allmählich die Fabriken treten, und daß die heutigen Läden von den großen Bazaren verdrängt werden. Ein in letzter Zeit über diese Frage leitartikelndes sächsisches Regierungsblatt allerkonservativster Richtung singt dem Verschwinden des Zwischenhandels folgendes Loblied: „Der unnütze und unfruchtbare Zwischenhandel wird durch die Bazare sehr vermindert, schon dadurch leisten sie der Allgemeinheit wesentliche Dienste. Außerdem können sie auch billigere Preise stellen und bieten bei Ein- käufen irgend welcher Art unleugbare Bequemlichkeiten. Dank der stetig sich vervollkommnenden Verkehrsmittel wird der Zwischenhandel inimer mehr und mehr vermieden werden und die großen Bazars im Verhältniß aufblühen." Verminderung des Zwischenhandels, Verminderung der kleinen Läden, Vermindenmg der Preise der Waarcn, Wiedergewinnung der im Zwischenhandel und in den Läden nicht waarenerzeugend verwendeten Kräfte für die Herstellung von Waaren, das klingt so wirthschaftlich verlockend, daß es lohnt, das Bild auch nach der an- deren Seite, nach der Seite der Verminderung des kleinen handwerksmäßigen Betriebes auszumalen, um zu sehen, ob da nicht dieselben Vortheile zu Tage treten. Ist es denn wegzuleugnen, daß die Zusammenziehung der Kleinbetriebe in große Fabriken nicht ganz genau ebenso wirkt, wie die Aufsaugung der kleinen Läden durch die größeren Bazare? Sicher werden auch dadurch viele nicht waarenerzeugende Kräfte für die Herstellung von Waarcn gewonnen. Tie Abhaltungen und Laufereien, die den kleinen Meister von der Arbeit fern halten, die Besorgungen, die ihn kaufmännisch in Anspruch nehmen und ihn viel- sack, ganz der Arbeit entziehen, stellen ohne Zweifel einen der herstellenden Arbeit entzogenen Zeitverlust dar, der bei weitem geringer ausfällt, wenn die Handwerksmeister alle, oder zum größten Theil Arbeiter sind, und für viele hundert kleine Werkstätten einige riesige Fabriken bestehen, in welchen viel weniger Personen zur Besorgung der Waarenerzeugung, der Beaufsichtigung und kaufmännischen Leitung der Geschäfte erforderlich sind. Daß der Fabrikbetrieb billigere Preise stellen kann, als der handwerksmäßige Betrieb, ist ohne allen Zweifel richtig. Wir könnten also ausrufen, wie das „Dresdener Journal" über die Aufsaugung des Kleinhandels, auch über die Verdrängung des Kleinbetriebes: Dank den stetig sich vervollkommiienden Maschinen wird der Kleinbetrieb immer mehr und mehr vermieden werden und die großen Fabriken werden im gleichen Verhältniß aufblühen. Ob wir dies Verhältniß aber loben und mit Tank begrüßen, oder ob wir es beklagen und mit Trauer an- sehen, so viel ist gewiß, und das giebt auch das„Trcs- dener Journal" ausdrücklich zu, die Verschmelzung vieler Kleinbetriebe zu einem Großbetrieb voll- zieht sich auf allen Gebieten des wir thschaftlichcu Lebens mit der Unfehlbarkeit eines Natur- gesetzes. Mit Naturgesetzen zu hadern, ist Thorheit, man muß nch mit ihnen abfinden. Man muß an den von ihnen her- vorgerufenen Ereignissen die Seite zu befördern suchen, die es ernröglicht, die Wirkungen der Naturgesetze der Menschheit zum Nutzen zu gestalte». Mit dem von konservativer Seite im„Dresdener Journal" ausgesprochenen Zugeständniß, daß die Be- seitigung des Kleinbetriebes eine Folge von wirthschast- lichcn Gesetzen ist, die so ununistößlich sind wie Natur- gesetzt, welchem Urlheil wir voll und ganz zustimmen, ist die Frage beantwortet, ob sich das Handwerk über- Haupt heben läßt. Ob aus den Bestrebungen der Zünftler, der Acker- männer, der Bichl , der Brandes, ihrer hohen Gönner und ihrer kleinen Nachfolger dem handwerksmäßigen Kleinbetrieb ein wesentlicher Nutzen erwachsen kann? Ein ganz entschiedenes und energisches„Nein!" ist die nicht mißzuverstchende Antwort. Mit dem ganzen Zunftapparat ist nichts zu erreichen, diese Einsicht sängt auch in der Gefolgschaft der Zünftler an, sich in nicht zu verkennender Weise auszubreiten. Tie Folgen dieser Ein- ficht sind zwar ganz eigenthümliche, aber dem Charakter der wenig einsichtigen, selbstsüchtigen und beschränkten Zünft- ler entsprechend. Der Zünftler ist in dem Bilde eines Haifisches, der die Absicht hat, der einzige Haifisch des Meeres zu sein, um allein schlucken zu dürfen, durch ein bekanntes Witzblatt sehr richtig gekennzeichnet. Tie ganze Volkswirthschast der Zünftler faßt sich in die eine einzige Frage zusammen: Wie ist es möglich, meinen Beutel bester zu ftillcn? Was aus der ganzen übrigen Welt wird, ob Tansende und Abertausende verhungern und verkommen müssen, wenn des Zünstlers Gedanken- bilder durchgeführt werden sollten, das ist ihm vollkommen einerlei und hat ihm noch nie eine Stunde Nachdenken verursacht. Ihm genügt es, wenn irgendwie erreicht wird, daß er seiner Kundschaft beliebig hohe Preise abverlangen, seinen Gesellen möglichtt niedrige Löhne nach Willkür zahlen und Lehrlinge ausbeuten kann. Da nun die Erfahrung z. B. in Oesterreich gelehrt hat, daß mit den bekannten„Zunftforderungen" nach Innung und Prüfung gar nichts erreicht ist, so dehnt der Zünftler seine„Forderungen" aus. Einige der weiter gehenden Ansprüche sind freilich schon älterer Natur, andere aber sind erst in neuester Zeit hinzugekommen. Zu den ersteren rechnen wir die Forderung nach Ab- schaffung der Beschäftigung der Gefangenen mit handwerksmäßiger Arbeit und nach dem Verbot des Hausirhandels. Zu den letzteren, weitergehenden For- derungen sind zu rechnen, das Verlangen nach dem Ver- bot des Zwischenhandels mit Handwerkserzeug-
nissen überhaupt und das Verbot von Fabriken, die Handwerkserzeugniste herstellen. Während die ersteren Forderungen noch eine gewisse Bescheidenheit zeigen und sich mit den augenblicklichen Culturzuständen vielleicht, wenn auch nicht ohne schwere Störung der Rechte anderer, durchführen lassen würden, so sind die neueren Forderungen geradezu gegen die heutige Wirthschaftsordnung gerichtet und zwar derartig, daß sie auf ein Zerstören all der technischen und mechanischen Fortschritte hinauslaufen, die seit etwa zwei Jahrhunderten gemacht sind. Es gehört die ganze wirthschaftliche Unbildung der Zünftler dazu, um so rohe Maßregeln zu befürworten, die Alles das in Trümmer schlagen sollen, was ohne Zweifel bei richtiger Verwendung zum Heile der Mensch- heit dienen kau». Müßte nicht die Erfüllung solcher For- derungen, die im Wesentlichen dahin gehen, daß der ver- schwundene zünftige Nagelschmied sein Gewerbe wieder mit Nutzen betreiben kann, eine Zerstörung aller Fabriken, Maschinen, Eisenbahnen, Telegraphen und aller ähnlicher Einrichtungen, kurz eine wirthschaftliche Revolution hervor- rufen, welche alles hinwegfegt, was an Kultur in vielen Jahrhunderten geschaffen ist? Und das Alles um einigen Haifischen zu gestatten, daß sie allein schlucken können, um den Geldbeutel einiger Jnnungsmeister zu füllen! Tie Jnnungsbestrebungen und die Jnnungsforderungen laufen ans so absurde Ziele hinaus, daß sie von Nie- mandem ernst genommen werden können. Tie Politiker und Staatsmänner, welche sie augenblicklich zu unter- stützen scheinen, erkennen dies auch ohne Zweifel. Aus den Reden verschiedener hoher Beamter in den Jnnungs- Versammlungen geht ohne Zweideutigkeit hervor, daß die Regierungen nicht daran denken, von den Hauptforderungen der Zünftler ihnen irgend etwas zu bewilligen, schon aus dem einfachen Grunde nicht, weil das hieße, den heutigen Staat und die heutige Gesellschaft vom Grund ans zer- stören, nicht um des Fortschrittes willen, sondern um die Menschheit in die mittelalterliche Barbarei auch wirth- schastlich zurückzuführen. Davor hat man aber doch ein Grauen, und das mächtige Großkapital, das festgelegte, wie das bewegliche, würden einen solchen Unsinn nicht zu- lassen. Man hüll die Zünftler durch kleine, im Ganzen unwesentliche Bewilligungen und durch uugreifbare Ver- sprechungen hin, um die Kleiu-Bürger an den Wagen der Reaktion zu spannen, was auch mit Erfolg erreicht ist. Wenn aber aus dem Wege, den die Zünftler wandeln, zur„Hebung der Handwerker" garnichts zu erreichen ist, und das auch von den einsichtigeren Volkswirthen der alten Schule eingesehen und halb und halb sogar zuge- standen wird, wie denken diese einsichtigeren Kreise sich dann dasjenige, was zu geschehen hat, um dieses wirth- schaftliche Gesetz, das so unabänderlich wie ein Natur- gesetz die Kleinbetriebe durch die Großbetriebe aufzehren macht, zum Wohle der Menschheit zu lenken? Wir begegnen da leider derselben Gedankenannuth, derselben Rathlosigkeit, wie bei den Zünftlern. Die Vor- schlüge, die von dieser Seite kommen, haben zwar nicht die rohe Rücksichtslosigkeit wie die der Zünftler, an Wirkungs- losigkeit und Unaussührbarkeit stehen sie ihnen aber voll- kommen gleich. Auch das„Dresdener Journal" vermag nur Vorschläge zu machen, deren Nutzlosigkeit auf der Hand liegt. Diese Vorschläge kommen darauf hinaus, Innungen und Handiverkerverbände sollen sich zu Genossenschaften verbinden, gemeinsame Fabriken und gemeinsame Bazare anlegen, um es dem Großkapital gleich zu thun. Dieser Vorschlag ist nicht von Vortheil für das Handwerk, weil aus dem Zusammenschluß der kleinen Gewcrbtreiben- den zu Aktiengesellschaften— denn anders wäre es doch nichts, wie man das Ding auch nennen wollte— sich keine so starken Gesellschaften ergeben würden, die den Kampf mit dem Großkapital, das sich dann, den Kampf aufnehmend, auch noch stärker als heute verbinden würde, mit Erfolg bestehen könnten. Ter Vorrheil des Großkapitals liegt nicht zum Wenigsten darin, daß der Besitzer einer Million zum Beispiel von einer Rente von drei Prozent eine ganz genügende Einnahme haben kann, während der Besitzer von einigen Tausenden von einer solchen Rente nicht zu leben vermag. Nun denke mau sich die Meister eines bestimmten Gewerbes, nehmen wir die Schuhmacher an, in einer Stadt zu einer Genossenschaft vereint. Sie haben, was sie an Kapital besitzen, zusammen geworfen und eine Schuhfabrik nach neuestem Fortschritt der Technik gegründet. Die wohlhabenderen haben mehr, die ärmeren weniger beigesteuert. Eine große, sehr große Zahl hat aber außer! seinem nicht besonders hoch bewertheten Werk- zeug durchaus nichts besessen, ist also von vorn herein von dieser Genossenschaft ausgeschlossen. Es würde wohl die starke Hälfte aller Handwerker sein, die von solcher Wirthschaftsreform ausgeschlossen wären, auf die sich also diese„Selbsthilfe" nicht er- strecken könnte. Sie sind ohne Gnade dem weiteren Ver- kommen preis gegeben. Nun nehmen wir an, die andere Hälfte hat durch Einlage ihres ganzen frei zu machenden Kapitals und durch Kredite, die sie erhalten hat, eine Schuhfabrik ge- gründet. Sie besitzen Antheilsscheine für ihre Einlagen. Die Fabrik beginnt ihre Arbeit. Das erste was sich herausstellt ist, daß die Fabrik, wenn sie mit Nutzen arbeiten soll, unter einer gewissen Größe nicht bestehen kann, da sonst die Unkosten gegenüber den großen Fabriken des Großkapitals zu hoch werden und den Gewinn zu sehr verringern. Die Fabrik der Innung ist gezwungen, wenn sie im Wettbewerb sich behaupten soll, nach denselben Grund-
sähen zu arbeiten, wie die Fabrik des Großkapitals. Sie muß an Arbeitslöhnen möglichst sparen, die Zahl der Arbeiter möglichst verringern, die Maschinenarbeit möglichst ausdehnen, die Arbeiter möglichst drücken und ausnutzen und den Betrieb möglichst ausdehnen, um auf dem Markte die möglichst niedrigen Preise stellen zu können. Die Fabrik wird also gezwungen sein, viel mehr Arbeil zu liefern, als früher in den Werkstätten der ein- zelnen Meister geliefert wurde und wird dazu erheblich weniger Arbeiter gebrauchen. Ter Antheilschein, den der Meister in der Hand hat, wird in der Regel nicht so hoch sein, daß der Meister von der Dividende leben kann, wenn es eine solche überhaupt giebt, es werden aber auch nicht einmal alle mit Antheilscheinen versehenen Meister in der Fabrik Arbeit finden können. Von den Meistern, die keine Autheilscheine, wegen zu großer Armuth, haben nehmen können, und von den Gesellen ist dabei gar keine Rede, sie sind von vorn herein bei dieser selbsthilflerischen Sozial- resorm, die Produktion und Konsumtion nicht regeln, son- der» dem freien Spiel der wirthschaftlichen Kräfte über- lassen wird, zum Untergange, zur Vagabundage ver- urtheilt. Was bei den Schustern zutrifft, würde bei allen ähnlichen Gewerben ebenso eintreten. Eine kleinere Zahl von Meistern würden durch die Jnnungsfabriken zu Ar- beilern derselben gemacht, und die größere Zahl von Meistern und Gesellen noch weit schneller als heut im natürlichen Lauf der Verhältnisse zu Vagabunden hinab gebracht. Das wäre eine herrliche Sozialreform, die den selbstständigen Gewerbebetrieb beseitigt unter dem Vorgeben, ihm zu helfen. Dabei wäre der Kamps dieser schwachen Jnnungs- genosienschaften gegen das Großkapital ein ganz aussichts- loser schon aus dem Grunde, weil nun jede größere Innung nothweudig auch versuchen müßte, eine solche Fabrik an- zulegen, dadurch aber bei Verminderung des Marktes durch die von dieser Sozialreform verursachte Herabsetzung der Zahl der beschäftigten Arbeiter, und also auch ihrer Löhne, ein Preisrückgang der Waare eintreten müßte, der nur ganz großen und kapitalstarkcn Unternehmungen noch einen Wettbewerb gestatten würde. Das Handwerk wäre durch diesen selbsthilf- lerischen Hebungsvorschlag also mit einem Schlage beseitigt. Man sieht, die zünftlerischen Bestrc- bungen können zu keinem Heben des Handwerkes führen und die liberalen und konservativen selbsthilflerischen Vor- schlüge auch nicht. Wir müssen also die Wahrheit aner- kennen, bei der heutigen Wirthschastsweise ist das.Hand- werk dem unzweifelhaften Untergange versallen. Wir weinen ihm auch keine Thränc nach. Das Handwerk ist ein Uebcrbleibsel einer zurückliegenden Zeit, die die heutigen Fortschritte der Gewerbe, Künste und Wissenschaften nicht kannte, es verträgt sich mit diesen Fortschritten nicht. Wir wollen aber auf diese Fort- schritte keineswegs verzichten, damit ein Paar Zünftler einen sicheren und guten Verdienst haben, wir wollen vielmehr, daß durch gesunde und durchgrci- sende wirthschaftliche Umformungen die Vortheile dieser Fortschritte von Gewerben, Künsten und Wissenschaft ten ein Gemeingut werden, daß sie nicht nur einigen Wenigen zu Nutzen kommen, sondern Allen dienen. Das ist unser Streben, das ist unser Ziel, dem wir bewußt und unentwegt eiitgegenschreitcn, das wir unbeirrt durch Verfolgungen und Anfeindungen verfolgen und verfolgen werden. Unsere beste Verbündete, die uns unbedingt zum Siege führt, ist die Wucht der unableugbaren That- fache, die auch das reaktionäre„Dresdener Journal" anerkennt:„Die Verschmelzung vieler kleiner Betriebe zu einem großen vollzieht sich auf allen Gebieten des wirth- schaftlichen Lebens mit der Unfehlbarkeit eines Naturgesetzes" und:„So gewiß an die Stelle der Werkstatt allmählich die Fabriken treten, werden unsere heutigen Läden von den großen Bazaren verdrängt werden." Nuit denn, ebenso gewiß mit der Unfehlbarkeit eines Naturgesetzes wird die heutige Lohnarbeit durch die genossenschaftliche Arbeit verdrängt werden, ebenso gewiß wird das Kapital aufhören, nur für Einzelne zu arbeiten, sondem wird beginnen, der Gcsammtheit zu dienen, ebenso gewiß werden Herstellung und Ver- brauch von der Gemeinschaft geregelt werden, kurz ebenso gewiß werden alle unsere Forderungen, unsere allein richtigen und allein vernünftigen Bestrebungen nach wirth- schaftlicher Umformung verwirklicht werden. Sie werden um so eher verwirklicht werden und um so ruhiger werden sich die Umformungen vollziehen, ein je größeres Verständ- niß die großeil Volksmassen, die Arbeiter, für die politi- scheu und wirthschaftlichen Fragen haben werden. Wir finden also nicht, daß die Arbeitervereinigungen zu sehr den politischen Boden betreten, wie man gegnerischerseits ausspricht, sondern wir glauben, sie können diesen Boden gar nicht fest genug betreten, mir halten eine jede Arbeiter- Vereinigung, die diesen politischen Boden nickt bettitt, für zwecklose Spielerei, an deren Bestehen wir kein Interesse haben.
Die Arbeitslosen in London . G London, 11. Oktober. Obwohl vom Winter hier noch sehr wenig zu spüren ist, hat doch schon die Arbeitslosigkeit bedenkliche Dimensionen angenommen. Am vergangenen Sonüabend zogen bereits einige Hundert Arbeits- und Obdachlose vor das Lokal Gouvernement Board, um durch eine Demonstration der Regierung die