter einen Baum und beginnt; nach und nachsammeln sich dann die Leute um ihn an und hören ihmzu. Nachher folgt die Discussion, die oft genug eine sehrlebhafte wird, aber nie zu Unzuträglichkeiten führt. Amrührigsten ist in dieser Agitation die„SoeialdemokratieFederation", die unter der Leitung des sehr redege-wandten und schlagfertigen Herrn Hyndman steht. Imletzten Jahre hat diese eine Organisation nicht wenigerals 31 neue sozialdemokratische Vereine gegründet, davon18 in den Provinzen und 13 in London. Und die andernOrganisationen kämpfen wacker mit, wenngleich meistensnicht mit demselben Erfolge, wie die starke und finanziellvotrefflich ausgerüstete Föderation.In diesem Kampfe tritt wieder deutlich die Erschei-nung zu Tage, daß die anarchistische Arbeiterbe-wegung immer schwächer wird, je stärker sich diesozialdemokratische entfaltet. Most und seine An-Hänger sind in den letzten Jahren unendlich viel zahmergeworden; er redet jetzt schon dem„Lohnsystem nach durch-schnittlichem Arbeitszeitmaß", den„Eigenthumsbestim-mungen der Konsumgegenstände", dem„halben Papier-geld" und anderen antianarchistischen Einrichtungen dasWort. Die Anhänger Peukerts und der„Autonomie"betrachten ihn deswegen auch kaum als echten Anarchistenmehr, aber das ändert an der Thatsache nichts, daß erihnen gegenüber weitaus den größten Theil der hiesigenAnarchisten auf seiner Seite hat. Auch die Lehre von der„Propaganda der That" scheint nicht mehr so eifrigeJünger zu haben wie vordem; wenigstens haben mir An-Hänger der Most'schen Richtung mehr als einmal versichert,daß sie von einer derartigen Propagirung ihrer Ideennichts wissen wollten. Im übrigen bieten die Anarchistenalles auf, um sich nach besten Kräften gegen die drohendeZersetzung ihrer Partei zu wehren. Aber der Kampf wirdallem Anschein nach ein erfolgloser sein, denn auch inner--halb ihrer eigenen Reihen herrscht eine ziemlich tiefgehende