Euer Häuslein, liebes Bärchen, Gleicht dem vollen Schwalbennefte. Gold'ne, braune, schwarze Härchen, Alle Muster auf das Beste.
Welcher Jubel, welcher Trubel, Eines lacht und eines weint. Auf den Bänken, auf den Stühlen,
An den Fenstern, auf den Pfühlen, Auf der Diele, welch' Gewimmel!
-lo
Und unser Dichter schließt, nachdem er die lustige Zeichnung noch weiter ausgeführt hat, mit einem Hinblicke auf die böse Magenfrage:
Mögen eure schmalen Töpfchen, Stets genügen all' den Köpfchen, All den Händchen, die sich recken, All den Zünglein, die da schlecken! Mög' das Völkchen sich entfalten, Daß an redlichem Gemüthe
Einst sie gleichen ihren Alten!
Auf Schritt und Tritt stoßen dem mitleidigen Landarzte weitere soziale Probleme auf. Er wird in ein anderes Proletarierhaus gerufen, in dem die erwachsene, frisch blühende Tochter ganz plößlich gestorben ist. Dort, an der noch rosigen Leiche, sagt die alte Leichenfrau, während die Mutter jammert und klagt, die traurige Wahrheit:
Daß doch die Mütter doppelt bitter klagen, Wenn schöne Kinder sie zu Grabe tragen! Viel besser ist's für sie im Leichentuch:
Schön sein und arm, das ist ein böser Fluch. Jhr, guter Doktor werdet mich nicht höhnen, Ich glich auf's Haar der Muhme da der schönen. Bildschön, so rühmten sie; ich glaubt' es gern, Wenn sie mich priesen in der Stadt die Herrn. Blutarm war ich, und mußt' hinaus zu dienen, Mein einzig Erbtheil waren schöne Mienen. Sie lobten mich, ich war erfreut, beschämt, Sie lockten mich, wie hat mich das gegrämt! Schön sein und arm- wer kann denn stets erröthen? Ach, wer hält Zucht und Ehrbarkeit vonnöthen, Wo eine arme Magd kredenzt? Die Scham Von meinen Wangen zögernd Abschied nahm, Und dann so weiter."
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Entehrt ist sie in's Heimathsdorf zurückgekehrt, ihr Bruder hat sie aus dem Hause gejagt; von einer Krank heit im Hirtenhause genesen, wurde sie dann Leichenfrau. Sie schließt:
,, So hab' ich nun seit jenen Unglückstagen, Das Leben fünfzig Jahre lang ertragen, Und nichts errungen als den öden Spruch: Die Schönheit ist der Armuth herbster Fluch!" Hier hat der Dichter in einem ergreifend wahren Bilde die moderne Prostitutionsfrage poetisch dargestellt und verklärt: all' die moralischen Gräuel, die erst in letzter Zeit wieder durch jene„ Enthüllungen" aus den modernen Babels der erschreckten Welt geoffenbart wurden,
fie sind erklärt mit unseres Dichters Worten:
,, Die Schönheit ist der Armuth herbster Fluch!" Er giebt uns aber auch ein versöhnendes Todtenbild er tritt an den Sarg eines Taglöhners und redet ihn wie zu seinen Lebzeiten, an:
,, Du altes, ehrliches Gesicht,
Da liegst du nun und kennst mich nicht. Du faltest deine harten Hände Zur süßen Ruhe ohne Ende.
Behaglich, Alter, liegest du, Wie bei der kurzen Ernteruh', Wenn hinter einem Garbenhaufen, Du dich gelagert zu verschnaufen; Behaglich wie am Nachmittag
Des Sonntags du am grünen Hag Verspottetest die jungen Leute,
Die statt der Ruh', der Tanz erfreute; Behaglich, wie man muß verzeih'n
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Du in der Kirche schliefest ein
Trot deines Straußes, der den Alten
Zur Predigt sollte munter halten.
Du treuer Knecht im Weinberg, hast
Getragen saurer Jahre Last,
Getagelohnt dein langes Leben,
Nun wird zum Lohn dir Ruh gegeben."
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Wer hat das Los eines Dorfschullehrers schon so wahr und zugleich schön besungen, wie Berthold Sigis mund in seinem Gedichte Vor einer Dorfschule"?
,, Horch, aus jener Hütte
Klingt ein froher Kindersang, Und die klaren Stimmlein führet Eines Basses dumpfer Klang! Kleines Gärtchen mit Aurikeln
In den Fenstern trüb' und klein, Roth und weiße Balsaminen
Ja, es muß die Schule sein! Horch nur! Freuet euch des Lebens!" Singt die Kinderschar mit Luft! Db's wohl auch so hell und freudig Klinget aus des Lehrers Brust? Singet, finget! frohe Kinder,
Singen machet Alles gut! Wecket eurem armen Lehrer Singend frischen, frohen Muth! Singet, singet! beim Gesange,
Fühlt er nicht der Sorgen Laft, Und er fühlt im Kinderkreise
Sich ein sorglos Knäblein fast.
Singet! wer im Kinderkreise
,, Der Morgen dämmert grau und fahl, Und schaurig fühle Lüfte wehen, Da sausen wir durch's arme Thal, Wo sie beim ersten Morgenstrahl Jn Scharen an die Arbeit gehen.
Sie spinnen und weben,
Zu fristen ein färgliches, trauriges Leben. An Schlöten und an Fenstern reich, Ragt die Fabrik mit hohen Zinnen; Zu ihr zieh'n freudlos, kummerbleich, Zwerggreisenhaften Gnomen gleich, Die armen Leute, um zu spinnen.
Sie spinnen und weben,
Zu fristen ihr färgliches, trauriges Leben. Der Kessel zischt, das Triebwerk schnurrt, Es sauft die dampfgedrehte Spindel, Die höhnisch auf die Menschen surrt; Und wenn die bleiche Lippe murrt, Da heißt's: empörerisch Gesindel!
Sie spinnen und weben,
Zu fristen ihr färgliches, trauriges Leben. Jm tiefen Purpur glüht der Ost, Schon flammt empor der Sonnenwagen. Ist dir auch Herbes zugelost,
Trag', armes Völklein, nur getroſt, Es muß ein bess'rer Morgen tagen.
Es spinnen und weben,
die die Böschungen der Schüttung reguliren und vielleicht auch dem Vorfarrer, der als erster in der Kolonne läuft. Diese erhalten aus dem gemeinsamen Verding vorweg eine gewisse Summe, und der Rest wird zu gleichen Theilen vertheilt.
Dies System ist im Ganzen für die Arbeiter das vortheilhaftere, wenn Betrügereien ausgeschlossen find. Viel mehr werden sie belastet, wenn das andere System zur Anwendung kommt, wobei mit dem Kolonnen führer der Akkord abgeschlossen wird, und es diesem überlassen bleibt, sich nach Belieben mit den Arbeitern abzufinden.
Er pflegt dann entweder die Arbeiter zu einem möglichst geringen Tagelohn anzustellen und sie durch brutales Treiben zur höchstmöglichen Leistung zu zwingen, als ob sie in Akkord arbeiten, oder er giebt ihnen auch einen Unterverding, der meistens von Tag zu Tag geändert wird, sowie die Arbeiter zu viel" verdienen, oder wegen zu geringen Verdienstes fort laufen, so daß oft niemand weiß, welchen Lohn er bekommt.
Bei Ausführung von Erdarbeiten ist die Akkordarbeit die Regel, bei anderen Arbeiten wird Lohnarbeit besonders da vorgezogen, wo man etwas auf gute Ausführung giebt. Mauerwerk, das besonders leistungsfähig und gut sein soll, wird kein gewissenhafter Bauleiter in Akkord machen Die Schädlichkeiten der Affordarbeit treten bei vielen
Nicht Menschenhände das irdische Leben." Wir hoffen mit diesen leider zum Theil verschollenen Proben echt volksthümlicher Dichtkunst, die das wirkliche Leben nicht flieht, sondern es da aufsucht, wo es am lassen. trübsten ist, um es dann wenigstens mit dem leiſen Glanze Arbeiten gerade darin hervor, daß sie den Arbeiter verder Poesie zu verklären, unseren Lesern einen Genuß bereitet zu haben. Jedenfalls kann die lange Reihe moderner leiten, so schlecht als möglich zu arbeiten, es an Sorgfalt Dichter, die jährlich den Büchermarkt mit ihren Erzeugnissen fehlen zu laffen, was die strengste Aufsicht oft nicht verüberschwemmt, und die unser schlichter Sänger zum großen hindern kann. Theile sehr treffend im Voraus mit folgenden Zeilen charakterisirt hat:
,, Unfrei und schwach verkommt die Nation Dahin ist selbst die Zeit der großen Dichter, Im Kleinen groß ist nur der Epigon. Kleingeist'ger Sammler, eitler Splitterrichter, Wie bläht er sich, wenn er geerbte Güter Verzehrt und dankt als Leichenstein- Errichter!" jedenfalls können diese unsre modernen Dichter mit wenigen Ausnahmen aus den Schöpfungen Berthold Sigis mund's ersehen, wo der Born wahren, echten Lebens fließt, aus dem die Dichtkunst wieder mehr schöpfen muß, wenn sie ihre schönsten Aufgaben erfüllen, das heißt, wirklich
volksthümlich werden will.
Akkordarbeit in Kolonnen.
Bei einer Erdschüttung ist freilich nichts zu befürchten; wenn sie planmäßtg aufgekarrt und nach richtigen Profilen eingeebnet ist, dann ist in der Regel alles geschehen, was geschehen kann. Wie aber das Innere eines Mauerkörpers aussieht, das weiß meistens nur der, der ihn gemacht hat. Abgesehen von diesen Schädlichkeiten, die die Beschaffenheit der Arbeit betreffen, ist die Akkordarbeit in den Kolonnen für die Arbeiter besonders schädlich. mit einem Kolonnenführer abgeschlossen wird, zeigt ihre Die zweite Art des Verdingens, wo der Akkord nur Schädlichkeit im nackten Lichte. Sie läßt sich daher auch im Allgemeinen nur da durchführen, wo die geistige Entwickelung der Arbeiter noch eine ganz geringe ist. Es sind besonders die Erdarbeiter, die aus den slavischen Provinzen kommen, die sich in solcher Art ausnußen lassen. Schon alle Schlesier gehen auf solche Arbeit nicht ein, es sei denn, die Noth zwinge sie.
Ein Beitrag zur Kenntniß des Lohnsystems. Jede Akkordarbeit bei Kolonnenarbeit setzt die älteren Gewisse Arbeiten lassen sich nur ausführen, wenn und schwächeren Arbeiter ohne alle Gnade aufs Pflaster. eine größere Gemeinschaft von Arbeitern in Ordnung und Die einzelnen Kolonnen leiſten freilich nach ihrer ZusammenVerband sie unternimmt. So ist z. B. das Einrammen segung und der mehr oder weniger großen Tüchtigkeit von Pfählen durch Zugrammen nur zu bewirken, wenn ihrer Mitglieder verschiedenes. Der Lohn wird aber von eine größere Anzahl Arbeiter in gleichmäßigem Taft nach den stärksten und besten Arbeitern bestimmt. Die Unterbestimmtem Befehl an Tauen zieht. Bei Erdarbeiten, nehmer ſuchen einzelne solcher, besonders durch gut aus die mit der Handkarre ausgeführt werden, müssen die gewählte Arbeiter sehr leistungsfähige Kolonnen, häufig Arbeiter, um sich gegenseitig nicht zu belästigen oder zu unter Zuwendung besonderer Vortheile, fest zu halten, behindern, in einer geschlossenen Kolonne ihre Karren weil diese den Preis für die übrigen machen. Wenn dann schieben, fie gleichmäßig vollladen und ausstürzen. Beim die Behörden oder sonst wer fragt, was wird bei der Ausführen von Maurerarbeit müssen die Arbeiter schichten- Arbeit und bei den Akkordfäßen verdient, dann werden weise die Mauer gleichmäßig hoch führen, sonst ist ein immer die Lohnbücher dieser Kolonnen vorgezeigt, um Mauern in Wage und Loth nur sehr schwer zu erreichen. zu beweisen, wie gut es die Arbeiter haben. Dabei verNoch bei sehr vielen anderen Verrichtungen ist solch ein dienen schon diese besten Arbeiter kaum soviel als nothgleichmäßiges Arbeiten aller mitwirkenden Kräfte er- wendig ist, alle andern müssen sich mit weniger begnügen, forderlich. also geradezu darben.
Wer
Wenn nun dergleichen Arbeiten in Stücklohn oder Sowohl die Kolonnenführer als die Mitglieder der Akkord ausgeführt werden sollen, so wird man den Ver- Kolonnen haben ein Interesse daran, alle schwächeren ding auch nicht mit dem einzelnen Arbeiter ab- Personen abzuschieben, sie auszumerzen. Je niedriger schließen, sondern nur mit der Kolonne oder mit dem die Arbeitspreise werden, desto höhere Ansprüche müssen Kolonnenführer. an die Leistungsfähigkeit und Ausdauer der Arbeiter ge= Wir wollen hier den bei Bauarbeiten vorkommenden ſtellt werden, desto sorgfältiger muß die Auswahl sein, Unterschied zwischen Regiebau, wo der Bauherr oder seine desto schneller werden die Kräfte ausgenutzt. Was wird aus den abgenußten Arbeitern? Beamten ohne weitere Mittelperson mit den Arbeitern verhandeln, und dem Unternehmerbau, wo eine Zwischen- fragt danach, wenn nur bei billigen Akkordsäßen von den person, ein Unternehmer, einerseits mit dem Bauherrn, Kolonnen noch ein erträglicher Verdienst erarbeitet wird. andererseits mit den Arbeitern verhandelt und sich aus Selbst wenn der schwächere Arbeiter mit geringerem beiden möglichst viel Vortheile herauszuwirthschaften sucht, Verdienst sich begnügen will, er kann kein Unterkommen nicht weiter berühren. Die Art des Verdings mit den finden bei der Kolonnenarbeit. Arbeitern ist in beiden Fällen in den Hauptsachen ziemlich gleich, wenn auch beim Unternehmerbau die Aussichten des Arbeiters, gedrückt und hintergangen zu werden, in der Regel größer find.
Bei den Erdarbeiten freilich findet man Kolonnen, die sehr erheblich viel weniger leisten als andere. Man könnte da sagen, warum geht der Mann, der in einer sehr kräftigen Kolonne nicht mehr mitthun kann nicht in Es giebt beim Einrichten des Stücklohnes zwei eine solche, die schon so wie so weniger leistet? Er kommt hauptsächliche Systeme: Entweder man verhandelt mit dabei vielleicht noch mit. Diese Annahme muß man aber der ganzen Kolonne, die sich frei gebildet und ihren Ob- aufgeben, wenn man die wirklichen Thatsachen kennt. mann und Geschäftsführer( mag er Vorarbeiter, Schacht- Die Art zu arbeiten, die Sitten und Gebräuche der aus meister oder Polier heißen) sich selbst gewählt hat, oder verschiedenen Landsmannschaften gebildeten Kolonnen veres wird die Abmachung nur mit diesem Vormanne bieten einen solchen Wechsel. Große Unterschiede in der seitens des Unternehmers abgeschlossen und ihm dann über- Leistungsfähigleit bei Erdarbeitern find fast ohne Auslassen, sich nach seinem Geschmack die Arbeiterkolonnen zu- nahme mit großen Unterschieden in der nationalen Zusammenzusetzen und sie nach einem mit den Arbeitern sammensetzung der Kolonnen verbunden. Fremde Elemente abermals zu treffenden Uebereinkommen auszulohnen. find da nicht aufnahmefähig. Obgleich die Kolonnen verDie erstere Art des Affordabschlusses finden wir meist schiedenes leisten, bestehen sie in ihrer Zusammensetzung überall da, wo etwas höher geistig veranlagte Arbeiter doch jede für sich aus ausgewählten Arbeitern ihres in Betracht kommen oder solche, die einer fest zusammen- Stammes, die immer wieder die Schwachen ausstoßen. gefügten, nicht nur durch den Zufall gebildeten Kolonne Bei anderen Gewerben, die an einem Drte arbeiten, angehören. Sie arbeiten gemeinsam und theilen sind meistens solche große Unterschiede in der Leistungshin noch idyllischen und vom Weltgetriebe abliegenden den Lohnertrag der Arbeit gemeinsam, nachdem sie fähigkeit, wie bei den Erdarbeitern nicht zu bemerken. Sie Waldthälern einmal hinaus in das Haften und Treiben für besonders schwierige Leistungen, oder für solche, die scheiden um so eher jeden Schwachen aus, dem dann nur des großen Verkehrs kömmt. Die Eindrücke, die er auf eine größere Geschicklichkeit erfordern, auch wohl wo be- übrig bleibt, den Ort zu verlassen. einer solchen Reise empfangen, hat er in einem gedanken- fondere Gefahr vorhanden ist, eine angemessene Vergütung Die Kolonnenarbeit in Akkord, wobei immer der reichen Cyklus Auf der Eisenbahn" geschildert. Diesem vorab bezahlt haben. stärkere Arbeiter den schwächeren treibt, verwüstet in Cyklus entnehmen wir das leßte Gedicht, das wir unseren So ist es bei Erdarbeiten Gebrauch, daß eine Vor- taum glaublicher Art die Arbeitskraft, besonders Lesern vorführen wollen, und das ein Stückchen modernsten zugsvergütung gezahlt wird dem Schachtmeister, den wenn beim beginnenden Ermatten die Kräfte durch BranntArbeiterlebens mit tröstlicher Aussicht am Schlusse wahr Leuten, die den Karrlauf, die Holzbahn, auf welcher die weingenuß angefeuert worden, um nicht zurück zu bleiben. und ergreifend schildert. Karrenschieber gehn, in Ordnung halten, den Planirern, Was helfen alle schönen Rebensarten gegen Branntwein
Beim Gesang sich nicht vergißt,
Dem hilft nur die Todesruhe, Die für alles Helfer ist."
Das Verständnis für die Leiden seines Volkes verläßt unsern Dichter auch nicht, wenn er aus seinen immer