Die deutsche Mutter

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Selber die Kirche, die göttliche, stellt nicht Schöneres dar auf dem himmlischen Thron, Höheres bildet selber die Kunst nicht, die gött lich gebor'ne,

Als die Mutter mit ihrem Sohn. Schiller.

w Was wäre wohl mehr verherrlicht, mehr verewigt durch die bildende Kunst, mehr besungen durch die Dichter aller Zeiten und Völker, als das ursprünglichste, im tiefsten Wesen der Natur begründete menschliche Ver­hältnis: Mutter und Kind. In tausendfachen Dar­stellungen hat frommer Glaube die göttliche Mutter, die Mutter des Heilands gefeiert, hat auch sie zu einem Segen der Menschheit werden lassen. Denn sie hat den Erlöser geboren, und sie hat das Leid, das ihm bevor­stand, auch auf sich genommen.

Liegt nicht ein wunderbar tiefer Sinn in dieser Mutter­gottesverehrung? Bedeutet sie nicht die Verehrung der Mutter überhaupt, die ihr Kind mit Schmerzen zur Welt bringt und die auch alle die Schmerzen auf sich nimmt, die jedes einzelne Kind ihr sicher einmal brin­gen wird?

Wenn das Kind sich för­perlich völlig von der Mutter losgelöst hat, dann beginnen ja erst alle die fleinen und großen Nöte und Sorgen, denen die rechte Mutter mit nie endender Geduld gewapp net gegenübersteht. Mit jener Sorge und Liebe, die unsere Dichter schier uner­schöpflich besungen haben, deren Erinnerung den Er­wachsenen bis ans Lebens. ende begleitet. Wie einen seine Mutter tröstet" fo bermag ja niemand sonst

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Leben kommt überhaupt zu spät; an einem Menschen der nirgends gern gesehen wird und der dadurch tief unglücklich wird, ist nichts mehr zu ändern.

So ist die Familie die Vorschule für das Leben in der Volksgemeinschaft; sie ist die Vorschule sozialer Ge­finnung, die auch die Rechte des Nebenmenschen anerkennt und den natürlichen Eigennus immer wieder eindämmt durch die Rücksicht auf den Nächsten. Und wer wäre mehr berufen als die Mutter, in der Familie immer wieder das einigende Element zu sein, Widerstrebendes zu binden, jedem einzelnen zu seinem Recht zu verhel­fen? Denn in der Einzelfamilie wie auch in der großen Familie des Volkes kann es nur dann wahres Glück geben, wenn feines feiner Glieder unterdrückt, feines an der Entwicklung seiner Gaben gehemmt wird, sondern sich zur vollen Persönlichkeit entfalten fann. Achten lernen müssen wir jeden Menschen nach seiner Eigen­art, und in Familie wie Volf muß jener unendliche Reichtum der Gaben wirf sam werden, den die Natur in die Menschen hineingelegt hat.

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3. Weste aus buntem Seidenstoff. Siehe den Artifel: Etwas von der Weste.

Die Weste ist mit einem Stragen aus weißer Waschseide ver­ziert, der rundum mit glatter Häkelfante oder abgeschnittenem Hohlsaum abgeschlossen wird. Weiß seidenes Gürtelband durch Einschnitte gezogen, die Einschnitte sind mit Knopflochstichen zu umschürzen oder au paspeln. Kragen und Gürtel können auch in der Farbe des betreffenden Kleides gewählt werden. Der bunte Seidenstoff der Weste muß ebenfalls sehr gut in seinen Farben zur Farbe des Kleides passen. Schnittmuster in den 4 Normalgrößen 90-116 cm Oberweite erhältlich. Preis 40 Pf. Maßschnitt 2 M. Erforderlich 1 m bunte Seide 80 cm breit,

40 cm weiße Seide 50 cm breit. Schnittmuster F. H. 3.

auf der ganzen Welt dem Menschen wohlzutun. Denn die Mutter will ja nichts für sich; das Gefühl, das die Natur in sie hineingelegt, daß das Kind ihr Geschöpf, für das sie auch in seinem Werden verantwortlich ist dies heilige Gefühl kann sie bis zur völligen Selbst­entäußerung leiten.

Die rechte Mutter wird so handeln, wenn sie ihrem Kinde förperliche Not und Schmerzen lindern, wenn sie ihm Kummer ersparen kann. Aber wenn es gilt, ihr Kind heranzubilden zu einem tüchtigen und charaktervollen Menschen, dann darf sie nicht sich selbst und ihren eigenen Willen hintenan stellen. Und lehret die Mädchen und wehret die Knaben", das bedeutet, daß jedes einzelne Kind nach seiner Eigenart behandelt werden muß; ein jedes wird die Mutter zum Nachdenken bewegen, wie sie am besten diese Eigenschaft fördert, jene bekämpft und beschneidet. Tief zu beklagen ist das Kind, welches nicht den liebevollen aber festen Willen der Mutter über sich spürt. Das Kind bedarf, um glücklich zu sein, der Führung, in der es sich sicher und geborgen fühlt. Und dann: Wie soll das Kind, das nicht erzogen, sondern verzogen wurde, später die rechte Stellung im Leben finden? Nach bitteren Kämpfen erst wird es erfahren, daß es nicht der Mittelpunkt der Welt ist und daß der eigene Wille sich dem Nebenmenschen anpassen und oft auch unter­ordnen muß. Oder aber diese Erziehung durch das

Also nicht nur die Sorge für das förperliche Wohl und für die Erziehung des einzelnen ist der Mutter anvertraut. An ihr ist es vor allem auch, die Formen zu bilden, unter denen alles häusliche Leben sich voll­zieht, und gemeinschaftlich mit dem Vater ist sie ver­

antwortlich für den eigent­lichen Inhalt des Familien­lebens. Es ist schon oft ge­ſagt worden: der Mann hat vor allem die Kulturgüter geschaffen, die uns in Kunst, Wissenschaft und Technik eigen find. Die Frau aber schafft die Sitte, fie gibt vor

allem den Ton an für unser gesellschaftliches und soziales Leben. Und da fragen wir heute: Hat it deutsche   Frau der letzten Jahrzehnte diefe ihre Aufgabe erfüllt? Ist sie sich im allgemeinen der großen Verantwortung als Trägerin des deutschen Familienlebens bewußt geworden? Wo ist dessen Wärme, seine Innigkeit und Gemütstiefe ge­blieben? Zeigt es nicht vielfach traurige Verödung, Leere, Veräußerlichung, ja noch schlimmeres? Hat nicht falscher Schein und eine herrische, unfittlich wirkende Mode Haushaltsführung und Kindererziehung nur zu oft in schlimmem Sinne beeinflußt? Wo blieb die Er­ziehung zu Wahrheit, Echtheit und Charakterfestigkeit? Wo wird die Achtung vor Redlichkeit, Charakterstärke und gesunder Urteilsfähigkeit gepflegt? Und wo die Duldsamkeit im öffentlichen Leben, die sich von Mensch zu Mensch grade dann bewähren soll, wenn in heißem Kampf der Geister die Ideen ausgefochten werden müssen? Kann denn unsere deutsche Mutter einver­standen sein mit den Formen, unter denen unser öffent­liches Leben sich abspielt?

Wir wissen aus der Geschichte, daß einzelne Frauen im Gesellschaftsleben eine große Rolle gespielt haben. Wir erinnern an den Kreis der Weimarer   Frauen zu Schillers und Goethes Zeit, an Goethes Mutter, ferner an Karoline von Humboldt, an Rahel Varnhagen  1. a. Alle diese Frauen waren Angehörige einer ge­